Archivpflege und Archivalienschutz. Das Beispiel der Familienarchive und „Nachlässe“, hg. v. der Generaldirektion der österreichischen Staatsarchive (= Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 56). StudienVerlag, Innsbruck 2011. 809 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Sehr wenig ist, so schreibt Michael Hochedlinger in seinem kurzen Vorwort des umfangreichen und bedeutsamen Sammelwerks, in Österreich - anders als in vielen anderen Ländern Europas - in den letzten Jahrzehnten von archivischer Seite für eine benützerfreundliche Orientierung der Forschung in Hinblick auf Familienarchive und „Nachlässe“ geschehen, wo immer diese derzeit verwahrt werden. Es fehlt bis zur Gegenwart an einer übergreifenden Übersicht, was umso schwerer wiegt, als bei Archivgut privater Provenienz kein logischer oder auch nur wahrscheinlicher Verwahrungsort angenommen werden kann. Seit Januar 2011 wird aber in einem von der Kommission für neuere Geschichte Österreichs finanzierten, am österreichischen Staatsarchiv verankerten Projekt der Versuch unternommen, dieses forschungshemmende Defizit zu verändern, weshalb im vorliegenden Band Beiträge versammelt sind, die bisherige Unterlassungen ebenso darstellen sollen wie bereits vorhandene Vorleistungen.

 

Diese Bilanz ist unmittelbar nach Erscheinen auf das Interesse eines sachkundigen Rezensenten gestoßen. Leider konnte der Verlag ihm kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen. Aus diesem Grund muss der Herausgeber wenigsten in einigen Zeilen auf das leider eines Registers entbehrende Werk hinweisen.

 

Seine insgesamt 29 Beiträge sind nach einer Einführung Michael Hochedlingers über Terminologie, Probleme und Leistungen in die drei Abteilungen die Situation in Österreich, die Nachfolgestaaten und europäische Modelle gegliedert. Bei der Lage in Österreich werden der historische und gesetzliche Rahmen, das österreichische Staatsarchiv, die Landesarchive (Steiermark, Niederösterreich, Kärnten, Wien, Tirol, Salzburg, Vorarlberg und Burgenland), wissenschaftliche Archive (Universität Wien, Akademie der Wissenschaften, österreichische Nationalbibliothek) und Adelsarchive in privater Verwahrung (Hausarchiv Liechtenstein, Hoyo’sche Archive in Horn, Rosenburg und Drosendorf) erfasst, bei den Nachfolgestaaten die Tschechische Republik, Ungarn, die Slowakei, Slowenien, das ehemalige Galizien und Belgien, bei den europäischen Modellen Bayern, die zentrale Datenbank Nachlässe, Frankreich und Großbritannien. Auch wenn damit im Kern vor allem der Zustand und die noch bevorstehenden Aufgaben auf wichtigen Feldern beschrieben sind, zeigen die Studien in ihrer Gesamtheit doch auch auf, was alles noch zu leisten ist, damit die erwünschte Übersicht der Allgemeinheit hoffentlich bald zur Verfügung steht.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler