Gerken, Daniel, Die Selbstverwaltung der Stadt Würzburg in der Weimarer Zeit und im „Dritten Reich“ (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg 17). Schöningh, Würzburg 2011. 388 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die vom Oberbürgermeister kurz eingeleitete, von Dietmar Willoweit betreute, von der juristischen Fakultät der Universität Würzburg 2005 angenommene und zunächst online veröffentlichte Dissertation des Verfassers. Sie will aufzeigen, inwieweit und in welcher Weise eine kommunale Selbstverwaltung in Würzburg im Untersuchungszeitraum zwischen den ersten allgemeinen Stadtratswahlen am 15. Juni 1919 bis zur Bombardierung am 16. März 1945 durch 237 britische Flugzeuge mit rund 5000 Toten und der weitgehenden Zerstörung der Innenstadt bestanden und sich weiterentwickelt hat. Dabei soll vor allem die Frage nach den rechtlichen beziehungsweise politischen Bedingungen der kommunalen Selbstverwaltung an ausgewählten Aufgaben und Leistungen der Stadtverwaltung aufgegriffen werden.

 

Nach einleitenden Passagen über Problemstellung, Begriffsbestimmungen, Forschungsstand und von erheblichen Verlusten gekennzeichneten Quellen (Stadtarchiv, Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv München, Bundesarchiv, Zeitungen) gliedert der Verfasser von seiner besonderen Fragestellung her in zwei zeitliche Teile. Er beginnt mit der Schilderung der Jahre von 1919 bis 1933 und verwendet als äußere Rahmen die Stadt Würzburg, die Zusammensetzung der Stadtverwaltung mit den (Ober)Bürgermeistern Andreas Grieser und Hans Löffler und die kommunale Selbstverwaltung Bayerns. Danach untersucht er detailliert und sorgfältig Polizei, Feuerwehr, sonstige Ordnungsverwaltung, städtische Schulen, städtische Volksbücherei, Stadttheater, Museen, Denkmalpflege, Stiftungen, Pflegeanstalten, Wohlfahrtswesen, Kriegsopferfürsorge, Erwerbslosenfürsorge, Gesundheitswesen, Stadtplanung, Siedlungsbau, Friedhöfe, Freizeitanlagen, Straßenbau, Straßenbahn, Gaswerk, Elektrizitätswerk, Wasserwerk, Installationswerk, Schlachthof, Sparkassen und sonstige städtische Betriebe und legt abschließend die Finanzen dar.

 

Der zweite Teil betrachtet die Selbstverwaltung im Nationalsozialismus, wofür die Stadt, die nationalsozialistische Machtergreifung infolge der Reichstagswahl vom 5. März 1933 (mit anschließender Absetzung des Oberbürgermeisters Löffler), die Zusammensetzung der Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Theo Memmel, das Verhältnis zwischen Stadtverwaltung und NSDAP und die kommunale Selbstverwaltung in Bayern zum Hintergrund auserkoren werden. Die ausgewählten Schwerpunkte reichen von der Feuerwehr bis zu den Finanzen, wobei für die Kriegszeit ein eigener Querschnitt gezogen wird. Im Ergebnis bestätigt der ansprechend abwägende Verfasser durch die eine Lücke schließende Untersuchung die vorherrschende Ansicht, dass (auch in Würzburg) die kommunale Selbstverwaltung im Nationalsozialismus ausgeschaltet war, weil Beschlüsse nicht unabhängig, selbständig und ohne Reglementierung durch übergeordnete Behörden  durchgeführt wurden, auch wenn die Nationalsozialisten auf Grund der Verbesserung der wirtschaftlichen Gesamtlage viele kommunale Projekte verwirklichen konnten.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler