Rügemer, Werner, Colonia corrupta. Globalisierung, Privatisierung und Korruption im Schaden des Kölner Klüngels, 6. Aufl. Westfälisches Dampfboot, Münster 2010. 214 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Amberg 1941 geborene Verfasser wurde nach dem Studium der Literaturwissenschaft in München, Tübingen, Berlin und Paris 1979 in Bremen mit der Dissertation „Philosophische Anthropologie und Epochenkrise“ – Studie über den Zusammenhang von allgemeiner Krise des Kapitalismus und anthropologischer Grundlegung der Philosophie am Beispiel Arnold Gehlens promoviert. Von 1975 bis 1989 war er Redakteur der pädagogischen Monatszeitschrift Demokratische Erziehung und entwickelte sich mehr und mehr zu einem Experten der Banken- und Unternehmenskriminalität. Seit 1989 arbeitet er als freier Autor, Berater und Lehrbeauftragter an der humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln.

 

Nach zahlreichen enthüllenden Veröffentlichungen seit 1968 erlangte er allgemeinere Bekanntheit durch sein 2002 erstmals unter dem Titel Colonia Corrupta vorgelegtes Werk über Privatisierung, Globalisierung und Korruption im Schatten des Kölner Klüngels. Die diesbezüglichen, zuvor vor allem in der Kölner StadtRevue erschienenen Artikel hatten zahlreiche Verleumdungsklagen zur Folge, die aber eingestellt, zurückgewiesen oder zurückgezogen wurden. Dementsprechend legte der Verfasser 2010 eine sechste, überarbeitete und erweiterte Auflage mit vier neuen Kapiteln vor.

 

Sie enthält nach einem kurzen Vorwort die Teile Kölsches Klüngel-Biotop als nationales Entlastungsklischee, Korruptionshauptstadt Köln, die Kölner Müllverbrennungsanlage, die Bankiers und ihre Stadt, What the Hell, Mister, where is your damned Cologne, Sozis auf der Höhe ihrer kleinen Macht (von Arschlöchern, Sozialmietern und anderen Demokraten sowie der Oberbürgermeister mit fünf Einkommen), schlanke Verwaltung (der Einsturz des Historischen Archivs), DuMont Schauberg (der Verlag der Wendehälse), Korruptive Finanzoperationen im Nationalsozialismus, Der Kardinal, das Kapital und die Korruption und Anschwellendes Lob des Kölschen Klüngels (als eines kollektiv identitätsstiftenden, zuweilen obrigkeitskritischen Elements, das sich vor allem aus den historischen Traditionen Kölns als freier Handelsstadt erklären soll) sowie eine Übersicht über Kölner Veröffentlichungen und kann beispielsweise Konrad Adenauer als christlichen Lügner bezeichnen, der wenngleich er keineswegs unter Hunger litt, ein besonders privilegierter Empfänger von Paketen der Nothilfe in der Nachkriegszeit war. Insgesamt zeigt der Verfasser viele menschliche Schwächen bekannter und vielfach in ihrer öffentlichen Erscheinung als Vorbild auftretender, tatsächlich aber viele Ideale korrumpierender Menschen (oder Wulffe) auf, die anders (nämlich gemeinnützig und edel) gesehen werden wollen, als sie (selbstsüchtig und kollusiv) sind und handeln. Allerdings wachsen der Hydra, sobald einer ihrer Köpfe mit größter Mühe tatsächlich einmal abgeschlagen wird, bekanntlich stets mindestens zwei neue nach, so dass angesichts der Menschlichkeit des zwiespältigen, Netzwerke zu seinem Vorteil auf Kosten anderer missbrauchenden Menschen der Kampf zwar sinnvoll und notwendig ist, aber leider bis zu einer grundlegenden Änderung des Menschen zu keinem steten Erfolg (in Köln wie anderswo) führen können wird.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler