Bilous, Natalija,Testamenty Kyjan seredyny XVI - peršoji polovyny XVII st. [Die Testamente der Einwohner Kiews in der Zeit zwischen der Mitte des 16. Jhs. – zur ersten Hälfte des 17. Jhs.]. Nacional’na Akademija Nauk Ukrajiny. Instytut istoriji Ukrajiny [Nationale Akademie der Wissenschaften der Ukraine. Institut für Geschichte der Ukraine]. Vydavnyčyj dim „Prostir”. Kyjiv 2011. 199 S., 8 Seiten farb. Abb. Besprochen von Inge Bily.

 

Nach Abschluss aufwendiger Nachforschungen publiziert die ukrainische Historikerin Natalija Bilous[1], die bereits durch Untersuchungen zur Geschichte Kiews auf der Grundlage historischer Dokumente hervorgetreten ist, nun 13 Testamente weltlicher Personen: 11 Testamente von Kiewer Bürgern und zwei des Adels. Die 13 Texte aus der Zeit zwischen der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen aus Archiven in Kiew, Moskau und Minsk.

 

Ein ausführliches Vorwort (S. 7-17) und zusammenfassende Teile (S. 90-199: Nachwort, Anlagen, Register, diverse Verzeichnisse, polnische und englische Zusammenfassung) bilden die Klammer für 3 Kapitel.

 

Kapitel I (S. 18-44) wendet sich zunächst der für Testamente typischen Terminologie sowie den Regeln für die Abfassung von Testamenten (1.1.: S. 18-23) zu, um anschließend auf die Autoren und die ausgewerteten Testamente selbst einzugehen (1.2.: S. 23-29). Den Abschluss des Kapitels bildet eine Aufstellung der Testatoren (1.3.: S. 29-44).

 

Das II. Kapitel (S. 45-61) beleuchtet die Biographien der Testatoren (2.1.: S. 45-53), auch unter Berücksichtigung der Beziehungen zwischen den Testatoren und den Mitgliedern ihrer Familien (2.2.: S. 54-53) sowie der Beziehungen zu weiteren, in den Testamenten genannten Personen (2.3.: S. 59-61).

Kapitel III (S. 62-89) bietet eine eingehende Behandlung von Struktur und Inhalt der Testamente. Im Aufbau folgt es der für Testamente üblichen Gliederung und wendet sich den Schwerpunkten: Einleitungsformeln (3.1.: S. 62-64), Dispositionen (3.2.: S. 65-83) und Abschlussprotokoll (3.3.: S. 83-89) zu. Letzteres nennt neben den Sanktionen auch die Zeugen sowie Datum und Unterschrift(en). Ebenfalls festgehalten sind Hinweise auf das religiöse Bekenntnis der Testatoren. So waren alle Kiewer Testatoren rechtgläubig, d. h. der griechisch-othodoxen Kirche zugehörig. Ein Großteil des Abschnitts über die Dispositionen (3.2.: S. 65-83) enthält detaillierte Angaben zu den verschiedenen Arten von Eigentum.

 

Das Nachwort (S. 90-94) resümiert Inhalt und Ergebnisse der Untersuchung. Eine polnische (S. 195-197) und englische (S. 198-199) Zusammenfassung schließen den Band ab.

 

Ein besonderes Lob gebührt der Autorin für die vollständige Publikation der 13 von ihr ausgewerteten Testamente (2.: S. 97-158). Gerade über diesen Teil der Anlagen werden all diejenigen sehr erfreut sein, die sich selbst ein Bild von den untersuchten Quellen machen möchten. Auch wird es so möglich, die Texte in weitere Studien einbeziehen und analysieren zu können, u. a. unter sprachwissenschaftlichem Aspekt, so z. B. nach der Textstruktur oder dem Vorkommen und damit dem Nachweis verschiedener historischer Termini.

 

Auf die Anlagen (S. 95-158) folgt ein Wörterverzeichnis (S. 159-171), ein wichtiges Hilfsmittel für alle, die mit ukrainischen historischen Texten befasst sind. Weiterhin ist das Verzeichnis der Abkürzungen (S. 172-174) zu nennen. Es schließen sich an: ein Register geographischer Namen (S. 175-179), ein Personenregister (S. 180-191) sowie ein Verzeichnis der Illustrationen (S. 192-194).

 

Auch wenn die Fußnoten mit reichlich Literatur versehen sind, kann dies ein Verzeichnis der gesamten Literatur, vor allem auch als Anregung für weitere Forschungen aber auch zur Orientierung, leider nicht ersetzen.

 

Der Inhalt der untersuchten Testamente verdient große Aufmerksamkeit, denn er gewährt Einblick sowohl in die religiösen Verhältnisse wie auch in den Stand der materiellen Kultur, in die Beziehungen in der Gesellschaft wie auch innerhalb der Familie. Die Testamente bieten außerdem Informationen über das kulturelle und das soziale Niveau nicht nur der städtischen Eliten, sondern auch der Mittelschicht und werfen darüber hinaus ein Licht auf die staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse wie auch auf Sitten und Bräuche.

 

Angesichts nur weniger erhaltener Texte und des völligen Fehlens von Stadtbüchern Kiews können die hier analysierten und publizierten historischen Dokumente in ihrem quellenkundlichen Wert nicht hoch genug eingestuft werden.

 

Hervorzuheben ist außerdem die gute Gestaltung des Bandes. Zahlreiche Abbildungen, darunter Fotos und historische Stadtpläne, auch ausgewählte Textstellen lockern die Ausführungen in willkommener Weise auf und dienen gleichzeitig der Veranschaulichung des Gesagten. Den Abschluss des Buches bildet eine Zusammenstellung farbiger Abbildungen, überwiegend Kopien von Testamenten der Einwohner Kiews, die ja im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung durch Natalija Bilous stehen. Von dieser Autorin wünscht man sich bald weitere gedruckte Arbeitsergebnisse.

 

Inge Bily



[1] Vgl. besonders: Bilous, Natalija, Kyjiv naprykinci XV – u peršij polovyni XVII stolittja [Kiew vom Ende des 15. bis zur 1. Hälfte des 17. Jhs.]. Mis’ka vlada i samovrjaduvannja [Rat und städtische Selbstverwaltung]. Kyjiv 2008, vgl. die Rezension in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 127 (2010), S. 679–682; Bilous, Natalija, Vidnosyny kyjivs’koji mis’koji vlady z voėvodamy v 1559–1648 rr. Sproby obmežennja avtonomiji mis’koji hromady [Die Beziehungen des Kiewer städtischen Rates zu den Wojewoden in der Zeit von 1559-1648. Versuche der Einschränkung der Autonomie des städtischen Rates]. In: SOCIUM. Al’manach social’noji istoriji [Almanach der Sozialgeschichte] 7 (2007), S. 67–81.