Die Verfolgten der politischen NS-Strafjustiz in Hessen. Ein Gedenkbuch, hg. v. Form, Wolfgang/Schiller, Theo/Brandes, Karin (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 65, 3). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2012. 438 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der gediegene, eine bisherige Lücke schließende Band wird nach einer Ablichtung des Landgerichts Darmstadt und des Regierungs- und Justizgebäudes am früheren Schlossplatz in Kassel mit einem Geleitwort des hessischen Staatsministers der Justiz, für Integration und Europa eröffnet, in dem er sich zu Menschenwürde, persönlicher Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie als grundlegenden Werten der Verfassungsordnung bekennt. Danach leiten die Herausgeber sachkundig und überzeugend in den Sachgegenstand ein. Dabei schildern sie die Organisation der Justiz, die Verfahrenswege, den Volksgerichtshof (Ablichtung des Strafurteils gegen den Händler Heinrich Johannes Schäffner S. XVII), die Oberlandesgerichte und die Justiz als Teil des nationalsozialistischen Unterdrückungssystems unter Beifügung wissenschaftlicher Anmerkungen.

 

Es folgen Hinweise zur Benutzung, die das Dokumentationsgebiet (das neue Hessen mit notwendigen Hinweisen auf Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Thüringen), die trotz Kriegsverlusten gute Quellenlage, das Personenverzeichnis und den genaueren Verfahrenshintergrund betreffen. Sie werden an ausgewählten Beispielen verständlich gemacht. Sehr hilfreich  ist das zusätzliche Verzeichnis der Wohnorte der Betroffenen.

 

Das die Namen und Schicksale von 3834 Männern und Frauen wach haltende, in aufwendiger Arbeit rechtswidrige Auswirkungen nationalsozialistischer Politik dokumentierende Verzeichnis beginnt dann mit dem am 26. 7. 1900 in Elz bei Limburg geborenen, wegen seiner Zugehörigkeit zur KPD verfolgten Johann Jakob Abel, dem unmittelbar Dr. Wolfgang Abendroth wegen seiner Verbindung zur Einheitsfront folgt. Es endet bei Clemens Zylka. Insgesamt führten die beiden erfassten Oberlandesgerichte in Darmstadt und Kassel zwischen 1933 und dem Ende des Jahres 1944 mindestens 1157 Prozesse gegen 3550 Angeklagte (Darmstadt 570, Kassel 2980) durch und wurden vom Volksgerichtshof (bei 284 Angeklagten in 134 Verfahren) 69 Menschen aus Hessen zum Tode verurteilt und vom Oberlandesgericht Kassel 15.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler