Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Band 4 Polen September 1939-Juli 1941, bearb. v. Friedrich, Klaus-Peter. Oldenbourg, München 2011. 751 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945 ist ein wissenschaftliches Großdokumentationsprojekt, das auf insgesamt 16 Bände ausgelegt ist (Deutsches Reich 3, Polen, West- und Nordeuropa 2, Deutsches Reich und Protektorat 2, Sowjetunion mit annektierten Gebieten 2, Polen Generalgouvernement, Polen eingegliederte Gebiete, Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Südost- und Südeuropa, Ungarn, das KZ Auschwitz und die Zeit der Todesmärsche). Hiervon sind Band 1 im Januar 2008, Band 2 im Oktober 2009 und Band 4 im Februar 2011 erschienen. Der seinerzeit letzte Band hatte auch rasch einen sachkundigen Interessenten gefunden, doch war die Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich, so dass der Herausgeber auf Grund einer Ausleihe des Bandes wenigstens in wenigen Zeilen auf das bedeutende Vorhaben hinweisen muss.

 

Vorangestellt ist der Edition nach einem Vorwort des Herausgeberkreises und einer editorischen Vorbemerkung eine rund 40 Seiten umfassende Einleitung. Nach ihr gerieten nach dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 binnen weniger Wochen etwa zwei Millionen polnischer Juden unter deutsche Herrschaft. Davon lebten nach dem Abzug der Besatzungsmacht fünf Jahre später nur noch zehn Prozent.

 

Im Einzelnen geht die Einleitung sehr sorgfältig auf die Juden in Polen bis zum ersten Weltkrieg, die Juden in der zweiten polnischen Republik, den Weg in den Krieg, den deutschen Überfall auf Polen, die Schicksalsfrage des Fliehens oder Bleibens, die Verwaltung der besetzten Gebiete, die Vertreibung, die Kennzeichnung und Ausraubung, Judenräte und jüdische soziale Selbsthilfe, Zwangsarbeit, Gettoisierung, den Alltag und die Reaktionen der jüdischen Bevölkerung, die Reaktionen auf die Verfolgung der polnischen Juden und die Lage an der Schwelle zum Massenmord im Frühjahr und Sommer 1941 ein, der wenig später die Erschießung jüdischer Männer, Frauen und Kinder durch Angehörige deutscher Einsatzgruppen folgte. Der dokumentarische Teil umfasst 321 bedrückende Dokumente, die von der Warnung vor der deutschen Bedrohung am 1. Mai 1939 bis zu einer Beschreibung des Verhältnisses der deutschen Besatzungsmacht zur jüdischen Bevölkerung seit September 1939 durch Repräsentanten der polnischen Regierung reichen.. Ein Glossar, ein Abkürzungsverzeichnis, ein Archiverzeichnis, ein systematischer Dokumentenindex, ein Register der Institutionen, Firmen und Zeitschriften, ein Ortsregister und ein von Abromeit bis Zyst reichendes Personenregister mit Frank und Hitler im Mittelpunkt runden den wichtigen Band ab.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler