Geschichte Niedersachsens Band 5 Von der Weimarer Republik bis zur Wiedervereinigung, hg. v. Steinwascher, Gerd in Zusammenarbeit mit Schmiechen-Ackermann, Detlef/Schneider, Karl-Heinz (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 36). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2010. 1390 S., 160 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das durch die Verordnung Nr. 55 der britischen Militärregierung am 1. 11. 1946 vor allem aus dem Land Hannover Preußens, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe gebildete deutsche Bundesland Niedersachsen ist jung, hat aber weit in die Vergangenheit reichende Wurzeln, zu denen in erster Linie der germanisch-germanistische Stamm der Sachsen gehört. Eingedenk dieser hat der in Pegau 1919 geborene, nach schwerer Verwundung in Frankreich in Frankfurt am Main und Jena in Geschichte, Kunstgeschichte, Germanistik und Latein ausgebildete, nach dem Archivdienst in Altenburg und Jena 1956 in den Westen geflohene, bei Walter Schlesinger in Marburg mit einer Untersuchung über die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen habilitierte, 1963 nach Gießen und 1970 nach Göttingen berufene (1995 verstorbene) niedersächsische Landeshistoriker Hans Patze eine Geschichte Niedersachsens begründet. Sie begann 1977 mit ihrem Erscheinen, doch sind die Bände 2,2 und 4 noch in Vorbereitung.

 

Nach den Bänden 1 über die Grundlagen und das frühere Mittelalter, 2,1 über Politik, Verfassung, Wirtschaft vom 9. bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert, Band 3 von der Reformation bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts konnte nun erfreulicherweise auch der gewichtige Band 5 abgeschlossen werden. Er reicht von der Novemberrevolution  des Jahres 1918 bis zur Herstellung deutscher Einheit zum 3. Oktober 1990. Er umfasst damit auch erstmals eine Zeit, in der es ein politisches Gebilde Niedersachsen wirklich gibt, auch wenn er naturgemäß niemals bis zur sich ständig verschiebenden Gegenwart vordringen kann.

 

Gegliedert ist er insgesamt in die Abschnitte (Kapitel) Politik und Gesellschaft in der Weimarer Republik (Gerd Steinwascher), die nationalsozialistische Herrschaft im „völkischen Kernland“ des „Dritten Reiches“ (Detlef Schmiechen-Ackermann), Wirtschaftsgeschichte Niedersachsens 1918-1945 (Hans-Werner Niemann), die Gründung des Landes Niedersachsen und die Regierung Kopf (1945-1955, Dietmar von Reeken), von Hellwege bis Kubel (1955 bis 1976 Daniela Münkel), die „Ära“ Albrecht (1976-1990 Manfred von Boetticher), Wirtschaftsgeschichte Niedersachsens nach 1945 (Karl Heinz Schneider), ökonomischer Strukturwandel (Gudrun Fiedler), Migration (Jochen Oltmer), die evangelischen Kirchen in Niedersachsen (1918-1990, Hans Otte), Kirche, Katholiken, Staat und Gesellschaft im 20. Jahrhundert (Joachim Kuropka), die Juden in Niedersachsen (Marlis Buchholz/Hans-Dieter Schmid), Kunst und Kultur in Niedersachsen von der Weimarer Republik bis zur Wiedervereinigung (Thomas Bardelle) sowie Städtebau und Architektur in Niedersachsen von der Weimarer Republik bis zur Wiedervereinigung (Birte Rogacki-Thiemann). 2003 in Angriff genommen, ist der Band zwar nicht plangemäß 2005 fertiggestellt worden, hat aber trotz der Einbindung von 15 individuellen Autoren mit den Schwerpunkten Politik, Wirtschaft und Kultur ein glückliches Ende erreicht, das durch Abbildungen veranschaulicht und durch Anhänge erfreulich abgerundet wird. Möge das große und wichtige Gesamtwerk in ähnlicher Weise einen erfolgreichen Abschluss finden.

 

Innsbruck                                            Gerhard Köbler