Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Band 2 Deutsches Reich 1938-August 1939, bearb. v. Heim, Susanne. Oldenbourg, München 2009. 864 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die 2008 eröffnete, auf 16 Bände angelegte, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in großzügiger Weise geförderte Edition ist auf die Veröffentlichung einer thematisch umfassenden, wissenschaftlich fundierten Auswahl von Quellen gerichtet. Ihr Schwerpunkt liegt auf den Gebieten, in denen vor Beginn des zweiten Weltkriegs die meisten Juden gelebt haben. Der erste Band behandelte das Deutsche Reich 1933-1937 (bearb. v. Gruner, Wolf. Oldenbourg, München 2008. 811 S.).

 

Der zweite Band schließt daran unmittelbar an. Er erfasst die Judenverfolgung in den 20 Monaten zwischen Januar 1938 und dem 31. August 1939, in denen nach der ausführlichen Einleitung das Deutsche Reich im März 1938 Österreich „annektierte“ sowie im Oktober 1938 den vorwiegend deutsch besiedelten Rand des böhmischen Beckens, das Sudetenland, und im März 1939 durch die Wehrmacht Prag besetzte, ehe es am 1. September 1939 den Angriff auf Polen begann. Am Beginn dieses Zeitraums lebten nach der in den fünf vorhergehenden Jahren erfolgenden Auswanderung von 130000 Juden noch etwa 400000 Juden im Deutschen Reich, davon 140000 in Berlin.

 

Die Einleitung stellt nacheinander die Lage der deutschen Juden am Anfang des Jahres 1938, die Kriegsvorbereitung und Judenverfolgung, das KZ-System, die Judenexperten bei Polizei und Sicherheitsdienst, das Judentum und den Antisemitismus in Österreich, den Anschluss Österreichs, die „Arisierung“ und Vertreibung in Österreich, die Strategie des Anschlusses, die Zwangsemigration, die Erfassung, Ausgrenzung und Zwangsarbeit, die Abschiebung der polnischen Juden und das Novemberpogrom, die „Entjudung“ der Wirtschaft sowie die Zeit zwischen Pogrom und Kriegsbeginn übersichtlich dar. Die anschließende Edition umfasst 329 Dokumente von einem Schreiben Amalie Malsch an ihren Sohn in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 1. Januar 1938 über das Warten auf die Auswanderung bis zu Tagebucheinträgen Walter Tausk vom 26.-29. August 1939 über die Gefährdung seiner Auswanderungspläne durch den bevorstehenden Krieg. Mehrere Register schließen den Inhalt der bedrückenden Dokumente leserfreundlich auf.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler