Erkens, Franz-Reiner, Die Fälschungen Pilgrims von Passau (= Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, Neue Folge 46). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 2011. 144*, 145 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der vermutlich väterlicherseits von den Sieghardingern, mütterlicherseits von den Aribonen  und damit aus höchstem bayerischen Adel stammende, in Niederaltaich ausgebildete Pilgrim wurde 971 als Nachfolger Adalberts von Passau (achtzehnter) Bischof Passaus. Im Aufstand der Herzöge Heinrich II. von Bayern und Heinrich I. von Kärnten befand er sich auf der Seite des Kaisers, erhielt dafür Güter in der Mark im Osten und betrieb den Wiederaufbau nach feindlichen Einfällen der Ungarn. Von 985 bis 991 hielt er drei Diözesansynoden in Lorch, Mautern und Mistelbach bei Wels ab und strebte nach erzbischöflichen Rechten über Mähren und Ungarn, konnte sie aber bis zu seinem Tode in Passau am 21. Mai 991 nicht rechtmäßig erreichen.

 

Der in Köln 1952 geborene, nach dem Studium von Geschichte und Germanistik in Köln in Passau 1980 mit einer Untersuchung über den Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg promovierte, 1985 auf Grund einer Schrift über die Trierer Kirchenprovinz im Investiturstreit habilitierte, 1993 nach Leipzig und 2002 als Nachfolger Egon Boshofs nach Passau berufene Verfasser nahm das Werk Bischof Pilgrims von Passau bereits in den Blick, als er nach der Promotion auf der Suche nach einem Habilitationsthema war, verwarf aber nach seinem Vorwort den Gedanken an eine Auseinandersetzung mit der bereits häufig behandelten Thematik, weil sie ihm keine wesentlich neuen Erkenntnisse zu verheißen schien. Während seiner Mitarbeit an den Regesten der Bischöfe von Passau änderte sich diese Einschätzung aber allmählich. Nach vielen Jahren liegt ihr in sorgfältiger Auseinandersetzung gewonnenes Ergebnis nunmehr erfreulicherweise in ansprechender, sprachlich kunstfertig gestalteter Form der Allgemeinheit vor.

 

Entscheidende Grundlage hierfür ist die zwar bisher nicht völlig unbekannte, aber doch vernachlässigte Handschrift Codex Gottwicensis, aus welcher der Verfasser zahlreiche neue Erkenntnisse gewinnt. Hierfür verfolgt er Pilgrim von Passau, Lorch und die Ottonen, die Beziehung zwischen Pilgrim von Passau und sechs gefälschten Briefen der Päpste Symmachus (498-514), Agapit (946-955),  Eugen II. (824-827), Leo VII. (936-939), Benedikt VI. (973-974 oder VII. 974-983) und anderer (Hatto von Mainz, Rapoto von Cham, Theotmar von Salzburg, Pilgrim sowie Graf Gerold), die handschriftliche Überlieferung in Göttweig, Wien und (zumindest bisher) Köln, die nicht von Pilgrim stammenden Schriftstücke in seinen Handschriften des 12. Jahrhunderts und das Nachwirken der anscheinend bereits vor dem Amtsantritt in Passau während eines Aufenthalts in Salzburg bei seinem Onkel Erzbischof Friedrich von Salzburg zumindest gedanklich durch in diesem Zeitpunkt angefertigte, später verwendete Abschriften vorbereiteten Machwerke, die das Bistum zur höheren Ehre Gottes und zum Ruhme (des adeligen Erzschelms) Pilgrim, Passaus und der gesamten Provinz mit dem frühen Erzbistum Ufernoricums im spätantiken Lauriacum/Lorch verbinden und von Salzburg befreien sollten. Eine vorbildliche Edition der insgesamt 13 behandelten Texte sichert die Ergebnisse überzeugend diplomatisch ab, zahlreiche Abbildungen veranschaulichen sie und ausführliche Register 8u. a. von abbas bis zizania schließen sie hilfreich auf.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler