Der KSZE-Prozess. Vom Kalten Krieg zu einem neuen Europa 1975 bis 1990, hg. v. Altrichter, Helmut/Wentker, Hermann (= Zeitgeschichte im Gespräch 11). Oldenbourg, München 2011. 128 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Oft hat der Mensch mehrere Verhaltensmöglichkeiten zur Errichtung eines wünschenswerten Zieles. Er kann entweder die Gewalt wählen und damit das Delikt oder den Krieg oder sich für die Vernunft entscheiden und damit für das Gespräch und den Konsens. Angesichts der verheerenden Folgen vieler Kriege hat sich seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts angesichts der in die Existenzgefährdung gestiegenen Potenz der Gewalt an manchen Stellen die Einsicht durchgesetzt, selbst wenn noch im Jahr 2012 nur finanzielle Zwänge es einer Supermacht geraten sein lassen, gleichzeitig nur noch für einen einzigen statt wie bisher zwei gleichzeitige Kriege zu rüsten oder gerüstet zu sein.

 

Ein bemerkenswertes und Hoffnungen erweckendes Beispiel für die Vorteilhaftigkeit der gewaltfreien Konfliktlösung ist die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, zu der sich nach langer diplomatischer Vorbereitung in Helsinki vom 30. Juli 1975 bis zum 1. August 1975 33 Staats- und Regierungschefs fünfunddreißiger Staaten in Europa und Nordamerika sowie Beobachter aus vielen anderen Teilen der Welt trafen. Zwar kam es am Ende nur zu einer Unterzeichnung einer Schlusserklärung mit zehn Grundsätzen der Teilnehmerstaaten für das Verhältnis untereinander. Auf die Länge erwuchs daraus aber infolge der Politik Michail Gorbatschows ab 1985 daraus aber doch das Ende des Kalten Krieges und eine Europäisierung auch großer Teile Osteuropas.

 

Wegen der globalen Bedeutung dieses Vorgangs bedarf er der literarischen Absicherung auch für eine breitere Öffentlichkeit, welche die Herausgeber verdienstvollerweise übernommen haben. Ihrer kurzen Einleitung folgen in dem schlicht gehaltenen, eines Registers entbehrenden Bändchen insgesamt neun Referate über die KSZE-Politik der Regierung Schmidt/Genscher, über Stellungen in Frankreich, Österreich, der Schweiz, der Sowjetunion, der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Polen und der Tschechoslowakei. Sie gehen zwar nicht abschließend, aber doch weiterführend der grundlegenden Frage nach, welchen Anteil der KSZE-Prozess an dem positiven Wandel der Weltpolitik vom Konflikt zum Konsens wenigstens in einem Teilbereich von 1995 bis 1990 hatte.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler