Dialog mit den Nachbarn. Mittelniederländische Literatur zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert, hg. v. Bastert, Bernd/Tervooren, Helmut/Willaert, Frank (= Zeitschrift für deutsche Philologie Sonderheft zum Band 130). Erich Schmidt, Berlin 2011. 390 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert im flämischen, brabantischen, holländischen und limburgisch-maasländischen Sprachgebiet (einschließlich des heutigen deutschsprachigen Niederrheins) entstandene Literatur wird als mittelniederländische Literatur  zusammengefasst. Hinsichtlich der Gattungsvielfalt, Thematik und Originalität im Umgang mit den bearbeiteten Quellen gehört sie zu den reichsten und wichtigsten in den Volkssprachen in Europa. Dennoch wird sie von germanistischen Mediävisten nur zurückhaltend benutzt, worauf die Herausgeber zu Recht in ihrer Einleitung nachdrücklich hinweisen.

 

Diesem auf mehreren Gründen beruhenden Mangel versuchen sie überzeugend abzuhelfen. Aus diesem Grunde haben sie verdienstvollerweise einen ansprechenden Sammelband initiiert. Er behandelt in seinen verschiedenen Abteilungen die Nideren Lande als Forschungsobjekt der Sprach- und Literaturgeschichte, die mittelniederländische Lyrik von den Anfängen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, epische Traditionen in den Nideren Landen, Ethik und Didaxe für Laien, Theologie in der Volkssprache, städtische Literaturformen in Spätmittelalter und früher Neuzeit, Überlieferungsaspekte des 12. und 15. Jahrhunderts sowie Apparate und Hilfsmittel der Medioniederlandistik.

 

Auf die gesamte Vielfalt der in den 26 Beiträgen enthaltenen Ausführungen und Erkenntnisse kann an dieser Stelle leider nicht ausführlich eingegangen werden. Vielleicht kann aber wenigstens auf die Studien von Jan Goossens zur linguistischen Problematik Deutsch/Niederländisch im Spätmittelalter und in der Frühmoderne, auf Frits van Oostroms Prolegomena zu einer Geschichte der mittelniederländischen Literatur des 14. Jahrhunderts, auf Jos A. A. M. Biemans’ Überlieferung der mittelniederländischen Literatur in Handschrift und Druck, auf Wim van Anroojis Beschreibung des Wegs vom individuellen Dokumentationsapparat zur Website (Bibliotheca Neerlandica Manuscripta des Willem de Vreese) oder Karina van Dalen-Oskams Überblick über Digital resources and computional methods besonders hingewiesen werden. Möge das Ziel der Herausgeber, beispielsweise Jakob van Maerlant, Hadewijch, Jan van Ruusbroec und anderes durch exemplarische wie programmatische Beiträge in Deutschland bekannter als bisher zu machen, durch ihr vorzügliches Werk möglichst gut gefördert werden.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler