Holtmann, Karen, Die Saefkow-Jacob-Bästlein-Gruppe vor dem Volksgerichtshof. Die Hochverratsverfahren gegen die Frauen und Männer der Berliner Widerstandsorganisation 1944-1945 (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2010. 450 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Cornelia Rauh betreute und kritisch begleitete, von der Stiftung 20. Juli 1944 aus Mitteln der Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung geförderte, im Wintersemester 2008/2009 von der philosophischen Fakultät der Universität Hannover angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie verfolgt erstmals ein Strafverfahren gegen eine Widerstandsgruppe gegen die nationalsozialistische Herrschaft im Deutschen Reich von dem ersten Verhör durch die geheime Staatspolizei bis zum Ende. Besonderer Wert wird dabei von der Verfasserin auf die Bedeutung der Frauen gelegt.
Gegenstand der Untersuchung ist die von Anton Saefkow, Franz Jacob und Bernhard Bästlein geleitete kommunistische Widerstandsgruppe, der sich 1943 und 1944 mehr als 500 Menschen verbanden, von denen Ursel Hochmuth im Jahre 1998 425 Mitglieder namentlich zusammengestellt hat, darunter 103 Frauen. Gegen 186 Männer und 37 Frauen erhob die Reichsanwaltschaft Anklage wegen Vorbereitung zum Hochverrat oder Beihilfe hierzu. 71 Angeklagte wurden .zum Tode verurteilt, darunter 3 Frauen.
Nach einer kurzen Einleitung beschreibt die Verfasserin zunächst die Gruppe einschließlich der besonderen Geschlechterrollen, schildert dann die Hochverratsprozesse (politische Strafverfolgung im Nationalsozialismus, Ermittlungsverfahren, Anklageverfahren, Hauptverhandlungen samt „Urteilsschriften“, Selbstdarstellungen der Angeschuldigten und rechtsanwaltliche Verteidigung), geht danach auf die Selbstbilder der überlebenden Angehörigen ein und endet mit einer Schlussdiskussion. Im Ergebnis sieht sie das auffällige Ausgrenzen des Handelns von Frauen aus dem politischen Widerstandsbegriff mit dem Kern des bewussten Willens zum aktiven Handeln als nicht zuletzt durch die unkritische Übernahme der Perspektiven der nationalsozialistischen Verfolger seitens der Forschung verursacht an. Verzeichnisse der Quellen, Literatur und Abkürzungen, gut 150 Kurzbiographien und zwei Register runden die interessante Arbeit ab.
Innsbruck Gerhard Köbler