Der Einfluss religiöser Vorstellungen auf die Entwicklung des Erbrechts, hg. v. Zimmermann, Reinhard. Mohr (Siebeck 2012. XI, 199 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Leben und Tod des Menschen sind geheimnisvoll und unergründlich, so dass es leicht verständlich ist, dass menschliche Lehren von übermenschlichen Mächten sich auch und gerade mit diesen Vorgängen besonders befassen. Mit dem Tod endet aber für das Recht die Fähigkeit des Menschen, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, so dass sich die Frage stellt, was mit seinem im Laufe der kulturellen Entwicklung immer stärker zunehmenden irdischen Gütern in diesem Zeitpunkt geschehen soll. Von daher versteht es sich angesichts der Knappheit aller Güter und der Begehrlichkeit aller Menschen von selbst, dass auch Religionen und die sie prägenden Menschen Stellung beziehen können und wollen, was mit dem Erbe eines Menschen bei seinem Tode geschieht oder geschehen soll.

 

Der deutsche Rechtshistorikertag hat im Laufe seiner bisher 85jährigen Geschichte an Teilnehmerzahl immer mehr zugenommen. Deswegen können angesichts der Begrenztheit der verfügbaren Zeit verhältnismäßig immer weniger Teilnehmer auf ihm ihre angesichts der Spezialisierung aller Wissenschaften immer spezielleren Erkenntnisse referieren. Dies hat im Ergebnis dazu geführt, Sektionen zu bilden, wie sie auch im Rahmen des 38. Rechtshistorikertags geschaffen wurden, und die dortigen Referate um einen bestimmtem Sachgegenstand zu gruppieren, was dann naturgemäß auch dazu reizt, diese Beiträge als eigenes abgeschlossenes Werk der Öffentlichkeit vorzulegen.

 

Dementsprechend bietet unter der Sektionsleitung und Herausgeberschaft Reinhard Zimmermann der vorliegende, leider nicht durch ein Sachverzeichnis aufgeschlossene Band die schriftlichen Fassungen der Sektion Religion und Erbrecht vom 16. September 2010 mit einer Einführung und sechs Einzelstudien. Sie betreffen das römische Erbrecht (Martin Avenarius, Köln), den von der Kirche angeregten Teil Christi am Erbe im Decretum Gratians (Jan Hallebeek, Amsterdam), das englische Recht (Richard H. Helmholtz, Chicago), das nicht wirklich durch schriftliche Zeugnisse ausreichend belegte germanische Erbrecht (Bernd Kannowski, Freiburg im Breisgau), das jüdische Recht (Shael Herman, New Orleans) und das vorislamische und islamische Recht (Benjamin Jokisch, Hamburg). Damit ist zwar noch die Gesamtheit aller menschlichen Rechtstraditionen in ihrer Beeinflussung durch die Religion erfasst, doch bieten die vielfältigen Einzelerkenntnisse eine vorzügliche Grundlage zum Vergleich und zu weiterer Vertiefung einer grundsätzlich sehr interessanten interdisziplinären Thematik.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler