(Reichsgesetzblatt 1896, S. 195, Nr. 21, ausgegeben am 24. 08. 1896, in Kraft seit 01. 01. 1900)
(94. Fassung – Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42, ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980)
Bürgerliches Gesetzbuch. Vom 18. August 1896.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths
und des Reichstags, was folgt:
Erstes Buch.
Allgemeiner Theil.
Erster Abschnitt.
Personen.
Erster Titel.
Natürliche Personen.
§. 1. Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der
Geburt.
§. 2. Die
Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ein.
§. 3. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, Bundesgesetzblatt I
1974, S. 1713, Nr. 87, ausgegeben am 08. 08. 1974, in Kraft seit 01. 01. 1975.
§. 4. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, Bundesgesetzblatt I
1974, S. 1713, Nr. 87, ausgegeben am 08. 08. 1974, in Kraft seit 01. 01. 1975.
§. 5. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, Bundesgesetzblatt I
1974, S. 1713, Nr. 87, ausgegeben am 08. 08. 1974, in Kraft seit 01. 01. 1975.
§. 6. Entmündigt kann werden:
1. wer in Folge von Geisteskrankheit oder von
Geistesschwäche seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag;
2. wer durch Verschwendung sich oder seine
Familie der Gefahr des Nothstandes aussetzt;
3. wer in Folge von Trunksucht oder
Rauschgiftsucht seine Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder
seine Familie der Gefahr des Nothstandes aussetzt oder die Sicherheit Anderer
gefährdet.
Die Entmündigung ist wiederaufzuheben, wenn der Grund der Entmündigung
wegfällt.
§. 7. Wer sich an einem Orte ständig niederläßt, begründet an diesem
Orte seinen Wohnsitz.
Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.
Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen
aufgehoben wird, sie aufzugeben.
§. 8. Wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt
ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz weder
begründen noch aufheben.
Ein
Minderjähriger, der verheiratet ist oder war, kann selbständig einen Wohnsitz
begründen und aufheben.
§. 9. Ein Soldat hat seinen Wohnsitz am Standort. Als Wohnsitz eines
Soldaten, der im Inland keinen Standort hat, gilt der letzte inländische
Standort.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Soldaten, die nur auf
Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten oder die nicht selbständig einen
Wohnsitz begründen können.
§. 10. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 11. Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der Eltern; es teilt
nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des
Kindes zu sorgen. Steht keinem Elternteil das Recht zu, für die Person des
Kindes zu sorgen, so teilt das Kind den Wohnsitz desjenigen, dem dieses Recht
zusteht. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt.
§. 12. Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von
einem Anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch
verletzt, daß ein Anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der
Berechtigte von dem Anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind
weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.
§. 13. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S.
1186, Nr. 120, ausgegeben am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 –
VerschG.
§. 14. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S.
1186, Nr. 120, ausgegeben am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 –
VerschG.
§. 15. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S.
1186, Nr. 120, ausgegeben am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 –
VerschG.
§. 16. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S.
1186, Nr. 120, ausgegeben am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 –
VerschG.
§. 17. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S.
1186, Nr. 120, ausgegeben am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 –
VerschG.
§. 18. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S.
1186, Nr. 120, ausgegeben am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 –
VerschG.
§. 19. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S.
1186, Nr. 120, ausgegeben am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 –
VerschG.
§. 20. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Reichsgesetzblatt I 1939, S.
1186, Nr. 120, ausgegeben am 07. 07. 1939, in Kraft seit 15. 07. 1939 –
VerschG.
Zweiter Titel.
Juristische Personen.
I. Vereine
1. Allgemeine Vorschriften
§. 21. Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirthschaftlichen
Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das
Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts.
§. 22. Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb
gerichtet ist, erlangt in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher
Vorschriften Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung. Die Verleihung steht
dem Bundesstaate zu, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hat.
§. 23. Einem Vereine, der seinen Sitz nicht in einem Bundesstaate hat,
kann in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit
durch Beschluß des Bundesraths verliehen werden. 12
§. 24. Als Sitz eines Vereins gilt, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist,
der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird.
§. 25. Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird, soweit sie nicht
auf den nachfolgenden Vorschriften beruht, durch die Vereinssatzung bestimmt.
§. 26. Der Verein muß einen Vorstand haben. Der Vorstand kann aus mehreren
Personen bestehen.
Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er
hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Der Umfang seiner
Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung gegen Dritte beschränkt
werden.
§. 27. Die Bestellung des Vorstandes erfolgt durch Beschluß der
Mitgliederversammlung.
Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf
die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf
den Fall beschränkt werden, daß ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt;
ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur
ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Auf die Geschäftsführung des Vorstandes finden die für den Auftrag
geltenden Vorschriften der §§. 664 bis 670 entsprechende Anwendung.
§. 28. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so erfolgt die
Beschlußfassung nach den für die Beschlüsse der Mitglieder des Vereins
geltenden Vorschriften der §§. 32, 34.
Ist eine Willenserklärung dem Vereine gegenüber abzugeben, so genügt die
Abgabe gegenüber einem Mitgliede des Vorstandes.
§. 29. Soweit die erforderlichen Mitglieder des Vorstandes fehlen, sind
sie in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels auf Antrag
eines Beteiligten von dem Amtsgericht zu bestellen, das für den Bezirk, in dem
der Verein seinen Sitz hat, das Vereinsregister führt.
§. 30. Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß neben dem Vorstande
für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die Vertretungsmacht
eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte,
die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt.
§. 31. Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand,
ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener
Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene,
zum Schadensersatze verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.
§. 32. Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem
Vorstand oder einem anderen Vereinsorgane zu besorgen sind, durch
Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit
des Beschlusses ist erforderlich, daß der Gegenstand bei der Berufung
bezeichnet wird. Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der
erschienenen Mitglieder.
Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluß gültig, wenn alle
Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschlusse schriftlich erklären.
§. 33. Zu einem Beschlusse, der eine Aenderung der Satzung enthält, ist
eine Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder erforderlich.
Zur Aenderung des Zweckes des Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder
erforderlich; die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder muß schriftlich
erfolgen.
Beruht die Rechtsfähigkeit des Vereins auf Verleihung, so ist zu jeder
Aenderung der Satzung staatliche Genehmigung oder, falls die Verleihung durch
den Bundesrath erfolgt ist, die Genehmigung des Bundesraths erforderlich. 12
§. 34. Ein Mitglied ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung
die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung
eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Vereine betrifft.
§. 35. Sonderrechte eines Mitglieds können nicht ohne dessen Zustimmung
durch Beschluß der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden.
§. 36. Die Mitgliederversammlung ist in den durch die Satzung bestimmten
Fällen sowie dann zu berufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert.
§. 37. Die Mitgliederversammlung ist zu berufen, wenn der durch die
Satzung bestimmte Theil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Theil
der Mitglieder die Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe
verlangt.
Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so kann das Amtsgericht die Mitglieder,
die das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der Versammlung ermächtigen; es
kann Anordnungen über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung treffen.
Zuständig ist das Amtsgericht, das für den Bezirk, in dem der Verein seinen
Sitz hat, das Vereinsregister führt. Auf die Ermächtigung muß bei der Berufung
der Versammlung Bezug genommen werden.
§. 38. Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht vererblich.
Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann nicht einem Anderen überlassen
werden.
§. 39. Die Mitglieder sind zum Austritt aus dem Vereine berechtigt.
Durch die Satzung kann bestimmt werden, daß der Austritt nur am Schlusse
eines Geschäftsjahrs oder erst nach dem Ablauf einer Kündigungsfrist zulässig
ist; die Kündigungsfrist kann höchstens zwei Jahre betragen.
§. 40. Die Vorschriften des §. 27 Abs. 1, 3, des §. 28 Abs. 1 und der
§§. 32, 33, 38 finden insoweit keine Anwendung, als die Satzung ein Anderes
bestimmt.
§. 41. Der Verein kann durch Beschluß der Mitgliederversammlung
aufgelöst werden. Zu dem Beschluß ist eine Mehrheit von drei Viertheilen der
erschienenen Mitglieder erforderlich, wenn nicht die Satzung ein Anderes
bestimmt.
§. 42. Der Verein verliert die Rechtsfähigkeit durch die Eröffnung des
Konkurses.
Der Vorstand hat im Falle der Ueberschuldung die Eröffnung des
Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen.
Wird die Stellung des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen
ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden
Schaden verantwortlich; sie haften als Gesammtschuldner.
§. 43. Dem Vereine kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er
durch einen gesetzwidrigen Beschluß der Mitgliederversammlung oder durch
gesetzwidriges Verhalten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet.
Einem Vereine, dessen Zweck nach der Satzung nicht auf einen
wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kann die Rechtsfähigkeit
entzogen werden, wenn er einen solchen Zweck verfolgt.
Einem Vereine, dessen Rechtsfähigkeit auf Verleihung beruht, kann die
Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen anderen als den in der Satzung
bestimmten Zweck verfolgt.
§. 44. Die Zuständigkeit und das Verfahren bestimmen sich in den Fällen
des § 43 nach dem Recht des Landes, in dem der Verein seinen Sitz hat.
Beruht die Rechtsfähigkeit auf Verleihung durch den Bundesrath, so
erfolgt die Entziehung durch Beschluß des Bundesraths. 12
§. 45. Mit der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der
Rechtsfähigkeit fällt das Vermögen an die in der Satzung bestimmten Personen.
Durch die Satzung kann vorgeschrieben werden, daß die Anfallberechtigten
durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines anderen Vereinsorgans
bestimmt werden. Ist der Zweck des Vereins nicht auf einen wirthschaftlichen
Geschäftsbetrieb gerichtet, so kann die Mitgliederversammlung auch ohne eine
solche Vorschrift das Vermögen einer öffentlichen Stiftung oder Anstalt
zuweisen.
Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallberechtigten, so fällt das
Vermögen, wenn der Verein nach der Satzung ausschließlich den Interessen seiner
Mitglieder diente, an die zur Zeit der Auflösung oder der Entziehung der
Rechtsfähigkeit vorhandenen Mitglieder zu gleichen Theilen, anderenfalls an den
Fiskus des Bundesstaats, in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hatte.
§. 46. Fällt das Vereinsvermögen an den Fiskus, so finden die
Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende Erbschaft
entsprechende Anwendung. Der Fiskus hat das Vermögen thunlichst in einer den
Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwenden.
§. 47. Fällt das Vereinsvermögen nicht an den Fiskus, so muß eine
Liquidation stattfinden.
§. 48. Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand. Zu Liquidatoren
können auch andere Personen bestellt werden; für die Bestellung sind die für
die Bestellung des Vorstandes geltenden Vorschriften maßgebend.
Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des Vorstandes, soweit
sich nicht aus dem Zwecke der Liquidation ein Anderes ergiebt.
Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so ist für ihre Beschlüsse
Uebereinstimmung aller erforderlich, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist.
§. 49. Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die
Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger
zu befriedigen und den Ueberschuß den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur
Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte
eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen
Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese
Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Vertheilung des
Ueberschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind.
Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend,
soweit der Zweck der Liquidation es erfordert.
§. 50. Die Auflösung des Vereins oder die Entziehung der Rechtsfähigkeit
ist durch die Liquidatoren öffentlich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung
sind die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Die
Bekanntmachung erfolgt durch das in der Satzung für Veröffentlichungen
bestimmte Blatt, in Ermangelung eines solchen durch dasjenige Blatt, welches
für Bekanntmachungen des Amtsgerichts bestimmt ist, in dessen Bezirke der
Verein seinen Sitz hatte. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablaufe des zweiten
Tages nach der Einrückung oder der ersten Einrückung als bewirkt.
Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung
aufzufordern.
§. 51. Das Vermögen darf den Anfallberechtigten nicht vor dem Ablauf
eines Jahres nach der Bekanntmachung der Auflösung des Vereins oder der
Entziehung der Rechtsfähigkeit ausgeantwortet werden.
§. 52. Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete
Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger
zu hinterlegen.
Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit
nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen
den Anfallberechtigten nur ausgeantwortet werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit
geleistet ist.
§. 53. Liquidatoren, welche die ihnen nach dem § 42 Abs. 2 und den §§.
50 bis 52 obliegenden Verpflichtungen verletzen oder vor der Befriedigung der
Gläubiger Vermögen den Anfallberechtigten ausantworten, sind, wenn ihnen ein
Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden
verantwortlich; sie haften als Gesamtschuldner.
§. 54. Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften
über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäfte, das im Namen eines
solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde
persönlich; handeln Mehrere, so haften sie als
Gesammtschuldner.
2. Eingetragene Vereine
§. 55. Die Eintragung eines Vereins der im §. 21 bezeichneten Art in das
Vereinsregister hat bei dem Amtsgerichte zu geschehen, in dessen Bezirke der
Verein seinen Sitz hat.
Die Landesjustizverwaltungen können die Vereinssachen einem Amtsgericht
für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zuweisen.
§. 56. Die Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder
mindestens sieben beträgt.
§. 57. Die Satzung muß den Zweck, den Namen und den Sitz des Vereins
enthalten und ergeben, daß der Verein eingetragen werden soll.
Der Name soll sich von den Namen der an demselben Orte oder in derselben
Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden.
§. 58. Die Satzung soll Bestimmungen enthalten:
1. über den Eintritt und Austritt der
Mitglieder;
2. darüber, ob und welche Beiträge von den
Mitgliedern zu leisten sind;
3. über die Bildung des Vorstandes;
4. über die Voraussetzungen, unter denen die
Mitgliederversammlung zu berufen ist, über die Form der Berufung und über die
Beurkundung der Beschlüsse.
§. 59. Der Vorstand hat den Verein zur Eintragung anzumelden.
Der Anmeldung sind beizufügen:
1. die Satzung in Urschrift und Abschrift;
2. eine Abschrift der Urkunden über die
Bestellung des Vorstandes.
Die Satzung soll von mindestens sieben Mitgliedern unterzeichnet sein
und die Angabe des Tages der Errichtung enthalten.
§. 60. Die Anmeldung ist, wenn den Erfordernissen der §§. 56 bis 59
nicht genügt ist, von dem Amtsgericht unter Angabe der Gründe zurückzuweisen.
§. 61. Wird die Anmeldung zugelassen, so hat das Amtsgericht sie der
zuständigen Verwaltungsbehörde mitzutheilen.
Die Verwaltungsbehörde kann gegen die Eintragung Einspruch erheben, wenn
der Verein nach dem öffentlichen Vereinsrecht unerlaubt ist oder verboten
werden kann.
§. 62. Erhebt die Verwaltungsbehörde Einspruch, so hat das Amtsgericht
den Einspruch dem Vorstande mitzutheilen.
§. 63. Die Eintragung darf, sofern nicht die Verwaltungsbehörde dem
Amtsgericht mitteilt, daß Einspruch nicht erhoben werde, erst erfolgen, wenn
seit der Mitteilung der Anmeldung an die Verwaltungsbehörde sechs Wochen
verstrichen sind und Einspruch nicht erhoben ist oder wenn der erhobene
Einspruch seine Wirksamkeit verloren hat.
Der Einspruch ist unwirksam, wenn die nach den Bestimmungen des
Vereinsgesetzes zuständige Behörde nicht binnen eines Monats nach
Einspruchserhebung ein Verbot des Vereins ausgesprochen hat oder wenn das
rechtzeitig ausgesprochene Verbot zurückgenommen oder unanfechtbar aufgehoben
worden ist.
§. 64. Bei der Eintragung sind der Name und der Sitz des Vereins, der
Tag der Errichtung der Satzung sowie die Mitglieder des Vorstandes im
Vereinsregister anzugeben. Bestimmungen, die den Umfang der Vertretungsmacht
des Vorstandes beschränken oder die Beschlußfassung des Vorstandes abweichend
von der Vorschrift des §. 28 Abs. 1 regeln, sind gleichfalls einzutragen.
§. 65. Mit der Eintragung erhält der Name des Vereins den Zusatz
„eingetragener Verein“.
§. 66. Das Amtsgericht hat die Eintragung durch das für seine
Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
Die Urschrift der Satzung ist mit der Bescheinigung der Eintragung zu
versehen und zurückzugeben. Die Abschrift wird von dem Amtsgerichte beglaubigt
und mit den übrigen Schriftstücken aufbewahrt.
§. 67 Jede Änderung des Vorstands ist von dem Vorstand zur Eintragung
anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urkunde über die Änderung
beizufügen.
Die Eintragung gerichtlich bestellter Vorstandsmitglieder erfolgt von
Amtswegen.
§. 68. Wird zwischen den bisherigen Mitgliedern des Vorstandes und einem
Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen, so kann die Aenderung des Vorstandes
dem Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn sie zur Zeit der Vornahme des
Rechtsgeschäfts im Vereinsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt ist.
Ist die Aenderung eingetragen, so braucht der Dritte sie nicht gegen sich
gelten zu lassen, wenn er sie nicht kennt, seine Unkenntniß auch nicht auf
Fahrlässigkeit beruht.
§. 69. Der Nachweis, daß der Vorstand aus den im Register eingetragenen
Personen besteht, wird Behörden gegenüber durch ein
Zeugniß des Amtsgerichts über die Eintragung geführt.
§. 70. Die Vorschriften des §. 68 gelten auch für Bestimmungen, die den
Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken oder die Beschlußfassung
des Vorstandes abweichend von der Vorschrift des §. 28 Abs. 1 regeln.
§. 71. Aenderungen der Satzung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der
Eintragung in das Vereinsregister. Die Aenderung ist von dem Vorstande zur
Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist der die Aenderung enthaltende Beschluß
in Urschrift und Abschrift beizufügen.
Die Vorschriften der §§. 60 bis 64 und des §. 66 Abs. 2 finden
entsprechende Anwendung.
§ 72. Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen jederzeit
eine von ihm vollzogene Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder
einzureichen.
§. 73. Sinkt die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei herab, so hat das
Amtsgericht auf Antrag des Vorstandes und, wenn der Antrag nicht binnen drei
Monaten gestellt wird, von Amtswegen nach Anhörung des Vorstandes dem Vereine
die Rechtsfähigkeit zu entziehen.
§. 74. Die Auflösung des Vereins sowie die Entziehung der
Rechtsfähigkeit ist in das Vereinsregister
einzutragen. Im Falle der Eröffnung des Konkurses unterbleibt die Eintragung.
Wird der Verein durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder durch den
Ablauf der für die Dauer des Vereins bestimmten Zeit aufgelöst, so hat der
Vorstand die Auflösung zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist im ersteren
Falle eine Abschrift des
Auflösungsbeschlusses beizufügen.
Wird dem Verein auf Grund des § 43 die Rechtsfähigkeit entzogen, so
erfolgt die Eintragung auf Anzeige der zuständigen Behörde.
§. 75. Die Eröffnung des Konkurses ist von Amtswegen einzutragen. Das
Gleiche gilt von der Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses.
§. 76. Die Liquidatoren sind in das Vereinsregister einzutragen. Das
Gleiche gilt von Bestimmungen, welche die Beschlußfassung der Liquidatoren
abweichend von der Vorschrift des §. 48 Abs. 3 regeln.
Die Anmeldung hat durch den Vorstand, bei späteren Aenderungen durch die
Liquidatoren zu erfolgen. Der Anmeldung der durch Beschluß der
Mitgliederversammlung bestellten Liquidatoren ist eine Abschrift des
Beschlusses, der Anmeldung einer Bestimmung über die Beschlußfassung der
Liquidatoren eine Abschrift der die Bestimmung enthaltenden Urkunde beizufügen.
Die Eintragung gerichtlich bestellter Liquidatoren geschieht von
Amtswegen.
§. 77. Die Anmeldungen zum Vereinsregister sind von den Mitgliedern des
Vorstandes sowie von den Liquidatoren mittelst öffentlich beglaubigter Erklärung
zu bewirken.
§. 78. Das Amtsgericht kann die Mitglieder des Vorstandes zur Befolgung
der Vorschriften des §. 67 Abs. 1, des §. 71 Abs. 1, des §. 72, des §. 74 Abs.
2 und des §. 76 durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten.
In gleicher Weise können die Liquidatoren zur Befolgung der Vorschriften
des §. 76 angehalten werden.
§. 79. Die Einsicht des Vereinsregisters sowie der von dem Vereine bei
dem Amtsgericht eingereichten Schriftstücke ist Jedem gestattet. Von den
Eintragungen kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf
Verlangen zu beglaubigen.
II. Stiftungen
§. 80. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung ist außer dem
Stiftungsgeschäfte die Genehmigung des Bundesstaats erforderlich, in dessen
Gebiete die Stiftung ihren Sitz haben soll. Soll die Stiftung ihren Sitz nicht
in einem Bundesstaate haben, so ist die Genehmigung des Bundesraths
erforderlich. Als Sitz der Stiftung gilt, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist,
der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird. 12
§. 81. Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden bedarf der schriftlichen
Form.
Bis zur Ertheilung der Genehmigung ist der Stifter zum Widerrufe
berechtigt. Ist die Genehmigung bei der zuständigen Behörde nachgesucht, so
kann der Widerruf nur dieser gegenüber erklärt werden. Der Erbe des Stifters
ist zum Widerrufe nicht berechtigt, wenn der Stifter das Gesuch bei der
zuständigen Behörde eingereicht oder im Falle der notariellen Beurkundung des
Stiftungsgeschäfts den Notar bei oder nach der Beurkundung mit der Einreichung
betraut hat.
§. 82. Wird die Stiftung genehmigt, so ist der Stifter verpflichtet, das
in dem Stiftungsgeschäfte zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen.
Rechte, zu deren Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt, gehen mit der
Genehmigung auf die Stiftung über, sofern nicht aus dem Stiftungsgeschäfte sich
ein anderer Wille des Stifters ergiebt.
§. 83. Besteht das Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von Todeswegen,
so hat das Nachlaßgericht die Genehmigung einzuholen, sofern sie nicht von dem
Erben oder dem Testamentsvollstrecker nachgesucht wird.
§. 84. Wird die Stiftung erst nach dem Tode des Stifters genehmigt, so
gilt sie für die Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tode entstanden.
§. 85. Die Verfassung einer Stiftung wird, soweit sie nicht auf Reichs-
oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt.
§. 86. Die Vorschriften des §. 26, des §. 27 Abs. 3 und der §§. 28 bis
31, 42 finden auf Stiftungen entsprechende Anwendung, die Vorschriften des §.
27 Abs. 3 und des §. 28 Abs. 1 jedoch nur insoweit, als sich nicht aus der
Verfassung, insbesondere daraus, daß die Verwaltung der Stiftung von einer
öffentlichen Behörde geführt wird, ein Anderes ergiebt. Die Vorschriften des §.
28 Abs. 2 und des §. 29 finden auf Stiftungen, deren Verwaltung von einer
öffentlichen Behörde geführt wird, keine Anwendung.
§. 87. Ist die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden oder
gefährdet sie das Gemeinwohl, so kann die zuständige Behörde der Stiftung eine
andere Zweckbestimmung geben oder sie aufheben.
Bei der Umwandlung des Zweckes ist die Absicht des Stifters thunlichst
zu berücksichtigen, insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß die Erträge des
Stiftungsvermögens dem Personenkreise, dem sie zu Statten kommen sollten, im Sinne
des Stifters thunlichst erhalten bleiben. Die Behörde kann die Verfassung der
Stiftung ändern, soweit die Umwandlung des Zweckes es erfordert.
Vor der Umwandlung des Zweckes und der Aenderung der Verfassung soll der
Vorstand der Stiftung gehört werden.
§. 88. Mit dem Erlöschen der Stiftung fällt das Vermögen an die in der
Verfassung bestimmten Personen. Die Vorschriften der §§. 46 bis 53 finden
entsprechende Anwendung.
III. Juristische Personen des öffentlichen Rechtes
§. 89. Die Vorschrift des §. 31 findet auf den Fiskus sowie auf die
Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes entsprechende
Anwendung.
Das Gleiche gilt, soweit bei Körperschaften, Stiftungen und Anstalten
des öffentlichen Rechtes der Konkurs zulässig ist, von der Vorschrift des §. 42
Abs. 2.
Zweiter Abschnitt.
Sachen.
§. 90. Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.
§. 91. Vertretbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen,
die im Verkehre nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen.
§. 92. Verbrauchbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche
Sachen, deren bestimmungsmäßiger Gebrauch in dem Verbrauch oder in der
Veräußerung besteht.
Als verbrauchbar gelten auch bewegliche Sachen, die zu einem Waarenlager
oder zu einem sonstigen Sachinbegriffe gehören, dessen bestimmungsmäßiger
Gebrauch in der Veräußerung der einzelnen Sachen besteht.
§. 93. Bestandtheile einer Sache, die von einander nicht getrennt werden
können, ohne daß der eine oder der andere zerstört oder in seinem Wesen
verändert wird (wesentliche Bestandtheile), können nicht Gegenstand besonderer
Rechte sein.
§. 94. Zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Grundstücks gehören die
mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die
Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen
wird mit dem Aussäen, eine Pflanze mit dem Einpflanzen wesentlicher
Bestandtheil des Grundstücks.
Zu den wesentlichen Bestandtheilen eines Gebäudes gehören die zur
Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.
§. 95. Zu den Bestandtheilen eines Grundstücks gehören solche Sachen
nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden
verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werke, das in
Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstücke von dem Berechtigten mit
dem Grundstücke verbunden worden ist.
Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke in ein Gebäude eingefügt
sind, gehören nicht zu den Bestandtheilen des Gebäudes.
§. 96. Rechte, die mit dem Eigenthum an einem Grundstücke verbunden
sind, gelten als Bestandtheile des Grundstücks.
§. 97. Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandtheile der
Hauptsache zu sein, dem wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen
bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen
Verhältnisse stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehre nicht
als Zubehör angesehen wird.
Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirthschaftlichen Zweck
einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorübergehende
Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft
nicht auf.
§. 98. Dem wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache sind zu dienen
bestimmt:
1. bei einem Gebäude, das für einen gewerblichen
Betrieb dauernd eingerichtet ist, insbesondere bei einer Mühle, einer Schmiede,
einem Brauhaus, einer Fabrik, die zu dem Betriebe bestimmten Maschinen und
sonstigen Geräthschaften;
2. bei einem Landgute das zum
Wirthschaftsbetriebe bestimmte Geräth und Vieh, die landwirthschaftlichen
Erzeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit
erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich
gewonnen werden, sowie der vorhandene auf dem Gute gewonnene Dünger.
§. 99. Früchte einer Sache sind die Erzeugnisse der Sache und die
sonstige Ausbeute, welche aus der Sache ihrer Bestimmung gemäß gewonnen wird.
Früchte eines Rechtes sind die Erträge, welche das Recht seiner
Bestimmung gemäß gewährt, insbesondere bei einem Rechte auf Gewinnung von
Bodenbestandtheilen die gewonnenen Bestandtheile.
Früchte sind auch die Erträge, welche eine Sache oder ein Recht vermöge
eines Rechtsverhältnisses gewährt.
§. 100. Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechtes sowie
die Vortheile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechtes gewährt.
§. 101. Ist Jemand berechtigt, die Früchte einer Sache oder eines
Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu
beziehen, so gebühren ihm, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist:
1. die im §. 99 Abs. 1 bezeichneten
Erzeugnisse und Bestandtheile, auch wenn er sie als Früchte eines Rechtes zu
beziehen hat, insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung von der
Sache getrennt werden;
2. andere Früchte insoweit, als sie während
der Dauer der Berechtigung fällig werden; bestehen jedoch die Früchte in der
Vergütung für die Ueberlassung des Gebrauchs oder des Fruchtgenusses, in
Zinsen, Gewinnantheilen oder anderen regelmäßig wiederkehrenden Erträgen, so
gebührt dem Berechtigten ein der Dauer seiner Berechtigung entsprechender
Theil.
§. 102. Wer zur Herausgabe von Früchten verpflichtet ist, kann Ersatz
der auf die Gewinnung der Früchte verwendeten Kosten insoweit verlangen, als
sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth der Früchte
nicht übersteigen.
§. 103. Wer verpflichtet ist, die Lasten einer Sache oder eines Rechtes
bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu tragen, hat,
sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, die regelmäßig wiederkehrenden Lasten
nach dem Verhältnisse der Dauer seiner Verpflichtung, andere Lasten insoweit zu
tragen, als sie während der Dauer seiner Verpflichtung zu entrichten sind.
Dritter Abschnitt.
Rechtsgeschäfte.
Erster Titel.
Geschäftsfähigkeit.
§. 104. Geschäftsunfähig ist:
1. wer nicht das siebente Lebensjahr
vollendet hat;
2. wer sich in einem die freie
Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit
befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist;
3. wer wegen Geisteskrankheit entmündigt ist.
§. 105. Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig.
Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustande der
Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistesthätigkeit abgegeben
wird.
§. 106. Ein Minderjähriger, der das siebente Lebensjahr vollendet hat,
ist nach Maßgabe der §§. 107 bis 113 in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.
§. 107. Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er
nicht lediglich einen rechtlichen Vortheil erlangt, der Einwilligung seines
gesetzlichen Vertreters.
§. 108. Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags
von der Genehmigung des Vertreters ab.
Fordert der andere Theil den Vertreter zur Erklärung über die
Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der
Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder
Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum
Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird
sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt
seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters.
§. 109. Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Theil zum
Widerrufe berechtigt. Der Widerruf kann auch dem Minderjährigen gegenüber
erklärt werden.
Hat der andere Theil die Minderjährigkeit gekannt, so kann er nur
widerrufen, wenn der Minderjährige der Wahrheit zuwider die Einwilligung des
Vertreters behauptet hat; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn
ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem Abschlusse des Vertrags bekannt war.
§. 110. Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen
Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der
Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu
diesem Zwecke oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen
Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.
§. 111. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Minderjährige ohne die erforderliche
Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt, ist unwirksam. Nimmt der
Minderjährige mit dieser Einwilligung ein solches Rechtsgeschäft einem Anderen
gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Minderjährige die
Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der Andere das
Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung
ist ausgeschlossen, wenn der Vertreter den Anderen von der Einwilligung in
Kenntniß gesetzt hatte.
§. 112. Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines
Erwerbsgeschäfts, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte
unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt.
Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts bedarf.
Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts zurückgenommen werden.
§. 113. Ermächtigt der gesetzliche Vertreter den Minderjährigen, in
Dienst oder in Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige für solche
Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder
Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung
der sich aus einem solchen Verhältniß ergebenden Verpflichtungen betreffen.
Ausgenommen sind Verträge, zu denen der Vertreter der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts bedarf.
Die Ermächtigung kann von dem Vertreter zurückgenommen oder eingeschränkt
werden.
Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann die Ermächtigung,
wenn sie von ihm verweigert wird, auf Antrag des Minderjährigen durch das
Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Das Vormundschaftsgericht hat die
Ermächtigung zu ersetzen, wenn sie im Interesse des Mündels liegt.
Die für einen einzelnen Fall ertheilte Ermächtigung gilt im Zweifel als
allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen derselben Art.
§. 114. Wer wegen Geistesschwäche, Verschwendung, Trunksucht oder
Rauschgiftsucht entmündigt oder wer nach §. 1906 unter vorläufige Vormundschaft
gestellt ist, steht in Ansehung der Geschäftsfähigkeit einem Minderjährigen
gleich, der das siebente Lebensjahr vollendet hat.
§. 115. Wird ein die Entmündigung aussprechender Beschluß in Folge einer
Anfechtungsklage aufgehoben, so kann die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem
Entmündigten vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht auf Grund des Beschlusses in
Frage gestellt werden. Auf die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem
gesetzlichen Vertreter vorgenommenen Rechtsgeschäfte hat die Aufhebung keinen
Einfluß.
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn im Falle einer
vorläufigen Vormundschaft der Antrag auf Entmündigung zurückgenommen oder
rechtskräftig abgewiesen oder der die Entmündigung aussprechende Beschluß in
Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben wird.
Zweiter Titel.
Willenserklärung.
§. 116. Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der
Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist
nichtig, wenn sie einem Anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den
Vorbehalt kennt.
§. 117. Wird eine Willenserklärung, die einem Anderen gegenüber
abzugeben ist, mit dessen Einverständnisse nur zum Schein abgegeben, so ist sie
nichtig.
Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so
finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.
§. 118. Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der
Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde
nicht verkannt werden, ist nichtig.
§. 119. Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im
Irrthume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte,
kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntniß der
Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
Als Irrthum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrthum über
solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich
angesehen werden.
§. 120. Eine Willenserklärung, welche durch die zur Uebermittlung
verwendete Person oder Anstalt unrichtig übermittelt worden ist, kann unter der
gleichen Voraussetzung angefochten werden wie nach §. 119 eine irrthümlich
abgegebene Willenserklärung.
§. 121. Die Anfechtung muß in den Fällen der §§. 119, 120 ohne
schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte
von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber
erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung
unverzüglich abgesendet worden ist.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der
Willenserklärung dreißig Jahre verstrichen sind.
§. 122. Ist eine Willenserklärung nach §. 118 nichtig oder auf Grund der
§§. 119, 120 angefochten, so hat der Erklärende, wenn die Erklärung einem
Anderen gegenüber abzugeben war, diesem, anderenfalls jedem Dritten den Schaden
zu ersetzen, den der Andere oder der Dritte dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit
der Erklärung vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus,
welches der Andere oder der Dritte an der Gültigkeit der Erklärung hat.
Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Beschädigte den
Grund der Nichtigkeit oder der Anfechtbarkeit kannte oder in Folge von
Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen mußte).
§. 123. Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung
oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung
anfechten.
Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem
Anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung
kannte oder kennen mußte. Soweit ein Anderer als derjenige, welchem gegenüber
die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben
hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte
oder kennen mußte.
§. 124. Die Anfechtung einer nach §. 123 anfechtbaren
Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt,
in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der
Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der
Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des §. 203 Abs. 2
und der §§. 206, 207 entsprechende Anwendung.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der
Willenserklärung dreißig Jahre verstrichen sind.
§. 125. Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen
Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten
Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
§. 126. Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muß die
Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittelst
notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
Bei einem Vertrage muß die Unterzeichnung der Parteien auf derselben
Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden
aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte
Urkunde unterzeichnet.
Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
§. 127. Die Vorschriften des §. 126 gelten im Zweifel auch für die durch
Rechtsgeschäft bestimmte schriftliche Form. Zur Wahrung der Form genügt jedoch,
soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, telegraphische Uebermittelung
und bei einem Vertrage Briefwechsel; wird eine solche Form gewählt, so kann
nachträglich eine dem §. 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.
§. 127a. Die notarielle Beurkundung wird bei einem gerichtlichen
Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der
Zivilprozeßordnung errichtetes Protokoll ersetzt.
§. 128. Ist durch Gesetz notarielle Beurkundung eines Vertrags
vorgeschrieben, so genügt es, wenn zunächst der Antrag und sodann die Annahme
des Antrags von einem Notar beurkundet wird.
§. 129. Ist durch Gesetz für eine Erklärung öffentliche Beglaubigung
vorgeschrieben, so muß die Erklärung schriftlich abgefaßt und die Unterschrift
des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden. Wird die Erklärung von dem
Aussteller mittelst Handzeichens unterzeichnet, so ist die im §. 126 Abs. 1
vorgeschriebene Beglaubigung des Handzeichens erforderlich und genügend.
Die öffentliche Beglaubigung wird durch die notarielle Beurkundung der
Erklärung ersetzt.
§. 130. Eine Willenserklärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben
ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkte
wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem Anderen
vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.
Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluß, wenn der
Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.
Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung
einer Behörde gegenüber abzugeben ist.
§. 131. Wird die Willenserklärung einem Geschäftsunfähigen gegenüber
abgegeben, so wird sie nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter
zugeht.
Das Gleiche gilt, wenn die Willenserklärung einer in der
Geschäftsfähigkeit beschränkten Person gegenüber abgegeben wird. Bringt die
Erklärung jedoch der in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person lediglich
einen rechtlichen Vortheil oder hat der gesetzliche Vertreter seine
Einwilligung ertheilt, so wird die Erklärung in dem Zeitpunkte wirksam, in
welchem sie ihr zugeht.
§. 132. Eine Willenserklärung gilt auch dann als zugegangen, wenn sie
durch Vermittelung eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist. Die
Zustellung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung.
Befindet sich der Erklärende über die Person desjenigen, welchem
gegenüber die Erklärung abzugeben ist, in einer nicht auf Fahrlässigkeit
beruhenden Unkenntniß oder ist der Aufenthalt dieser Person unbekannt, so kann
die Zustellung nach den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden
Vorschriften der Zivilprozeßordnung erfolgen. Zuständig für die Bewilligung ist
im ersteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Erklärende seinen
Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt
hat, im letzteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke die Person, welcher
zuzustellen ist, den letzten Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen
Wohnsitzes den letzten Aufenthalt hatte.
§. 133. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille
zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
§. 134. Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt,
ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
§. 135. Verstößt die Verfügung über einen Gegenstand gegen ein
gesetzliches Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen
bezweckt, so ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam. Der
rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die im Wege der
Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten
herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 136. Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer
anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem
gesetzlichen Veräußerungsverbote der im §. 135 bezeichneten Art gleich.
§. 137. Die Befugniß zur Verfügung über ein veräußerliches Recht kann
nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden. Die
Wirksamkeit einer Verpflichtung, über ein solches Recht nicht zu verfügen, wird
durch diese Vorschrift nicht berührt.
§. 138. Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist
nichtig.
Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter
Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen
oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für
eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren läßt, die in einem
auffälligen Mißverhältnis zu der Leistung stehen.
§. 139. Ist ein Theil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze
Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den
nichtigen Theil vorgenommen sein würde.
§. 140. Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines
anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, daß dessen
Geltung bei Kenntniß der Nichtigkeit gewollt sein würde.
§. 141. Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es
vorgenommen hat, bestätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu
beurtheilen.
Wird ein nichtiger Vertrag von den Parteien bestätigt, so sind diese im
Zweifel verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der
Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre.
§. 142. Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als
von Anfang an nichtig anzusehen.
Wer die Anfechtbarkeit kannte oder kennen mußte, wird, wenn die
Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie wenn er die Nichtigkeit des
Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen müssen.
§. 143. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.
Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrage der andere Theil, im Falle des
§. 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht
erworben hat.
Bei einem einseitigen Rechtsgeschäfte, das einem Anderen gegenüber
vorzunehmen war, ist der Andere der Anfechtungsgegner. Das Gleiche gilt bei
einem Rechtsgeschäfte, das einem Anderen oder einer Behörde gegenüber
vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber
vorgenommen worden ist.
Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist Anfechtungsgegner
Jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vortheil
erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer
Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde
erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mittheilen, welcher durch
das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.
§. 144. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn das anfechtbare
Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird.
Die Bestätigung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.
Dritter Titel.
Vertrag.
§. 145. Wer einem Anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an
den Antrag gebunden, es sei denn, daß er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
§. 146. Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt
oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§. 147 bis 149 rechtzeitig
angenommen wird.
§. 147. Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen
werden. Dies gilt auch von einem mittelst Fernsprechers von Person zu Person
gemachten Antrage.
Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt
angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter
regelmäßigen Umständen erwarten darf.
§. 148. Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist
bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen.
§. 149. Ist eine dem Antragenden verspätet zugegangene Annahmeerklärung
dergestalt abgesendet worden, daß sie bei regelmäßiger Beförderung ihm
rechtzeitig zugegangen sein würde, und mußte der Antragende dies erkennen, so
hat er die Verspätung dem Annehmenden unverzüglich nach dem Empfange der
Erklärung anzuzeigen, sofern es nicht schon vorher geschehen ist. Verzögert er
die Absendung der Anzeige, so gilt die Annahme als nicht verspätet.
§. 150. Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag.
Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen
Aenderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrage.
§. 151. Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zu Stande, ohne
daß die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine
solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der
Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag
erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu
entnehmenden Willen des Antragenden.
§. 152. Wird ein Vertrag notariell beurkundet, ohne daß beide Theile
gleichzeitig anwesend sind, so kommt der Vertrag mit der nach §. 128 erfolgten
Beurkundung der Annahme zu Stande, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist. Die
Vorschrift des §. 151 Satz 2 findet Anwendung.
§. 153. Das Zustandekommen des Vertrags wird nicht dadurch gehindert,
daß der Antragende vor der Annahme stirbt oder geschäftsunfähig wird, es sei
denn, daß ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist.
§. 154. Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags
geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine
Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht
geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht
bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.
Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so
ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.
§. 155. Haben sich die Parteien bei einem Vertrage, den sie als
geschlossen ansehen, über einen Punkt, über den eine Vereinbarung getroffen
werden sollte, in Wirklichkeit nicht geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern
anzunehmen ist, daß der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt
geschlossen sein würde.
§. 156. Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den
Zuschlag zu Stande. Ein Gebot erlischt, wenn ein Uebergebot abgegeben oder die
Versteigerung ohne Ertheilung des Zuschlags geschlossen wird.
§. 157. Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht
auf die Verkehrssitte es erfordern.
Vierter Titel.
Bedingung. Zeitbestimmung.
§. 158. Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung
vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem
Eintritte der Bedingung ein.
Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so
endigt mit dem Eintritte der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit
diesem Zeitpunkte tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.
§. 159. Sollen nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts die an den Eintritt
der Bedingung geknüpften Folgen auf einen früheren Zeitpunkt zurückbezogen
werden, so sind im Falle des Eintritts der Bedingung die Betheiligten
verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn die Folgen in
dem früheren Zeitpunkt eingetreten wären.
§. 160. Wer unter einer aufschiebenden Bedingung berechtigt ist, kann im
Falle des Eintritts der Bedingung Schadensersatz von dem anderen Theile
verlangen, wenn dieser während der Schwebezeit das von der Bedingung abhängige
Recht durch sein Verschulden vereitelt oder beeinträchtigt.
Den gleichen Anspruch hat unter denselben Voraussetzungen bei einem
unter einer auflösenden Bedingung vorgenommenen Rechtsgeschäfte derjenige, zu
dessen Gunsten der frühere Rechtszustand wiedereintritt.
§. 161. Hat Jemand unter einer aufschiebenden Bedingung über einen
Gegenstand verfügt, so ist jede weitere Verfügung, die er während der
Schwebezeit über den Gegenstand trifft, im Falle des Eintritts der Bedingung
insoweit unwirksam, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln
oder beeinträchtigen würde. Einer solchen Verfügung steht eine Verfügung
gleich, die während der Schwebezeit im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.
Dasselbe gilt bei einer auflösenden Bedingung von den Verfügungen desjenigen,
dessen Recht mit dem Eintritte der Bedingung endigt.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem
Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 162. Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachtheil
er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung
als eingetreten.
Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vortheil er
gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht
erfolgt.
§. 163. Ist für die Wirkung eines Rechtsgeschäfts bei dessen Vornahme
ein Anfangs- oder ein Endtermin bestimmt worden, so finden im ersteren Falle
die für die aufschiebende, im letzteren Falle die für die auflösende Bedingung
geltenden Vorschriften der §§. 158, 160, 161 entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Vertretung. Vollmacht.
§. 164. Eine Willenserklärung, die Jemand innerhalb der ihm zustehenden
Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgiebt, wirkt unmittelbar für und
gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung
ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, daß
sie in dessen Namen erfolgen soll.
Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so
kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine
gegenüber einem Anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber
erfolgt.
§. 165. Die Wirksamkeit einer von oder gegenüber einem Vertreter
abgegebenen Willenserklärung wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß der
Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist.
§. 166. Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch
Willensmängel oder durch die Kenntniß oder das Kennenmüssen gewisser Umstände
beeinflusßt werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des
Vertreters in Betracht.
Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft ertheilten Vertretungsmacht
(Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers
gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst
kannte, nicht auf die Unkenntniß des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von
Umständen, die der Vollmachtgeber kennen mußte, sofern das Kennenmüssen der
Kenntniß gleichsteht.
§. 167. Die Ertheilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber
dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung
stattfinden soll.
Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft
bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht.
§. 168. Das Erlöschen der Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer
Ertheilung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse. Die Vollmacht ist auch bei
dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus
diesem ein Anderes ergiebt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die
Vorschrift des §. 167 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§. 169. Soweit nach den §§. 674, 729 die erloschene Vollmacht eines
Beauftragten oder eines geschäftsführenden Gesellschafters als fortbestehend
gilt, wirkt sie nicht zu Gunsten eines Dritten, der bei der Vornahme eines
Rechtsgeschäfts das Erlöschen kennt oder kennen muß.
§. 170. Wird die Vollmacht durch Erklärung gegenüber einem Dritten
ertheilt, so bleibt sie diesem gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen von
dem Vollmachtgeber angezeigt wird.
§. 171. Hat Jemand durch besondere Mittheilung an einen Dritten oder
durch öffentliche Bekanntmachung kundgegeben, daß er einen Anderen
bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund der Kundgebung im ersteren Falle
dem Dritten gegenüber, im letzteren Falle jedem Dritten gegenüber zur
Vertretung befugt.
Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Kundgebung in derselben
Weise, wie sie erfolgt ist, widerrufen wird.
§. 172. Der besonderen Mittheilung einer Bevollmächtigung durch den
Vollmachtgeber steht es gleich, wenn dieser dem Vertreter eine
Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt.
Die Vertretungsmacht bleibt bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem
Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird.
§. 173. Die Vorschriften des §. 170, des §. 171 Abs. 2 und des §. 172
Abs. 2 finden keine Anwendung, wenn der Dritte das Erlöschen der Vertretungsmacht
bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt oder kennen muß.
§. 174. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem
Anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine
Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem
Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der
Vollmachtgeber den Anderen von der Bevollmächtigung in Kenntniß gesetzt hatte.
§. 175. Nach dem Erlöschen der Vollmacht hat der Bevollmächtigte die
Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückzugeben; ein Zurückbehaltungsrecht
steht ihm nicht zu.
§. 176. Der Vollmachtgeber kann die Vollmachtsurkunde durch eine
öffentliche Bekanntmachung für kraftlos erklären; die Kraftloserklärung muß nach
den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vorschriften der
Zivilprozeßordnung veröffentlicht werden. Mit dem Ablauf eines Monats nach der
letzten Einrückung in die öffentlichen Blätter wird die Kraftloserklärung
wirksam.
Zuständig für die Bewilligung der Veröffentlichung ist sowohl das
Amtsgericht, in dessen Bezirke der Vollmachtgeber seinen allgemeinen
Gerichtsstand hat, als das Amtsgericht, welches für die Klage auf Rückgabe der
Urkunde, abgesehen von dem Werthe des Streitgegenstandes, zuständig sein würde.
Die Kraftloserklärung ist unwirksam, wenn der Vollmachtgeber die
Vollmacht nicht widerrufen kann.
§. 177. Schließt Jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines Anderen
einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den
Vertretenen von dessen Genehmigung ab.
Fordert der andere Theil den Vertretenen zur Erklärung über die
Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der
Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der
Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei
Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht
erklärt, so gilt sie als verweigert.
§. 178. Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Theil zum
Widerrufe berechtigt, es sei denn, daß er den Mangel der Vertretungsmacht bei
dem Abschlusse des Vertrags gekannt hat. Der Widerruf kann auch dem Vertreter
gegenüber erklärt werden.
§. 179. Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er
nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Theile nach dessen Wahl zur
Erfüllung oder zum Schadensersatze verpflichtet, wenn der Vertretene die
Genehmigung des Vertrags verweigert.
Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so ist
er nur zum Ersatze desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der andere Theil
dadurch erleidet, daß er auf die Vertretungsmacht vertraut, jedoch nicht über
den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der Wirksamkeit
des Vertrags hat.
Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Theil den Mangel der
Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte. Der Vertreter haftet auch dann
nicht, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, es sei denn, daß er
mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat.
§. 180. Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne
Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein
solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete
Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder
ist er damit einverstanden gewesen, daß der Vertreter ohne Vertretungsmacht
handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das
Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter
ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnisse
vorgenommen wird.
§. 181. Ein Vertreter kann, soweit nicht ein Anderes ihm gestattet ist,
im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines
Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, daß das Rechtsgeschäft
ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Sechster Titel.
Einwilligung. Genehmigung.
§. 182. Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen
Rechtsgeschäfts, das einem Anderen gegenüber vorzunehmen ist, von der
Zustimmung eines Dritten ab, so kann die Ertheilung sowie die Verweigerung der
Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Theile gegenüber erklärt werden.
Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.
Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von der
Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung des Dritten vorgenommen, so
finden die Vorschriften des §. 111 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung.
§. 183. Die vorherige Zustimmung (Einwilligung) ist bis zur Vornahme des
Rechtsgeschäfts widerruflich, soweit nicht aus dem ihrer Ertheilung zu Grunde
liegenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt. Der Widerruf kann sowohl
dem einen als dem anderen Theile gegenüber erklärt werden.
§. 184. Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den
Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein Anderes
bestimmt ist.
Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der
Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden
getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt sind.
§. 185. Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand
trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.
Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt oder wenn
der Verfügende den Gegenstand erwirbt oder wenn er von dem Berechtigten beerbt
wird und dieser für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. In den
beiden letzteren Fällen wird, wenn über den Gegenstand mehrere mit einander
nicht in Einklang stehende Verfügungen getroffen worden sind, nur die frühere
Verfügung wirksam.
Vierter Abschnitt.
Fristen. Termine.
§. 186. Für die in Gesetzen, gerichtlichen Verfügungen und
Rechtsgeschäften enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungen gelten die
Auslegungsvorschriften der §§. 187 bis 193.
§. 187. Ist für den Anfang einer Frist ein Ereigniß oder ein in den Lauf
eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist
der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereigniß oder der Zeitpunkt fällt.
Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende
Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das
Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.
§. 188. Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablaufe des
letzten Tages der Frist.
Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate
umfassenden Zeitraume – Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr – bestimmt ist, endigt
im Falle des §. 187 Abs. 1 mit dem Ablaufe desjenigen Tages der letzten Woche
oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage
entspricht, in den das Ereigniß oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des §. 187
Abs. 2 mit dem Ablaufe desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten
Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl
dem Anfangstage der Frist entspricht.
Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monate der
für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablaufe des
letzten Tages dieses Monats.
§. 189. Unter einem halben Jahre wird eine Frist von sechs Monaten,
unter einem Vierteljahre eine Frist von drei Monaten, unter einem halben Monat
eine Frist von fünfzehn Tagen verstanden.
Ist eine Frist auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben
Monat gestellt, so sind die fünfzehn Tage zuletzt zu zählen.
§. 190. Im Falle der Verlängerung einer Frist wird die neue Frist von
dem Ablaufe der vorigen Frist an berechnet.
§. 191. Ist ein Zeitraum nach Monaten oder nach Jahren in dem Sinne
bestimmt, daß er nicht zusammenhängend zu verlaufen braucht, so wird der Monat
zu dreißig, das Jahr zu dreihundertfünfundsechzig Tagen gerechnet.
§. 192. Unter Anfang des Monats wird der erste, unter Mitte des Monats
der fünfzehnte, unter Ende des Monats der letzte Tag des Monats verstanden.
§. 193. Ist an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine
Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken, und fällt der
bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs-
oder Leistungsorte staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen
Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.
Fünfter Abschnitt.
Verjährung.
§. 194. Das Recht, von einem Anderen ein Thun oder ein Unterlassen zu
verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.
Der Anspruch aus einem familienrechtlichen
Verhältniß unterliegt der Verjährung nicht, soweit er auf die Herstellung des
dem Verhältniß entsprechenden Zustandes für die Zukunft gerichtet ist.
§. 195. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt dreißig Jahre.
§. 196. In zwei Jahren verjähren die Ansprüche:
1. der Kaufleute, Fabrikanten, Handwerker und
derjenigen, welche ein Kunstgewerbe betreiben, für Lieferung von Waaren,
Ausführung von Arbeiten und Besorgung fremder Geschäfte, mit Einschluß der
Auslagen, es sei denn, daß die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners
erfolgt;
2. derjenigen, welche Land- oder
Forstwirthschaft betreiben, für Lieferung von land- oder forstwirthschaftlichen
Erzeugnissen, sofern die Lieferung zur Verwendung im Haushalte des Schuldners
erfolgt;
3. der Eisenbahnunternehmungen,
Frachtfuhrleute, Schiffer, Lohnkutscher und Boten wegen des Fahrgeldes, der
Fracht, des Fuhr- und Botenlohns, mit Einschluß der Auslagen;
4. der Gastwirthe und derjenigen, welche
Speisen oder Getränke gewerbsmäßig verabreichen, für Gewährung von Wohnung und
Beköstigung sowie für andere den Gästen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse
gewährte Leistungen, mit Einschluß der Auslagen;
5. derjenigen, welche Lotterieloose
vertreiben, aus dem Vertriebe der Loose, es sei denn, daß die Loose zum
Weitervertriebe geliefert werden;
6. derjenigen, welche bewegliche Sachen
gewerbsmäßig vermiethen, wegen des Miethzinses;
7. derjenigen, welche, ohne zu den in Nr. 1
bezeichneten Personen zu gehören, die Besorgung fremder Geschäfte oder die
Leistung von Diensten gewerbsmäßig betreiben, wegen der ihnen aus dem
Gewerbebetriebe gebührenden Vergütungen, mit Einschluß der Auslagen;
8. derjenigen, welche im Privatdienste
stehen, wegen des Gehalts, Lohnes oder anderer Dienstbezüge, mit Einschluß der
Auslagen, sowie der Dienstberechtigten wegen der auf solche Ansprüche gewährten
Vorschüsse;
9. der gewerblichen Arbeiter – Gesellen, Gehülfen,
Lehrlinge, Fabrikarbeiter –, der Tagelöhner und Handarbeiter wegen des Lohnes
und anderer an Stelle oder als Theil des Lohnes vereinbarter Leistungen, mit
Einschluß der Auslagen, sowie der Arbeitgeber wegen der auf solche Ansprüche
gewährten Vorschüsse;
10. der Lehrherren und Lehrmeister wegen des
Lehrgeldes und anderer im Lehrvertrage vereinbarter Leistungen sowie wegen der
für die Lehrlinge bestrittenen Auslagen;
11. der öffentlichen Anstalten, welche dem
Unterrichte, der Erziehung, Verpflegung oder Heilung dienen, sowie der Inhaber
von Privatanstalten solcher Art für Gewährung von Unterricht, Verpflegung oder
Heilung und für die damit zusammenhängenden Aufwendungen;
12. derjenigen, welche Personen zur
Verpflegung oder zur Erziehung aufnehmen, für Leistungen und Aufwendungen der
in Nr. 11 bezeichneten Art;
13. der öffentlichen Lehrer und der
Privatlehrer wegen ihrer Honorare, die Ansprüche der öffentlichen Lehrer jedoch
nicht, wenn sie auf Grund besonderer Einrichtungen gestundet sind;
14. der Aerzte, insbesondere auch der
Wundärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte und Thierärzte, sowie der Hebammen für ihre
Dienstleistungen, mit Einschluß der Auslagen;
15. der Rechtsanwälte, Notare sowie aller
Personen, die zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt oder
zugelassen sind, wegen ihrer Gebühren und Auslagen, soweit nicht diese zur
Staatskasse fließen;
16. der Parteien wegen der ihren
Rechtsanwälten geleisteten Vorschüsse;
17. der Zeugen und Sachverständigen wegen
ihrer Gebühren und Auslagen.
Soweit die im Abs. 1 Nr. 1, 2, 5 bezeichneten Ansprüche nicht der
Verjährung von zwei Jahren unterliegen, verjähren sie in vier Jahren.
§. 197. In vier Jahren verjähren die Ansprüche auf Rückstände von
Zinsen, mit Einschluß der als Zuschlag zu den Zinsen zum Zwecke allmählicher
Tilgung des Kapitals zu entrichtenden Beträge, die Ansprüche auf Rückstände von
Mieth- und Pachtzinsen, soweit sie nicht unter die Vorschrift des §. 196 Abs. 1
Nr. 6 fallen, und die Ansprüche auf Rückstände von Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen,
Wartegeldern, Ruhegehalten, Unterhaltsbeiträgen und allen anderen regelmäßig
wiederkehrenden Leistungen.
§. 198. Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des Anspruchs. Geht
der Anspruch auf ein Unterlassen, so beginnt die Verjährung mit der Zuwiderhandlung.
§. 199. Kann der Berechtigte die Leistung erst verlangen, wenn er dem
Verpflichteten gekündigt hat, so beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte, von
welchem an die Kündigung zulässig ist. Hat der Verpflichtete die Leistung erst
zu bewirken, wenn seit der Kündigung eine bestimmte Frist verstrichen ist, so
wird der Beginn der Verjährung um die Dauer der Frist hinausgeschoben.
§. 200. Hängt die Entstehung eines Anspruchs davon ab, daß der
Berechtigte von einem ihm zustehenden Anfechtungsrechte Gebrauch macht, so
beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte, von welchem an die Anfechtung
zulässig ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Anfechtung sich auf ein
familienrechtliches Verhältniß bezieht.
§. 201. Die Verjährung der in den §§. 196, 197 bezeichneten Ansprüche
beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem der nach den §§. 198 bis 200
maßgebende Zeitpunkt eintritt. Kann die Leistung erst
nach dem Ablauf einer über diesen Zeitpunkt hinausreichenden Frist verlangt
werden, so beginnt die Verjährung mit dem Schlusse des Jahres, in welchem die
Frist abläuft.
§. 202. Die Verjährung ist gehemmt, solange die Leistung gestundet oder
der Verpflichtete aus einem anderen Grunde vorübergehend zur Verweigerung der
Leistung berechtigt ist.
Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Einrede des
Zurückbehaltungsrechts, des nicht erfüllten Vertrags, der mangelnden
Sicherheitsleistung, der Vorausklage sowie auf die nach §. 770 dem Bürgen und
nach den §§. 2014, 2015 dem Erben zustehenden Einreden.
§. 203. Die Verjährung ist gehemmt, solange der Berechtigte durch
Stillstand der Rechtspflege innerhalb der letzten sechs Monate der
Verjährungsfrist an der Rechtsverfolgung verhindert ist.
Das Gleiche gilt, wenn eine solche Verhinderung in anderer Weise durch
höhere Gewalt herbeigeführt wird.
§. 204. Die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten ist gehemmt,
solange die Ehe besteht. Das Gleiche gilt von Ansprüchen zwischen Eltern und
Kindern während der Minderjährigkeit der Kinder und von Ansprüchen zwischen dem
Vormund und dem Mündel während der Dauer des Vormundschaftsverhältnisses.
§. 205. Der Zeitraum, während dessen die
Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
§. 206. Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte
Person ohne gesetzlichen Vertreter, so wird die gegen sie laufende Verjährung
nicht vor dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in
welchem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der
Vertretung aufhört. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt
der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit eine in der
Geschäftsfähigkeit beschränkte Person prozeßfähig ist.
§. 207. Die Verjährung eines Anspruchs, der zu einem Nachlasse gehört
oder sich gegen einen Nachlaß richtet, wird nicht vor dem Ablaufe von sechs
Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in welchem die Erbschaft von dem Erben
angenommen oder der Konkurs über den Nachlaß eröffnet wird oder von welchem an
der Anspruch von einem Vertreter oder gegen einen Vertreter geltend gemacht
werden kann. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für
die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.
§. 208. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn der Verpflichtete dem
Berechtigten gegenüber den Anspruch durch Abschlagzahlung, Zinszahlung,
Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt.
§. 209. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn der Berechtigte auf
Befriedigung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Ertheilung der
Vollstreckungsklausel oder auf Erlassung des Vollstreckungsurtheils Klage
erhebt.
Der Erhebung der Klage stehen gleich:
1. die Zustellung
eines Mahnbescheids im Mahnverfahren;
1a. die Geltendmachung eines Anspruchs durch
Anbringung eines Güteantrags bei einer Gütestelle der im § 794 Abs. 1 Nr. 1 der
Zivilprozeßordnung bezeichneten Art;
2. die Anmeldung des Anspruchs im Konkurse;
3. die Geltendmachung der Aufrechnung des
Anspruchs im Prozesse;
4. die Streitverkündung in dem Prozesse, von
dessen Ausgange der Anspruch abhängt;
5. die Vornahme
einer Vollstreckungshandlung und, soweit die Zwangsvollstreckung den Gerichten
oder anderen Behörden zugewiesen ist, die Stellung des Antrags auf
Zwangsvollstreckung.
§. 210. Hängt die Zulässigkeit des Rechtswegs von der Vorentscheidung
einer Behörde ab oder hat die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch ein
höheres Gericht zu erfolgen, so wird die Verjährung durch die Einreichung des
Gesuchs an die Behörde oder das höhere Gericht in gleicher Weise wie durch
Klagerhebung oder durch Anbringung des Güteantrags unterbrochen, wenn binnen
drei Monaten nach der Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der
Güteantrag angebracht wird. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§.
203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
§. 211. Die Unterbrechung durch Klagerhebung dauert fort, bis der Prozeß
rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt ist.
Geräth der Prozeß in Folge einer Vereinbarung oder dadurch, daß er nicht
betrieben wird, in Stillstand, so endigt die Unterbrechung mit der letzten
Prozeßhandlung der Parteien oder des Gerichts. Die nach der Beendigung der
Unterbrechung beginnende neue Verjährung wird dadurch, daß eine der Parteien
den Prozeß weiter betreibt, in gleicher Weise wie durch Klagerhebung
unterbrochen.
§. 212. Die Unterbrechung durch Klagerhebung gilt als nicht erfolgt,
wenn die Klage zurückgenommen oder durch ein nicht in der Sache selbst
entscheidendes Urtheil rechtskräftig abgewiesen wird.
Erhebt der Berechtigte binnen sechs Monaten von neuem
Klage, so gilt die Verjährung als durch die Erhebung der ersten Klage
unterbrochen. Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§. 203, 206, 207
entsprechende Anwendung.
§. 212a. Die Unterbrechung durch Anbringung des Güteantrags dauert bis
zur Erledigung des Güteverfahrens und, wenn an dieses Verfahren sich ein
Streitverfahren unmittelbar anschließt, nach Maßgabe der §§ 211, 212 fort.
Gerät das Güteverfahren dadurch, daß es nicht betrieben wird, in Stillstand, so
finden die Vorschriften des § 211 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Wird der
Güteantrag zurückgenommen, so gilt die Unterbrechung der Verjährung als nicht
erfolgt.
§. 213. Auf die Unterbrechung durch Zustellung eines Mahnbescheids im
Mahnverfahren finden die Vorschriften des § 112a entsprechende Anwendung. Die
Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Mahnbescheid seine Kraft
verliert (§ 701 der Zivilprozeßordnung).
§. 214. Die Unterbrechung durch Anmeldung im Konkurse dauert fort, bis
der Konkurs beendigt ist.
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn die Anmeldung
zurückgenommen wird.
Wird bei der Beendigung des Konkurses für eine Forderung, die in Folge
eines bei der Prüfung erhobenen Widerspruchs in Prozeß befangen ist, ein Betrag
zurückbehalten, so dauert die Unterbrechung auch nach der Beendigung des
Konkurses fort; das Ende der Unterbrechung bestimmt sich nach den Vorschriften
des §. 211.
§. 215. Die Unterbrechung durch Geltendmachung der Aufrechnung im Prozeß
oder durch Streitverkündung dauert fort, bis der Prozeß rechtskräftig
entschieden oder anderweit erledigt ist; die Vorschriften des §. 211 Abs. 2
finden Anwendung.
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn nicht binnen sechs
Monaten nach der Beendigung des Prozesses Klage auf Befriedigung oder
Feststellung des Anspruchs erhoben wird. Auf diese Frist finden die
Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
§. 216. Die Unterbrechung durch Vornahme einer Vollstreckungshandlung
gilt als nicht erfolgt, wenn die Vollstreckungsmaßregel auf Antrag des
Berechtigten oder wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben
wird.
Die Unterbrechung durch Stellung des Antrags auf Zwangsvollstreckung
gilt als nicht erfolgt, wenn dem Antrage nicht stattgegeben oder der Antrag vor
der Vornahme der Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte
Vollstreckungsmaßregel nach Abs. 1 aufgehoben wird.
§. 217. Wird die Verjährung unterbrochen, so kommt die bis zur
Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Verjährung kann
erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen.
§. 218. Ein rechtskräftig festgestellter Anspruch verjährt in dreißig
Jahren, auch wenn er an sich einer kürzeren Verjährung unterliegt. Das Gleiche
gilt von dem Anspruch aus einem vollstreckbaren Vergleich oder einer
vollstreckbaren Urkunde sowie von einem Anspruche, welcher durch die im Konkurs
erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden ist.
Soweit sich die Feststellung auf regelmäßig wiederkehrende, erst künftig
fällig werdende Leistungen bezieht, bewendet es bei der kürzeren
Verjährungsfrist.
§. 219. Als rechtskräftige Entscheidung im Sinne des §. 211 Abs. 1 und
des §. 218 Abs. 1 gilt auch ein unter Vorbehalt ergangenes rechtskräftiges
Urtheil.
§. 220. Ist der Anspruch vor einem Schiedsgericht oder einem besonderen
Gerichte, vor einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde geltend zu
machen, so finden die Vorschriften der §§. 209 bis 213, 215, 216, 218, 219 entsprechende Anwendung.
Sind in dem Schiedsvertrage die Schiedsrichter nicht ernannt oder ist
die Ernennung eines Schiedsrichters aus einem anderen Grunde erforderlich oder
kann das Schiedsgericht erst nach der Erfüllung einer sonstigen Voraussetzung
angerufen werden, so wird die Verjährung schon dadurch unterbrochen, daß der
Berechtigte das zur Erledigung der Sache seinerseits Erforderliche vornimmt.
§. 221. Gelangt eine Sache, in Ansehung deren ein dinglicher Anspruch
besteht, durch Rechtsnachfolge in den Besitz eines Dritten, so kommt die
während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Verjährungszeit dem
Rechtsnachfolger zu Statten.
§. 222. Nach der Vollendung der Verjährung ist der Verpflichtete
berechtigt, die Leistung zu verweigern.
Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht
zurückgefordert werden, auch wenn die Leistung in Unkenntniß der Verjährung
bewirkt worden ist. Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnisse
sowie einer Sicherheitsleistung des Verpflichteten.
§. 223. Die Verjährung eines Anspruchs, für den eine Hypothek, eine
Schiffshypothek oder ein Pfandrecht besteht, hindert den Berechtigten nicht,
seine Befriedigung aus dem verhafteten Gegenstande zu suchen.
Ist zur Sicherung eines Anspruchs ein Recht übertragen worden, so kann
die Rückübertragung nicht auf Grund der Verjährung des Anspruchs gefordert
werden.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung bei der Verjährung von
Ansprüchen auf Rückstände von Zinsen oder anderen wiederkehrenden Leistungen.
§. 224. Mit dem Hauptanspruche verjährt der Anspruch auf die von ihm
abhängenden Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende
besondere Verjährung noch nicht vollendet ist.
§. 225. Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen
noch erschwert werden. Erleichterung der Verjährung, insbesondere Abkürzung der
Verjährungsfrist, ist zulässig.
Sechster Abschnitt.
Ausübung der Rechte. Selbstvertheidigung. Selbsthülfe.
§. 226. Die Ausübung eines Rechtes ist unzulässig, wenn sie nur den
Zweck haben kann, einem Anderen Schaden zuzufügen.
§. 227. Eine durch Nothwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich.
Nothwehr ist diejenige Vertheidigung, welche erforderlich ist, um einen
gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem Anderen abzuwenden.
§. 228. Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch
sie drohende Gefahr von sich oder einem Anderen abzuwenden, handelt nicht
widerrechtlich, wenn die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwendung der
Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältniß zu der Gefahr
steht. Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadensersatze
verpflichtet.
§. 229. Wer zum Zwecke der Selbsthülfe eine Sache wegnimmt, zerstört
oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthülfe einen Verpflichteten,
welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den Widerstand des
Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist,
beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hülfe nicht
rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht,
daß die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.
§. 230. Die Selbsthülfe darf nicht weiter gehen, als zur Abwendung der
Gefahr erforderlich ist.
Im Falle der Wegnahme von Sachen ist, sofern nicht Zwangsvollstreckung
erwirkt wird, der dingliche Arrest zu beantragen.
Im Falle der Festnahme des Verpflichteten ist, sofern er nicht wieder in
Freiheit gesetzt wird, der persönliche Sicherheitsarrest bei dem Amtsgerichte
zu beantragen, in dessen Bezirke die Festnahme erfolgt ist; der Verpflichtete
ist unverzüglich dem Gerichte vorzuführen.
Wird der Arrestantrag verzögert oder abgelehnt, so hat
die Rückgabe der weggenommenen Sachen und die Freilassung des Festgenommenen
unverzüglich zu erfolgen.
§. 231. Wer eine der im §. 229 bezeichneten Handlungen in der irrigen
Annahme vornimmt, daß die für den Ausschluß der Widerrechtlichkeit
erforderlichen Voraussetzungen vorhanden seien, ist dem anderen Theile zum
Schadensersatze verpflichtet, auch wenn der Irrthum nicht auf Fahrlässigkeit
beruht.
Siebenter Abschnitt.
Sicherheitsleistung.
§. 232. Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken
durch Hinterlegung von Geld oder
Werthpapieren,
durch Verpfändung von Forderungen, die in das
Reichsschuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaats eingetragen
sind,
durch Verpfändung beweglicher Sachen,
durch Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen
oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder
Schiffsbauregister eingetragen sind,
durch Bestellung von Hypotheken an
inländischen Grundstücken,
durch Verpfändung von Forderungen, für die
eine Hypothek an einem inländischen Grundstücke besteht, oder durch Verpfändung
von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.
Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die
Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig. 11 14 16
§. 233. Mit der Hinterlegung erwirbt der Berechtigte ein Pfandrecht an
dem hinterlegten Gelde oder an den hinterlegten Werthpapieren und, wenn das
Geld oder die Werthpapiere in das Eigenthum des Fiskus oder der als
Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt übergehen, ein Pfandrecht an der
Forderung auf Rückerstattung.
§. 234. Werthpapiere sind zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie
auf den Inhaber lauten, einen Kurswerth haben und einer Gattung angehören, in
der Mündelgeld angelegt werden darf. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere
gleich, die mit Blankoindossament versehen sind.
Mit den Werthpapieren sind die Zins-, Renten-, Gewinnantheil- und
Erneuerungsscheine zu hinterlegen.
Mit Werthpapieren kann Sicherheit nur in Höhe von drei Viertheilen des
Kurswerths geleistet werden.
§. 235. Wer durch Hinterlegung von Geld oder von Werthpapieren
Sicherheit geleistet hat, ist berechtigt, das hinterlegte Geld gegen geeignete
Werthpapiere, die hinterlegten Werthpapiere gegen andere geeignete Werthpapiere
oder gegen Geld umzutauschen.
§. 236. Mit einer Buchforderung gegen das Reich oder gegen einen
Bundesstaat kann Sicherheit nur in Höhe von drei Viertheilen des Kurswerths der
Werthpapiere geleistet werden, deren Aushändigung der Gläubiger gegen Löschung
seiner Forderung verlangen kann.
§. 237. Mit einer beweglichen Sache kann Sicherheit nur in Höhe von zwei
Drittheilen des Schätzungswerths geleistet werden. Sachen, deren Verderb zu
besorgen oder deren Aufbewahrung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist,
können zurückgewiesen werden.
§. 238. Eine Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine
Rentenschuld ist zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie den
Voraussetzungen entspricht, unter denen am Orte der Sicherheitsleistung
Mündelgeld in Hypothekenforderungen, Grundschulden oder Rentenschulden angelegt
werden darf.
Eine Forderung, für die eine Sicherungshypothek besteht, ist zur
Sicherheitsleistung nicht geeignet.
§. 239. Ein Bürge ist tauglich, wenn er ein der Höhe der zu leistenden
Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt und seinen allgemeinen Gerichtsstand
im Inlande hat.
Die Bürgschaftserklärung muß den Verzicht auf die Einrede der
Vorausklage enthalten.
§. 240. Wird die geleistete Sicherheit ohne Verschulden des Berechtigten
unzureichend, so ist sie zu ergänzen oder anderweitige Sicherheit zu leisten.
Zweites Buch.
Recht der Schuldverhältnisse.
Erster Abschnitt.
Inhalt der Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Verpflichtung zur Leistung.
§. 241. Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von
dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem
Unterlassen bestehen.
§. 242. Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie
Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
§. 243. Wer eine nur der Gattung nach bestimmte Sache schuldet, hat eine
Sache von mittlerer Art und Güte zu leisten.
Hat der Schuldner das zur Leistung einer solchen Sache seinerseits
Erforderliche gethan, so beschränkt sich das Schuldverhältniß auf diese Sache.
§. 244. Ist eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im
Inlande zu zahlen, so kann die Zahlung in Reichswährung erfolgen, es sei denn,
daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist.
Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswerthe, der zur Zeit der Zahlung für
den Zahlungsort maßgebend ist.
§. 245. Ist eine Geldschuld in einer bestimmten Münzsorte zu zahlen, die
sich zur Zeit der Zahlung nicht mehr im Umlaufe befindet, so ist die Zahlung so
zu leisten, wie wenn die Münzsorte nicht bestimmt wäre.
§. 246. Ist eine Schuld nach Gesetz oder Rechtsgeschäft zu verzinsen, so
sind vier vom Hundert für das Jahr zu entrichten, sofern nicht ein Anderes
bestimmt ist.
§. 247. Ist ein höherer Zinssatz als sechs vom Hundert für das Jahr
vereinbart, so kann der Schuldner nach dem Ablaufe von sechs Monaten das
Kapital unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen. Das
Kündigungsrecht kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Diese Vorschriften gelten nicht für Schuldverschreibungen auf den
Inhaber und für Orderschuldverschreibungen. Bei Darlehen, die zu einer auf
Grund gesetzlicher Vorschriften gebildeten Deckungsmasse für
Schuldverschreibungen gehören oder gehören sollen, kann das in Absatz 1 Satz 1
bestimmte Kündigungsrecht durch ausdrückliche Vereinbarung für die Zeit
ausgeschlossen werden, während der sie zur Deckungsmasse gehören.
§. 248. Eine im voraus getroffene Vereinbarung,
daß fällige Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, ist nichtig.
Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von Bankgeschäften können im voraus vereinbaren, daß nicht erhobene Zinsen von Einlagen
als neue verzinsliche Einlagen gelten sollen. Kreditanstalten, die berechtigt
sind, für den Betrag der von ihnen gewährten Darlehen verzinsliche
Schuldverschreibungen auf den Inhaber auszugeben, können sich bei solchen
Darlehen die Verzinsung rückständiger Zinsen im voraus
versprechen lassen.
§. 249. Wer zum Schadensersatze verpflichtet ist, hat den Zustand
herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand
nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen
Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt
der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.
§. 250. Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine
angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Herstellung nach dem
Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist kann der Gläubiger den
Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der
Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.
§. 251. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des
Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld
zu entschädigen.
Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die
Herstellung nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen möglich ist.
§. 252. Der zu ersetzende Schaden umfaßt auch den entgangenen Gewinn.
Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge
oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten
und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
§. 253. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann
Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert
werden.
§. 254. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des
Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatze sowie der
Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab,
inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Theile
verursacht worden ist.
Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf
beschränkt, daß er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines
ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder
kannte noch kennen mußte, oder daß er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden
oder zu mindern. Die Vorschrift des §. 278 findet entsprechende Anwendung.
§. 255. Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechtes
Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatze nur gegen Abtretung der
Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigenthums an
der Sache oder auf Grund des Rechtes gegen Dritte zustehen.
§. 256. Wer zum Ersatze von Aufwendungen verpflichtet ist, hat den
aufgewendeten Betrag oder, wenn andere Gegenstände als Geld aufgewendet worden
sind, den als Ersatz ihres Werthes zu zahlenden Betrag von der Zeit der
Aufwendung an zu verzinsen. Sind Aufwendungen auf einen Gegenstand gemacht
worden, der dem Ersatzpflichtigen herauszugeben ist, so sind Zinsen für die
Zeit, für welche dem Ersatzberechtigten die Nutzungen oder die Früchte des
Gegenstandes ohne Vergütung verbleiben, nicht zu entrichten.
§. 257. Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er
für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine
Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die
Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn
zu befreien, Sicherheit leisten.
§. 258. Wer berechtigt ist, von einer Sache, die er einem Anderen
herauszugeben hat, eine Einrichtung wegzunehmen, hat im Falle der Wegnahme die
Sache auf seine Kosten in den vorigen Stand zu setzen. Erlangt der Andere den
Besitz der Sache, so ist er verpflichtet, die Wegnahme der Einrichtung zu
gestatten; er kann die Gestattung verweigern, bis ihm für den mit der Wegnahme
verbundenen Schaden Sicherheit geleistet wird.
§. 259. Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben
verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die
geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung
mitzutheilen und, soweit Belege ertheilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
Besteht Grund zu der Annahme, daß die in der Rechnung enthaltenen
Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden
sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides Statt zu
versichern:
daß er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe,
als er dazu im Stande sei.
In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
§. 260. Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen
herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu
ertheilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichniß des Bestandes vorzulegen.
Besteht Grund zu der Annahme, daß das Verzeichniß nicht mit der
erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete auf
Verlangen zu Protokoll an Eides Statt zu versichern:
daß er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe,
als er dazu im Stande sei.
Die Vorschrift des §. 259 Abs. 3 findet
Anwendung.
§. 261. Die eidesstattliche Versicherung ist, sofern sie nicht vor dem
Vollstreckungsgericht abzugeben ist, vor dem Amtsgericht des Ortes abzugeben,
an welchem die Verpflichtung zur Rechnungslegung oder zur Vorlegung des
Verzeichnisses zu erfüllen ist. Hat der Verpflichtete seinen Wohnsitz oder
seinen Aufenthalt im Inlande, so kann er die Versicherung vor dem Amtsgericht
des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts abgeben.
Das Gericht kann eine den Umständen entsprechende Änderung der
eidesstattlichen Versicherung beschließen.
Die Kosten der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung hat derjenige
zu tragen, welcher die Abgabe der Versicherung verlangt.
§. 262. Werden mehrere Leistungen in der Weise geschuldet, daß nur die eine
oder die andere zu bewirken ist, so steht das Wahlrecht im Zweifel dem
Schuldner zu.
§. 263. Die Wahl erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile.
Die gewählte Leistung gilt als die von Anfang an allein geschuldete.
§. 264. Nimmt der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem
Beginne der Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger die
Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder auf die andere Leistung
richten; der Schuldner kann sich jedoch, solange nicht der Gläubiger die gewählte
Leistung ganz oder zum Theil empfangen hat, durch eine der übrigen Leistungen
von seiner Verbindlichkeit befreien.
Ist der wahlberechtigte Gläubiger im Verzuge, so kann der Schuldner ihn
unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Vornahme der Wahl auffordern. Mit
dem Ablaufe der Frist geht das Wahlrecht auf den Schuldner über, wenn nicht der
Gläubiger rechtzeitig die Wahl vornimmt.
§. 265. Ist eine der Leistungen von Anfang an unmöglich oder wird sie
später unmöglich, so beschränkt sich das Schuldverhältniß auf die übrigen
Leistungen. Die Beschränkung tritt nicht ein, wenn die Leistung in Folge eines
Umstandes unmöglich wird, den der nicht wahlberechtigte Theil zu vertreten hat.
§. 266. Der Schuldner ist zu Theilleistungen nicht berechtigt.
§. 267. Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein
Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht
erforderlich.
Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner
widerspricht.
§. 268. Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem
Schuldner gehörenden Gegenstand, so ist Jeder, der Gefahr läuft, durch die
Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstande zu verlieren, berechtigt, den
Gläubiger zu befriedigen. Das gleiche Recht steht dem Besitzer einer Sache zu,
wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren.
Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung
erfolgen.
Soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung auf ihn
über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht
werden.
§. 269. Ist ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den
Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so
hat die Leistung an dem Orte zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der
Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte.
Ist die Verbindlichkeit im Gewerbebetriebe des Schuldners entstanden, so
tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Orte
hatte, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.
Aus dem Umstand allein, daß der Schuldner die Kosten der Versendung
übernommen hat, ist nicht zu entnehmen, daß der Ort, nach welchem die
Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein soll.
§. 270. Geld hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und seine
Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln.
Ist die Forderung im Gewerbebetriebe des Gläubigers entstanden, so
tritt, wenn der Gläubiger seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Orte
hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.
Erhöhen sich in Folge einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses
eintretenden Aenderung des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des
Gläubigers die Kosten oder die Gefahr der Uebermittelung, so hat der Gläubiger
im ersteren Falle die Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen.
Die Vorschriften über den Leistungsort bleiben unberührt.
§. 271. Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den
Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen,
der Schuldner sie sofort bewirken.
Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Gläubiger
die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher
bewirken kann.
§. 272. Bezahlt der Schuldner eine unverzinsliche Schuld vor der
Fälligkeit, so ist er zu einem Abzuge wegen der Zwischenzinsen nicht
berechtigt.
§. 273. Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältniß, auf dem seine
Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er,
sofern nicht aus dem Schuldverhältnisse sich ein Anderes ergiebt, die
geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird
(Zurückbehaltungsrecht).
Wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist, hat das gleiche
Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand
oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn,
daß er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung
erlangt hat.
Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch
Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist
ausgeschlossen.
§. 274. Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des
Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, daß der Schuldner zur Leistung gegen
Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurtheilen
ist. Auf Grund einer solchen Verurtheilung kann der Gläubiger seinen Anspruch
ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung
verfolgen, wenn der Schuldner im Verzuge der Annahme ist.
§. 275. Der Schuldner wird von der Verpflichtung zur Leistung frei,
soweit die Leistung in Folge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses
eintretenden Umstandes, den er nicht zu vertreten hat, unmöglich wird.
Einer nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden
Unmöglichkeit steht das nachträglich eintretende Unvermögen des Schuldners zur
Leistung gleich.
§. 276. Der Schuldner hat, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist,
Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt. Die Vorschriften der §§. 827, 828
finden Anwendung.
Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im voraus erlassen werden.
§. 277. Wer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in
eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, ist von der Haftung wegen grober
Fahrlässigkeit nicht befreit.
§. 278. Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters
und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient,
in gleichem Umfange zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des §.
276 Abs. 2 findet keine Anwendung.
§. 279. Ist der geschuldete Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt, so
hat der Schuldner, solange die Leistung aus der Gattung möglich ist, sein
Unvermögen zur Leistung auch dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht
zur Last fällt.
§. 280. Soweit die Leistung in Folge eines von dem Schuldner zu
vertretenden Umstandes unmöglich wird, hat der Schuldner dem Gläubiger den
durch die Nichterfüllung entstehenden Schaden zu ersetzen.
Im Falle theilweiser Unmöglichkeit kann der Gläubiger unter Ablehnung
des noch möglichen Theiles der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung der
ganzen Verbindlichkeit verlangen, wenn die theilweise Erfüllung für ihn kein
Interesse hat. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden
Vorschriften der §§. 346 bis 356 finden entsprechende Anwendung.
§. 281. Erlangt der Schuldner in Folge des Umstandes, welcher die
Leistung unmöglich macht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder
einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz
Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.
Hat der Gläubiger Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so
mindert sich, wenn er von dem im Abs. 1 bestimmten Rechte Gebrauch macht, die
ihm zu leistende Entschädigung um den Werth des erlangten Ersatzes oder
Ersatzanspruchs.
§. 282. Ist streitig, ob die Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines
von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ist, so trifft die Beweislast den
Schuldner.
§. 283. Ist der Schuldner rechtskräftig verurtheilt, so kann der
Gläubiger ihm zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der
Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist
ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist kann der Gläubiger Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen, soweit nicht die Leistung rechtzeitig bewirkt wird;
der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Die Verpflichtung zum
Schadensersatze tritt nicht ein, wenn die Leistung in Folge eines Umstandes
unmöglich wird, den der Schuldner nicht zu vertreten hat.
Wird die Leistung bis zum Ablaufe der Frist nur theilweise nicht
bewirkt, so steht dem Gläubiger auch das im §. 280 Abs. 2 bestimmte Recht zu.
§. 284. Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die
nach dem Eintritte der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in
Verzug. Der Mahnung steht die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die
Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
Ist für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so kommt der
Schuldner ohne Mahnung in Verzug, wenn er nicht zu der bestimmten Zeit leistet.
Das Gleiche gilt, wenn der Leistung eine Kündigung vorauszugehen hat und die
Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von der Kündigung
ab nach dem Kalender berechnen läßt.
§. 285. Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung in
Folge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
§. 286. Der Schuldner hat dem Gläubiger den durch den Verzug
entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hat die Leistung in Folge des Verzugs für den Gläubiger kein Interesse,
so kann dieser unter Ablehnung der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften
der §§. 346 bis 356 finden entsprechende Anwendung.
§. 287. Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu
vertreten. Er ist auch für die während des Verzugs durch Zufall eintretende
Unmöglichkeit der Leistung verantwortlich, es sei denn, daß der Schaden auch
bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.
§. 288. Eine Geldschuld ist während des Verzugs mit vier vom Hundert für
das Jahr zu verzinsen. Kann der Gläubiger aus einem anderen Rechtsgrunde höhere
Zinsen verlangen, so sind diese fortzuentrichten.
Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§. 289. Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des
Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt
unberührt.
§. 290. Ist der Schuldner zum Ersatze des Werthes eines Gegenstandes
verpflichtet, der während des Verzugs untergegangen ist oder aus einem während
des Verzugs eingetretenen Grunde nicht herausgegeben werden kann, so kann der
Gläubiger Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen,
welcher der Bestimmung des Werthes zu Grunde gelegt wird. Das Gleiche gilt,
wenn der Schuldner zum Ersatze der Minderung des Werthes eines während des
Verzugs verschlechterten Gegenstandes verpflichtet ist.
§. 291. Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritte der
Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die
Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die
Vorschriften des §. 288 Abs. 1 und des §. 289 Satz 1 finden entsprechende
Anwendung.
§. 292. Hat der Schuldner einen bestimmten Gegenstand herauszugeben, so
bestimmt sich von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an der Anspruch des
Gläubigers auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges oder einer
aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe nach den
Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem
Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an
gelten, soweit nicht aus dem Schuldverhältniß oder dem Verzuge des Schuldners
sich zu Gunsten des Gläubigers ein Anderes ergiebt.
Das Gleiche gilt von dem Anspruche des Gläubigers auf Herausgabe oder
Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruche des Schuldners auf Ersatz von
Verwendungen.
Zweiter Titel.
Verzug des Gläubigers.
§. 293. Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene
Leistung nicht annimmt.
§. 294. Die Leistung muß dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist,
thatsächlich angeboten werden.
§. 295. Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger
ihm erklärt hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur
Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist,
insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem
Angebote der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die
erforderliche Handlung vorzunehmen.
§. 296. Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit
nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger
die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung eine
Kündigung vorauszugehen hat und die Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt
ist, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt.
§. 297. Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit
des Angebots oder im Falle des §. 296 zu der für die Handlung des Gläubigers
bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken.
§. 298. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu
leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die
angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber
nicht anbietet.
§. 299. Ist die Leistungszeit nicht bestimmt oder ist der Schuldner
berechtigt, vor der bestimmten Zeit zu leisten, so kommt der Gläubiger nicht
dadurch in Verzug, daß er vorübergehend an der Annahme der angebotenen Leistung
verhindert ist, es sei denn, daß der Schuldner ihm die Leistung eine
angemessene Zeit vorher angekündigt hat.
§. 300. Der Schuldner hat während des Verzugs des Gläubigers nur Vorsatz
und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache geschuldet, so geht die
Gefahr mit dem Zeitpunkt auf den Gläubiger über, in welchem er dadurch in
Verzug kommt, daß er die angebotene Sache nicht annimmt.
§. 301. Von einer verzinslichen Geldschuld hat der Schuldner während des
Verzugs des Gläubigers Zinsen nicht zu entrichten.
§. 302. Hat der Schuldner die Nutzungen eines Gegenstandes herauszugeben
oder zu ersetzen, so beschränkt sich seine Verpflichtung während des Verzugs
des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht.
§. 303. Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstücks oder eines
eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks verpflichtet, so kann er nach dem
Eintritte des Verzugs des Gläubigers den Besitz aufgeben. Das Aufgeben muß dem
Gläubiger vorher angedroht werden, es sei denn, daß die Androhung unthunlich
ist.
§. 304. Der Schuldner kann im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz
der Mehraufwendungen verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie für die
Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstandes machen mußte.
Zweiter Abschnitt.
Schuldverhältnisse aus Verträgen.
Erster Titel.
Begründung. Inhalt des Vertrags.
§. 305. Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft
sowie zur Aenderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag
zwischen den Betheiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein Anderes
vorschreibt.
§. 306. Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist
nichtig.
§. 307. Wer bei der Schließung eines Vertrags, der auf eine unmögliche
Leistung gerichtet ist, die Unmöglichkeit der Leistung kennt oder kennen muß,
ist zum Ersatze des Schadens verpflichtet, den der andere Theil dadurch
erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut, jedoch nicht über
den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der Gültigkeit
des Vertrags hat. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere Theil die
Unmöglichkeit kennt oder kennen muß.
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn die Leistung nur
theilweise unmöglich und der Vertrag in Ansehung des möglichen Theiles gültig
ist oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich
ist.
§. 308. Die Unmöglichkeit der Leistung steht der Gültigkeit des Vertrags
nicht entgegen, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für
den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich wird.
Wird eine unmögliche Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung
oder unter Bestimmung eines Anfangstermins versprochen, so ist der Vertrag
gültig, wenn die Unmöglichkeit vor dem Eintritte der Bedingung oder des Termins
behoben wird.
§. 309. Verstößt ein Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot, so finden
die Vorschriften der §§. 307, 308 entsprechende Anwendung.
§. 310. Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil verpflichtet, sein
künftiges Vermögen oder einen Bruchtheil seines künftigen Vermögens zu
übertragen oder mit einem Nießbrauche zu belasten, ist nichtig.
§. 311. Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil verpflichtet, sein
gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchtheil seines gegenwärtigen Vermögens zu
übertragen oder mit einem Nießbrauche zu belasten, bedarf der notariellen
Beurkundung.
§. 312. Ein Vertrag über den Nachlaß eines noch lebenden Dritten ist
nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichttheil oder ein
Vermächtniß aus dem Nachlaß eines noch lebenden Dritten.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf einen Vertrag, der unter
künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbtheil oder den
Pflichttheil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der
notariellen Beurkundung.
§. 313. Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das
Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der
notariellen Beurkundung. Ein ohne Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag
wird seinem ganzen Inhalte nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung
in das Grundbuch erfolgen.
§. 314. Verpflichtet sich Jemand zur Veräußerung oder Belastung einer
Sache, so erstreckt sich die Verpflichtung im Zweifel auch auf das Zubehör der
Sache.
§. 315. Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt
werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Bestimmung nach billigem Ermessen
zu treffen ist.
Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile.
Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die
getroffene Bestimmung für den anderen Theil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit
entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch
Urtheil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
§. 316. Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung
nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Theile zu,
welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
§. 317. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist
im Zweifel anzunehmen, daß sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel
Uebereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist,
wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme
maßgebend.
§. 318. Die einem Dritten überlassene Bestimmung der Leistung erfolgt
durch Erklärung gegenüber einem der Vertragschließenden.
Die Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irrthums, Drohung oder
arglistiger Täuschung steht nur den Vertragschließenden zu; Anfechtungsgegner
ist der andere Theil. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem der
Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Sie ist
ausgeschlossen, wenn dreißig Jahre verstrichen sind, nachdem die Bestimmung
getroffen worden ist.
§. 319. Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen,
so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich,
wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch
Urtheil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann
oder will oder wenn er sie verzögert.
Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der
Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will
oder wenn er sie verzögert.
Zweiter Titel.
Gegenseitiger Vertrag.
§. 320. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage verpflichtet ist, kann die
ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei
denn, daß er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an Mehrere zu
erfolgen, so kann dem Einzelnen der ihm gebührende Theil bis zur Bewirkung der
ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des §. 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Ist von der einen Seite theilweise geleistet worden, so kann die
Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den
Umständen, insbesondere wegen verhältnißmäßiger Geringfügigkeit des
rückständigen Theiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
§. 321. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage vorzuleisten verpflichtet ist,
kann, wenn nach dem Abschlusse des Vertrags in den Vermögensverhältnissen des
anderen Theiles eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der
Anspruch auf die Gegenleistung gefährdet wird, die ihm obliegende Leistung
verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet
wird.
§. 322. Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil Klage auf
die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Theile
zustehenden Rechtes, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu
verweigern, nur die Wirkung, daß der andere Theil zur Erfüllung Zug um Zug zu
verurtheilen ist.
Hat der klagende Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil
im Verzuge der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen.
Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des §. 274 Abs. 2
Anwendung.
§. 323. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile
obliegende Leistung in Folge eines Umstandes unmöglich, den weder er noch der andere
Theil zu vertreten hat, so verliert er den Anspruch auf die Gegenleistung; bei
theilweiser Unmöglichkeit mindert sich die Gegenleistung nach Maßgabe der §§.
472, 473.
Verlangt der andere Theil nach §. 281 Herausgabe des für den
geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs,
so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet; diese mindert sich jedoch nach
Maßgabe der §§. 472, 473 insoweit, als der Werth des Ersatzes oder des
Ersatzanspruchs hinter dem Werthe der geschuldeten Leistung zurückbleibt.
Soweit die nach diesen Vorschriften nicht geschuldete Gegenleistung
bewirkt ist, kann das Geleistete nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden.
§. 324. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile
obliegende Leistung in Folge eines Umstandes, den der andere Theil zu vertreten
hat, unmöglich, so behält er den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muß sich
jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er in Folge der Befreiung von der
Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt
oder zu erwerben böswillig unterläßt.
Das Gleiche gilt, wenn die dem einen Theile obliegende Leistung in Folge
eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes zu einer Zeit unmöglich wird, zu
welcher der andere Theil im Verzuge der Annahme ist.
§. 325. Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile
obliegende Leistung in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat,
unmöglich, so kann der andere Theil Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen oder von dem Vertrage zurücktreten. Bei theilweiser Unmöglichkeit ist
er, wenn die theilweise Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat,
berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit nach
Maßgabe des §. 280 Abs. 2 zu verlangen oder von dem ganzen Vertrage
zurückzutreten. Statt des Anspruchs auf Schadensersatz und des Rücktrittsrechts
kann er auch die für den Fall des §. 323 bestimmten
Rechte geltend machen.
Das Gleiche gilt in dem Falle des §. 283, wenn nicht die Leistung bis
zum Ablaufe der Frist bewirkt wird oder wenn zu dieser Zeit theilweise nicht
bewirkt ist.
§. 326. Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil mit der ihm
obliegenden Leistung im Verzuge, so kann ihm der andere Theil zur Bewirkung der
Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme
der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist ist
er berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem
Vertrage zurückzutreten, wenn nicht die Leistung rechtzeitig erfolgt ist; der
Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Wird die Leistung bis zum Ablaufe
der Frist theilweise nicht bewirkt, so findet die Vorschrift des §. 325 Abs. 1
Satz 2 entsprechende Anwendung.
Hat die Erfüllung des Vertrags in Folge des Verzugs für den anderen
Theil kein Interesse, so stehen ihm die im Abs. 1 bezeichneten Rechte zu, ohne
daß es der Bestimmung einer Frist bedarf.
§. 327. Auf das in den §§. 325, 326 bestimmte Rücktrittsrecht finden die
für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§. 346 bis
356 entsprechende Anwendung. Erfolgt der Rücktritt wegen eines Umstandes, den
der andere Theil nicht zu vertreten hat, so haftet dieser nur nach den
Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Dritter Titel.
Versprechen der Leistung an einen Dritten.
§. 328. Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der
Wirkung bedungen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die
Leistung zu fordern.
In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen,
insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht
erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen
entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugniß vorbehalten sein soll,
das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
§. 329. Verpflichtet sich in einem Vertrage der eine Theil zur
Befriedigung eines Gläubigers des anderen Theiles, ohne die Schuld zu
übernehmen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß der Gläubiger unmittelbar
das Recht erwerben soll, die Befriedigung von ihm zu fordern.
§. 330. Wird in einem Lebensversicherungs- oder einem Leibrentenvertrage
die Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten
bedungen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte unmittelbar das Recht
erwerben soll, die Leistung zu fordern. Das Gleiche gilt, wenn bei einer
unentgeltlichen Zuwendung dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten
auferlegt oder bei einer Vermögens- oder Gutsübernahme von dem Uebernehmer eine
Leistung an einen Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen wird.
§. 331. Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode desjenigen
erfolgen, welchem sie versprochen wird, so erwirbt der Dritte das Recht auf die
Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers.
Stirbt der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten, so kann das
Versprechen, an den Dritten zu leisten, nur dann noch aufgehoben oder geändert
werden, wenn die Befugniß dazu vorbehalten worden ist.
§. 332. Hat sich der Versprechensempfänger die Befugniß vorbehalten,
ohne Zustimmung des Versprechenden an die Stelle des in dem Vertrage
bezeichneten Dritten einen Anderen zu setzen, so kann dies im Zweifel auch in
einer Verfügung von Todeswegen geschehen.
§. 333. Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht dem
Versprechenden gegenüber zurück, so gilt das Recht als nicht erworben.
§. 334. Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch
gegenüber dem Dritten zu.
§. 335. Der Versprechensempfänger kann, sofern nicht ein anderer Wille
der Vertragschließenden anzunehmen ist, die Leistung an den Dritten auch dann
fordern, wenn diesem das Recht auf die Leistung zusteht.
Vierter Titel.
Draufgabe. Vertragsstrafe.
§. 336. Wird bei der Eingehung eines Vertrags etwas als Draufgabe
gegeben, so gilt dies als Zeichen des Abschlusses des Vertrags.
Die Draufgabe gilt im Zweifel nicht als Reugeld.
§. 337. Die Draufgabe ist im Zweifel auf die von dem Geber geschuldete
Leistung anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Erfüllung
des Vertrags zurückzugeben. Wird der Vertrag wiederaufgehoben, so ist die
Draufgabe zurückzugeben.
§. 338. Wird die von dem Geber geschuldete Leistung in Folge eines
Umstandes, den er zu vertreten hat, unmöglich oder verschuldet der Geber die
Wiederaufhebung des Vertrags, so ist der Empfänger berechtigt, die Draufgabe zu
behalten. Verlangt der Empfänger Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so ist
die Draufgabe im Zweifel anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei
der Leistung des Schadensersatzes zurückzugeben.
§. 339. Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, daß er
seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung
einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug
kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die
Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein.
§. 340. Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, daß er
seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe
statt der Erfüllung verlangen. Erklärt der Gläubiger dem Schuldner, daß er die
Strafe verlange, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen.
Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung
zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen.
Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§. 341. Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, daß er
seine Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der
bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der
Erfüllung verlangen.
Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht
gehörigen Erfüllung zu, so finden die Vorschriften des §. 340 Abs. 2 Anwendung.
Nimmt der Gläubiger die Erfüllung an, so kann er die Strafe nur
verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei der Annahme vorbehält.
§. 342. Wird als Strafe eine andere Leistung als die Zahlung einer
Geldsumme versprochen, so finden die Vorschriften der §§. 339 bis 341
Anwendung; der Anspruch auf Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn der
Gläubiger die Strafe verlangt.
§. 343. Ist eine verwirkte Strafe unverhältnißmäßig hoch, so kann sie
auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag
herabgesetzt werden. Bei der Beurtheilung der Angemessenheit ist jedes
berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht blos das Vermögensinteresse, in
Betracht zu ziehen. Nach der Entrichtung der Strafe ist die Herabsetzung
ausgeschlossen.
Das Gleiche gilt auch außer den Fällen der §§. 339, 342, wenn Jemand
eine Strafe für den Fall verspricht, daß er eine Handlung vornimmt oder unterläßt.
§. 344. Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung für unwirksam,
so ist auch die für den Fall der Nichterfüllung des Versprechens getroffene
Vereinbarung einer Strafe unwirksam, selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit
des Versprechens gekannt haben.
§. 345. Bestreitet der Schuldner die Verwirkung der Strafe, weil er
seine Verbindlichkeit erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, sofern
nicht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht.
Fünfter Titel.
Rücktritt.
§. 346. Hat sich in einem Vertrag ein Theil den Rücktritt vorbehalten,
so sind die Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, verpflichtet, einander die
empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für geleistete Dienste sowie für die
Ueberlassung der Benutzung einer Sache ist der Werth zu vergüten oder, falls in
dem Vertrag eine Gegenleistung in Geld bestimmt ist, diese zu entrichten.
§. 347. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschlechterung,
Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der
Herausgabe bestimmt sich im Falle des Rücktritts von dem Empfange der Leistung
an nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer
und dem Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs
an gelten. Das Gleiche gilt von dem Anspruch auf Herausgabe oder Vergütung von
Nutzungen und von dem Anspruch auf Ersatz von Verwendungen. Eine Geldsumme ist
von der Zeit des Empfanges an zu verzinsen.
§. 348. Die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien
sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§. 320, 322 finden
entsprechende Anwendung.
§. 349. Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen
Theile.
§. 350. Der Rücktritt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der
Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen
ist.
§. 351. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte eine
wesentliche Verschlechterung, den Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit
der Herausgabe des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat. Der Untergang
eines erheblichen Theiles steht einer wesentlichen Verschlechterung des
Gegenstandes, das von dem Berechtigten nach §. 278 zu vertretende Verschulden
eines Anderen steht dem eigenen Verschulden des
Berechtigten gleich.
§. 352. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte die
empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art
umgestaltet hat.
§. 353. Hat der Berechtigte den empfangenen Gegenstand oder einen
erheblichen Theil des Gegenstandes veräußert oder mit dem Rechte eines Dritten
belastet, so ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn bei demjenigen, welcher den
Gegenstand in Folge der Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen des §. 351
oder des §. 352 eingetreten sind.
Einer Verfügung des Berechtigten steht eine Verfügung gleich, die im
Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den
Konkursverwalter erfolgt.
§. 354. Kommt der Berechtigte mit der Rückgewähr des empfangenen
Gegenstandes oder eines erheblichen Theiles des Gegenstandes in Verzug, so kann
ihm der andere Theil eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er
die Annahme nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Der Rücktritt wird unwirksam,
wenn nicht die Rückgewähr vor dem Ablaufe der Frist erfolgt.
§. 355. Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht
vereinbart, so kann dem Berechtigten von dem anderen Theile für die Ausübung
eine angemessene Frist bestimmt werden. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn
nicht der Rücktritt vor dem Ablaufe der Frist erklärt wird.
§. 356. Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite
Mehrere betheiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle
ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so
erlischt es auch für die übrigen.
§. 357. Hat sich der eine Theil den Rücktritt für den Fall vorbehalten,
daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Rücktritt
unwirksam, wenn der andere Theil sich von der Verbindlichkeit durch Aufrechnung
befreien konnte und unverzüglich nach dem Rücktritte die Aufrechnung erklärt.
§. 358. Hat sich der eine Theil den Rücktritt für den Fall vorbehalten,
daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, und bestreitet dieser
die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er erfüllt habe, so hat er die
Erfüllung zu beweisen, sofern nicht die geschuldete Leistung in einem
Unterlassen besteht.
§. 359. Ist der Rücktritt gegen Zahlung eines Reugeldes vorbehalten, so ist
der Rücktritt unwirksam, wenn das Reugeld nicht vor oder bei der Erklärung
entrichtet wird und der andere Theil aus diesem Grunde die Erklärung
unverzüglich zurückweist. Die Erklärung ist jedoch wirksam, wenn das Reugeld
unverzüglich nach der Zurückweisung entrichtet wird.
§. 360. Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß der
Schuldner seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein soll, wenn er seine
Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Gläubiger bei dem Eintritte dieses
Falles zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt.
§. 361. Ist in einem gegenseitigen Vertrage vereinbart, daß die Leistung
des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer
festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der
andere Theil zum Rücktritte berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zu
der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt.
Dritter Abschnitt.
Erlöschen der Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Erfüllung.
§. 362. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung an
den Gläubiger bewirkt wird.
Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die
Vorschriften des §. 185 Anwendung.
§. 363. Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als
Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung
deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die
geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei.
§. 364. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger eine andere
als die geschuldete Leistung an Erfüllungsstatt annimmt.
Uebernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers
diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen,
daß er die Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernimmt.
§. 365. Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein
anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so hat der Schuldner wegen eines
Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache in gleicher Weise wie ein
Verkäufer Gewähr zu leisten.
§. 366. Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen
zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete
nicht zur Tilgung sämmtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt,
welche er bei der Leistung bestimmt.
Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige
Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger
geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner
lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem
Alter jede Schuld verhältnißmäßig getilgt.
§. 367. Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu
entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende
Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die
Hauptleistung angerechnet.
Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die
Annahme der Leistung ablehnen.
§. 368. Der Gläubiger hat gegen Empfang der Leistung auf Verlangen ein
schriftliches Empfangsbekenntniß (Quittung) zu ertheilen. Hat der Schuldner ein
rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt wird, so kann
er die Ertheilung in dieser Form verlangen.
§. 369. Die Kosten der Quittung hat der Schuldner zu tragen und
vorzuschießen, sofern nicht aus dem zwischen ihm und dem
Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt.
Treten in Folge einer Uebertragung der Forderung oder im Wege der
Erbfolge an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers mehrere Gläubiger, so
fallen die Mehrkosten den Gläubigern zur Last.
§. 370. Der Ueberbringer einer Quittung gilt als ermächtigt, die
Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Leistenden bekannten Umstände der
Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.
§. 371. Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so
kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen.
Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außer Stande zu sein, so kann der
Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntniß verlangen, daß die Schuld
erloschen sei.
Zweiter Titel.
Hinterlegung.
§. 372. Geld, Werthpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten
kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger
hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist. Das Gleiche gilt,
wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden
Grunde oder in Folge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit über
die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit
erfüllen kann.
§. 373. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu
leisten verpflichtet, so kann er das Recht des Gläubigers zum Empfange der hinterlegten
Sache von der Bewirkung der Gegenleistung abhängig machen.
§. 374. Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des
Leistungsorts zu erfolgen; hinterlegt der Schuldner bei einer anderen Stelle,
so hat er dem Gläubiger den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Der Schuldner hat dem Gläubiger die Hinterlegung unverzüglich
anzuzeigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet.
Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.
§. 375. Ist die hinterlegte Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post
übersendet worden, so wirkt die Hinterlegung auf die Zeit der Aufgabe der Sache
zur Post zurück.
§. 376. Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache
zurückzunehmen.
Die Rücknahme ist ausgeschlossen:
1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle
erklärt, daß er auf das Recht zur Rücknahme verzichte;
2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle
die Annahme erklärt;
3. wenn der Hinterlegungsstelle ein zwischen
dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urtheil vorgelegt
wird, das die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt.
§. 377. Das Recht zur Rücknahme ist der Pfändung nicht unterworfen.
Wird über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann
während des Konkurses das Recht zur Rücknahme auch nicht von dem Schuldner
ausgeübt werden.
§. 378. Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird
der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher
Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet
hätte.
§. 379. Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache nicht ausgeschlossen,
so kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen.
Solange die Sache hinterlegt ist, trägt der Gläubiger die Gefahr und ist
der Schuldner nicht verpflichtet, Zinsen zu zahlen oder Ersatz für nicht
gezogene Nutzungen zu leisten.
Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt die
Hinterlegung als nicht erfolgt.
§. 380. Soweit nach den für die Hinterlegungsstelle geltenden Bestimmungen
zum Nachweise der Empfangsberechtigung des Gläubigers eine diese Berechtigung
anerkennende Erklärung des Schuldners erforderlich oder genügend ist, kann der
Gläubiger von dem Schuldner die Abgabe der Erklärung unter denselben
Voraussetzungen verlangen, unter denen er die Leistung zu fordern berechtigt
sein würde, wenn die Hinterlegung nicht erfolgt wäre.
§. 381. Die Kosten der Hinterlegung fallen dem Gläubiger zur Last,
sofern nicht der Schuldner die hinterlegte Sache zurücknimmt.
§. 382. Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt
mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Empfange der Anzeige von der
Hinterlegung, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle
meldet; der Schuldner ist zur Rücknahme berechtigt, auch wenn er auf das Recht
zur Rücknahme verzichtet hat.
§. 383. Ist die geschuldete bewegliche Sache zur Hinterlegung nicht
geeignet, so kann der Schuldner sie im Falle des Verzugs des Gläubigers am
Leistungsorte versteigern lassen und den Erlös hinterlegen. Das Gleiche gilt in
den Fällen des §. 372 Satz 2, wenn der Verderb der Sache zu besorgen oder die
Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden ist.
Ist von der Versteigerung am Leistungsort ein angemessener Erfolg nicht
zu erwarten, so ist die Sache an einem geeigneten anderen Orte zu versteigern.
Die Versteigerung hat durch einen für den Versteigerungsort bestellten
Gerichtsvollzieher oder zu Versteigerungen befugten anderen Beamten oder
öffentlich angestellten Versteigerer öffentlich zu erfolgen (öffentliche
Versteigerung). Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner
Bezeichnung der Sache öffentlich bekannt zu machen.
Die Vorschriften der Abs. 1 bis 3 gelten nicht
für eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke.
§. 384. Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem sie dem Gläubiger
angedroht worden ist; die Androhung darf unterbleiben, wenn die Sache dem
Verderb ausgesetzt und mit dem Aufschube der Versteigerung Gefahr verbunden
ist.
Der Schuldner hat den Gläubiger von der Versteigerung unverzüglich zu
benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze
verpflichtet.
Die Androhung und die Benachrichtigung dürfen unterbleiben, wenn sie
unthunlich sind.
§. 385. Hat die Sache einen Börsen- oder Marktpreis, so kann der
Schuldner den Verkauf aus freier Hand durch einen zu solchen Verkäufen
öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen
Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken.
§. 386. Die Kosten der Versteigerung oder des nach §. 385 erfolgten
Verkaufs fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner den
hinterlegten Erlös zurücknimmt.
Dritter Titel.
Aufrechnung.
§. 387. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstande
nach gleichartig sind, so kann jeder Theil seine Forderung gegen die Forderung
des anderen Theiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern
und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
§. 388. Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen
Theile. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer
Zeitbestimmung abgegeben wird.
§. 389. Die Aufrechnung bewirkt, daß die Forderungen, soweit sie sich
decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung
geeignet einander gegenübergetreten sind.
§. 390. Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht
aufgerechnet werden. Die Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn
die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung
aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
§. 391. Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die
Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ablieferungsorte bestehen. Der
aufrechnende Theil hat jedoch den Schaden zu ersetzen, den der andere Theil
dadurch erleidet, daß er in Folge der Aufrechnung die Leistung nicht an dem
bestimmten Orte erhält oder bewirken kann.
Ist vereinbart, daß die Leistung zu einer bestimmten Zeit an einem
bestimmten Orte erfolgen soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
Aufrechnung einer Forderung, für die ein anderer Leistungsort besteht,
ausgeschlossen sein soll.
§. 392. Durch die Beschlagnahme einer Forderung wird die Aufrechnung
einer dem Schuldner gegen den Gläubiger zustehenden Forderung nur dann
ausgeschlossen, wenn der Schuldner seine Forderung nach der Beschlagnahme
erworben hat oder wenn seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später
als die in Beschlag genommene Forderung fällig geworden ist.
§. 393. Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen
unerlaubten Handlung ist die Aufrechnung nicht zulässig.
§. 394. Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet
die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hülfs-
oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der
Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge
aufgerechnet werden.
§. 395. Gegen eine Forderung des Reichs oder eines Bundesstaats sowie
gegen eine Forderung einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes ist
die Aufrechnung nur zulässig, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen
hat, aus der die Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen ist.
§. 396. Hat der eine oder der andere Theil mehrere zur Aufrechnung
geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Theil die Forderungen
bestimmen, die gegen einander aufgerechnet werden sollen. Wird die Aufrechnung
ohne eine solche Bestimmung erklärt oder widerspricht der andere Theil unverzüglich,
so findet die Vorschrift des §. 366 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
Schuldet der aufrechnende Theil dem anderen Theile außer der
Hauptleistung Zinsen und Kosten, so finden die Vorschriften des §. 367 entsprechende Anwendung.
Vierter Titel.
Erlaß.
§. 397. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner
durch Vertrag die Schuld erläßt.
Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner
anerkennt, daß das Schuldverhältniß nicht bestehe.
Vierter Abschnitt.
Uebertragung der Forderung.
§. 398. Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem
Anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschlusse des
Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.
§. 399. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung
an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres
Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem
Schuldner ausgeschlossen ist.
§. 400. Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit sie der
Pfändung nicht unterworfen ist.
§. 401. Mit der abgetretenen Forderung gehen die Hypotheken,
Schiffshypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus
einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger über.
Ein mit der Forderung für den Fall der Zwangsvollstreckung oder des
Konkurses verbundenes Vorzugsrecht kann auch der neue Gläubiger geltend machen.
§. 402. Der bisherige Gläubiger ist verpflichtet, dem neuen Gläubiger
die zur Geltendmachung der Forderung nöthige Auskunft zu ertheilen und ihm die
zum Beweise der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitze
befinden, auszuliefern.
§. 403. Der bisherige Gläubiger hat dem neuen Gläubiger auf Verlangen eine
öffentlich beglaubigte Urkunde über die Abtretung auszustellen. Die Kosten hat
der neue Gläubiger zu tragen und vorzuschießen.
§. 404. Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger die Einwendungen
entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen
Gläubiger begründet waren.
§. 405. Hat der Schuldner eine Urkunde über die Schuld ausgestellt, so
kann er sich, wenn die Forderung unter Vorlegung der Urkunde abgetreten wird,
dem neuen Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß die Eingehung oder
Anerkennung des Schuldverhältnisses nur zum Schein erfolgt oder daß die
Abtretung durch Vereinbarung mit dem ursprünglichen Gläubiger ausgeschlossen
sei, es sei denn, daß der neue Gläubiger bei der Abtretung den Sachverhalt
kannte oder kennen mußte.
§. 406. Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger
zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei
denn, daß er bei dem Erwerbe der Forderung von der Abtretung Kenntniß hatte
oder daß die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntniß und später als die
abgetretene Forderung fällig geworden ist.
§. 407. Der neue Gläubiger muß eine Leistung, die der Schuldner nach der
Abtretung an den bisherigen Gläubiger bewirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das
nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in
Ansehung der Forderung vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn,
daß der Schuldner die Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des
Rechtsgeschäfts kennt.
Ist in einem nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem
bisherigen Gläubiger anhängig gewordenen Rechtsstreit ein rechtskräftiges
Urtheil über die Forderung ergangen, so muß der neue Gläubiger das Urtheil
gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei dem
Eintritte der Rechtshängigkeit gekannt hat.
§. 408. Wird eine abgetretene Forderung von dem bisherigen Gläubiger
nochmals an einen Dritten abgetreten, so finden, wenn der Schuldner an den
Dritten leistet oder wenn zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein
Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein Rechtsstreit anhängig wird, zu Gunsten des
Schuldners die Vorschriften des §. 407 dem früheren Erwerber gegenüber entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt, wenn die bereits abgetretene Forderung durch gerichtlichen
Beschluß einem Dritten überwiesen wird oder wenn der bisherige Gläubiger dem
Dritten gegenüber anerkennt, daß die bereits abgetretene Forderung kraft
Gesetzes auf den Dritten übergegangen sei.
§. 409. Zeigt der Gläubiger dem Schuldner an, daß er die Forderung
abgetreten habe, so muß er dem Schuldner gegenüber die angezeigte Abtretung
gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist.
Der Anzeige steht es gleich, wenn der Gläubiger eine Urkunde über die Abtretung
dem in der Urkunde bezeichneten neuen Gläubiger ausgestellt hat und dieser sie
dem Schuldner vorlegt.
Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen zurückgenommen werden,
welcher als der neue Gläubiger bezeichnet worden ist.
§. 410. Der Schuldner ist dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur
gegen Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger über die Abtretung
ausgestellten Urkunde verpflichtet. Eine Kündigung oder eine Mahnung des neuen
Gläubigers ist unwirksam, wenn sie ohne Vorlegung einer solchen Urkunde erfolgt
und der Schuldner sie aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der bisherige Gläubiger
dem Schuldner die Abtretung schriftlich angezeigt hat.
§. 411. Tritt eine Militärperson, ein Beamter, ein Geistlicher oder ein
Lehrer an einer öffentlichen Unterrichtsanstalt den übertragbaren Theil des
Diensteinkommens, des Wartegeldes oder des Ruhegehalts ab, so ist die
auszahlende Kasse durch Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger
ausgestellten, öffentlich oder amtlich beglaubigten Urkunde von der Abtretung
zu benachrichtigen. Bis zur Benachrichtigung gilt die Abtretung als der Kasse
nicht bekannt.
§. 412. Auf die Uebertragung einer Forderung kraft Gesetzes finden die
Vorschriften der §§. 399 bis 404, 406 bis 410 entsprechende
Anwendung.
§. 413. Die Vorschriften über die Uebertragung von Forderungen finden
auf die Uebertragung anderer Rechte entsprechende Anwendung, soweit nicht das
Gesetz ein Anderes vorschreibt.
Fünfter Abschnitt.
Schuldübernahme.
§. 414. Eine Schuld kann von einem Dritten durch Vertrag mit dem
Gläubiger in der Weise übernommen werden, daß der Dritte an die Stelle des
bisherigen Schuldners tritt.
§. 415. Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner
vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Genehmigung des Gläubigers ab.
Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem
Gläubiger die Schuldübernahme mitgetheilt hat. Bis zur Genehmigung können die
Parteien den Vertrag ändern oder aufheben.
Wird die Genehmigung verweigert, so gilt die Schuldübernahme als nicht
erfolgt. Fordert der Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter Bestimmung
einer Frist zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Genehmigung nur
bis zum Ablaufe der Frist erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie
als verweigert.
Solange nicht der Gläubiger die Genehmigung ertheilt hat, ist im Zweifel
der Uebernehmer dem Schuldner gegenüber verpflichtet, den Gläubiger rechtzeitig
zu befriedigen. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die Genehmigung
verweigert.
§. 416. Uebernimmt der Erwerber eines Grundstücks durch Vertrag mit dem
Veräußerer eine Schuld des Veräußerers, für die eine Hypothek an dem
Grundstücke besteht, so kann der Gläubiger die Schuldübernahme nur genehmigen,
wenn der Veräußerer sie ihm mittheilt. Sind seit dem Empfange der Mittheilung
sechs Monate verstrichen, so gilt die Genehmigung als ertheilt, wenn nicht der
Gläubiger sie dem Veräußerer gegenüber vorher verweigert hat; die Vorschrift
des §. 415 Abs. 2 Satz 2 findet keine Anwendung.
Die Mittheilung des Veräußerers kann erst erfolgen, wenn der Erwerber
als Eigenthümer im Grundbuch eingetragen ist. Sie muß schriftlich geschehen und
den Hinweis enthalten, daß der Uebernehmer an die Stelle des bisherigen
Schuldners tritt, wenn nicht der Gläubiger die Verweigerung innerhalb der sechs
Monate erklärt.
Der Veräußerer hat auf Verlangen
des Erwerbers dem Gläubiger die Schuldübernahme mitzutheilen. Sobald die
Ertheilung oder Verweigerung der Genehmigung feststeht, hat der
Veräußerer den Erwerber zu benachrichtigen.
§. 417. Der Uebernehmer kann dem Gläubiger die Einwendungen
entgegensetzen, welche sich aus dem Rechtsverhältnisse zwischen dem Gläubiger
und dem bisherigen Schuldner ergeben. Eine dem bisherigen Schuldner zustehende
Forderung kann er nicht aufrechnen.
Aus dem der Schuldübernahme zu Grunde liegenden
Rechtsverhältnisse zwischen dem Uebernehmer und dem bisherigen Schuldner
kann der Uebernehmer dem Gläubiger gegenüber Einwendungen nicht herleiten.
§. 418. In Folge der Schuldübernahme erlöschen die für die Forderung
bestellten Bürgschaften und Pfandrechte. Besteht für die Forderung eine
Hypothek oder eine Schiffshypothek, so tritt das Gleiche ein, wie wenn der
Gläubiger auf die Hypothek oder die Schiffshypothek verzichtet. Diese
Vorschriften finden keine Anwendung, wenn der Bürge oder derjenige, welchem der
verhaftete Gegenstand zur Zeit der Schuldübernahme gehört, in diese einwilligt.
Ein mit der Forderung für den Fall des Konkurses verbundenes Vorzugsrecht
kann nicht im Konkurs über das Vermögen des Uebernehmers geltend gemacht
werden.
§. 419. Uebernimmt Jemand durch Vertrag das Vermögen eines Anderen, so
können dessen Gläubiger, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des bisherigen
Schuldners, von dem Abschlusse des Vertrags an ihre zu dieser Zeit bestehenden
Ansprüche auch gegen den Uebernehmer geltend machen.
Die Haftung des Uebernehmers beschränkt sich auf den Bestand des
übernommenen Vermögens und die ihm aus dem Vertrage zustehenden Ansprüche.
Beruft sich der Uebernehmer auf die Beschränkung seiner Haftung, so finden die
für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991
entsprechende Anwendung.
Die Haftung des Uebernehmers kann nicht durch Vereinbarung zwischen ihm
und dem bisherigen Schuldner ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Sechster Abschnitt.
Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern.
§. 420. Schulden Mehrere eine theilbare Leistung oder haben Mehrere eine
theilbare Leistung zu fordern, so ist im Zweifel jeder Schuldner nur zu einem
gleichen Antheile verpflichtet, jeder Gläubiger nur zu einem gleichen Antheile
berechtigt.
§. 421. Schulden Mehrere eine Leistung in der Weise, daß jeder die ganze
Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal
zu fordern berechtigt ist (Gesammtschuldner), so kann der Gläubiger die
Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Theile
fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämmtliche Schuldner
verpflichtet.
§. 422. Die Erfüllung durch einen Gesammtschuldner wirkt auch für die
übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungsstatt, der
Hinterlegung und der Aufrechnung.
Eine Forderung, die einem Gesammtschuldner zusteht, kann nicht von den
übrigen Schuldnern aufgerechnet werden.
§. 423. Ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesammtschuldner
vereinbarter Erlaß wirkt auch für die übrigen Schuldner, wenn die
Vertragschließenden das ganze Schuldverhältniß aufheben wollten.
§. 424. Der Verzug des Gläubigers gegenüber einem Gesammtschuldner wirkt
auch für die übrigen Schuldner.
§. 425. Andere als die in den §§. 422 bis 424 bezeichneten Thatsachen
wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältniß ein
Anderes ergiebt, nur für und gegen den Gesammtschuldner, in dessen Person sie
eintreten.
Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzuge, dem Verschulden,
von der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesammtschuldners, von
der Verjährung, deren Unterbrechung und Hemmung, von der Vereinigung der
Forderung mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urtheile.
§. 426. Die Gesammtschuldner sind im Verhältnisse zu einander zu
gleichen Antheilen verpflichtet, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist. Kann
von einem Gesammtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt
werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten
Schuldnern zu tragen.
Soweit ein Gesammtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen
Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen
die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des
Gläubigers geltend gemacht werden.
§. 427. Verpflichten sich Mehrere durch Vertrag gemeinschaftlich zu
einer theilbaren Leistung, so haften sie im Zweifel als Gesammtschuldner.
§. 428. Sind Mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt,
daß jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur
einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesammtgläubiger), so kann der Schuldner
nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn
einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.
§. 429. Der Verzug eines Gesammtgläubigers wirkt auch gegen die übrigen
Gläubiger.
Vereinigen sich Forderung und Schuld in der Person eines
Gesammtgläubigers, so erlöschen die Rechte der übrigen Gläubiger gegen den
Schuldner.
Im Uebrigen finden die Vorschriften der §§. 422, 423, 425 entsprechende
Anwendung. Insbesondere bleiben, wenn ein Gesammtgläubiger seine Forderung auf
einen Anderen überträgt, die Rechte der übrigen Gläubiger unberührt.
§. 430. Die Gesammtgläubiger sind im Verhältnisse zu einander zu
gleichen Antheilen berechtigt, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist.
§. 431. Schulden Mehrere eine untheilbare Leistung, so haften sie als
Gesammtschuldner.
§. 432. Haben Mehrere eine untheilbare Leistung zu fordern, so kann,
sofern sie nicht Gesammtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle
gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern.
Jeder Gläubiger kann verlangen, daß der Schuldner die geschuldete Sache für
alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an
einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
Im Uebrigen wirkt eine Thatsache, die nur in der Person eines der
Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.
Siebenter Abschnitt.
Einzelne Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Kauf. Tausch.
I. Allgemeine Vorschriften
§. 433. Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet,
dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigenthum an der Sache zu
verschaffen. Der Verkäufer eines Rechtes ist verpflichtet, dem Käufer das Recht
zu verschaffen und, wenn das Recht zum Besitz einer Sache berechtigt, die Sache
zu übergeben.
Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu
zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
§. 434. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer den verkauften
Gegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer
geltend gemacht werden können.
§. 435. Der Verkäufer eines Grundstücks oder eines Rechtes an einem
Grundstück ist verpflichtet, im Grundbuch eingetragene Rechte, die nicht
bestehen, auf seine Kosten zur Löschung zu bringen, wenn sie im Falle ihres
Bestehens das dem Käufer zu verschaffende Recht beeinträchtigen würden.
Das Gleiche gilt beim Verkauf eines eingetragenen Schiffs oder
Schiffsbauwerks oder einer Schiffshypothek für die im Schiffsregister
eingetragenen Rechte.
§. 436. Der Verkäufer eines Grundstücks haftet nicht für die Freiheit
des Grundstücks von öffentlichen Abgaben und von anderen öffentlichen Lasten,
die zur Eintragung in das Grundbuch nicht geeignet sind.
§. 437. Der Verkäufer einer Forderung oder eines sonstigen Rechtes
haftet für den rechtlichen Bestand der Forderung oder des Rechtes.
Der Verkäufer eines Werthpapiers haftet auch dafür, daß es nicht zum
Zwecke der Kraftloserklärung aufgeboten ist.
§. 438. Uebernimmt der Verkäufer einer Forderung die Haftung für die
Zahlungsfähigkeit des Schuldners, so ist die Haftung im Zweifel nur auf die
Zahlungsfähigkeit zur Zeit der Abtretung zu beziehen.
§. 439. Der Verkäufer hat einen Mangel im Rechte nicht zu vertreten,
wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlusse des Kaufes kennt.
Eine Hypothek, eine Grundschuld, eine Rentenschuld, eine Schiffshypothek
oder ein Pfandrecht hat der Verkäufer zu beseitigen, auch wenn der Käufer die
Belastung kennt. Das Gleiche gilt von einer Vormerkung zur Sicherung des
Anspruchs auf Bestellung eines dieser Rechte.
§. 440. Erfüllt der Verkäufer die ihm nach den §§. 433 bis 437, 439
obliegenden Verpflichtungen nicht, so bestimmen sich die Rechte des Käufers
nach den Vorschriften der §§. 320 bis 327.
Ist eine bewegliche Sache verkauft und dem Käufer zum Zwecke der
Eigenthumsübertragung übergeben worden, so kann der Käufer wegen des Rechtes
eines Dritten, das zum Besitze der Sache berechtigt, Schadensersatz wegen
Nichterfüllung nur verlangen, wenn er die Sache dem Dritten mit Rücksicht auf
dessen Recht herausgegeben hat oder sie dem Verkäufer zurückgewährt oder wenn
die Sache untergegangen ist.
Der Herausgabe der Sache an den Dritten steht es gleich, wenn der Dritte
den Käufer oder dieser den Dritten beerbt oder wenn der Käufer das Recht des
Dritten anderweit erwirbt oder den Dritten abfindet.
Steht dem Käufer ein Anspruch auf Herausgabe gegen einen Anderen zu, so
genügt an Stelle der Rückgewähr die Abtretung des Anspruchs.
§. 441. Die Vorschriften des §. 440 Abs. 2 bis 4 gelten auch dann, wenn
ein Recht an einer beweglichen Sache verkauft ist, das zum Besitze der Sache
berechtigt.
§. 442. Bestreitet der Verkäufer den vom Käufer geltend gemachten Mangel
im Rechte, so hat der Käufer den Mangel zu beweisen.
§. 443. Eine Vereinbarung, durch welche die nach den §§. 433 bis 437,
439 bis 442 wegen eines Mangels im Rechte dem Verkäufer obliegende
Verpflichtung zur Gewährleistung erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig,
wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt.
§. 444. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer über die den
verkauften Gegenstand betreffenden rechtlichen Verhältnisse, insbesondere im
Falle des Verkaufs eines Grundstücks über die Grenzen, Gerechtsame und Lasten,
die nöthige Auskunft zu ertheilen und ihm die zum Beweise des Rechtes dienenden
Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitze befinden, auszuliefern. Erstreckt
sich der Inhalt einer solchen Urkunde auch auf andere Angelegenheiten, so ist
der Verkäufer nur zur Ertheilung eines öffentlich beglaubigten Auszugs
verpflichtet.
§. 445. Die Vorschriften der §§. 433 bis 444 finden auf andere Verträge,
die auf Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes gegen Entgelt gerichtet
sind, entsprechende Anwendung.
§. 446. Mit der Uebergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des
zufälligen Unterganges und einer zufälligen Verschlechterung auf den Käufer
über. Von der Uebergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die
Lasten der Sache.
Wird der Käufer eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffs oder
Schiffsbauwerks vor der Übergabe als Eigentümer in das Grundbuch, das
Schiffsregister oder das Schiffsbauregister eingetragen, so treten diese
Wirkungen mit der Eintragung ein.
§. 447. Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte
Sache nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte, so geht die Gefahr auf
den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer
oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt
ausgeliefert hat.
Hat der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der Versendung
ertheilt und weicht der Verkäufer ohne dringenden Grund von der Anweisung ab,
so ist der Verkäufer dem Käufer für den daraus entstehenden Schaden
verantwortlich.
§. 448. Die Kosten der Uebergabe der verkauften Sache, insbesondere die
Kosten des Messens und Wägens, fallen dem Verkäufer, die Kosten der Abnahme und
der Versendung der Sache nach einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte fallen
dem Käufer zur Last.
Ist ein Recht verkauft, so fallen die Kosten der Begründung oder
Uebertragung des Rechtes dem Verkäufer zur Last.
§. 449. Der Käufer eines Grundstücks hat die Kosten der Auflassung und
der Eintragung, der Käufer eines Rechtes an einem Grundstücke hat die Kosten
der zur Begründung oder Uebertragung des Rechtes nöthigen Eintragung in das
Grundbuch, mit Einschluß der Kosten der zu der Eintragung erforderlichen
Erklärungen, zu tragen. Dem Käufer fallen in beiden Fällen auch die Kosten der
Beurkundung des Kaufes zur Last.
Der Käufer eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks hat die
Kosten der Eintragung des Eigentumsübergangs, der Käufer eines Rechts an einem
eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk hat die Kosten einer zur Begründung
oder Übertragung nötigen Eintragung in das Schiffsregister oder das
Schiffsbauregister mit Einschluß der Kosten der zur Eintragung erforderlichen
Erklärungen zu tragen.
§. 450. Ist vor der Uebergabe der verkauften Sache die Gefahr auf den
Käufer übergegangen und macht der Verkäufer vor der Uebergabe Verwendungen auf
die Sache, die nach dem Uebergange der Gefahr nothwendig geworden sind, so kann
er von dem Käufer Ersatz verlangen, wie wenn der Käufer ihn mit der Verwaltung
der Sache beauftragt hätte.
Die Verpflichtung des Käufers zum Ersatze sonstiger Verwendungen
bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
§. 451. Ist ein Recht an einer Sache verkauft, das zum Besitze der Sache
berechtigt, so finden die Vorschriften der §§. 446 bis 450 entsprechende
Anwendung.
§. 452. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufpreis von dem Zeitpunkt an
zu verzinsen, von welchem an die Nutzungen des gekauften Gegenstandes ihm
gebühren, sofern nicht der Kaufpreis gestundet ist.
§. 453. Ist als Kaufpreis der Marktpreis bestimmt, so gilt im Zweifel
der für den Erfüllungsort zur Erfüllungszeit maßgebende Marktpreis als
vereinbart.
§. 454. Hat der Verkäufer den Vertrag erfüllt und den Kaufpreis
gestundet, so steht ihm das im §. 325 Abs. 2 und im §. 326 bestimmte
Rücktrittsrecht nicht zu.
§. 455. Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigenthum bis
zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
Uebertragung des Eigenthums unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger
Zahlung des Kaufpreises erfolgt und daß der Verkäufer zum Rücktritte von dem
Vertrage berechtigt ist, wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt.
§. 456. Bei einem Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung dürfen der mit
der Vornahme oder Leitung des Verkaufs Beauftragte und die von ihm zugezogenen
Gehülfen, mit Einschluß des Protokollführers, den zum Verkaufe gestellten
Gegenstand weder für sich persönlich oder durch einen Anderen noch als
Vertreter eines Anderen kaufen.
§. 457. Die Vorschrift des §. 456 gilt auch bei einem Verkauf außerhalb
der Zwangsvollstreckung, wenn der Auftrag zu dem Verkauf auf Grund einer
gesetzlichen Vorschrift ertheilt worden ist, die den Auftraggeber ermächtigt,
den Gegenstand für Rechnung eines Anderen verkaufen zu lassen, insbesondere in
den Fällen des Pfandverkaufs und des in den §§. 383, 385 zugelassenen Verkaufs,
sowie bei einem Verkaufe durch den Konkursverwalter.
§. 458. Die Wirksamkeit eines den Vorschriften der §§. 456, 457 zuwider
erfolgten Kaufes und der Uebertragung des gekauften Gegenstandes hängt von der
Zustimmung der bei dem Verkauf als Schuldner, Eigenthümer oder Gläubiger
Betheiligten ab. Fordert der Käufer einen Betheiligten zur Erklärung über die
Genehmigung auf, so finden die Vorschriften des §. 177 Abs. 2 entsprechende
Anwendung.
Wird in Folge der Verweigerung der Genehmigung ein neuer Verkauf
vorgenommen, so hat der frühere Käufer für die Kosten des neuen Verkaufs sowie
für einen Mindererlös aufzukommen.
II. Gewährleistung wegen Mängel der Sache
§. 459. Der Verkäufer einer Sache haftet dem Käufer dafür, daß sie zu
der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht, nicht mit Fehlern
behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem
nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Eine
unerhebliche Minderung des Werthes oder der Tauglichkeit kommt nicht in
Betracht.
Der Verkäufer haftet auch dafür, daß die Sache zur Zeit des Ueberganges
der Gefahr die zugesicherten Eigenschaften hat.
§. 460. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten,
wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlusse des Kaufes kennt. Ist dem Käufer
ein Mangel der im §. 459 Abs. 1 bezeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit
unbekannt geblieben, so haftet der Verkäufer, sofern er nicht die Abwesenheit
des Fehlers zugesichert hat, nur, wenn er den Fehler arglistig verschwiegen
hat.
§. 461. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache nicht zu
vertreten, wenn die Sache auf Grund eines Pfandrechts in öffentlicher
Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand verkauft wird.
§. 462. Wegen eines Mangels, den der Verkäufer nach den Vorschriften der
§§. 459, 460 zu vertreten hat, kann der Käufer Rückgängigmachung des Kaufes
(Wandelung) oder Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) verlangen.
§. 463. Fehlt der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte
Eigenschaft, so kann der Käufer statt der Wandelung oder der Minderung
Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der
Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat.
§. 464. Nimmt der Käufer eine mangelhafte Sache an, obschon er den
Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§. 462, 463 bestimmten Ansprüche nur
zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält.
§. 465. Die Wandelung oder die Minderung ist vollzogen, wenn sich der
Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt.
§. 466. Behauptet der Käufer dem Verkäufer gegenüber einen Mangel der
Sache, so kann der Verkäufer ihn unter dem Erbieten zur Wandelung und unter
Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern, ob er
Wandelung verlange. Die Wandelung kann in diesem Falle nur bis zum Ablaufe der
Frist verlangt werden.
§. 467. Auf die Wandelung finden die für das vertragsmäßige
Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§. 346 bis 348, 350 bis 354, 356
entsprechende Anwendung; im Falle des §. 352 ist jedoch die Wandelung nicht
ausgeschlossen, wenn der Mangel sich erst bei der Umgestaltung der Sache
gezeigt hat. Der Verkäufer hat dem Käufer auch die Vertragskosten zu ersetzen.
§. 468. Sichert der Verkäufer eines Grundstücks dem Käufer eine
bestimmte Größe des Grundstücks zu, so haftet er für die Größe wie für eine
zugesicherte Eigenschaft. Der Käufer kann jedoch wegen Mangels der
zugesicherten Größe Wandelung nur verlangen, wenn der Mangel so erheblich ist,
daß die Erfüllung des Vertrags für den Käufer kein Interesse hat.
§. 469. Sind von mehreren verkauften Sachen nur einzelne mangelhaft, so
kann nur in Ansehung dieser Wandelung verlangt werden, auch wenn ein Gesammtpreis
für alle Sachen festgesetzt ist. Sind jedoch die Sachen als zusammengehörend
verkauft, so kann jeder Theil verlangen, daß die Wandelung auf alle Sachen
erstreckt wird, wenn die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachtheil für ihn von
den übrigen getrennt werden können.
§. 470. Die Wandelung wegen eines Mangels der Hauptsache erstreckt sich
auch auf die Nebensache. Ist die Nebensache mangelhaft, so kann nur in Ansehung
dieser Wandelung verlangt werden.
§. 471. Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen
Gesammtpreis die Wandelung nur in Ansehung einzelner Sachen statt, so ist der
Gesammtpreis in dem Verhältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des
Verkaufs der Gesammtwerth der Sachen in mangelfreiem Zustande zu dem Werthe der
von der Wandelung nicht betroffenen Sachen gestanden haben würde.
§. 472. Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnisse
herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Werth der Sache in
mangelfreiem Zustande zu dem wirklichen Werthe gestanden haben würde.
Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesammtpreis die
Minderung nur wegen einzelner Sachen statt, so ist bei der Herabsetzung des
Preises der Gesammtwerth aller Sachen zu Grunde zu legen.
§. 473. Sind neben dem in Geld festgesetzten Kaufpreise Leistungen
bedungen, die nicht vertretbare Sachen zum Gegenstande haben, so sind diese
Leistungen in den Fällen der §§. 471, 472 nach dem Werthe zur Zeit des Verkaufs
in Geld zu veranschlagen. Die Herabsetzung der Gegenleistung des Käufers erfolgt
an dem in Geld festgesetzten Preise; ist dieser geringer als der abzusetzende
Betrag, so hat der Verkäufer den überschießenden Betrag dem Käufer zu vergüten.
§. 474. Sind auf der einen oder der anderen Seite Mehrere betheiligt, so
kann von jedem und gegen jeden Minderung verlangt werden.
Mit der Vollziehung der von einem der Käufer verlangten Minderung ist
die Wandelung ausgeschlossen.
§. 475. Durch die wegen eines Mangels erfolgte Minderung wird das Recht
des Käufers, wegen eines anderen Mangels Wandelung oder von neuem Minderung zu
verlangen, nicht ausgeschlossen.
§. 476. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Verkäufers
zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache erlassen oder beschränkt wird, ist
nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt.
§. 476a. Ist an Stelle des Rechts des Käufers auf Wandlung oder
Minderung ein Recht auf Nachbesserung vereinbart, so hat der zur Nachbesserung
verpflichtete Verkäufer auch die zum Zwecke der Nachbesserung erforderlichen
Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu
tragen. Dies gilt nicht, soweit die Aufwendungen sich erhöhen, weil die
gekaufte Sache nach der Lieferung an einen anderen Ort als den Wohnsitz oder
die gewerbliche Niederlassung des Empfängers verbracht worden ist, es sei denn,
das Verbringen entspricht dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache.
§. 477. Der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung sowie der Anspruch
auf Schadensersatz wegen Mangels einer zugesicherten Eigenschaft verjährt, sofern
nicht der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei beweglichen
Sachen in sechs Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken in einem Jahre
von der Uebergabe an. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert
werden.
Beantragt der Käufer gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des
Beweises, so wird die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechung dauert bis zur
Beendigung des Verfahrens fort. Die Vorschriften des §. 211 Abs. 2 und des §.
212 finden entsprechende Anwendung.
Die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eines der im Abs. 1
bezeichneten Ansprüche bewirkt auch die Hemmung oder Unterbrechung der
Verjährung der anderen Ansprüche.
§. 478. Hat der Käufer den Mangel dem Verkäufer angezeigt oder die
Anzeige an ihn abgesendet, bevor der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung
verjährt war, so kann er auch nach der Vollendung der Verjährung die Zahlung
des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund der Wandelung oder der
Minderung dazu berechtigt sein würde. Das Gleiche gilt, wenn der Käufer vor der
Vollendung der Verjährung gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des
Beweises beantragt oder in einem zwischen ihm und einem späteren Erwerber der
Sache wegen des Mangels anhängigen Rechtsstreite dem Verkäufer den Streit
verkündet hat.
Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so bedarf es der
Anzeige oder einer ihr nach Abs. 1 gleichstehenden Handlung nicht.
§. 479. Der Anspruch auf Schadensersatz kann nach der Vollendung der
Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn der Käufer vorher eine der im §. 478
bezeichneten Handlungen vorgenommen hat. Diese Beschränkung tritt nicht ein,
wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§. 480. Der Käufer einer nur der Gattung nach bestimmten Sache kann
statt der Wandelung oder der Minderung verlangen, daß ihm an Stelle der
mangelhaften Sache eine mangelfreie geliefert wird. Auf diesen Anspruch finden
die für die Wandelung geltenden Vorschriften der §§. 464 bis 466, des §. 467
Satz 1 und der §§. 469, 470, 474 bis 479 entsprechende Anwendung.
Fehlt der Sache zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer
übergeht, eine zugesicherte Eigenschaft oder hat der Verkäufer einen Fehler
arglistig verschwiegen, so kann der Käufer statt der Wandelung, der Minderung
oder der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen.
§. 481. Für den Verkauf von Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren,
von Rindvieh, Schafen und Schweinen gelten die Vorschriften der §§. 459 bis
467, 469 bis 480 nur insoweit, als sich nicht aus den §§. 482 bis 492 ein
Anderes ergiebt.
§. 482. Der Verkäufer hat nur bestimmte Fehler (Hauptmängel) und diese
nur dann zu vertreten, wenn sie sich innerhalb bestimmter Fristen
(Gewährfristen) zeigen.
Die Hauptmängel und die Gewährfristen werden durch eine mit Zustimmung
des Bundesraths zu erlassende Kaiserliche Verordnung bestimmt. Die Bestimmung
kann auf demselben Wege ergänzt und abgeändert werden.
§. 483. Die Gewährfrist beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an welchem
die Gefahr auf den Käufer übergeht.
§. 484. Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährfrist, so wird
vermuthet, daß der Mangel schon zu der Zeit vorhanden gewesen sei, zu welcher
die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist.
§. 485. Der Käufer verliert die ihm wegen des Mangels zustehenden
Rechte, wenn er nicht spätestens zwei Tage nach dem Ablaufe der Gewährfrist
oder, falls das Thier vor dem Ablaufe der Frist getödtet worden oder sonst
verendet ist, nach dem Tode des Thieres den Mangel dem Verkäufer anzeigt oder
die Anzeige an ihn absendet oder wegen des Mangels Klage gegen den Verkäufer
erhebt oder diesem den Streit verkündet oder gerichtliche Beweisaufnahme zur
Sicherung des Beweises beantragt. Der Rechtsverlust tritt nicht ein, wenn der
Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
§. 486. Die Gewährfrist kann durch Vertrag verlängert oder abgekürzt
werden. Die vereinbarte Frist tritt an die Stelle der gesetzlichen Frist.
§. 487. Der Käufer kann nur Wandelung, nicht Minderung verlangen.
Die Wandelung kann auch in den Fällen der §§. 351 bis 353, insbesondere
wenn das Thier geschlachtet ist, verlangt werden; an Stelle der Rückgewähr hat
der Käufer den Werth des Thieres zu vergüten. Das Gleiche gilt in anderen
Fällen, in denen der Käufer in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat,
insbesondere einer Verfügung über das Thier, außer Stande ist, das Thier
zurückzugewähren.
Ist vor der Vollziehung der Wandelung eine unwesentliche
Verschlechterung des Thieres in Folge eines von dem Käufer zu vertretenden
Umstandes eingetreten, so hat der Käufer die Werthminderung zu vergüten.
Nutzungen hat der Käufer nur insoweit zu ersetzen, als er sie gezogen
hat.
§. 488. Der Verkäufer hat im Falle der Wandelung dem Käufer auch die Kosten
der Fütterung und Pflege, die Kosten der thierärztlichen Untersuchung und
Behandlung sowie die Kosten der nothwendig gewordenen Tödtung und Wegschaffung
des Thieres zu ersetzen.
§. 489. Ist über den Anspruch auf Wandelung ein Rechtsstreit anhängig, so
ist auf Antrag der einen oder der anderen Partei die öffentliche Versteigerung
des Thieres und die Hinterlegung des Erlöses durch einstweilige Verfügung
anzuordnen, sobald die Besichtigung des Thieres nicht mehr erforderlich ist.
§. 490. Der Anspruch auf Wandelung sowie der Anspruch auf Schadensersatz
wegen eines Hauptmangels, dessen Nichtvorhandensein der Verkäufer zugesichert
hat, verjährt in sechs Wochen von dem Ende der Gewährfrist an. Im Uebrigen
bleiben die Vorschriften des §. 477 unberührt.
An die Stelle der in den §§. 210, 212, 215 bestimmten Fristen tritt eine Frist von sechs Wochen.
Der Käufer kann auch nach der Verjährung des Anspruchs auf Wandelung die
Zahlung des Kaufpreises verweigern. Die Aufrechnung des Anspruchs auf
Schadensersatz unterliegt nicht der im §. 479 bestimmten
Beschränkung.
§. 491. Der Käufer eines nur der Gattung nach bestimmten Thieres kann
statt der Wandelung verlangen, daß ihm an Stelle des mangelhaften Thieres ein
mangelfreies geliefert wird. Auf diesen Anspruch finden die Vorschriften der
§§. 488 bis 490 entsprechende Anwendung.
§. 492. Uebernimmt der Verkäufer die Gewährleistung wegen eines nicht zu
den Hauptmängeln gehörenden Fehlers oder sichert er eine Eigenschaft des
Thieres zu, so finden die Vorschriften der §§. 487 bis 491 und, wenn eine
Gewährfrist vereinbart wird, auch die Vorschriften der §§. 483 bis 485
entsprechende Anwendung. Die im §. 490 bestimmte Verjährung
beginnt, wenn eine Gewährfrist nicht vereinbart wird, mit der
Ablieferung des Thieres.
§. 493. Die Vorschriften über die Verpflichtung des Verkäufers zur
Gewährleistung wegen Mängel der Sache finden auf andere Verträge, die auf
Veräußerung oder Belastung einer Sache gegen Entgelt gerichtet sind,
entsprechende Anwendung.
III. Besondere Arten des Kaufes
1. Kauf nach Probe. Kauf auf Probe.
§. 494. Bei einem Kaufe nach Probe oder nach Muster sind die
Eigenschaften der Probe oder des Musters als zugesichert anzusehen.
§. 495. Bei einem Kaufe auf Probe oder auf Besicht steht die Billigung
des gekauften Gegenstandes im Belieben des Käufers. Der Kauf ist im Zweifel
unter der aufschiebenden Bedingung der Billigung geschlossen.
Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die Untersuchung des
Gegenstandes zu gestatten.
§. 496. Die Billigung eines auf Probe oder auf Besicht gekauften
Gegenstandes kann nur innerhalb der vereinbarten Frist und in Ermangelung einer
solchen nur bis zum Ablauf einer dem Käufer von dem Verkäufer bestimmten angemessenen Frist erklärt werden. War die Sache
dem Käufer zum Zwecke der Probe oder der Besichtigung übergeben, so gilt sein
Schweigen als Billigung.
2. Wiederkauf.
§. 497. Hat sich der Verkäufer in dem Kaufvertrage das Recht des
Wiederkaufs vorbehalten, so kommt der Wiederkauf mit der Erklärung des
Verkäufers gegenüber dem Käufer, daß er das Wiederkaufsrecht ausübe, zu Stande.
Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form. Der Preis,
zu welchem verkauft worden ist, gilt im Zweifel auch für den Wiederkauf.
§. 498. Der Wiederverkäufer ist verpflichtet, dem Wiederkäufer den
gekauften Gegenstand nebst Zubehör herauszugeben.
Hat der Wiederverkäufer vor der Ausübung des Wiederkaufsrechts eine
Verschlechterung, den Untergang oder eine aus einem anderen Grunde eingetretene
Unmöglichkeit der Herausgabe des gekauften Gegenstandes verschuldet oder den
Gegenstand wesentlich verändert, so ist er für den daraus entstehenden Schaden
verantwortlich. Ist der Gegenstand ohne Verschulden des Wiederverkäufers
verschlechtert oder ist er nur unwesentlich verändert, so kann der Wiederkäufer
Minderung des Kaufpreises nicht verlangen.
§. 499. Hat der Wiederverkäufer vor der Ausübung des Wiederkaufsrechts
über den gekauften Gegenstand verfügt, so ist er verpflichtet, die dadurch
begründeten Rechte Dritter zu beseitigen. Einer Verfügung des Wiederverkäufers
steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.
§. 500. Der Wiederverkäufer kann für Verwendungen, die er auf den
gekauften Gegenstand vor dem Wiederkaufe gemacht hat, insoweit Ersatz
verlangen, als der Werth des Gegenstandes durch die Verwendungen erhöht ist.
Eine Einrichtung, mit der er die herauszugebende Sache versehen hat, kann er
wegnehmen.
§. 501. Ist als Wiederkaufpreis der Schätzungswerth vereinbart, den der
gekaufte Gegenstand zur Zeit des Wiederkaufs hat, so ist der Wiederverkäufer
für eine Verschlechterung, den Untergang oder die aus einem anderen Grunde
eingetretene Unmöglichkeit der Herausgabe des Gegenstandes nicht
verantwortlich, der Wiederkäufer zum Ersatze von Verwendungen nicht
verpflichtet.
§. 502. Steht das Wiederkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich zu, so kann
es nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen
oder übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt,
das Wiederkaufsrecht im Ganzen auszuüben.
§. 503. Das Wiederkaufsrecht kann bei Grundstücken nur bis zum Ablaufe
von dreißig, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablaufe von drei Jahren nach
der Vereinbarung des Vorbehalts ausgeübt werden. Ist für die Ausübung eine
Frist bestimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen Frist.
3. Vorkauf.
§. 504. Wer in Ansehung eines Gegenstandes zum Vorkaufe berechtigt ist,
kann das Vorkaufsrecht ausüben, sobald der Verpflichtete mit einem Dritten
einen Kaufvertrag über den Gegenstand geschlossen hat.
§. 505. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem Verpflichteten. Die Erklärung bedarf nicht der für den
Kaufvertrag bestimmten Form.
Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem
Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zu Stande, welche
der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat.
§. 506. Eine Vereinbarung des Verpflichteten mit dem Dritten, durch welche
der Kauf von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig gemacht oder dem
Verpflichteten für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts der Rücktritt
vorbehalten wird, ist dem Vorkaufsberechtigten gegenüber unwirksam.
§. 507. Hat sich der Dritte in dem Vertrage zu einer Nebenleistung
verpflichtet, die der Vorkaufsberechtigte zu bewirken außer Stande ist, so hat
der Vorkaufsberechtigte statt der Nebenleistung ihren Werth zu entrichten. Läßt
sich die Nebenleistung nicht in Geld schätzen, so ist die Ausübung des
Vorkaufsrechts ausgeschlossen; die Vereinbarung der Nebenleistung kommt jedoch
nicht in Betracht, wenn der Vertrag mit dem Dritten auch ohne sie geschlossen
sein würde.
§. 508. Hat der Dritte den Gegenstand, auf den sich das Vorkaufsrecht
bezieht, mit anderen Gegenständen zu einem Gesammtpreise gekauft, so hat der
Vorkaufsberechtigte einen verhältnißmäßigen Theil des Gesammtpreises zu
entrichten. Der Verpflichtete kann verlangen, daß der Vorkauf auf alle Sachen
erstreckt wird, die nicht ohne Nachtheil für ihn getrennt werden können.
§. 509. Ist dem Dritten in dem Vertrage der Kaufpreis gestundet worden,
so kann der Vorkaufsberechtigte die Stundung nur in Anspruch nehmen, wenn er
für den gestundeten Betrag Sicherheit leistet.
Ist ein Grundstück Gegenstand des Vorkaufs, so bedarf es der
Sicherheitsleistung insoweit nicht, als für den gestundeten Kaufpreis die
Bestellung einer Hypothek an dem Grundstücke vereinbart oder in Anrechnung auf
den Kaufpreis eine Schuld, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht,
übernommen worden ist.
Entsprechendes gilt, wenn ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk
Gegenstand des Vorkaufs ist.
§. 510. Der Verpflichtete hat dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des
mit dem Dritten geschlossenen Vertrags unverzüglich mitzutheilen. Die
Mittheilung des Verpflichteten wird durch die Mittheilung des Dritten ersetzt.
Das Vorkaufsrecht kann bei Grundstücken nur bis zum Ablaufe von zwei
Monaten, bei anderen Gegenständen nur bis zum Ablauf einer Woche nach dem
Empfange der Mittheilung ausgeübt werden. Ist für die Ausübung eine Frist
bestimmt, so tritt diese an die Stelle der gesetzlichen Frist.
§. 511. Das Vorkaufsrecht erstreckt sich im Zweifel nicht auf einen
Verkauf, der mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht an einen gesetzlichen
Erben erfolgt.
§. 512. Das Vorkaufsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Verkauf im Wege
der Zwangsvollstreckung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.
§. 513. Steht das Vorkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es
nur im Ganzen ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder
übt einer von ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das
Vorkaufsrecht im Ganzen auszuüben.
§. 514. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar und geht nicht auf die
Erben des Berechtigten über, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Ist das
Recht auf eine bestimmte Zeit beschränkt, so ist es im Zweifel vererblich.
IV. Tausch
§. 515. Auf den Tausch finden die Vorschriften
über den Kauf entsprechende Anwendung.
Zweiter Titel.
Schenkung.
§. 516. Eine Zuwendung, durch die Jemand aus seinem Vermögen einen
Anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Theile darüber einig sind, daß
die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Ist die Zuwendung ohne den Willen des Anderen erfolgt, so kann ihn der
Zuwendende unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die
Annahme auffordern. Nach dem Ablaufe der Frist gilt die Schenkung als
angenommen, wenn nicht der Andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der
Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.
§. 517. Eine Schenkung liegt nicht vor, wenn Jemand zum Vortheil eines
Anderen einen Vermögenserwerb unterläßt oder auf ein angefallenes, noch nicht
endgültig erworbenes Recht verzichtet oder eine Erbschaft oder ein Vermächtniß
ausschlägt.
§. 518. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung
schenkweise versprochen wird, ist die notarielle Beurkundung des Versprechens
erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder ein
Schuldanerkenntniß der in den §§. 780, 781 bezeichneten Art schenkweise
ertheilt wird, von dem Versprechen oder der Anerkennungserklärung.
Der Mangel der Form wird durch die Bewirkung der versprochenen Leistung
geheilt.
§. 519. Der Schenker ist berechtigt, die Erfüllung eines schenkweise
ertheilten Versprechens zu verweigern, soweit er bei Berücksichtigung seiner
sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, das Versprechen zu erfüllen, ohne
daß sein angemessener Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes
obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird.
Treffen die Ansprüche mehrerer Beschenkten
zusammen, so geht der früher entstandene Anspruch vor.
§. 520. Verspricht der Schenker eine in wiederkehrenden Leistungen
bestehende Unterstützung, so erlischt die Verbindlichkeit mit seinem Tode,
sofern nicht aus dem Versprechen sich ein Anderes ergiebt.
§. 521. Der Schenker hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu
vertreten.
§. 522. Zur Entrichtung von Verzugszinsen ist der Schenker nicht
verpflichtet.
§. 523. Verschweigt der Schenker arglistig einen Mangel im Rechte, so
ist er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus entstehenden Schaden zu
ersetzen.
Hatte der Schenker die Leistung eines Gegenstandes versprochen, den er
erst erwerben sollte, so kann der Beschenkte wegen eines Mangels im Rechte
Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Mangel dem Schenker bei
dem Erwerbe der Sache bekannt gewesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit
unbekannt geblieben ist. Die für die Gewährleistungspflicht des Verkäufers
geltenden Vorschriften des §. 433 Abs. 1, der §§. 434 bis 437, des §. 440 Abs.
2 bis 4 und der §§. 441 bis 444 finden entsprechende Anwendung.
§. 524. Verschweigt der Schenker arglistig
einen Fehler der verschenkten Sache, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten
den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hatte der Schenker die Leistung einer nur der Gattung nach bestimmten
Sache versprochen, die er erst erwerben sollte, so kann der Beschenkte, wenn
die geleistete Sache fehlerhaft und der Mangel dem Schenker bei dem Erwerbe der
Sache bekannt gewesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben
ist, verlangen, daß ihm an Stelle der fehlerhaften Sache eine fehlerfreie
geliefert wird. Hat der Schenker den Fehler arglistig verschwiegen, so kann der
Beschenkte statt der Lieferung einer fehlerfreien Sache Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen. Auf diese Ansprüche finden
die für die Gewährleistung wegen Fehler einer verkauften Sache geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
§. 525. Wer eine Schenkung unter einer Auflage macht, kann die
Vollziehung der Auflage verlangen, wenn er seinerseits geleistet hat.
Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse, so kann
nach dem Tode des Schenkers auch die zuständige Behörde die Vollziehung
verlangen.
§. 526. Soweit in Folge eines Mangels im Rechte oder eines Mangels der
verschenkten Sache der Werth der Zuwendung die Höhe der zur Vollziehung der
Auflage erforderlichen Aufwendungen nicht erreicht, ist der Beschenkte
berechtigt, die Vollziehung der Auflage zu verweigern, bis der durch den Mangel
entstandene Fehlbetrag ausgeglichen wird. Vollzieht der Beschenkte die Auflage
ohne Kenntniß des Mangels, so kann er von dem Schenker Ersatz der durch die
Vollziehung verursachten Aufwendungen insoweit verlangen, als sie in Folge des
Mangels den Werth der Zuwendung übersteigen.
§. 527. Unterbleibt die Vollziehung der Auflage, so kann der Schenker
die Herausgabe des Geschenkes unter den für das Rücktrittsrecht bei
gegenseitigen Verträgen bestimmten Voraussetzungen nach den Vorschriften über
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung insoweit fordern, als das
Geschenk zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter berechtigt ist, die
Vollziehung der Auflage zu verlangen.
§. 528. Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außer
Stande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen
Verwandten, seinem Ehegatten oder seinem früheren Ehegatten gegenüber
gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem
Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann die
Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden.
Auf die Verpflichtung des Beschenkten finden die Vorschriften des §. 760 sowie
die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des §. 1613
und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschriften des §. 1615
entsprechende Anwendung.
Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit,
als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.
§. 529. Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen,
wenn der Schenker seine Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe
Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner
Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre
verstrichen sind.
Das Gleiche gilt, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner
sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne
daß sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes
obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird.
§. 530. Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte
durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen
des Schenkers groben Undankes schuldig macht.
Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der
Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getödtet oder am
Widerrufe gehindert hat.
§. 531. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten.
Ist die Schenkung widerrufen, so kann die Herausgabe des Geschenkes nach
den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
gefordert werden.
§. 532. Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn der Schenker dem
Beschenkten verziehen hat oder wenn seit dem Zeitpunkt, in welchem der
Widerrufsberechtigte von dem Eintritte der Voraussetzungen seines Rechtes
Kenntniß erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist. Nach dem Tode des Beschenkten
ist der Widerruf nicht mehr zulässig.
§. 533. Auf das Widerrufsrecht kann erst verzichtet werden, wenn der
Undank dem Widerrufsberechtigten bekannt geworden ist.
§. 534. Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf
den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, unterliegen nicht der
Rückforderung und dem Widerrufe.
Dritter Titel.
Miethe. Pacht.
I. Miethe
§. 535. Durch den Miethvertrag wird der Vermiether verpflichtet, dem
Miether den Gebrauch der vermietheten Sache während der Miethzeit zu gewähren.
Der Miether ist verpflichtet, dem Vermiether den vereinbarten Miethzins zu
entrichten.
§. 536. Der Vermiether hat die vermiethete Sache dem Miether in einem zu
dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande zu überlassen und sie während
der Miethzeit in diesem Zustande zu erhalten.
§. 537. Ist die vermiethete Sache zur Zeit der Ueberlassung an den
Miether mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen
Gebrauch aufhebt oder mindert, oder entsteht im Laufe der Miethe ein solcher
Fehler, so ist der Miether für die Zeit, während deren die Tauglichkeit
aufgehoben ist, von der Entrichtung des Miethzinses befreit, für die Zeit,
während deren die Tauglichkeit gemindert ist, nur zur Entrichtung eines nach
den §§. 472, 473 zu bemessenden Theiles des Miethzinses verpflichtet. Eine unerhebliche
Minderung der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht.
Absatz 1 Satz 1 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder
später wegfällt. Bei der Vermiethung eines Grundstücks steht die Zusicherung
einer bestimmten Größe der Zusicherung einer Eigenschaft gleich.
Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters
abweichende Vereinbarung unwirksam.
§. 538. Ist ein Mangel der im § 537 bezeichneten Art bei dem Abschluß
des Vertrages vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später infolge eines
Umstandes, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der
Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der im §
537 bestimmten Rechte Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
Im Falle des Verzugs des Vermiethers kann der Miether den Mangel selbst
beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.
§. 539. Kennt der Miether bei dem Abschlusse des Vertrags den Mangel der
gemietheten Sache, so stehen ihm die in den §§. 537, 538 bestimmten Rechte
nicht zu. Ist dem Miether ein Mangel der im §. 537 Abs. 1 bezeichneten Art in
Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben oder nimmt er eine mangelhafte
Sache an, obschon er den Mangel kennt, so kann er diese Rechte nur unter den
Voraussetzungen geltend machen, unter welchen dem Käufer einer mangelhaften
Sache nach den §§. 460, 464 Gewähr zu leisten ist.
§. 540. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des
Vermiethers zur Vertretung von Mängeln der vermietheten Sache erlassen oder
beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Vermiether den Mangel arglistig
verschweigt.
§. 541. Wird durch das Recht eines Dritten dem Miether der
vertragsmäßige Gebrauch der gemietheten Sache ganz oder zum Theil entzogen, so
finden die Vorschriften der §§. 537, 538, des §. 539 Satz 1 und des §. 540 entsprechende Anwendung.
§. 541a. Der Mieter von Räumen hat Einwirkungen auf die Mietsache zu
dulden, die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind.
Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Teile des
Gebäudes hat der Mieter zu dulden, soweit ihm dies zugemutet werden kann.
Aufwendungen, die der Mieter infolge dieser Maßnahmen machen mußte, hat der
Vermieter ihm in einem den Umständen nach angemessenen Umfange zu ersetzen; auf
Verlangen hat der Vermieter Vorschuß zu leisten.
§. 542. Wird dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch der gemietheten
Sache ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig gewährt oder wiederentzogen, so
kann der Miether ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Miethverhältniß
kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Vermiether eine ihm von dem
Miether bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhülfe zu
schaffen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Erfüllung des
Vertrags in Folge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Miether
kein Interesse hat.
Wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs ist
die Kündigung nur zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des
Miethers gerechtfertigt wird.
Bestreitet der Vermiether die Zulässigkeit der erfolgten Kündigung, weil
er den Gebrauch der Sache rechtzeitig gewährt oder vor dem Ablaufe der Frist
die Abhülfe bewirkt habe, so trifft ihn die Beweislast.
§. 543. Auf das dem Miether nach §. 542 zustehende Kündigungsrecht
finden die Vorschriften der §§. 539 bis 541 sowie die für die Wandelung bei dem
Kaufe geltenden Vorschriften der §§. 469 bis 471 entsprechende Anwendung. Bei
einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine Vereinbarung, durch die das
Kündigungsrecht ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, unwirksam.
§. 544. Ist eine Wohnung oder ein anderer zum Aufenthalte von Menschen
bestimmter Raum so beschaffen, daß die Benutzung mit einer erheblichen
Gefährdung der Gesundheit verbunden ist, so kann der Miether das
Miethverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, auch wenn er
die gefahrbringende Beschaffenheit bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt oder
auf die Geltendmachung der ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte
verzichtet hat.
§. 545. Zeigt sich im Laufe der Miethe ein Mangel der gemietheten Sache
oder wird eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene
Gefahr erforderlich, so hat der Miether dem Vermiether unverzüglich Anzeige zu
machen. Das Gleiche gilt, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt.
Unterläßt der Miether die Anzeige, so ist er zum Ersatze des daraus
entstehenden Schadens verpflichtet; er ist, soweit der Vermiether in Folge der
Unterlassung der Anzeige Abhülfe zu schaffen außer Stande war, nicht
berechtigt, die im §. 537 bestimmten Rechte geltend zu machen oder nach §. 542
Abs. 1 Satz 3 ohne Bestimmung einer Frist zu kündigen oder Schadensersatz wegen
Nichterfüllung zu verlangen.
§. 546. Die auf der vermietheten Sache ruhenden Lasten hat der
Vermiether zu tragen.
§. 547. Der Vermiether ist verpflichtet, dem Miether die auf die Sache
gemachten nothwendigen Verwendungen zu ersetzen. Der Miether eines Thieres hat
jedoch die Fütterungskosten zu tragen.
Die Verpflichtung des Vermiethers zum Ersatze sonstiger Verwendungen
bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
§. 547a. Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache
versehen hat, wegzunehmen.
Der Vermieter von Räumen kann die Ausübung des Wegnahmerechts des
Mieters durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, es sei denn,
daß der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat.
Eine Vereinbarung, durch die das Wegnahmerecht des Mieters von Wohnraum
ausgeschlossen wird, ist nur wirksam, wenn ein angemessener Ausgleich
vorgesehen ist.
§. 548. Veränderungen oder Verschlechterungen der gemietheten Sache, die
durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Miether nicht
zu vertreten.
§. 549. Der Miether ist ohne die Erlaubniß des Vermiethers nicht
berechtigt, den Gebrauch der gemietheten Sache einem Dritten zu überlassen,
insbesondere die Sache weiter zu vermiethen. Verweigert der Vermiether die
Erlaubniß, so kann der Miether das Miethverhältniß unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein
wichtiger Grund vorliegt.
Entsteht für den Mieter von Wohnraum nach dem Abschluß des Mietvertrages
ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch
zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen;
dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt,
der Wohnraum übermäßig belegt würde oder sonst dem Vermieter die Überlassung
nicht zugemutet werden kann. Ist dem Vermieter die Überlassung nur bei einer
angemessenen Erhöhung des Mietzinses zuzumuten, so kann er die Erlaubnis davon
abhängig machen, daß der Mieter sich mit einer solchen Erhöhung einverstanden
erklärt. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Ueberläßt der Miether den Gebrauch einem Dritten, so hat er ein dem
Dritten bei dem Gebrauche zur Last fallendes Verschulden zu vertreten, auch wenn
der Vermiether die Erlaubniß zur Ueberlassung ertheilt hat.
§. 550. Macht der Miether von der gemietheten Sache einen
vertragswidrigen Gebrauch und setzt er den Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung
des Vermiethers fort, so kann der Vermiether auf Unterlassung klagen.
§. 550a. Eine Vereinbarung, durch die sich der Vermieter von Wohnraum
eine Vertragsstrafe vom Mieter versprechen läßt, ist unwirksam.
§. 551. Der Miethzins ist am Ende der Miethzeit zu entrichten. Ist der
Miethzins nach Zeitabschnitten bemessen, so ist er nach dem Ablaufe der
einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
Der Miethzins für ein Grundstück ist, sofern er nicht nach kürzeren
Zeitabschnitten bemessen ist, nach dem Ablaufe je eines Kalendervierteljahrs am
ersten Werktage des folgenden Monats zu entrichten.
§. 552. Der Miether wird von der Entrichtung des Miethzinses nicht
dadurch befreit, daß er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der
Ausübung des ihm zustehenden Gebrauchsrechts verhindert wird. Der Vermiether
muß sich jedoch den Werth der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vortheile
anrechnen lassen, welche er aus einer anderweitigen Verwerthung des Gebrauchs
erlangt. Solange der Vermiether in Folge der Ueberlassung des Gebrauchs an
einen Dritten außer Stande ist, dem Miether den Gebrauch zu gewähren, ist der
Miether zur Entrichtung des Miethzinses nicht verpflichtet.
§. 552a. Der Mieter von Wohnraum kann entgegen einer vertraglichen
Bestimmung gegen eine Mietzinsforderung mit einer Forderung auf Grund des § 538
aufrechnen oder wegen einer solchen Forderung ein Zurückbehaltungsrecht
ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der
Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat.
§. 553. Der Vermiether kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das
Miethverhältniß kündigen, wenn der Miether oder derjenige, welchem der Miether
den Gebrauch der gemietheten Sache überlassen hat, ungeachtet einer Abmahnung
des Vermiethers einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die
Rechte des Vermiethers in erheblichem Maße verletzt, insbesondere einem Dritten
den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt, oder die Sache durch
Vernachlässigung der dem Miether obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet.
§. 554. Der Vermieter kann das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist kündigen, wenn der Mieter
1. für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des
Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses im Verzug ist,
oder
2. in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit
der Entrichtung des Mietzinses in Höhe eines Betrages in Verzug gekommen ist,
der den Mietzins für zwei Monate erreicht.
Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt
wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch
Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung
erklärt.
Ist Wohnraum vermietet, so gelten ergänzend die folgenden Vorschriften:
1. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 ist der rückständige Teil des
Mietzinses nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er den Mietzins für
einen Monat übersteigt; dies gilt jedoch nicht, wenn der Wohnraum zu nur
vorübergehendem Gebrauch vermietet ist.
2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn bis zum Ablauf eines
Monats nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich
des fälligen Mietzinses und der fälligen Entschädigung nach § 557 Abs. 1 Satz 1
der Vermieter befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zur
Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger
als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksame Kündigung vorausgegangen
ist.
3. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
§. 554a. Ein Mietverhältnis über Räume kann ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein Vertragsteil schuldhaft in solchem
Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbesondere den Hausfrieden so nachhaltig
stört, daß dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht
zugemutet werden kann. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam.
§. 554b. Eine Vereinbarung, nach welcher der Vermieter von Wohnraum zur
Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus anderen als den im Gesetz
genannten Gründen berechtigt sein soll, ist unwirksam.
§. 555. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, Bundesgesetzblatt I 1964, S. 457, Nr. 35, ausgegeben am 17. 07. 1964, in Kraft seit 01. 08. 1964.
§. 556. Der Miether ist verpflichtet, die gemiethete Sache nach der
Beendigung des Miethverhältnisses zurückzugeben.
Dem Miether eines Grundstücks steht wegen seiner Ansprüche gegen den
Vermiether ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu.
Hat der Miether den Gebrauch der Sache einem Dritten überlassen, so kann
der Vermiether die Sache nach der Beendigung des Miethverhältnisses auch von
dem Dritten zurückfordern.
§. 556a. Der Mieter kann der Kündigung eines Mietverhältnisses über
Wohnraum widersprechen und vom Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses
verlangen, wenn die vertragsmäßige Beendigung des Mietverhältnisses für den
Mieter oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung
der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Eine
Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren
Bedingungen nicht beschafft werden kann. Bei der Würdigung der berechtigten
Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 564a
Abs. 1 Satz 2 angegebenen Gründe berücksichtigt, soweit nicht die Gründe
nachträglich entstanden sind.
Im Falle des Absatzes 1 kann der Mieter verlangen, daß das
Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller
Umstände angemessen ist. Ist dem Vermieter nicht zuzumuten, das Mietverhältnis
nach den bisher geltenden Vertragsbedingungen fortzusetzen, so kann der Mieter
nur verlangen, daß es unter einer angemessenen Änderung der Bedingungen
fortgesetzt wird.
Kommt keine Einigung zustande, so wird über eine Fortsetzung des
Mietverhältnisses und über deren Dauer sowie über die Bedingungen, nach denen
es fortgesetzt wird, durch Urteil Bestimmung getroffen. Ist ungewiß, wann
voraussichtlich die Umstände wegfallen, auf Grund deren die Beendigung des
Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeutet, so
kann bestimmt werden, daß das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt
wird.
Der Mieter kann eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht verlangen,
1. wenn er das Mietverhältnis gekündigt hat;
2. wenn ein Grund vorliegt, aus dem der Vermieter zur Kündigung ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist;
Die Erklärung des Mieters, mit der er der Kündigung widerspricht und die
Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, bedarf der schriftlichen Form.
Verlangen des Vermieters soll der Mieter über die Gründe des
Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen.
Der Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, wenn
der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des
Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat. Hat der Vermieter nicht
rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist den in § 564a Abs. 2 bezeichneten Hinweis erteilt, so kann der Mieter den Widerspruch noch im
ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären.
Eine entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam.
Diese Vorschriften gelten nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem
Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse der in § 565 Abs. 3 genannten
Art.
§. 556b. Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit
eingegangen, so kann der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses
verlangen, wenn sie auf Grund des § 556a im Falle einer Kündigung verlangt
werden könnte. Im übrigen gilt § 556a sinngemäß.
Hat der Mieter die Umstände, welche das Interesse des Vermieters an der
fristgemäßen Rückgabe des Wohnraums begründen, bei Abschluß des Mietvertrages
gekannt, so sind zugunsten des Mieters nur Umstände zu berücksichtigen, die
nachträglich eingetreten sind.
§. 556c. Ist auf Grund der §§ 556a, 556b durch Einigung oder Urteil
bestimmt worden, daß das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit fortgesetzt wird, so
kann der Mieter dessen weitere Fortsetzung nach diesen Vorschriften nur
verlangen, wenn dies durch eine wesentliche Änderung der Umstände gerechtfertigt
ist oder wenn Umstände nicht eingetreten sind, deren vorgesehener Eintritt für
die Zeitdauer der Fortsetzung bestimmend gewesen war.
Kündigt der Vermieter ein Mietverhältnis, dessen Fortsetzung auf
unbestimmte Zeit durch Urteil bestimmt worden ist, so kann der Mieter der
Kündigung widersprechen und vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis auf
unbestimmte Zeit fortzusetzen. Haben sich Umstände, die für die Fortsetzung
bestimmend gewesen waren, verändert, so kann der Mieter eine Fortsetzung des
Mietverhältnisses nur nach § 556a verlangen; unerhebliche Veränderungen bleiben
außer Betracht.
§. 557. Gibt der Mieter die gemietete Sache nach der Beendigung des
Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung
als Entschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen; bei einem Mietverhältnis
über Räume kann er anstelle dessen als Entschädigung den Mietzins verlangen,
der für vergleichbare Räume ortsüblich ist. Die Geltendmachung eines weiteren
Schadens ist nicht ausgeschlossen.
Der Vermieter von Wohnraum kann jedoch einen weiteren Schaden nur
geltend machen, wenn die Rückgabe infolge von Umständen unterblieben ist, die
der Mieter zu vertreten hat; der Schaden ist nur insoweit zu ersetzen, als den
Umständen nach die Billigkeit eine Schadloshaltung erfordert. Dies gilt nicht,
wenn der Mieter gekündigt hat.
Wird dem Mieter von Wohnraum nach § 721 oder § 794a der
Zivilprozeßordnung eine Räumungsfrist gewährt, so ist er für die Zeit von der
Beendigung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Räumungsfrist zum Ersatz
eines weiteren Schadens nicht verpflichtet.
Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 2 oder
3 abweicht, ist unwirksam.
§. 557a. Ist der Mietzins für eine Zeit nach der Beendigung des
Mietverhältnisses im voraus entrichtet, so hat ihn der
Vermieter nach Maßgabe des § 347 oder, wenn die Beendigung wegen eines
Umstandes erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.
Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters
abweichende Vereinbarung unwirksam.
§. 558. Die Ersatzansprüche des Vermiethers wegen Veränderungen oder
Verschlechterungen der vermietheten Sache sowie die Ansprüche des Miethers auf
Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung
verjähren in sechs Monaten.
Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermiethers beginnt mit dem
Zeitpunkt, in welchem er die Sache zurückerhält, die Verjährung der Ansprüche
des Miethers beginnt mit der Beendigung des Miethverhältnisses.
Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermiethers auf Rückgabe der Sache
verjähren auch die Ersatzansprüche des Vermiethers.
§. 559. Der Vermiether eines Grundstücks hat für seine Forderungen aus
dem Miethverhältniß ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Miethers.
Für künftige Entschädigungsforderungen und für den Miethzins für eine spätere
Zeit als das laufende und das folgende Miethjahr kann das Pfandrecht nicht geltend
gemacht werden. Es erstreckt sich nicht auf die der Pfändung nicht
unterworfenen Sachen.
§. 560. Das Pfandrecht des Vermiethers erlischt mit der Entfernung der
Sachen von dem Grundstück, es sei denn, daß die Entfernung ohne Wissen oder
unter Widerspruch des Vermiethers erfolgt. Der Vermiether kann der Entfernung
nicht widersprechen, wenn sie im regelmäßigen Betriebe des Geschäfts des
Miethers oder den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entsprechend erfolgt oder
wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermiethers offenbar
ausreichen.
§. 561. Der Vermiether darf die Entfernung der seinem Pfandrecht
unterliegenden Sachen, soweit er ihr zu widersprechen berechtigt ist, auch ohne
Anrufen des Gerichts verhindern und, wenn der Miether auszieht, die Sachen in
seinen Besitz nehmen.
Sind die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermiethers
entfernt worden, so kann er die Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung in
das Grundstück und, wenn der Miether ausgezogen ist, die Ueberlassung des Besitzes
verlangen. Das Pfandrecht erlischt mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der
Vermiether von der Entfernung der Sachen Kenntniß erlangt hat, wenn nicht der
Vermiether diesen Anspruch vorher gerichtlich geltend gemacht hat.
§. 562. Der Miether kann die Geltendmachung des Pfandrechts des
Vermiethers durch Sicherheitsleistung abwenden; er kann jede einzelne Sache
dadurch von dem Pfandrechte befreien, daß er in Höhe ihres Werthes Sicherheit
leistet.
§. 563. Wird eine dem Pfandrechte des Vermiethers unterliegende Sache
für einen anderen Gläubiger gepfändet, so kann diesem gegenüber das Pfandrecht
nicht wegen des Miethzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der
Pfändung geltend gemacht werden.
§. 564. Das Miethverhältniß endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für die es
eingegangen ist.
Ist die Miethzeit nicht bestimmt, so kann jeder Theil das
Miethverhältniß nach den Vorschriften des §. 565 kündigen.
§. 564a. Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum bedarf der
schriftlichen Form. In dem Kündigungsschreiben sollen die Gründe der Kündigung
angegeben werden.
Der Vermieter von Wohnraum soll den Mieter auf die Möglichkeit des
Widerspruchs nach § 556a sowie auf die Form und die Frist des Widerspruchs
rechtzeitig hinweisen.
Diese Vorschriften gelten nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem
Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse der in § 565 Abs. 3 genannten
Art.
§. 564b. Ein Mietverhältnis über Wohnraum kann der Vermieter
vorbehaltlich der Regelung in Absatz 4 nur kündigen, wenn er ein berechtigtes
Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat.
Als ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des
Mietverhältnisses ist es insbesondere anzusehen, wenn
1. der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich
verletzt hat;
2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand
gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt. Ist an den
vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum
begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich der Erwerber
auf berechtigte Interessen im Sinne des Satzes 1 nicht vor Ablauf von drei
Jahren seit der Veräußerung an ihn berufen;
3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer
angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch
erhebliche Nachteile erleiden würde. Die Möglichkeit, im Falle einer
anderweitigen Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt
dabei außer Betracht. Der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, daß er
die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder
nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum
veräußern will.
Als berechtigte Interessen des Vermieters werden nur die Gründe
berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit sie nicht
nachträglich entstanden sind.
Bei einem Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst
bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter das
Mietverhältnis kündigen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht
vorliegen. Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.
Dies gilt entsprechend für Mietverhältnisse über Wohnraum innerhalb der vom
Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach Absatz 7 von
der Anwendung dieser Vorschriften ausgenommen ist. In dem Kündigungsschreiben
ist anzugeben, daß die Kündigung nicht auf die Voraussetzungen des Absatzes 1
gestützt wird.
Weitergehende Schutzrechte des Mieters bleiben unberührt.
Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Diese Vorschriften gelten nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem
Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse über Wohnraum, der Teil der
vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder
überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum
nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist.
§. 565. Bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, Räume oder im
Schiffsregister eingetragene Schiffe ist die Kündigung zulässig,
1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den
Ablauf des folgenden Tages;
2. wenn der Mietzins nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten
Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends;
3. wenn der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen
ist, spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des
übernächsten Monats, bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume, gewerblich
genutzte unbebaute Grundstücke oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe
jedoch nur für den Ablauf eines Kalendervierteljahres.
Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist die Kündigung spätestens am
dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats
zulässig. Nach fünf, acht und zehn Jahren seit der Überlassung des Wohnraums
verlängert sich die Kündigungsfrist um jeweils drei Monate. Eine Vereinbarung,
nach welcher der Vermieter zur Kündigung unter Einhaltung einer kürzeren Frist
berechtigt sein soll, ist nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem
Gebrauch vermietet ist. Eine Vereinbarung, nach der die Kündigung nur für den
Schluß bestimmter Kalendermonate zulässig sein soll, ist unwirksam.
Ist Wohnraum, den der Vermieter ganz oder überwiegend mit
Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, Teil der vom Vermieter selbst
bewohnten Wohnung, jedoch nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie
überlassen, so ist die Kündigung zulässig,
1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den
Ablauf des folgenden Tages,
2. wenn der Mietzins nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten
Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends,
3. wenn der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen
ist, spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den Ablauf dieses Monats.
Bei einem Mietverhältnis über bewegliche Sachen ist die Kündigung
zulässig,
1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den
Ablauf des folgenden Tages,
2. wenn der Mietzins nach längeren Zeitabschnitten bemessen ist,
spätestens am dritten Tag vor dem Tag, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis
endigen soll.
Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Nr. 3, Absatz 4 Nr. 2 sind
auch anzuwenden, wenn ein Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen
Frist vorzeitig gekündigt werden kann.
§. 565a. Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit
eingegangen und ist vereinbart, daß es sich mangels Kündigung verlängert, so
tritt die Verlängerung ein, wenn es nicht nach den Vorschriften des § 565
gekündigt wird.
Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum unter einer auflösenden Bedingung
geschlossen, so gilt es nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit
verlängert. Kündigt der Vermieter nach Eintritt der Bedingung und verlangt der
Mieter auf Grund des § 556a die Fortsetzung des Mietverhältnisses, so sind zu
seinen Gunsten nur Umstände zu berücksichtigen, die nach Abschluß des
Mietvertrages eingetreten sind.
Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist nur wirksam,
wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist oder es sich um
ein Mietverhältnis der in § 565 Abs. 3 genannten Art handelt.
§. 565b. Ist Wohnraum mit Rücksicht auf das Bestehen eines
Dienstverhältnisses vermietet, so gelten die besonderen Vorschriften der §§
565c und 565d.
§. 565c. Ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so ist
nach Beendigung des Dienstverhältnisses eine Kündigung des Vermieters zulässig
1. spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des
nächsten Monats, wenn der Wohnraum weniger als zehn Jahre überlassen war und
für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten dringend benötigt wird;
2. spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf
dieses Monats, wenn das Dienstverhältnis seiner Art nach die Überlassung des
Wohnraums, der in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Stätte der
Dienstleistung steht, erfordert hat und der Wohnraum aus dem gleichen Grunde
für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten benötigt wird.
Im übrigen bleibt § 565 unberührt.
§. 565d. Bei Anwendung der §§ 556a, 556b sind auch die Belange des
Dienstberechtigten zu berücksichtigen.
Hat der Vermieter nach § 565c Satz 1 Nr. 1 gekündigt, so gilt § 556a mit
der Maßgabe, daß der Vermieter die Einwilligung zur Fortsetzung des
Mietverhältnisses verweigern kann, wenn der Mieter den Widerspruch nicht
spätestens einen Monat vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat.
Die §§ 556a, 556b gelten nicht, wenn
1. der Vermieter nach § 565c Satz 1 Nr. 2 gekündigt hat;
2. der Mieter das Dienstverhältnis gelöst hat, ohne daß ihm von dem
Dienstberechtigten gesetzlich begründeter Anlaß gegeben war, oder der Mieter
durch sein Verhalten dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeten Anlaß zur
Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat.
§. 565e. Ist Wohnraum im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen, so
gelten für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums
die Vorschriften über die Miete entsprechend, wenn der zur Dienstleistung
Verpflichtete den Wohnraum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen
ausgestattet hat oder in dem Wohnraum mit seiner Familie einen eigenen
Hausstand führt.
§. 566. Ein Miethvertrag über ein Grundstück, der für längere Zeit als
ein Jahr geschlossen wird, bedarf der schriftlichen Form. Wird die Form nicht
beobachtet, so gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen; die Kündigung
ist jedoch nicht für eine frühere Zeit als für den Schluß des ersten Jahres
zulässig.
§. 567. Wird ein Miethvertrag für eine längere Zeit als dreißig Jahre
geschlossen, so kann nach dreißig Jahren jeder Theil das Miethverhältniß unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist unzulässig, wenn
der Vertrag für die Lebenszeit des Vermiethers oder des Miethers geschlossen
ist.
§. 568. Wird nach dem Ablaufe der Miethzeit der Gebrauch der Sache von
dem Miether fortgesetzt, so gilt das Miethverhältniß als auf unbestimmte Zeit
verlängert, sofern nicht der Vermiether oder der Miether seinen
entgegenstehenden Willen binnen einer Frist von zwei Wochen dem anderen Theile
gegenüber erklärt. Die Frist beginnt für den Miether mit der Fortsetzung des
Gebrauchs, für den Vermiether mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der
Fortsetzung Kenntniß erlangt.
§. 569. Stirbt der Miether, so ist sowohl der Erbe als der Vermiether
berechtigt, das Miethverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen.
Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig
ist.
Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten nicht, wenn die Voraussetzungen
für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 569a oder 569b gegeben
sind.
§. 569a. In ein Mietverhältnis über Wohnraum, in dem der Mieter mit
seinem Ehegatten den gemeinsamen Hausstand führt, tritt mit dem Tode des
Mieters der Ehegatte ein. Erklärt der Ehegatte binnen eines Monats, nachdem er
von dem Tode des Mieters Kenntnis erlangt hat, dem Vermieter gegenüber, daß er
das Mietverhältnis nicht fortsetzen will, so gilt sein
Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt; § 206 gilt entsprechend.
Wird in dem Wohnraum ein gemeinsamer Hausstand mit einem oder mehreren
anderen Familienangehörigen geführt, so treten diese mit dem Tode des Mieters
in das Mietverhältnis ein. Das gleiche gilt, wenn der Mieter einen gemeinsamen
Hausstand mit seinem Ehegatten und einem oder mehreren anderen
Familienangehörigen geführt hat und der Ehegatte in das Mietverhältnis nicht
eintritt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechen; bei mehreren Familienangehörigen
kann jeder die Erklärung für sich abgeben. Sind mehrere Familienangehörige in
das Mietverhältnis eingetreten, so können sie die Rechte aus dem Mietverhältnis
nur gemeinsam ausüben. Für die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis haften
sie als Gesamtschuldner.
Der Ehegatte oder die Familienangehörigen haften, wenn sie in das
Mietverhältnis eingetreten sind, neben dem Erben für die bis zum Tode des
Mieters entstandenen Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner; im Verhältnis zu
dem Ehegatten oder den Familienangehörigen haftet der Erbe allein.
Hat der Mieter den Mietzins für einen nach seinem Tode liegenden
Zeitraum im voraus entrichtet und treten sein Ehegatte oder Familienangehörige
in das Mietverhältnis ein, so sind sie verpflichtet, dem Erben dasjenige
herauszugeben, was sie infolge der Vorausentrichtung des Mietzinses ersparen
oder erlangen.
Der Vermieter kann das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen
Frist kündigen, wenn in der Person des Ehegatten oder Familienangehörigen, der
in das Mietverhältnis eingetreten ist, ein wichtiger Grund vorliegt; die
Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. §
556a ist entsprechend anzuwenden.
Treten in ein Mietverhältnis über Wohnraum der Ehegatte oder andere
Familienangehörige nicht ein, so wird es mit dem Erben fortgesetzt. Sowohl der
Erbe als der Vermieter sind berechtigt, das
Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen; die
Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.
Eine von den Absätzen 1, 2 oder 5 abweichende Vereinbarung ist
unwirksam.
§. 569b. Ein Mietverhältnis über Wohnraum, den Eheleute gemeinschaftlich
gemietet haben und in dem sie den gemeinsamen Hausstand führen, wird beim Tode
eines Ehegatten mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt. § 569a Abs. 3, 4
gilt entsprechend. Der überlebende Ehegatte kann das Mietverhältnis unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen; die Kündigung kann nur für den
ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.
§. 570. Militärpersonen, Beamte, Geistliche und Lehrer an öffentlichen
Unterrichtsanstalten können im Falle der Versetzung nach einem anderen Orte das
Miethverhältniß in Ansehung der Räume, welche sie für sich oder ihre Familie an
dem bisherigen Garnison- oder Wohnorte gemiethet haben, unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin
erfolgen, für den sie zulässig ist.
§. 570a. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum gelten, wenn der
Wohnraum an den Mieter überlassen ist, für ein vereinbartes Rücktrittsrecht die
Vorschriften dieses Titels über die Kündigung und ihre Folgen entsprechend.
§. 571. Wird das vermiethete Grundstück nach der Ueberlassung an den
Miether von dem Vermiether an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber an
Stelle des Vermiethers in die sich während der Dauer seines Eigenthums aus dem
Miethverhältniß ergebenden Rechte und Verpflichtungen ein.
Erfüllt der Erwerber die Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermiether
für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die
Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Miether von dem Uebergange
des Eigenthums durch Mittheilung des Vermiethers Kenntniß, so wird der
Vermiether von der Haftung befreit, wenn nicht der Miether das Miethverhältniß
für den ersten Termin kündigt, für den die Kündigung zulässig ist.
§. 572. Hat der Miether des veräußerten Grundstücks dem Vermiether für
die Erfüllung seiner Verpflichtungen Sicherheit geleistet, so tritt der
Erwerber in die dadurch begründeten Rechte ein. Zur Rückgewähr der Sicherheit
ist er nur verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt wird oder wenn er dem
Vermiether gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernimmt.
§. 573. Hat der Vermieter vor dem Übergang des Eigentums über den
Mietzins, der auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfällt, verfügt, so
ist die Verfügung insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins für den zur
Zeit des Übergangs des Eigentums laufenden Kalendermonat bezieht; geht das
Eigentum nach dem fünfzehnten Tage des Monats über, so ist die Verfügung auch
insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins für den folgenden Kalendermonat
bezieht. Eine Verfügung über den Miethzins für eine spätere Zeit muß der
Erwerber gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur Zeit des Ueberganges des
Eigenthums kennt.
§. 574. Ein Rechtsgeschäft, das zwischen dem Mieter und dem Vermieter in
Ansehung der Mietzinsforderung vorgenommen wird, insbesondere die Entrichtung
des Mietzinses, ist dem Erwerber gegenüber wirksam, soweit es sich nicht auf
den Mietzins für eine spätere Zeit als den Kalendermonat bezieht, in welchem
der Mieter von dem Übergang des Eigentums Kenntnis erlangt; erlangt der Mieter die
Kenntnis nach dem fünfzehnten Tage des Monats, so ist das Rechtsgeschäft auch
insoweit wirksam, als es sich auf den Mietzins für den folgenden Kalendermonat
bezieht. Ein Rechtsgeschäft, das nach dem Uebergange des Eigenthums vorgenommen
wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Miether bei der Vornahme des
Rechtsgeschäfts von dem Uebergange des Eigenthums Kenntniß hat.
§. 575. Soweit die Entrichtung des Miethzinses an den Vermiether nach §.
574 dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann der Miether gegen die Miethzinsforderung
des Erwerbers eine ihm gegen den Vermiether zustehende Forderung aufrechnen.
Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Miether die Gegenforderung
erworben hat, nachdem er von dem Uebergange des Eigenthums Kenntniß erlangt
hat, oder wenn die Gegenforderung erst nach der Erlangung der Kenntniß und
später als der Miethzins fällig geworden ist.
§. 576. Zeigt der Vermiether dem Miether an, daß er das Eigenthum an dem
vermietheten Grundstück auf einen Dritten übertragen habe, so muß er in Ansehung
der Miethzinsforderung die angezeigte Uebertragung dem Miether gegenüber gegen
sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist.
Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen zurückgenommen werden,
welcher als der neue Eigenthümer bezeichnet worden ist.
§. 577. Wird das vermiethete Grundstück nach der Ueberlassung an den
Miether von dem Vermiether mit dem Rechte eines Dritten belastet, so finden die
Vorschriften der §§. 571 bis 576 entsprechende Anwendung, wenn durch die
Ausübung des Rechtes dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch entzogen wird. Hat
die Ausübung des Rechtes nur eine Beschränkung des Miethers in dem
vertragsmäßigen Gebrauche zur Folge, so ist der Dritte dem Miether gegenüber
verpflichtet, die Ausübung zu unterlassen, soweit sie den vertragsmäßigen
Gebrauch beeinträchtigen würde.
§. 578. Hat vor der Ueberlassung des vermietheten Grundstücks an den
Miether der Vermiether das Grundstück an einen Dritten veräußert oder mit einem
Rechte belastet, durch dessen Ausübung der vertragsmäßige Gebrauch dem Miether
entzogen oder beschränkt wird, so gilt das Gleiche wie in den Fällen des §. 571
Abs. 1 und des §. 577, wenn der Erwerber dem Vermiether gegenüber die Erfüllung
der sich aus dem Miethverhältniß ergebenden Verpflichtungen übernommen hat.
§. 579. Wird das vermiethete Grundstück von dem Erwerber weiter
veräußert oder belastet, so finden die Vorschriften des §. 571 Abs. 1 und der
§§. 572 bis 578 entsprechende Anwendung. Erfüllt der neue Erwerber die sich aus
dem Miethverhältniß ergebenden Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermiether
dem Miether nach §. 571 Abs. 2.
§. 580. Die Vorschriften über die Miete von Grundstücken gelten, soweit
nicht ein anderes bestimmt ist, auch für die Miete von Wohnräumen und anderen
Räumen.
§. 580a. Die Vorschriften der §§ 571, 572, 576 bis 579 gelten im Fall
der Veräußerung oder Belastung eines im Schiffsregister eingetragenen Schiffs
sinngemäß.
Eine Verfügung, die der Vermieter vor dem Übergang des Eigentums über
den auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfallenden Mietzins getroffen
hat, ist dem Erwerber gegenüber wirksam. Das Gleiche gilt von einem
Rechtsgeschäft, das zwischen dem Mieter und dem Vermieter über die
Mietzinsforderung vorgenommen wird, insbesondere von der Entrichtung des
Mietzinses; ein Rechtsgeschäft, das nach dem Übergang des Eigentums vorgenommen
wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Mieter bei der Vornahme des
Rechtsgeschäfts von dem Übergang des Eigentums Kenntnis hat. § 575 gilt
sinngemäß.
II. Pacht
§. 581. Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem
Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstandes und den Genuß der Früchte,
soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft als Ertrag
anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist
verpflichtet, dem Verpächter den vereinbarten Pachtzins zu entrichten.
Auf die Pacht finden, soweit sich nicht aus den §§. 582 bis 597 ein
Anderes ergiebt, die Vorschriften über die Miethe entsprechende Anwendung.
§. 582. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks hat die
gewöhnlichen Ausbesserungen, insbesondere die der Wohn- und
Wirthschaftsgebäude, der Wege, Gräben und Einfriedigungen, auf seine Kosten zu
bewirken.
§. 583. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks darf nicht
ohne die Erlaubniß des Verpächters Aenderungen in der wirthschaftlichen
Bestimmung des Grundstücks vornehmen, die auf die Art der Bewirthschaftung über
die Pachtzeit hinaus von Einfluß sind.
§. 584. Ist bei der Pacht eines landwirthschaftlichen Grundstücks der
Pachtzins nach Jahren bemessen, so ist er nach dem Ablaufe je eines Pachtjahrs
am ersten Werktage des folgenden Jahres zu entrichten.
§. 585. Das Pfandrecht des Verpächters eines landwirthschaftlichen
Grundstücks kann für den gesammten Pachtzins geltend gemacht werden und
unterliegt nicht der im §. 563 bestimmten Beschränkung.
Es erstreckt sich auf die Früchte des Grundstücks sowie auf die nach § 811 Nr.
4 der Zivilprozeßordnung der Pfändung nicht unterworfenen Sachen.
§. 586. Wird ein Grundstück sammt Inventar verpachtet, so liegt dem
Pächter die Erhaltung der einzelnen Inventarstücke ob.
Der Verpächter ist verpflichtet, Inventarstücke, die in Folge eines von
dem Pächter nicht zu vertretenden Umstandes in Abgang kommen, zu ergänzen. Der
Pächter hat jedoch den gewöhnlichen Abgang der zu dem Inventar gehörenden
Thiere aus den Jungen insoweit zu ersetzen, als dies einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht.
§. 587. Uebernimmt der Pächter eines Grundstücks das Inventar zum
Schätzungswerthe mit der Verpflichtung, es bei der Beendigung der Pacht zum
Schätzungswerthe zurückzugewähren, so gelten die Vorschriften der §§. 588, 589.
§. 588. Der Pächter trägt die Gefahr des zufälligen Unterganges und
einer zufälligen Verschlechterung des Inventars. Er kann über die einzelnen
Stücke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft verfügen.
Der Pächter hat das Inventar nach den Regeln einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft in dem Zustande zu erhalten, in welchem es ihm übergeben wird. Die
von ihm angeschafften Stücke werden mit der Einverleibung in das Inventar
Eigenthum des Verpächters.
§. 589. Der Pächter hat das bei der Beendigung der Pacht vorhandene
Inventar dem Verpächter zurückzugewähren.
Der Verpächter kann die Uebernahme derjenigen von dem Pächter
angeschafften Inventarstücke ablehnen, welche nach den Regeln einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft für das Grundstück überflüssig oder zu werthvoll
sind; mit der Ablehnung geht das Eigenthum an den abgelehnten Stücken auf den
Pächter über.
Ist der Gesammtschätzungswerth der übernommenen Stücke höher oder
niedriger als der Gesammtschätzungswerth der zurückzugewährenden Stücke, so hat
im ersteren Falle der Pächter dem Verpächter, im letzteren Falle der Verpächter
dem Pächter den Mehrbetrag zu ersetzen.
§. 590. Dem Pächter eines Grundstücks steht für die Forderungen gegen
den Verpächter, die sich auf das mitgepachtete Inventar beziehen, ein
Pfandrecht an den in seinen Besitz gelangten Inventarstücken zu. Auf das
Pfandrecht findet die Vorschrift des §. 562 Anwendung.
§. 591. Der Pächter eines landwirthschaftlichen Grundstücks ist
verpflichtet, das Grundstück nach der Beendigung der Pacht in dem Zustande
zurückzugewähren, der sich bei einer während der Pachtzeit bis zur Rückgewähr
fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirthschaftung ergiebt. Dies gilt insbesondere
auch für die Bestellung.
§. 592. Endigt die Pacht eines landwirthschaftlichen Grundstücks im
Laufe eines Pachtjahrs, so hat der Verpächter die Kosten, die der Pächter auf
die noch nicht getrennten, jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft vor dem Ende des Pachtjahrs zu trennenden Früchte verwendet hat,
insoweit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und
den Werth dieser Früchte nicht übersteigen.
§. 593. Der Pächter eines Landguts hat von den bei der Beendigung der
Pacht vorhandenen landwirthschaftlichen Erzeugnissen ohne Rücksicht darauf, ob
er bei dem Antritte der Pacht solche Erzeugnisse übernommen hat, so viel
zurückzulassen, als zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit
erforderlich ist, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich
gewonnen werden.
Soweit der Pächter landwirthschaftliche Erzeugnisse in größerer Menge
oder besserer Beschaffenheit zurückzulassen verpflichtet ist, als er bei dem
Antritte der Pacht übernommen hat, kann er von dem Verpächter Ersatz des
Werthes verlangen.
Den vorhandenen auf dem Gute gewonnenen Dünger
hat der Pächter zurückzulassen, ohne daß er Ersatz des Werthes verlangen kann.
§. 594. Uebernimmt der Pächter eines Landguts das Gut auf Grund einer
Schätzung des wirthschaftlichen Zustandes mit der Bestimmung, daß nach der
Beendigung der Pacht die Rückgewähr gleichfalls auf Grund einer solchen
Schätzung zu erfolgen hat, so finden auf die Rückgewähr des Gutes die
Vorschriften des §. 589 Abs. 2, 3 entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt, wenn der Pächter Vorräthe auf Grund einer Schätzung
mit einer solchen Bestimmung übernimmt, für die Rückgewähr der Vorräthe, die er
zurückzulassen verpflichtet ist.
§. 595. Ist bei der Pacht eines Grundstücks oder eines Rechtes die
Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines
Pachtjahrs zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage des halben Jahres zu
erfolgen, mit dessen Ablaufe die Pacht endigen soll.
Diese Vorschriften gelten bei der Pacht eines Grundstücks oder eines
Rechtes auch für die Fälle, in denen das
Pachtverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt
werden kann.
§. 596. Dem Pächter steht das im §. 549 Abs. 1 bestimmte Kündigungsrecht
nicht zu. Der Verpächter ist nicht berechtigt, das Pachtverhältniß nach §. 569
zu kündigen. Eine Kündigung des Pachtverhältnisses nach §. 570 findet nicht
statt.
§. 597. Giebt der Pächter den gepachteten Gegenstand nach der Beendigung
der Pacht nicht zurück, so kann der Verpächter für die Dauer der Vorenthaltung
als Entschädigung den vereinbarten Pachtzins nach dem Verhältnisse verlangen,
in welchem die Nutzungen, die der Pächter während dieser Zeit gezogen hat oder
hätte ziehen können, zu den Nutzungen des ganzen Pachtjahrs stehen. Die
Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
Vierter Titel.
Leihe.
§. 598. Durch den Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache verpflichtet,
dem Entleiher den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten.
§. 599. Der Verleiher hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu
vertreten.
§. 600. Verschweigt der Verleiher arglistig einen Mangel im Rechte oder
einen Fehler der verliehenen Sache, so ist er verpflichtet, dem Entleiher den
daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
§. 601. Der Entleiher hat die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der
geliehenen Sache, bei der Leihe eines Thieres insbesondere die
Fütterungskosten, zu tragen.
Die Verpflichtung des Verleihers zum Ersatz anderer Verwendungen
bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Der
Entleiher ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat,
wegzunehmen.
§. 602. Veränderungen oder Verschlechterungen der geliehenen Sache, die
durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Entleiher
nicht zu vertreten.
§. 603. Der Entleiher darf von der geliehenen Sache keinen anderen als
den vertragsmäßigen Gebrauch machen. Er ist ohne die Erlaubniß des Verleihers
nicht berechtigt, den Gebrauch der Sache einem Dritten zu überlassen.
§. 604. Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem
Ablaufe der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.
Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem
der Entleiher den sich aus dem Zwecke der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht
hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit
verstrichen ist, daß der Entleiher den Gebrauch hätte machen können.
Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zwecke zu entnehmen,
so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern.
Ueberläßt der Entleiher den Gebrauch der Sache einem Dritten, so kann
der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem Dritten
zurückfordern.
§. 605. Der Verleiher kann die Leihe kündigen:
1. wenn er in Folge eines nicht
vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf;
2. wenn der Entleiher einen vertragswidrigen
Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten
überläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt
erheblich gefährdet;
3. wenn der Entleiher stirbt.
§. 606. Die Ersatzansprüche des Verleihers wegen Veränderungen oder
Verschlechterungen der verliehenen Sache sowie die Ansprüche des Entleihers auf
Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung
verjähren in sechs Monaten. Die Vorschriften des §. 558 Abs. 2, 3 finden
entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Darlehen.
§. 607. Wer Geld oder andere vertretbare Sachen als Darlehen empfangen
hat, ist verpflichtet, dem Darleiher das Empfangene in Sachen von gleicher Art,
Güte und Menge zurückzuerstatten.
Wer Geld oder andere vertretbare Sachen aus einem anderen Grunde
schuldet, kann mit dem Gläubiger vereinbaren, daß das Geld oder die Sachen als
Darlehen geschuldet werden sollen.
§. 608. Sind für ein Darlehen Zinsen bedungen, so sind sie, sofern nicht
ein Anderes bestimmt ist, nach dem Ablaufe je eines Jahres und, wenn das
Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuerstatten ist, bei der
Rückerstattung zu entrichten.
§. 609. Ist für die Rückerstattung eines Darlehens eine Zeit nicht
bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, daß der Gläubiger oder der
Schuldner kündigt.
Die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehen von mehr als dreihundert
Deutsche Mark drei Monate, bei Darlehen von geringerem Betrag einen Monat.
Sind Zinsen nicht bedungen, so ist der Schuldner auch ohne Kündigung zur
Rückerstattung berechtigt.
§. 610. Wer die Hingabe eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel das
Versprechen widerrufen, wenn in den Vermögensverhältnissen des anderen Theiles
eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die
Rückerstattung gefährdet wird.
Sechster Titel.
Dienstvertrag.
§. 611. Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt,
zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Theil zur Gewährung der
vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.
§. 612. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die
Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer
Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung
als vereinbart anzusehen.
§. 613. Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel
in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht
übertragbar.
§. 613a. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf
einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den
im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.
Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für
Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs
entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig
werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt
des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in
dem. Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres
Bemessungszeitraums entspricht.
Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person durch Verschmelzung
oder Umwandlung erlischt; § 8 des Umwandlungsgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 6. November 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 2081) bleibt
unberührt.
§. 614. Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten.
Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe
der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
§. 615. Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in
Verzug, so kann der Verpflichtete für die in Folge des Verzugs nicht
geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung
verpflichtet zu sein. Er muß sich jedoch den Werth desjenigen anrechnen lassen,
was er in Folge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch
anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt.
§. 616. Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die
Vergütung nicht dadurch verlustig, daß er für eine verhältnißmäßig nicht
erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein
Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muß sich jedoch den
Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer
auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder
Unfallversicherung zukommt. Der Anspruch kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen
oder beschränkt werden.
Der Anspruch eines Angestellten (§§ 2 und 3 des
Angestelltenversicherungsgesetzes) auf Vergütung kann für den Krankheitsfall
sowie für die Fälle der Sterilisation und des Abbruchs der Schwangerschaft
durch einen Arzt nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Hierbei gilt als verhältnismäßig nicht erheblich eine Zeit von sechs Wochen,
wenn nicht durch Tarifvertrag eine andere Dauer bestimmt ist. Eine nicht
rechtswidrige Sterilisation und ein nicht rechtswidriger Abbruch der
Schwangerschaft durch einen Arzt gelten als unverschuldete Verhinderung an der
Dienstleistung. Der Angestellte behält diesen Anspruch auch dann, wenn der Arbeitgeber
das Arbeitsverhältnis aus Anlaß des Krankheitsfalls kündigt. Das gleiche gilt,
wenn der Angestellte das Arbeitsverhältnis aus einem vom Arbeitgeber zu
vertretenden Grunde kündigt, der den Angestellten zur Kündigung aus wichtigem
Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt.
Ist der zur Dienstleistung Verpflichtete Arbeiter im Sinne des
Lohnfortzahlungsgesetzes, so bestimmen sich seine Ansprüche nur nach dem
Lohnfortzahlungsgesetz, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit,
infolge Sterilisation oder Abbruchs der Schwangerschaft durch einen Arzt oder
durch eine Kur im Sinne des § 7 des Lohnfortzahlungsgesetzes an der
Dienstleistung verhindert ist.
§. 617. Ist bei einem dauernden Dienstverhältnisse, welches die
Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch
nimmt, der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der
Dienstberechtigte ihm im Falle der Erkrankung die erforderliche Verpflegung und
ärztliche Behandlung bis zur Dauer von sechs Wochen, jedoch nicht über die
Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus, zu gewähren, sofern nicht die
Erkrankung von dem Verpflichteten vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit
herbeigeführt worden ist. Die Verpflegung und ärztliche Behandlung kann durch
Aufnahme des Verpflichteten in eine Krankenanstalt gewährt werden. Die Kosten
können auf die für die Zeit der Erkrankung geschuldete Vergütung angerechnet
werden. Wird das Dienstverhältniß wegen der Erkrankung von dem
Dienstberechtigten nach §. 626 gekündigt, so bleibt die dadurch herbeigeführte
Beendigung des Dienstverhältnisses außer Betracht.
Die Verpflichtung des Dienstberechtigten tritt nicht ein, wenn für die
Verpflegung und ärztliche Behandlung durch eine Versicherung oder durch eine
Einrichtung der öffentlichen Krankenpflege Vorsorge getroffen ist.
§. 618. Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder
Geräthschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so
einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner
Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, daß der Verpflichtete
gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der
Dienstleistung es gestattet.
Ist der Verpflichtete in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat
der Dienstberechtigte in Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung
sowie der Arbeits- und Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen
zu treffen, welche mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die
Religion des Verpflichteten erforderlich sind.
Erfüllt der Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der
Gesundheit des Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf
seine Verpflichtung zum Schadensersatze die für unerlaubte Handlungen geltenden
Vorschriften der §§. 842 bis 846 entsprechende Anwendung.
§. 619. Die dem Dienstberechtigten nach den §§. 617, 618 obliegenden
Verpflichtungen können nicht im voraus durch Vertrag
aufgehoben oder beschränkt werden.
§. 620. Das Dienstverhältniß endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für die es
eingegangen ist.
Ist die Dauer des Dienstverhältnisses weder bestimmt noch aus der
Beschaffenheit oder dem Zwecke der Dienste zu entnehmen, so kann jeder Theil
das Dienstverhältniß nach Maßgabe der §§ 621, 622 kündigen.
§. 621. Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne
des § 622 ist, ist die Kündigung zulässig,
1. wenn die Vergütung nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den
Ablauf des folgenden Tages;
2. wenn die Vergütung nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten
Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends;
3. wenn die Vergütung nach Monaten bemessen ist, spätestens am
fünfzehnten eines Monats für den Schluß des Kalendermonats;
4. wenn die Vergütung nach Vierteljahren oder längeren Zeitabschnitten
bemessen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen für den
Schluß eines Kalendervierteljahres;
5. wenn die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen ist,
jederzeit; bei einem die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig oder
hauptsächlich in Anspruch nehmenden Dienstverhältnis ist jedoch eine
Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten.
§. 622. Das Arbeitsverhältnis eines Angestellten kann unter Einhaltung
einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres gekündigt
werden. Eine kürzere Kündigungsfrist kann einzelvertraglich nur vereinbart
werden, wenn sie einen Monat nicht unterschreitet und die Kündigung nur für den
Schluß eines Kalendermonats zugelassen wird.
Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters kann unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden. Hat das Arbeitsverhältnis in
demselben Betrieb oder Unternehmen fünf Jahre bestanden, so erhöht sich die
Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende, hat es zehn Jahre bestanden, so
erhöht sich die Kündigungsfrist auf zwei Monate zum Monatsende, hat es zwanzig
Jahre bestanden, so erhöht sich die Kündigungsfrist auf drei Monate zum Ende
eines Kalendervierteljahres; bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden
Zeiten, die vor der Vollendung des fünfunddreißigsten Lebensjahres liegen,
nicht berücksichtigt.
Kürzere als die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kündigungsfristen
können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen
Tarifvertrages gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen
nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung
zwischen ihnen vereinbart ist.
Ist ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt, so können
kürzere als die in Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Kündigungsfristen
auch einzelvertraglich vereinbart werden; dies gilt nicht, wenn das
Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird.
Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf einzelvertraglich
keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den
Arbeitgeber.
§. 623. Anm.: Aufgehoben durch Art. 2, Z. 5, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1106, Nr. 75, ausgegeben am 16. 08. 1969, in Kraft seit 01. 09. 1969.
§. 624. Ist das Dienstverhältniß für die Lebenszeit einer Person oder
für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Verpflichteten
nach dem Ablaufe von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt
sechs Monate.
§. 625. Wird das Dienstverhältniß nach dem Ablaufe der Dienstzeit von
dem Verpflichteten mit Wissen des anderen Theiles fortgesetzt, so gilt es als
auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der andere Theil unverzüglich
widerspricht.
§. 626. Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem
Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen
vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile
die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder
bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet
werden kann.
Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist
beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die
Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muß dem
anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich
mitteilen.
§. 627. Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne
des § 622 ist, ist die Kündigung auch ohne die im § 626 bezeichnete
Voraussetzung zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in
einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer
Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden
pflegen.
Der Verpflichtete darf nur in der Art kündigen, daß sich der
Dienstberechtigte die Dienste anderweit beschaffen kann, es sei denn, daß ein
wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen
Grund zur Unzeit, so hat er dem Dienstberechtigten den daraus entstehenden
Schaden zu ersetzen.
§. 628. Wird nach dem Beginne der Dienstleistung das Dienstverhältniß
auf Grund des §. 626 oder des §. 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen
seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der Vergütung verlangen.
Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles dazu
veranlaßt zu sein, oder veranlaßt er durch sein vertragswidriges Verhalten die
Kündigung des anderen Theiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung
insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen in Folge der Kündigung für
den anderen Theil kein Interesse haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit
im voraus entrichtet, so hat der Verpflichtete sie
nach Maßgabe des §. 347 oder, wenn die Kündigung wegen eines Umstandes erfolgt,
den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.
Wird die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles
veranlaßt, so ist dieser zum Ersatze des durch die Aufhebung des
Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.
§. 629. Nach der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses hat der
Dienstberechtigte dem Verpflichteten auf Verlangen angemessene Zeit zum
Aufsuchen eines anderen Dienstverhältnisses zu gewähren.
§. 630. Bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses kann der
Verpflichtete von dem anderen Theile ein schriftliches
Zeugniß über das Dienstverhältniß und dessen Dauer fordern. Das
Zeugniß ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienste zu
erstrecken.
Siebenter Titel.
Werkvertrag.
§. 631. Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des
versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung
verpflichtet.
Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung
einer Sache als ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender
Erfolg sein.
§. 632. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die
Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten
ist.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer
Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung
als vereinbart anzusehen.
§. 633. Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk so herzustellen, daß
es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die
den Werth oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage
vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.
Ist das Werk nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Besteller die
Beseitigung des Mangels verlangen. § 476a gilt entsprechend. Der Unternehmer
ist berechtigt, die Beseitigung zu verweigern, wenn sie einen
unverhältnißmäßigen Aufwand erfordert.
Ist der Unternehmer mit der Beseitigung des Mangels im Verzuge, so kann
der Besteller den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen
Aufwendungen verlangen.
§. 634. Zur Beseitigung eines Mangels der im §. 633 bezeichneten Art
kann der Besteller dem Unternehmer eine angemessene Frist mit der Erklärung
bestimmen, daß er die Beseitigung des Mangels nach dem Ablaufe der Frist
ablehne. Zeigt sich schon vor der Ablieferung des Werkes ein Mangel, so kann
der Besteller die Frist sofort bestimmen; die Frist muß so bemessen werden, daß
sie nicht vor der für die Ablieferung bestimmten Frist abläuft. Nach dem
Ablaufe der Frist kann der Besteller Rückgängigmachung des Vertrags (Wandelung)
oder Herabsetzung der Vergütung (Minderung) verlangen, wenn nicht der Mangel
rechtzeitig beseitigt worden ist; der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist
ausgeschlossen.
Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Beseitigung des
Mangels unmöglich ist oder von dem Unternehmer verweigert wird oder wenn die
sofortige Geltendmachung des Anspruchs auf Wandelung oder auf Minderung durch
ein besonderes Interesse des Bestellers gerechtfertigt wird.
Die Wandelung ist ausgeschlossen, wenn der Mangel den Werth oder die
Tauglichkeit des Werkes nur unerheblich mindert.
Auf die Wandelung und die Minderung finden die für den Kauf geltenden
Vorschriften der §§. 465 bis 467, 469 bis 475 entsprechende
Anwendung.
§. 635. Beruht der Mangel des Werkes auf einem Umstande, den der
Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Besteller statt der Wandelung oder
der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
§. 636. Wird das Werk ganz oder zum Theil nicht rechtzeitig hergestellt,
so finden die für die Wandelung geltenden Vorschriften des §. 634 Abs. 1 bis 3
entsprechende Anwendung; an die Stelle des Anspruchs auf Wandelung tritt das
Recht des Bestellers, nach §. 327 von dem Vertrage zurückzutreten. Die im Falle
des Verzugs des Unternehmers dem Besteller zustehenden Rechte bleiben
unberührt.
Bestreitet der Unternehmer die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts,
weil er das Werk rechtzeitig hergestellt habe, so trifft ihn die Beweislast.
§. 637. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des
Unternehmers, einen Mangel des Werkes zu vertreten, erlassen oder beschränkt
wird, ist nichtig, wenn der Unternehmer den Mangel arglistig verschweigt.
§. 638. Der Anspruch des Bestellers auf Beseitigung eines Mangels des Werkes
sowie die wegen des Mangels dem Besteller zustehenden Ansprüche auf Wandelung,
Minderung oder Schadensersatz verjähren, sofern nicht der Unternehmer den
Mangel arglistig verschwiegen hat, in sechs Monaten, bei Arbeiten an einem
Grundstück in einem Jahre, bei Bauwerken in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt
mit der Abnahme des Werkes.
Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden.
§. 639. Auf die Verjährung der im §. 638 bezeichneten Ansprüche des
Bestellers finden die für die Verjährung der Ansprüche des Käufers geltenden
Vorschriften des §. 477 Abs. 2, 3 und der §§. 478, 479 entsprechende Anwendung.
Unterzieht sich der Unternehmer im Einverständnisse mit dem Besteller
der Prüfung des Vorhandenseins des Mangels oder der Beseitigung des Mangels, so
ist die Verjährung so lange gehemmt, bis der Unternehmer das Ergebniß der
Prüfung dem Besteller mittheilt oder ihm gegenüber den Mangel für beseitigt
erklärt oder die Fortsetzung der Beseitigung verweigert.
§. 640. Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte
Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme
ausgeschlossen ist.
Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk ab, obschon er den Mangel
kennt, so stehen ihm die in den §§. 633, 634 bestimmten Ansprüche nur zu, wenn
er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.
§. 641. Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist
das Werk in Theilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Theile
bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Theil bei dessen Abnahme zu
entrichten.
Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme
des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet ist.
§. 642. Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers
erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen
der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung
verlangen.
Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des
Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen,
was der Unternehmer in Folge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch
anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
§. 643. Der Unternehmer ist im Falle des §. 642 berechtigt, dem
Besteller zur Nachholung der Handlung eine angemessene Frist mit der Erklärung
zu bestimmen, daß er den Vertrag kündige, wenn die Handlung nicht bis zum
Ablaufe der Frist vorgenommen werde. Der Vertrag gilt als aufgehoben, wenn
nicht die Nachholung bis zum Ablaufe der Frist erfolgt.
§. 644. Der Unternehmer trägt die Gefahr bis zur Abnahme des Werkes.
Kommt der Besteller in Verzug der Annahme, so geht die Gefahr auf ihn über. Für
den zufälligen Untergang und eine zufällige Verschlechterung des von dem
Besteller gelieferten Stoffes ist der Unternehmer nicht verantwortlich.
Versendet der Unternehmer das Werk auf Verlangen des Bestellers nach
einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte, so finden die für den Kauf geltenden
Vorschriften des §. 447 entsprechende Anwendung.
§. 645. Ist das Werk vor der Abnahme in Folge eines Mangels des von dem
Besteller gelieferten Stoffes oder in Folge einer von dem Besteller für die
Ausführung ertheilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar
geworden, ohne daß ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten
hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil
der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen
verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in Gemäßheit des §. 643
aufgehoben wird.
Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens bleibt
unberührt.
§. 646. Ist nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme
ausgeschlossen, so tritt in den Fällen der §§. 638, 641, 644, 645 an die Stelle
der Abnahme die Vollendung des Werkes.
§. 647. Der Unternehmer hat für seine Forderungen aus dem Vertrag ein
Pfandrecht an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen
des Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung
in seinen Besitz gelangt sind.
§. 648. Der Unternehmer eines Bauwerkes oder eines einzelnen Theiles
eines Bauwerkes kann für seine Forderungen aus dem Vertrage die Einräumung
einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstücke des Bestellers verlangen. Ist
das Werk noch nicht vollendet, so kann er die Einräumung der Sicherungshypothek
für einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil der Vergütung und für die
in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen.
Der Inhaber einer Schiffswerft kann für seine Forderungen aus dem Bau
oder der Ausbesserung eines Schiffs die Einräumung einer Schiffshypothek an dem
Schiffsbauwerk oder dem Schiff des Bestellers verlangen; Abs. 1 Satz 2 gilt
sinngemäß. § 647 findet keine Anwendung.
§. 649. Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den
Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die
vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muß sich jedoch dasjenige anrechnen
lassen, was er in Folge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder
durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben
böswillig unterläßt.
§. 650. Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zu Grunde gelegt worden, ohne
daß der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen
hat, und ergiebt sich, daß das Werk nicht ohne eine wesentliche Ueberschreitung
des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den
Vertrag aus diesem Grunde kündigt, nur der im §. 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch
zu.
Ist eine solche Ueberschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der
Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
§. 651. Verpflichtet sich der Unternehmer, das Werk aus einem von ihm zu
beschaffenden Stoffe herzustellen, so hat er dem Besteller die hergestellte
Sache zu übergeben und das Eigenthum an der Sache zu verschaffen. Auf einen
solchen Vertrag finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung; ist eine nicht
vertretbare Sache herzustellen, so treten an die Stelle des §. 433, des §. 446
Abs. 1 Satz 1 und der §§. 447, 459, 460, 462 bis 464, 477 bis 479 die
Vorschriften über den Werkvertrag mit Ausnahme der §§. 647, 648.
Verpflichtet sich der Unternehmer nur zur Beschaffung von Zuthaten oder
sonstigen Nebensachen, so finden ausschließlich die Vorschriften über den
Werkvertrag Anwendung.
II. Reisevertrag
§. 651a. Durch den Reisevertrag wird der Reiseveranstalter verpflichtet,
dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen (Reise) zu erbringen. Der
Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu
zahlen.
Die Erklärung, nur Verträge mit den Personen zu vermitteln, welche die
einzelnen Reiseleistungen ausführen sollen (Leistungsträger), bleibt
unberücksichtigt, wenn nach den sonstigen Umständen der Anschein begründet
wird, daß der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener
Verantwortung erbringt.
§. 651b. Bis zum Reisebeginn kann der Reisende verlangen, daß statt
seiner ein Dritter an der Reise teilnimmt. Der Reiseveranstalter kann der
Teilnahme des Dritten widersprechen, wenn dieser den besonderen
Reiseerfordernissen nicht genügt oder seiner Teilnahme gesetzliche Vorschriften
oder behördliche Anordnungen entgegenstehen.
Der Reiseveranstalter kann vom Reisenden die durch die Teilnahme des
Dritten entstehenden Mehrkosten verlangen.
§. 651c. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu
erbringen, daß sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern
behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach
dem Vertrage vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
Ist die Reise nicht von dieser Beschaffenheit, so kann der Reisende
Abhilfe verlangen. Der Reiseveranstalter kann die Abhilfe verweigern, wenn sie
einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.
Leistet der Reiseveranstalter nicht innerhalb einer vom Reisenden
bestimmten angemessenen Frist Abhilfe, so kann der Reisende selbst Abhilfe
schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Der Bestimmung
einer Frist bedarf es nicht, wenn die Abhilfe von dem Reiseveranstalter
verweigert wird oder wenn die sofortige Abhilfe durch ein besonderes Interesse
des Reisenden geboten wird.
§. 651d. Ist die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 mangelhaft, so mindert
sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 472.
Die Minderung tritt nicht ein, soweit es der Reisende schuldhaft
unterläßt, den Mangel anzuzeigen.
§. 651e. Wird die Reise infolge eines Mangels der in § 651c bezeichneten
Art erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende den Vertrag kündigen.
Dasselbe gilt, wenn ihm die Reise infolge eines solchen Mangels aus wichtigem,
dem Reiseveranstalter erkennbaren Grund nicht zuzumuten ist.
Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter eine ihm vom
Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu
leisten. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Abhilfe unmöglich
ist oder vom Reiseveranstalter verweigert wird oder wenn die sofortige
Kündigung des Vertrages durch ein besonderes Interesse des Reisenden
gerechtfertigt wird.
Wird der Vertrag gekündigt, so verliert der Reiseveranstalter den
Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Er kann jedoch für die bereits
erbrachten oder zur Beendigung der Reise noch zu erbringenden Reiseleistungen
eine nach § 471 zu bemessende Entschädigung verlangen. Dies gilt nicht, soweit
diese Leistungen infolge der Aufhebung des Vertrags für den Reisenden kein
Interesse haben.
Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die infolge der Aufhebung des
Vertrags notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere, falls der Vertrag die
Rückbeförderung umfaßte, den Reisenden zurückzubefördern. Die Mehrkosten fallen
dem Reiseveranstalter zur Last.
§. 651f. Beruht der Mangel der Reise auf einem Umstand, den der
Reiseveranstalter zu vertreten hat, so kann der Reisende unbeschadet der
Minderung oder der Kündigung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
Wird die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, so kann der
Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene
Entschädigung in Geld verlangen.
§. 651g. Ansprüche nach den §§ 651c bis 651f hat der Reisende innerhalb
eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber
dem Reiseveranstalter geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist kann der
Reisende Ansprüche nur geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der
Einhaltung der Frist verhindert worden ist.
Ansprüche des Reisenden nach den §§ 651c bis 651f verjähren in sechs
Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an dem die Reise dem Vertrage
nach enden sollte. Hat der Reisende solche Ansprüche geltend gemacht, so ist
die Verjährung bis zu dem Tage gehemmt, an dem der Reiseveranstalter die
Ansprüche schriftlich zurückweist.
§. 651h. Der Reiseveranstalter kann durch Vereinbarung mit dem Reisenden
seine Haftung auf den dreifachen Reisepreis beschränken,
1. soweit ein Schaden des Reisenden weder vorsätzlich noch grob
fahrlässig herbeigeführt wird, oder
2. soweit der Reiseveranstalter für einen dem Reisenden entstehenden
Schaden allein wegen eines Verschuldens eines Leistungsträgers verantwortlich
ist.
Gelten für eine von einem Leistungsträger zu erbringende Reiseleistung
gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Anspruch auf Schadensersatz nur unter
bestimmten Voraussetzungen oder Beschränkungen geltend gemacht werden kann, so
kann sich auch der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden hierauf berufen.
§. 651i. Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag
zurücktreten.
Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, so verliert der Reiseveranstalter
den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Er kann jedoch eine angemessene
Entschädigung verlangen. Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich nach dem
Reisepreis unter Abzug des Wertes der vom Reiseveranstalter ersparten
Aufwendungen sowie dessen, was er durch anderweitige Verwendung der
Reiseleistungen erwerben kann.
Im Vertrage kann für jede Reiseart unter Berücksichtigung der gewöhnlich
ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der
Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs ein Vomhundertsatz des
Reisepreises als Entschädigung festgesetzt werden.
§. 651j. Wird die Reise infolge bei Vertragsabschluß nicht
voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder
beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende
den Vertrag kündigen.
Wird der Vertrag nach Absatz 1 gekündigt, so finden die Vorschriften des
§ 651e Abs. 3 Sätze 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 Anwendung. Die Mehrkosten für die
Rückbeförderung sind von den Parteien je zur Hälfte zu tragen. Im übrigen fallen die Mehrkosten dem Reisenden zur Last.
§. 651k. Von den Vorschriften der §§ 651a bis 651j kann nicht zum
Nachteil des Reisenden abgewichen werden.
Achter Titel.
Mäklervertrag.
§. 652. Wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrags
oder für die Vermittelung eines Vertrags einen Mäklerlohn verspricht, ist zur Entrichtung
des Lohnes nur verpflichtet, wenn der Vertrag in Folge des Nachweises oder in
Folge der Vermittelung des Mäklers zu Stande kommt. Wird der Vertrag unter
einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Mäklerlohn erst
verlangt werden, wenn die Bedingung eintritt.
Aufwendungen sind dem Mäkler nur zu ersetzen, wenn es vereinbart ist.
Dies gilt auch dann, wenn ein Vertrag nicht zu Stande kommt.
§. 653. Ein Mäklerlohn gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die dem
Mäkler übertragene Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu
erwarten ist.
Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer
Taxe der taxmäßige Lohn, in Ermangelung einer Taxe der übliche Lohn als
vereinbart anzusehen.
§. 654. Der Anspruch auf den Mäklerlohn und den Ersatz von Aufwendungen
ist ausgeschlossen, wenn der Mäkler dem Inhalte des Vertrags zuwider auch für
den anderen Theil thätig gewesen ist.
§. 655. Ist für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluß eines
Dienstvertrags oder für die Vermittelung eines solchen Vertrags ein
unverhältnißmäßig hoher Mäklerlohn vereinbart worden, so kann er auf Antrag des
Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Nach
der Entrichtung des Lohnes ist die Herabsetzung ausgeschlossen.
§. 656. Durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der
Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittelung des
Zustandekommens einer Ehe wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf
Grund des Versprechens Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden,
weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.
Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der
andere Theil zum Zwecke der Erfüllung des Versprechens dem Mäkler gegenüber
eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntniß.
Neunter Titel.
Auslobung.
§. 657. Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die
Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges,
aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die
Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die
Auslobung gehandelt hat.
§. 658. Die Auslobung kann bis zur Vornahme der Handlung widerrufen
werden. Der Widerruf ist nur wirksam, wenn er in derselben Weise wie die
Auslobung bekannt gemacht wird oder wenn er durch besondere Mittheilung
erfolgt.
Auf die Widerruflichkeit kann in der Auslobung verzichtet werden; ein
Verzicht liegt im Zweifel in der Bestimmung einer Frist für die Vornahme der
Handlung.
§. 659. Ist die Handlung, für welche die Belohnung ausgesetzt ist,
mehrmals vorgenommen worden, so gebührt die Belohnung demjenigen, welcher die
Handlung zuerst vorgenommen hat.
Ist die Handlung von Mehreren gleichzeitig vorgenommen worden, so
gebührt jedem ein gleicher Theil der Belohnung. Läßt sich die Belohnung wegen
ihrer Beschaffenheit nicht theilen oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur
Einer die Belohnung erhalten, so entscheidet das Loos.
§. 660. Haben Mehrere zu dem Erfolge mitgewirkt, für den die Belohnung
ausgesetzt ist, so hat der Auslobende die Belohnung unter Berücksichtigung des
Antheils eines jeden an dem Erfolge nach billigem Ermessen unter sie zu
vertheilen. Die Vertheilung ist nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig
ist; sie erfolgt in einem solchen Falle durch Urtheil.
Wird die Vertheilung des Auslobenden von einem der Betheiligten nicht
als verbindlich anerkannt, so ist der Auslobende berechtigt, die Erfüllung zu
verweigern, bis die Betheiligten den Streit über ihre Berechtigung unter sich
ausgetragen haben; jeder von ihnen kann verlangen, daß die Belohnung für alle
hinterlegt wird.
Die Vorschrift des §. 659 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
§. 661. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist
nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt
wird.
Die Entscheidung darüber, ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung
der Auslobung entspricht oder welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug
verdient, ist durch die in der Auslobung bezeichnete Person, in Ermangelung
einer solchen durch den Auslobenden zu treffen. Die Entscheidung ist für die
Betheiligten verbindlich.
Bei Bewerbungen von gleicher Würdigkeit finden auf die Zuertheilung des
Preises die Vorschriften des §. 659 Abs. 2 Anwendung.
Die Uebertragung des Eigenthums an dem Werke kann der Auslobende nur
verlangen, wenn er in der Auslobung bestimmt hat, daß die Uebertragung erfolgen
soll.
Zehnter Titel.
Auftrag.
§. 662. Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte,
ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu
besorgen.
§. 663. Wer zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist
oder sich öffentlich erboten hat, ist, wenn er einen auf solche Geschäfte
gerichteten Auftrag nicht annimmt, verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber
unverzüglich anzuzeigen. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Auftraggeber
gegenüber zur Besorgung gewisser Geschäfte erboten hat.
§. 664. Der Beauftragte darf im Zweifel die Ausführung des Auftrags
nicht einem Dritten übertragen. Ist die Uebertragung gestattet, so hat er nur
ein ihm bei der Uebertragung zur Last fallendes Verschulden zu vertreten. Für
das Verschulden eines Gehülfen ist er nach §. 278 verantwortlich.
Der Anspruch auf Ausführung des Auftrags ist im Zweifel nicht
übertragbar.
§. 665. Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen des
Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der
Auftraggeber bei Kenntniß der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der
Beauftragte hat vor der Abweichung dem Auftraggeber Anzeige zu machen und
dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschube Gefahr verbunden
ist.
§. 666. Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die
erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts
Auskunft zu ertheilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft
abzulegen.
§. 667. Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber Alles, was er
zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung
erlangt, herauszugeben.
§. 668. Verwendet der Beauftragte Geld für sich, das er dem Auftraggeber
herauszugeben oder für ihn zu verwenden hat, so ist er verpflichtet, es von der
Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§. 669. Für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen
hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf Verlangen Vorschuß zu leisten.
§. 670. Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags
Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist
der Auftraggeber zum Ersatze verpflichtet.
§. 671. Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von
dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden.
Der Beauftragte darf nur in der Art kündigen, daß der Auftraggeber für
die Besorgung des Geschäfts anderweit Fürsorge treffen kann, es sei denn, daß
ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne
solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Auftraggeber den daraus entstehenden
Schaden zu ersetzen.
Liegt ein wichtiger Grund vor, so ist der Beauftragte zur Kündigung auch
dann berechtigt, wenn er auf das Kündigungsrecht verzichtet hat.
§. 672. Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den Tod oder den
Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers. Erlischt der Auftrag, so
hat der Beauftragte, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist, die Besorgung
des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Erbe oder der gesetzliche
Vertreter des Auftraggebers anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit
als fortbestehend.
§. 673. Der Auftrag erlischt im Zweifel durch den Tod des Beauftragten.
Erlischt der Auftrag, so hat der Erbe des Beauftragten den Tod dem Auftraggeber
unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist, die Besorgung
des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Auftraggeber anderweit
Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.
§. 674. Erlischt der Auftrag in anderer Weise als durch Widerruf, so
gilt er zu Gunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend, bis der
Beauftragte von dem Erlöschen Kenntniß erlangt oder das Erlöschen kennen muß.
§. 675. Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine
Geschäftsbesorgung zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§. 663,
665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des §. 671
Abs. 2 entsprechende Anwendung.
§. 676. Wer einem Anderen einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt, ist,
unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältniß oder einer unerlaubten
Handlung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatze des aus der Befolgung des
Rathes oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
Elfter Titel.
Geschäftsführung ohne Auftrag.
§. 677. Wer ein Geschäft für einen Anderen besorgt, ohne von ihm
beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, hat das Geschäft
so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen
wirklichen oder muthmaßlichen Willen es erfordert.
§. 678. Steht die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen
oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch und mußte der
Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersatze des aus
der Geschäftsführung entstehenden Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein
sonstiges Verschulden nicht zur Last fällt.
§. 679. Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des
Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine
Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt,
oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig
erfüllt werden würde.
§. 680. Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem
Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§. 681. Der Geschäftsführer hat die Uebernahme der Geschäftsführung,
sobald es thunlich ist, dem Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem
Aufschube Gefahr verbunden ist, dessen Entschließung abzuwarten. Im Uebrigen
finden auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers die für einen Beauftragten
geltenden Vorschriften der §§. 666 bis 668 entsprechende Anwendung.
§. 682. Ist der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist er nur nach den Vorschriften über den
Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen und über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich.
§. 683. Entspricht die Uebernahme der Geschäftsführung dem Interesse und
dem wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der
Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In
den Fällen des §. 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn
die Uebernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in
Widerspruch steht.
§. 684. Liegen die Voraussetzungen des §. 683 nicht vor, so ist der
Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer Alles, was er durch die Geschäftsführung
erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung,
so steht dem Geschäftsführer der im §. 683 bestimmte Anspruch zu.
§. 685. Dem Geschäftsführer steht ein Anspruch nicht zu, wenn er nicht
die Absicht hatte, von dem Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen.
Gewähren Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen
Unterhalt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, von dem
Empfänger Ersatz zu verlangen.
§. 686. Ist der Geschäftsführer über die Person des Geschäftsherrn im
Irrthume, so wird der wirkliche Geschäftsherr aus der Geschäftsführung
berechtigt und verpflichtet.
§. 687. Die Vorschriften der §§. 677 bis 686 finden keine Anwendung,
wenn Jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, daß es sein eigenes
sei.
Behandelt Jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß,
daß er nicht dazu berechtigt ist, so kann der Geschäftsherr die sich aus den
§§. 677, 678, 681, 682 ergebenden Ansprüche geltend
machen. Macht er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach §. 684 Satz 1
verpflichtet.
Zwölfter Titel.
Verwahrung.
§. 688. Durch den Verwahrungsvertrag wird der
Verwahrer verpflichtet, eine ihm von dem Hinterleger übergebene
bewegliche Sache aufzubewahren.
§. 689. Eine Vergütung für die Aufbewahrung gilt als stillschweigend
vereinbart, wenn die Aufbewahrung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung
zu erwarten ist.
§. 690. Wird die Aufbewahrung unentgeltlich übernommen, so hat der Verwahrer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche
er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§. 691. Der Verwahrer ist im Zweifel nicht berechtigt, die hinterlegte
Sache bei einem Dritten zu hinterlegen. Ist die Hinterlegung bei einem Dritten
gestattet, so hat der Verwahrer nur ein ihm bei dieser Hinterlegung zur Last
fallendes Verschulden zu vertreten. Für das Verschulden eines Gehülfen ist er
nach §. 278 verantwortlich.
§. 692. Der Verwahrer ist berechtigt, die vereinbarte Art der
Aufbewahrung zu ändern, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der
Hinterleger bei Kenntniß der Sachlage die Aenderung billigen würde. Der Verwahrer hat vor der Aenderung dem Hinterleger Anzeige
zu machen und dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschube
Gefahr verbunden ist.
§. 693. Macht der Verwahrer zum Zwecke der
Aufbewahrung Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten
darf, so ist der Hinterleger zum Ersatze verpflichtet.
§. 694. Der Hinterleger hat den durch die Beschaffenheit der
hinterlegten Sache dem Verwahrer entstehenden Schaden zu ersetzen, es sei denn,
daß er die gefahrdrohende Beschaffenheit der Sache bei der Hinterlegung weder
kennt noch kennen muß oder daß er sie dem Verwahrer angezeigt oder dieser sie
ohne Anzeige gekannt hat.
§. 695. Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache jederzeit
zurückfordern, auch wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist.
§. 696. Der Verwahrer kann, wenn eine Zeit für die Aufbewahrung nicht
bestimmt ist, jederzeit die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen. Ist
eine Zeit bestimmt, so kann er die vorzeitige Rücknahme nur verlangen, wenn ein
wichtiger Grund vorliegt.
§. 697. Die Rückgabe der hinterlegten Sache hat an dem Orte zu erfolgen,
an welchem die Sache aufzubewahren war; der Verwahrer ist nicht verpflichtet,
die Sache dem Hinterleger zu bringen.
§. 698. Verwendet der Verwahrer hinterlegtes Geld für sich, so ist er
verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§. 699. Der Hinterleger hat die vereinbarte Vergütung bei der Beendigung
der Aufbewahrung zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten
bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu
entrichten.
Endigt die Aufbewahrung vor dem Ablaufe der für sie bestimmten Zeit, so
kann der Verwahrer einen seinen bisherigen Leistungen
entsprechenden Theil der Vergütung verlangen, sofern nicht aus der Vereinbarung
über die Vergütung sich ein Anderes ergiebt.
§. 700. Werden vertretbare Sachen in der Art hinterlegt, daß das
Eigenthum auf den Verwahrer übergehen und dieser verpflichtet sein soll, Sachen
von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren, so finden die Vorschriften
über das Darlehen Anwendung. Gestattet der Hinterleger dem Verwahrer, hinterlegte
vertretbare Sachen zu verbrauchen, so finden die Vorschriften über das Darlehen
von dem Zeitpunkt an Anwendung, in welchem der Verwahrer
sich die Sachen aneignet. In beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit und Ort
der Rückgabe im Zweifel nach den Vorschriften über den Verwahrungsvertrag.
Bei der Hinterlegung von Werthpapieren ist eine Vereinbarung der im Abs.
1 bezeichneten Art nur gültig, wenn sie ausdrücklich getroffen wird.
Dreizehnter Titel.
Einbringung von Sachen bei Gastwirthen.
§. 701. Ein Gastwirt, der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung aufnimmt,
hat den Schaden zu ersetzen, der durch den Verlust, die Zerstörung oder die
Beschädigung von Sachen entsteht, die ein im Betrieb dieses Gewerbes
aufgenommener Gast eingebracht hat.
Als eingebracht gelten
1. Sachen, welche in der Zeit, in der der Gast zur Beherbergung
aufgenommen ist, in die Gastwirtschaft oder an einen von dem Gastwirt oder
dessen Leuten angewiesenen oder von dem Gastwirt allgemein hierzu bestimmten
Ort außerhalb der Gastwirtschaft gebracht oder sonst außerhalb der
Gastwirtschaft von dem Gastwirt oder dessen Leuten in Obhut genommen sind;
2. Sachen, welche innerhalb einer angemessenen Frist vor oder nach der Zeit,
in der der Gast zur Beherbergung aufgenommen war, von dem Gastwirt oder seinen
Leuten in Obhut genommen sind.
Im Falle einer Anweisung oder Übernahme der Obhut durch Leute des
Gastwirts gilt dies jedoch nur, wenn sie dazu bestellt oder nach den Umständen
als dazu bestellt anzusehen waren.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verlust, die Zerstörung oder
die Beschädigung von dem Gast, einem Begleiter des Gastes oder einer Person,
die der Gast bei sich aufgenommen hat, oder durch die Beschaffenheit der Sache
oder durch höhere Gewalt verursacht wird.
Die Ersatzpflicht erstreckt sich nicht auf Fahrzeuge, auf Sachen, die in
einem Fahrzeug belassen worden sind, und auf lebende Tiere.
§. 702. Der Gastwirt haftet auf Grund des § 701 nur bis zu einem Betrage,
der dem Hundertfachen des Beherbergungspreises für einen Tag entspricht, jedoch
mindestens bis zu dem Betrage von eintausend Deutsche Mark und höchstens bis zu
dem Betrage von sechstausend Deutsche Mark; für Geld, Wertpapiere und
Kostbarkeiten tritt an die Stelle von sechstausend Deutsche Mark der Betrag von
eintausendfünfhundert Deutsche Mark.
Die Haftung des Gastwirts ist unbeschränkt,
1. wenn der Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung von ihm oder
seinen Leuten verschuldet ist;
2. wenn es sich um eingebrachte Sachen handelt, die er zur Aufbewahrung
übernommen oder deren Übernahme zur Aufbewahrung er entgegen der Vorschrift des
Absatzes 3 abgelehnt hat.
Der Gastwirt ist verpflichtet, Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten und
andere Wertsachen zur Aufbewahrung zu übernehmen, es sei denn, daß sie im
Hinblick auf die Größe oder den Rang der Gastwirtschaft von übermäßigem Wert
oder Umfang oder daß sie gefährlich sind. Er kann verlangen, daß sie in einem
verschlossenen oder versiegelten Behältnis übergeben werden.
§. 702a. Die Haftung des Gastwirts kann im voraus
nur erlassen werden, soweit sie den nach § 702 Abs. 1 maßgeblichen Höchstbetrag
übersteigt. Auch insoweit kann sie nicht erlassen werden für den Fall, daß der
Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung von dem Gastwirt oder von Leuten
des Gastwirts vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wird oder daß es sich
um Sachen handelt, deren Übernahme zur Aufbewahrung der Gastwirt entgegen der
Vorschrift des § 702 Abs. 3 abgelehnt hat.
§. 703. Der dem Gast auf Grund der §§ 701, 702 zustehende Anspruch
erlischt, wenn nicht der Gast unverzüglich, nachdem er von dem Verlust, der
Zerstörung oder der Beschädigung Kenntnis erlangt hat, dem Gastwirt Anzeige
macht. Dies gilt nicht, wenn die Sachen von dem Gastwirt zur Aufbewahrung
übernommen waren oder wenn der Verlust, die Zerstörung oder die Beschädigung
von ihm oder seinen Leuten verschuldet ist.
§. 704. Der Gastwirth hat für seine Forderungen für Wohnung und andere
dem Gaste zur Befriedigung seiner Bedürfnisse gewährte Leistungen, mit
Einschluß der Auslagen, ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Gastes.
Die für das Pfandrecht des Vermiethers geltenden Vorschriften des §. 559 Satz 3
und der §§. 560 bis 563 finden entsprechende Anwendung.
Vierzehnter Titel.
Gesellschaft.
§. 705. Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die
Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der
durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten
Beiträge zu leisten.
§. 706. Die Gesellschafter haben in Ermangelung einer anderen
Vereinbarung gleiche Beiträge zu leisten.
Sind vertretbare oder verbrauchbare Sachen beizutragen, so ist im
Zweifel anzunehmen, daß sie gemeinschaftliches Eigenthum der Gesellschafter
werden sollen. Das Gleiche gilt von nicht vertretbaren und nicht verbrauchbaren
Sachen, wenn sie nach einer Schätzung beizutragen sind, die nicht blos für die
Gewinnvertheilung bestimmt ist.
Der Beitrag eines Gesellschafters kann auch in der Leistung von Diensten
bestehen.
§. 707. Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der
durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.
§. 708. Ein Gesellschafter hat bei der Erfüllung der ihm obliegenden
Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§. 709. Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den
Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung
aller Gesellschafter erforderlich.
Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu
entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu
berechnen.
§. 710. Ist in dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte einem
Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen
Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist die
Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern übertragen, so finden die
Vorschriften des §. 709 entsprechende Anwendung.
§. 711. Steht nach dem Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte
allen oder mehreren Gesellschaftern in der Art zu, daß jeder allein zu handeln
berechtigt ist, so kann jeder der Vornahme eines Geschäfts durch den anderen
widersprechen. Im Falle des Widerspruchs muß das Geschäft unterbleiben.
§. 712. Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag
übertragene Befugniß zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluß
oder, falls nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen
entscheidet, durch Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen
werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere
grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Der Gesellschafter kann auch seinerseits die Geschäftsführung kündigen,
wenn ein wichtiger Grund vorliegt; die für den Auftrag geltenden Vorschriften
des §. 671 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§. 713. Die Rechte und Verpflichtungen der geschäftsführenden
Gesellschafter bestimmen sich nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften
der §§. 664 bis 670, soweit sich nicht aus dem Gesellschaftsverhältniß ein
Anderes ergiebt.
§. 714. Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die
Befugniß zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, die
anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten.
§. 715. Ist im Gesellschaftsvertrag ein Gesellschafter ermächtigt, die
anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten, so kann die Vertretungsmacht
nur nach Maßgabe des §. 712 Abs. 1 und, wenn sie in Verbindung mit der Befugniß
zur Geschäftsführung ertheilt worden ist, nur mit dieser entzogen werden.
§. 716. Ein Gesellschafter kann, auch wenn er von der Geschäftsführung
ausgeschlossen ist, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich
unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einsehen und
sich aus ihnen eine Uebersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens
anfertigen.
Eine dieses Recht ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht
der Geltendmachung des Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme
unredlicher Geschäftsführung besteht.
§. 717. Die Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem
Gesellschaftsverhältnisse gegen einander zustehen, sind nicht übertragbar.
Ausgenommen sind die einem Gesellschafter aus seiner Geschäftsführung
zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung
verlangt werden kann, sowie die Ansprüche auf einen Gewinnantheil oder auf
dasjenige, was dem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zukommt.
§. 718. Die Beiträge der Gesellschafter und die durch die
Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände werden
gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen).
Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund eines zu dem
Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung,
Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden
Gegenstandes erworben wird.
§. 719. Ein Gesellschafter kann nicht über seinen Antheil an dem
Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen
verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen.
Gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen gehört, kann der
Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende
Forderung aufrechnen.
§. 720. Die Zugehörigkeit einer nach §. 718 Abs. 1 erworbenen Forderung
zum Gesellschaftsvermögen hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu
lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der
§§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
§. 721. Ein Gesellschafter kann den Rechnungsabschluß und die
Vertheilung des Gewinns und Verlustes erst nach der Auflösung der Gesellschaft
verlangen.
Ist die Gesellschaft von längerer Dauer, so hat der Rechnungsabschluß
und die Gewinnvertheilung im Zweifel am Schlusse jedes Geschäftsjahrs zu
erfolgen.
§. 722. Sind die Antheile der Gesellschafter am Gewinn und Verluste
nicht bestimmt, so hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und die
Größe seines Beitrags einen gleichen Antheil am Gewinn und Verluste.
Ist nur der Antheil am Gewinn oder am Verluste bestimmt, so gilt die
Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust.
§. 723. Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen,
so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer
bestimmt, so ist die Kündigung vor dem Ablaufe der Zeit zulässig, wenn ein
wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere vorhanden, wenn
ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende
wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt
oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Unter der
gleichen Voraussetzung ist, wenn eine Kündigungsfrist bestimmt ist, die
Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.
Die Kündigung darf nicht zur Unzeit geschehen, es sei denn, daß ein
wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt ein Gesellschafter
ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen.
Eine Vereinbarung, durch welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder
diesen Vorschriften zuwider beschränkt wird, ist nichtig.
§. 724. Ist eine Gesellschaft für die Lebenszeit eines Gesellschafters
eingegangen, so kann sie in gleicher Weise gekündigt werden wie eine für
unbestimmte Zeit eingegangene Gesellschaft. Dasselbe gilt, wenn eine
Gesellschaft nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt
wird.
§. 725. Hat ein Gläubiger eines Gesellschafters die Pfändung des
Antheils des Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen erwirkt, so kann er
die Gesellschaft ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, sofern der
Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.
Solange die Gesellschaft besteht, kann der Gläubiger die sich aus dem Gesellschaftsverhältniß ergebenden Rechte des
Gesellschafters, mit Ausnahme des Anspruchs auf einen Gewinnantheil, nicht
geltend machen.
§. 726. Die Gesellschaft endigt, wenn der vereinbarte Zweck erreicht
oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist.
§. 727. Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der Gesellschafter
aufgelöst, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrage sich ein Anderes ergiebt.
Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den
übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem
Aufschube Gefahr verbunden ist, die seinem Erblasser durch den
Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte fortzuführen, bis die übrigen
Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit Fürsorge treffen können. Die
übrigen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der
ihnen übertragenen Geschäfte verpflichtet. Die Gesellschaft gilt insoweit als
fortbestehend.
§. 728. Die Gesellschaft wird durch die Eröffnung des Konkurses über das
Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Die Vorschriften des §. 727 Abs. 2
Satz 2, 3 finden Anwendung.
§. 729. Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung
aufgelöst, so gilt die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag
übertragene Befugniß zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als
fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntniß erlangt oder die Auflösung kennen
muß.
§. 730. Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des
Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt.
Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche
Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des
Gesellschaftsvermögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der
Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem
Gesellschaftsvertrage zustehende Befugniß zur Geschäftsführung erlischt jedoch,
wenn nicht aus dem Vertrage sich ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der
Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von der Auflösung an allen
Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.
§. 731. Die Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen
Vereinbarung in Gemäßheit der §§. 732 bis 735. Im Uebrigen gelten für die
Theilung die Vorschriften über die Gemeinschaft.
§. 732. Gegenstände, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur
Benutzung überlassen hat, sind ihm zurückzugeben. Für einen durch Zufall in
Abgang gekommenen oder verschlechterten Gegenstand kann er nicht Ersatz
verlangen.
§. 733. Aus dem Gesellschaftsvermögen sind zunächst die
gemeinschaftlichen Schulden mit Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den
Gläubigern gegenüber unter den Gesellschaftern getheilt sind oder für welche
einem Gesellschafter die übrigen Gesellschafter als Schuldner haften. Ist eine
Schuld noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung
Erforderliche zurückzubehalten.
Aus dem nach der Berichtigung der Schulden übrig bleibenden
Gesellschaftsvermögen sind die Einlagen zurückzuerstatten. Für Einlagen, die
nicht in Geld bestanden haben, ist der Werth zu ersetzen, den sie zur Zeit der
Einbringung gehabt haben. Für Einlagen, die in der Leistung von Diensten oder
in der Ueberlassung der Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, kann
nicht Ersatz verlangt werden.
Zur Berichtigung der Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen ist
das Gesellschaftsvermögen, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen.
§. 734. Verbleibt nach der Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden
und der Rückerstattung der Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt er den
Gesellschaftern nach dem Verhältniß ihrer Antheile am Gewinne.
§. 735. Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der
gemeinschaftlichen Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht aus, so
haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältniß aufzukommen,
nach welchem sie den Verlust zu tragen haben. Kann von einem Gesellschafter der
auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so haben die übrigen
Gesellschafter den Ausfall nach dem gleichen Verhältnisse zu tragen.
§. 736. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein
Gesellschafter kündigt oder stirbt oder wenn der Konkurs über sein Vermögen
eröffnet wird, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen
soll, so scheidet bei dem Eintritt eines solchen Ereignisses der
Gesellschafter, in dessen Person es eintritt, aus der Gesellschaft aus.
§. 737. Ist im Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein
Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern
fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen
Gesellschafter nach §. 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand
eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht
steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.
§. 738. Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst
sein Antheil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese
sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft
zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des §. 732 zurückzugeben, ihn von
den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er
bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit
seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch
nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt
ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
Der Werth des Gesellschaftsvermögens ist, soweit erforderlich, im Wege
der Schätzung zu ermitteln.
§. 739. Reicht der Werth des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der
gemeinschaftlichen Schulden und der Einlagen nicht aus, so hat der
Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für den Fehlbetrag nach dem
Verhältnisse seines Antheils am Verlust aufzukommen.
§. 740. Der Ausgeschiedene nimmt an dem Gewinn und dem Verluste Theil,
welcher sich aus den zur Zeit seines Ausscheidens schwebenden Geschäften
ergiebt. Die übrigen Gesellschafter sind berechtigt, diese Geschäfte so zu
beendigen, wie es ihnen am vortheilhaftesten erscheint.
Der Ausgeschiedene kann am Schlusse jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft
über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden
Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.
Fünfzehnter Titel.
Gemeinschaft.
§. 741. Steht ein Recht Mehreren gemeinschaftlich zu, so finden, sofern
sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt, die Vorschriften der §§. 742 bis
758 Anwendung (Gemeinschaft nach Bruchtheilen).
§. 742. Im Zweifel ist anzunehmen, daß den Theilhabern gleiche Antheile
zustehen.
§. 743. Jedem Theilhaber gebührt ein seinem Antheil entsprechender
Bruchtheil der Früchte.
Jeder Theilhaber ist zum Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes
insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Theilhaber
beeinträchtigt wird.
§. 744. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes steht den
Theilhabern gemeinschaftlich zu.
Jeder Theilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstandes
nothwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Theilhaber zu treffen; er
kann verlangen, daß diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im voraus ertheilen.
§. 745. Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des
gemeinschaftlichen Gegenstandes entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und
Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der
Antheile zu berechnen.
Jeder Theilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch
Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluß geregelt ist, eine dem Interesse
aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung
verlangen.
Eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes kann nicht beschlossen
oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Theilhabers auf einen seinem
Antheil entsprechenden Bruchtheil der Nutzungen kann nicht ohne seine
Zustimmung beeinträchtigt werden.
§. 746. Haben die Theilhaber die Verwaltung und Benutzung des
gemeinschaftlichen Gegenstandes geregelt, so wirkt die getroffene Bestimmung
auch für und gegen die Sondernachfolger.
§. 747. Jeder Theilhaber kann über seinen Antheil verfügen. Ueber den
gemeinschaftlichen Gegenstand im Ganzen können die Theilhaber nur
gemeinschaftlich verfügen.
§. 748. Jeder Theilhaber ist den anderen Theilhabern gegenüber
verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes sowie die Kosten
der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem
Verhältnisse seines Antheils zu tragen.
§. 749. Jeder Theilhaber kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft
verlangen.
Wird das Recht, die Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung für immer
oder auf Zeit ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden,
wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn
eine Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist
verlangt werden.
Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen,
diesen Vorschriften zuwider ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig.
§. 750. Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft
zu verlangen, auf Zeit ausgeschlossen, so tritt die Vereinbarung im Zweifel mit
dem Tode eines Theilhabers außer Kraft.
§. 751. Haben die Theilhaber das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft
zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist
bestimmt, so wirkt die Vereinbarung auch für und gegen die Sondernachfolger.
Hat ein Gläubiger die Pfändung des Antheils eines Theilhabers erwirkt, so kann
er ohne Rücksicht auf die Vereinbarung die Aufhebung der Gemeinschaft
verlangen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.
§. 752. Die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt durch Theilung in Natur,
wenn der gemeinschaftliche Gegenstand oder, falls mehrere Gegenstände
gemeinschaftlich sind, diese sich ohne Verminderung des Werthes in
gleichartige, den Antheilen der Theilhaber entsprechende Theile zerlegen
lassen. Die Vertheilung gleicher Theile unter die Theilhaber geschieht durch
das Loos.
§. 753. Ist die Theilung in Natur ausgeschlossen, so erfolgt die
Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes
nach den Vorschriften über den Pfandverkauf, bei Grundstücken durch
Zwangsversteigerung, und durch Theilung des Erlöses. Ist die Veräußerung an
einen Dritten unstatthaft, so ist der Gegenstand unter den Theilhabern zu
versteigern.
Hat der Versuch, den Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg, so kann
jeder Theilhaber die Wiederholung verlangen; er hat jedoch die Kosten zu
tragen, wenn der wiederholte Versuch mißlingt.
§. 754. Der Verkauf einer gemeinschaftlichen Forderung ist nur zulässig,
wenn sie noch nicht eingezogen werden kann. Ist die Einziehung möglich, so kann
jeder Theilhaber gemeinschaftliche Einziehung verlangen.
§. 755. Haften die Theilhaber als Gesammtschuldner für eine
Verbindlichkeit, die sie in Gemäßheit des §. 748 nach dem Verhältniß ihrer
Antheile zu erfüllen haben oder die sie zum Zwecke der Erfüllung einer solchen
Verbindlichkeit eingegangen sind, so kann jeder Theilhaber bei der Aufhebung
der Gemeinschaft verlangen, daß die Schuld aus dem gemeinschaftlichen
Gegenstande berichtigt wird.
Der Anspruch kann auch gegen die Sondernachfolger geltend gemacht
werden.
Soweit zur Berichtigung der Schuld der Verkauf des gemeinschaftlichen
Gegenstandes erforderlich ist, hat der Verkauf nach §. 753 zu erfolgen.
§. 756. Hat ein Theilhaber gegen einen anderen Theilhaber eine
Forderung, die sich auf die Gemeinschaft gründet, so kann er bei der Aufhebung
der Gemeinschaft die Berichtigung seiner Forderung aus dem auf den Schuldner
entfallenden Theile des gemeinschaftlichen Gegenstandes verlangen. Die
Vorschriften des §. 755 Abs. 2, 3 finden Anwendung.
§. 757. Wird bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher
Gegenstand einem der Theilhaber zugetheilt, so hat wegen eines Mangels im
Rechte oder wegen eines Mangels der Sache jeder der übrigen Theilhaber zu
seinem Antheil in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten.
§. 758. Der Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der
Verjährung.
Sechzehnter Titel.
Leibrente.
§. 759. Wer zur Gewährung einer Leibrente verpflichtet ist, hat die
Rente im Zweifel für die Lebensdauer des Gläubigers zu entrichten.
Der für die Rente bestimmte Betrag ist im Zweifel der Jahresbetrag der
Rente.
§. 760. Die Leibrente ist im voraus zu
entrichten.
Eine Geldrente ist für drei Monate vorauszuzahlen; bei einer anderen
Rente bestimmt sich der Zeitabschnitt, für den sie im voraus
zu entrichten ist, nach der Beschaffenheit und dem Zwecke der Rente.
Hat der Gläubiger den Beginn des Zeitabschnitts erlebt, für den die
Rente im voraus zu entrichten ist, so gebührt ihm der
volle auf den Zeitabschnitt entfallende Betrag.
§. 761. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leibrente versprochen
wird, ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche
Ertheilung des Versprechens erforderlich.
Siebzehnter Titel.
Spiel. Wette.
§. 762. Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht
begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht
deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.
Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der
verlierende Theil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld
dem gewinnenden Theile gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für
ein Schuldanerkenntniß.
§. 763. Ein Lotterievertrag oder ein Ausspielvertrag ist verbindlich,
wenn die Lotterie oder die Ausspielung staatlich genehmigt ist. Anderenfalls
finden die Vorschriften des §. 762 Anwendung.
§. 764. Wird ein auf Lieferung von Waaren oder Werthpapieren lautender
Vertrag in der Absicht geschlossen, daß der Unterschied zwischen dem
vereinbarten Preise und dem Börsen- oder Marktpreise der Lieferungszeit von dem
verlierenden Theile an den gewinnenden gezahlt werden soll, so ist der Vertrag
als Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur die Absicht des einen
Theiles auf die Zahlung des Unterschieds gerichtet ist, der andere Theil aber
diese Absicht kennt oder kennen muß.
Achtzehnter Titel.
Bürgschaft.
§. 765. Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge
gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit
des Dritten einzustehen.
Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte
Verbindlichkeit übernommen werden.
§. 766. Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche
Ertheilung der Bürgschaftserklärung erforderlich. Soweit der Bürge die
Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der Mangel der Form geheilt.
§. 767. Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der
Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die
Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert
wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Uebernahme der
Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.
Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu
ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.
§. 768. Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden
geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf
berufen, daß der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.
Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, daß der Hauptschuldner
auf sie verzichtet.
§. 769. Verbürgen sich Mehrere für dieselbe Verbindlichkeit, so haften
sie als Gesammtschuldner, auch wenn sie die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich
übernehmen.
§. 770. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern,
solange dem Hauptschuldner das Recht zusteht, das seiner Verbindlichkeit zu
Grunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.
Die gleiche Befugniß hat der Bürge, solange sich der Gläubiger durch
Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.
§. 771. Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern,
solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner
ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage).
§. 772. Besteht die Bürgschaft für eine Geldforderung, so muß die
Zwangsvollstreckung in die beweglichen Sachen des Hauptschuldners an seinem
Wohnsitz und, wenn der Hauptschuldner an einem anderen Orte eine gewerbliche
Niederlassung hat, auch an diesem Orte, in Ermangelung eines Wohnsitzes und
einer gewerblichen Niederlassung an seinem Aufenthaltsorte versucht werden.
Steht dem Gläubiger ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht an
einer beweglichen Sache des Hauptschuldners zu, so muß er auch aus dieser Sache
Befriedigung suchen. Steht dem Gläubiger ein solches Recht an der Sache auch
für eine andere Forderung zu, so gilt dies nur, wenn beide Forderungen durch
den Werth der Sache gedeckt werden.
§. 773. Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen:
1. wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet,
insbesondere wenn er sich als Selbstschuldner verbürgt hat;
2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den
Hauptschuldner in Folge einer nach der Uebernahme der Bürgschaft eingetretenen
Aenderung des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des
Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist;
3. wenn über das Vermögen des Hauptschuldners
der Konkurs eröffnet ist;
4. wenn anzunehmen ist, daß die
Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners nicht zur Befriedigung
des Gläubigers führen wird.
In den Fällen der Nr. 3, 4 ist die Einrede insoweit zulässig, als sich
der Gläubiger aus einer beweglichen Sache des Hauptschuldners befriedigen kann,
an der er ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht hat; die Vorschrift des
§. 772 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
§. 774. Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung
des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über. Der Uebergang kann nicht
zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des
Hauptschuldners aus einem zwischen ihm und dem Bürgen bestehenden Rechtsverhältnisse bleiben unberührt.
Mitbürgen haften einander nur nach §. 426.
§. 775. Hat sich der Bürge im Auftrage des Hauptschuldners verbürgt oder
stehen ihm nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegen
der Uebernahme der Bürgschaft die Rechte eines Beauftragten gegen den
Hauptschuldner zu, so kann er von diesem Befreiung von der Bürgschaft
verlangen:
1. wenn sich die Vermögensverhältnisse des
Hauptschuldners wesentlich verschlechtert haben;
2. wenn die Rechtsverfolgung gegen den
Hauptschuldner in Folge einer nach der Uebernahme der Bürgschaft eingetretenen
Aenderung des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des
Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist;
3. wenn der Hauptschuldner mit der Erfüllung
seiner Verbindlichkeit im Verzug ist;
4. wenn der Gläubiger gegen den Bürgen ein
vollstreckbares Urtheil auf Erfüllung erwirkt hat.
Ist die Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der
Hauptschuldner dem Bürgen, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
§. 776. Giebt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes
Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für
sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird
der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Rechte nach §. 774 hätte
Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst
nach der Uebernahme der Bürgschaft entstanden ist.
§. 777. Hat sich der Bürge für eine bestehende Verbindlichkeit auf
bestimmte Zeit verbürgt, so wird er nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit frei,
wenn nicht der Gläubiger die Einziehung der Forderung unverzüglich nach Maßgabe
des §. 772 betreibt, das Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt und
unverzüglich nach der Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzeigt, daß er ihn
in Anspruch nehme. Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so
wird er nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger ihm
unverzüglich diese Anzeige macht.
Erfolgt die Anzeige rechtzeitig, so beschränkt sich die Haftung des
Bürgen im Falle des Abs. 1 Satz 1 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit
zur Zeit der Beendigung des Verfahrens hat, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auf den
Umfang, den die Hauptverbindlichkeit bei dem Ablaufe der bestimmten Zeit hat.
§. 778. Wer einen Anderen beauftragt, im eigenen Namen und auf eigene
Rechnung einem Dritten Kredit zu geben, haftet dem Beauftragten für die aus der
Kreditgewährung entstehende Verbindlichkeit des Dritten als Bürge.
Neunzehnter Titel.
Vergleich.
§. 779. Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der
Parteien über ein Rechtsverhältniß im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt
wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalte des Vertrags als
feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und
der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntniß der Sachlage nicht entstanden sein
würde.
Der Ungewißheit über ein Rechtsverhältniß steht
es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
Zwanzigster Titel.
Schuldversprechen. Schuldanerkenntniß.
§. 780. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der
Weise versprochen wird, daß das Versprechen die Verpflichtung selbständig
begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form
vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Versprechens erforderlich.
§. 781. Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines
Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntniß), ist schriftliche
Ertheilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Ist für die Begründung des
Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form
vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.
§. 782. Wird ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß auf Grund
einer Abrechnung oder im Wege des Vergleichs ertheilt, so ist die Beobachtung
der in den §§. 780, 781 vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich.
Einundzwanzigster Titel.
Anweisung.
§. 783. Händigt Jemand eine Urkunde, in der er einen Anderen anweist,
Geld, Werthpapiere oder andere vertretbare Sachen an einen Dritten zu leisten,
dem Dritten aus, so ist dieser ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen im
eigenen Namen zu erheben; der Angewiesene ist ermächtigt, für Rechnung des
Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten.
§. 784. Nimmt der Angewiesene die Anweisung an, so ist er dem
Anweisungsempfänger gegenüber zur Leistung verpflichtet; er kann ihm nur solche
Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder
sich aus dem Inhalte der Anweisung oder dem Inhalte der Annahme ergeben oder
dem Angewiesenen unmittelbar gegen den Anweisungsempfänger zustehen.
Die Annahme erfolgt durch einen schriftlichen Vermerk auf der Anweisung.
Ist der Vermerk auf die Anweisung vor der Aushändigung an den
Anweisungsempfänger gesetzt worden, so wird die Annahme diesem gegenüber erst
mit der Aushändigung wirksam.
§. 785. Der Angewiesene ist nur gegen Aushändigung der Anweisung zur
Leistung verpflichtet.
§. 786. Der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus
der Annahme verjährt in drei Jahren.
§. 787. Im Falle einer Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch
die Leistung in deren Höhe von der Schuld befreit.
Zur Annahme der Anweisung oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger
ist der Angewiesene dem Anweisenden gegenüber nicht schon deshalb verpflichtet,
weil er Schuldner des Anweisenden ist.
§. 788. Ertheilt der Anweisende die Anweisung zu dem Zwecke, um
seinerseits eine Leistung an den Anweisungsempfänger zu bewirken, so wird die
Leistung, auch wenn der Angewiesene die Anweisung annimmt, erst mit der
Leistung des Angewiesenen an den Anweisungsempfänger bewirkt.
§. 789. Verweigert der Angewiesene vor dem Eintritte der Leistungszeit
die Annahme der Anweisung oder verweigert er die Leistung, so hat der
Anweisungsempfänger dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche
gilt, wenn der Anweisungsempfänger die Anweisung nicht geltend machen kann oder
will.
§. 790. Der Anweisende kann die Anweisung dem Angewiesenen gegenüber
widerrufen, solange nicht der Angewiesene sie dem Anweisungsempfänger gegenüber
angenommen oder die Leistung bewirkt hat. Dies gilt auch dann, wenn der
Anweisende durch den Widerruf einer ihm gegen den Anweisungsempfänger
obliegenden Verpflichtung zuwiderhandelt.
§. 791. Die Anweisung erlischt nicht durch den Tod oder den Eintritt der
Geschäftsunfähigkeit eines der Betheiligten.
§. 792. Der Anweisungsempfänger kann die Anweisung durch Vertrag mit
einem Dritten auf diesen übertragen, auch wenn sie noch nicht angenommen worden
ist. Die Uebertragungserklärung bedarf der schriftlichen Form. Zur Uebertragung
ist die Aushändigung der Anweisung an den Dritten erforderlich.
Der Anweisende kann die Uebertragung ausschließen. Die Ausschließung ist
dem Angewiesenen gegenüber nur wirksam, wenn sie aus der Anweisung zu entnehmen
ist oder wenn sie von dem Anweisenden dem Angewiesenen mitgetheilt wird, bevor
dieser die Anweisung annimmt oder die Leistung bewirkt.
Nimmt der Angewiesene die Anweisung dem Erwerber gegenüber an, so kann
er aus einem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger
bestehenden Rechtsverhältniß Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf die Uebertragung der Anweisung die für die
Abtretung einer Forderung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
Zweiundzwanzigster Titel.
Schuldverschreibung auf den Inhaber.
§. 793. Hat Jemand eine Urkunde ausgestellt, in der er dem Inhaber der
Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann
der Inhaber von ihm die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es
sei denn, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der
Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung
berechtigten Inhaber befreit.
Die Gültigkeit der Unterzeichnung kann durch eine in die Urkunde
aufgenommene Bestimmung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängig
gemacht werden. Zur Unterzeichnung genügt eine im Wege der mechanischen
Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift.
§. 794. Der Aussteller wird aus einer Schuldverschreibung auf den
Inhaber auch dann verpflichtet, wenn sie ihm gestohlen worden oder verloren
gegangen oder wenn sie sonst ohne seinen Willen in den Verkehr gelangt ist.
Auf die Wirksamkeit einer Schuldverschreibung auf den Inhaber ist es
ohne Einfluß, wenn die Urkunde ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben
oder geschäftsunfähig geworden ist.
§. 795. Im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in
denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit
staatlicher Genehmigung in den Verkehr gebracht werden, soweit nicht Ausnahmen
zugelassen sind. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
Eine ohne die erforderliche staatliche Genehmigung in den Verkehr
gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der Aussteller hat dem Inhaber den
durch die Ausgabe verursachten Schaden zu ersetzen.
§. 796. Der Aussteller kann dem Inhaber der Schuldverschreibung nur
solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Ausstellung
betreffen oder sich aus der Urkunde ergeben oder dem Aussteller unmittelbar
gegen den Inhaber zustehen.
§. 797. Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung der
Schuldverschreibung zur Leistung verpflichtet. Mit der Aushändigung erwirbt er
das Eigenthum an der Urkunde, auch wenn der Inhaber zur Verfügung über sie
nicht berechtigt ist.
§. 798. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber in Folge einer
Beschädigung oder einer Verunstaltung zum Umlaufe nicht mehr geeignet, so kann
der Inhaber, sofern ihr wesentlicher Inhalt und ihre Unterscheidungsmerkmale
noch mit Sicherheit erkennbar sind, von dem Aussteller die Ertheilung einer
neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber gegen Aushändigung der beschädigten
oder verunstalteten verlangen.
Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen.
§. 799. Eine abhanden gekommene oder vernichtete Schuldverschreibung auf
den Inhaber kann, wenn nicht in der Urkunde das Gegentheil bestimmt ist, im
Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Ausgenommen sind
Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine sowie die auf Sicht zahlbaren
unverzinslichen Schuldverschreibungen.
Der Aussteller ist verpflichtet, dem bisherigen Inhaber auf Verlangen
die zur Erwirkung des Aufgebots oder der Zahlungssperre erforderliche Auskunft
zu ertheilen und die erforderlichen Zeugnisse auszustellen. Die Kosten der
Zeugnisse hat der bisherige Inhaber zu tragen und vorzuschießen.
§. 800. Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber für kraftlos
erklärt, so kann derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, von dem
Aussteller, unbeschadet der Befugniß, den Anspruch aus der Urkunde geltend zu
machen, die Ertheilung einer neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber an
Stelle der für kraftlos erklärten verlangen. Die Kosten hat er zu tragen und
vorzuschießen.
§. 801. Der Anspruch aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber
erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Eintritte der für die
Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die Urkunde vor dem Ablaufe der dreißig
Jahre dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt wird. Erfolgt die Vorlegung, so
verjährt der Anspruch in zwei Jahren von dem Ende der Vorlegungsfrist an. Der
Vorlegung steht die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs aus der Urkunde
gleich.
Bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist
vier Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem die für
die Leistung bestimmte Zeit eintritt.
Die Dauer und der Beginn der Vorlegungsfrist können von dem Aussteller
in der Urkunde anders bestimmt werden.
§. 802. Der Beginn und der Lauf der Vorlegungsfrist sowie der Verjährung
werden durch die Zahlungssperre zu Gunsten des Antragstellers gehemmt. Die
Hemmung beginnt mit der Stellung des Antrags auf Zahlungssperre; sie endigt mit
der Erledigung des Aufgebotsverfahrens und, falls die Zahlungssperre vor der
Einleitung des Verfahrens verfügt worden ist, auch dann, wenn seit der
Beseitigung des der Einleitung entgegenstehenden Hindernisses sechs Monate
verstrichen sind und nicht vorher die Einleitung beantragt worden ist. Auf
diese Frist finden die Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende
Anwendung.
§. 803. Werden für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinsscheine
ausgegeben, so bleiben die Scheine, sofern sie nicht eine gegentheilige
Bestimmung enthalten, in Kraft, auch wenn die Hauptforderung erlischt oder die
Verpflichtung zur Verzinsung aufgehoben oder geändert wird.
Werden solche Zinsscheine bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung
nicht zurückgegeben, so ist der Aussteller berechtigt, den Betrag
zurückzubehalten, den er nach Abs. 1 für die Scheine zu zahlen verpflichtet
ist.
§. 804. Ist ein Zins-, Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden
gekommen oder vernichtet und hat der bisherige Inhaber den Verlust dem
Aussteller vor dem Ablaufe der Vorlegungsfrist angezeigt, so kann der bisherige
Inhaber nach dem Ablaufe der Frist die Leistung von dem Aussteller verlangen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der abhanden gekommene Schein dem
Aussteller zur Einlösung vorgelegt oder der Anspruch aus dem Scheine
gerichtlich geltend gemacht worden ist, es sei denn, daß die Vorlegung oder die
gerichtliche Geltendmachung nach dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der
Anspruch verjährt in vier Jahren.
In dem Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine kann der im Abs. 1
bestimmte Anspruch ausgeschlossen werden.
§. 805. Neue Zins- oder Rentenscheine für eine Schuldverschreibung auf
den Inhaber dürfen an den Inhaber der zum Empfange der Scheine ermächtigenden
Urkunde (Erneuerungsschein) nicht ausgegeben werden, wenn der Inhaber der
Schuldverschreibung der Ausgabe widersprochen hat. Die Scheine sind in diesem
Falle dem Inhaber der Schuldverschreibung auszuhändigen, wenn er die
Schuldverschreibung vorlegt.
§. 806. Die Umschreibung einer auf den Inhaber lautenden
Schuldverschreibung auf den Namen eines bestimmten Berechtigten kann nur durch
den Aussteller erfolgen. Der Aussteller ist zur Umschreibung nicht
verpflichtet.
§. 807. Werden Karten, Marken oder ähnliche Urkunden, in denen ein
Gläubiger nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen ausgegeben,
aus welchen sich ergiebt, daß er dem Inhaber zu einer Leistung verpflichtet
sein will, so finden die Vorschriften des §. 793 Abs. 1 und der §§. 794, 796,
797 entsprechende Anwendung.
§. 808. Wird eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der
Bestimmung ausgegeben, daß die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden
Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den
Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu
verlangen.
Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung
verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so kann sie,
wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für
kraftlos erklärt werden. Die im §. 802 für die Verjährung gegebenen
Vorschriften finden Anwendung.
§. 808a. Im Inland ausgestellte Orderschuldverschreibungen, in denen die
Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen, wenn sie Teile
einer Gesamtemission darstellen, nur mit staatlicher Genehmigung in den Verkehr
gebracht werden, soweit nicht Ausnahmen zugelassen sind. Das Nähere bestimmt
ein Bundesgesetz. Die Vorschriften des § 795 Abs. 2 sind entsprechend
anzuwenden.
Dreiundzwanzigster Titel.
Vorlegung von Sachen.
§. 809. Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung
der Sache hat oder sich Gewißheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch
zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von
Interesse ist, verlangen, daß der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung
vorlegt oder die Besichtigung gestattet.
§. 810. Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitze
befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der
Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der
Urkunde ein zwischen ihm und einem Anderen bestehendes Rechtsverhältniß
beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft
enthält, die zwischen ihm und einem Anderen oder zwischen einem von beiden und
einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind.
§. 811. Die Vorlegung hat in den Fällen der §§. 809, 810 an dem Orte zu
erfolgen, an welchem sich die vorzulegende Sache befindet. Jeder Theil kann die
Vorlegung an einem anderen Orte verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Die Gefahr und die Kosten hat derjenige zu tragen, welcher die Vorlegung
verlangt. Der Besitzer kann die Vorlegung verweigern, bis ihm der andere Theil
die Kosten vorschießt und wegen der Gefahr Sicherheit leistet.
Vierundzwanzigster Titel.
Ungerechtfertigte Bereicherung.
§. 812. Wer durch die Leistung eines Anderen oder in sonstiger Weise auf
dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe
verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund
später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalte des
Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des
Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
§. 813. Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete
kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede
entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd
ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des §. 222 Abs. 2 bleibt
unberührt.
Wird eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die
Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht
verlangt werden.
§. 814. Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete
kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur
Leistung nicht verpflichtet war, oder wenn die Leistung einer sittlichen
Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach.
§. 815. Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung
bezweckten Erfolges ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolges von
Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewußt hat oder wenn der
Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert hat.
§. 816. Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine
Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem
Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet.
Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung
denjenigen, welcher auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen
Vortheil erlangt.
Wird an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die dem
Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist der Nichtberechtigte dem
Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet.
§. 817. War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, daß der
Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten
Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die
Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher
Verstoß zur Last fällt, es sei denn, daß die Leistung in der Eingehung einer
Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit
Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.
§. 818. Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die
gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines
erlangten Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder
Entziehung des erlangten Gegenstandes erwirbt.
Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich
oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande, so
hat er den Werth zu ersetzen.
Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatze des Werthes ist
ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
Von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den
allgemeinen Vorschriften.
§. 819. Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen
Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang
oder der Erlangung der Kenntniß an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der
Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
Verstößt der Empfänger durch die Annahme der
Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er
von dem Empfange der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
§. 820. War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach
dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als ungewiß angesehen wurde, so ist der
Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt, zur Herausgabe so verpflichtet, wie
wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden
wäre. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrunde, dessen
Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde,
erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt.
Zinsen hat der Empfänger erst von dem Zeitpunkt an zu entrichten, in
welchem er erfährt, daß der Erfolg nicht eingetreten oder daß der Rechtsgrund
weggefallen ist; zur Herausgabe von Nutzungen ist er insoweit nicht
verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist.
§. 821. Wer ohne rechtlichen Grund eine Verbindlichkeit eingeht, kann
die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Befreiung von der
Verbindlichkeit verjährt ist.
§. 822. Wendet der Empfänger das Erlangte unentgeltlich einem Dritten
zu, so ist, soweit in Folge dessen die Verpflichtung des Empfängers zur
Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen ist, der Dritte zur Herausgabe
verpflichtet, wie wenn er die Zuwendung von dem Gläubiger ohne rechtlichen
Grund erhalten hätte.
Fünfundzwanzigster Titel.
Unerlaubte Handlungen.
§. 823. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die
Gesundheit, die Freiheit, das Eigenthum oder ein sonstiges Recht eines Anderen
widerrechtlich verletzt, ist dem Anderen zum Ersatze des daraus entstehenden
Schadens verpflichtet.
Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz
eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes
ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die
Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
§. 824. Wer der Wahrheit zuwider eine Thatsache behauptet oder
verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines Anderen zu gefährden oder
sonstige Nachtheile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem
Anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die
Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muß.
Durch eine Mittheilung, deren Unwahrheit dem Mittheilenden unbekannt
ist, wird dieser nicht zum Schadensersatze verpflichtet, wenn er oder der
Empfänger der Mittheilung an ihr ein berechtigtes Interesse hat.
§. 825. Wer eine Frauensperson durch Hinterlist, durch Drohung oder
unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der
außerehelichen Beiwohnung bestimmt, ist ihr zum Ersatze des daraus entstehenden
Schadens verpflichtet.
§. 826. Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem
Anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem Anderen zum Ersatze des Schadens
verpflichtet.
§. 827. Wer im Zustande der Bewußtlosigkeit oder in einem die freie
Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit
einem Anderen Schaden zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat er
sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden
Zustand dieser Art versetzt, so ist er für einen Schaden, den er in diesem
Zustande widerrechtlich verursacht, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn
ihm Fahrlässigkeit zur Last fiele; die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn
er ohne Verschulden in den Zustand gerathen ist.
§. 828. Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen
Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich.
Wer das siebente, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat,
ist für einen Schaden, den er einem Anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn
er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntniß der
Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Das Gleiche gilt von einem
Taubstummen.
§. 829. Wer in einem der in den §§. 823 bis 826 bezeichneten Fälle für
einen von ihm verursachten Schaden auf Grund der §§. 827, 828 nicht
verantwortlich ist, hat gleichwohl, sofern der Ersatz des Schadens nicht von
einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann, den Schaden insoweit zu
ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den
Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht
die Mittel entzogen werden, deren er zum angemessenen Unterhalte sowie zur
Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.
§. 830. Haben Mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte
Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich.
Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln läßt, wer von mehreren Betheiligten
den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.
Anstifter und Gehülfen stehen Mitthätern gleich.
§. 831. Wer einen Anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatze
des Schadens verpflichtet, den der Andere in Ausführung der Verrichtung einem
Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der
Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er
Vorrichtungen oder Geräthschaften zu beschaffen oder die Ausführung der
Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung
dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den
Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte
durch Vertrag übernimmt.
§. 832. Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person
verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder
körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatze des Schadens
verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die
Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn
der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.
Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung
der Aufsicht durch Vertrag übernimmt.
§. 833. Wird durch ein Thier ein Mensch getödtet oder der Körper oder
die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist
derjenige, welcher das Thier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der
Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Berufe, der
Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalte des Tierhalters zu dienen bestimmt ist,
und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser
Sorgfalt entstanden sein würde.
§. 834. Wer für denjenigen, welcher ein Thier hält, die Führung der
Aufsicht über das Thier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden
verantwortlich, den das Thier einem Dritten in der im §. 833 bezeichneten
Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung
der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der
Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
§. 835. Anm.: Aufgehoben durch § 46, Bundesgesetzblatt I 1952, S.
780, Nr. 51, ausgegeben am 02. 12. 1952, in Kraft seit 01. 04. 1953 -
Bundesjagdgesetz.
§. 836. Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit
einem Grundstücke verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Theilen des
Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getödtet, der Körper oder die Gesundheit
eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des
Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter
Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den
daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein,
wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.
Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden
verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach
der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, daß er während seines
Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer
Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können.
Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.
§. 837. Besitzt Jemand auf einem fremden Grundstück in Ausübung eines
Rechtes ein Gebäude oder ein anderes Werk, so trifft ihn an Stelle des
Besitzers des Grundstücks die im §. 836 bestimmte Verantwortlichkeit.
§. 838. Wer die Unterhaltung eines Gebäudes oder eines mit einem
Grundstücke verbundenen Werkes für den Besitzer übernimmt oder das Gebäude oder
das Werk vermöge eines ihm zustehenden Nutzungsrechts zu unterhalten hat, ist
für den durch den Einsturz oder die Ablösung von Theilen verursachten Schaden
in gleicher Weise verantwortlich wie der Besitzer.
§. 839. Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem
Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur
Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht
auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
Verletzt ein Beamter bei dem Urtheil in einer Rechtssache seine Amtspflicht,
so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die
Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige
Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes findet diese Vorschrift
keine Anwendung.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder
fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels
abzuwenden. 13
§. 840. Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden
Mehrere neben einander verantwortlich, so haften sie als Gesammtschuldner.
Ist neben demjenigen, welcher nach den §§. 831, 832 zum Ersatze des von
einem Anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der Andere für den
Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere
allein, im Falle des §. 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.
Ist neben demjenigen, welcher nach den §§. 833 bis 838 zum Ersatze des
Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist
in ihrem Verhältnisse zu einander der Dritte allein verpflichtet.
§. 841. Ist ein Beamter, der vermöge seiner Amtspflicht einen Anderen
zur Geschäftsführung für einen Dritten zu bestellen oder eine solche
Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder durch Genehmigung von Rechtsgeschäften
bei ihr mitzuwirken hat, wegen Verletzung dieser Pflichten neben dem Anderen
für den von diesem verursachten Schaden verantwortlich, so ist in ihrem
Verhältnisse zu einander der Andere allein verpflichtet.
§. 842. Die Verpflichtung zum Schadensersatze wegen einer gegen die
Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachtheile,
welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten
herbeiführt.
§. 843. Wird in Folge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit
die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine
Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung
einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.
Auf die Rente finden die Vorschriften des §. 760 Anwendung.
Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu
leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.
Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen,
wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Anderer dem
Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.
§. 844. Im Falle der Tödtung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der
Beerdigung demjenigen zu ersetzen, welchem die Verpflichtung obliegt, diese
Kosten zu tragen.
Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem
Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes
unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem
Dritten in Folge der Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der
Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit
Schadensersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer
seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die
Vorschriften des §. 843 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung. Die
Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung
erzeugt, aber noch nicht geboren war.
§. 845. Im Falle der Tödtung, der Verletzung des Körpers oder der
Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige,
wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in
dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden
Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten. Die Vorschriften
des §. 843 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung.
§. 846. Hat in den Fällen der §§. 844, 845 bei der Entstehung des
Schadens, den der Dritte erleidet, ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt,
so finden auf den Anspruch des Dritten die Vorschriften des §. 254 Anwendung.
§. 847. Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im
Falle der Freiheitsentziehung kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der
nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Der
Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn,
daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist.
Ein gleicher Anspruch steht einer Frauensperson zu, gegen die ein Verbrechen
oder Vergehen wider die Sittlichkeit begangen oder die durch Hinterlist, durch
Drohung oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung
der außerehelichen Beiwohnung bestimmt wird.
§. 848. Wer zur Rückgabe einer Sache verpflichtet ist, die er einem
Anderen durch eine unerlaubte Handlung entzogen hat, ist auch für den
zufälligen Untergang, eine aus einem anderen Grunde eintretende zufällige
Unmöglichkeit der Herausgabe oder eine zufällige Verschlechterung der Sache
verantwortlich, es sei denn, daß der Untergang, die anderweitige Unmöglichkeit
der Herausgabe oder die Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten
sein würde.
§. 849. Ist wegen der Entziehung einer Sache der Werth oder wegen der
Beschädigung einer Sache die Werthminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte
Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der
Bestimmung des Werthes zu Grunde gelegt wird.
§. 850. Macht der zur Herausgabe einer entzogenen Sache Verpflichtete
Verwendungen auf die Sache, so stehen ihm dem Verletzten gegenüber die Rechte
zu, die der Besitzer dem Eigenthümer gegenüber wegen Verwendungen hat.
§. 851. Leistet der wegen der Entziehung oder Beschädigung einer
beweglichen Sache zum Schadensersatze Verpflichtete den Ersatz an denjenigen,
in dessen Besitze sich die Sache zur Zeit der Entziehung oder der Beschädigung
befunden hat, so wird er durch die Leistung auch dann befreit, wenn ein Dritter
Eigenthümer der Sache war oder ein sonstiges Recht an der Sache hatte, es sei
denn, daß ihm das Recht des Dritten bekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit
unbekannt ist.
§. 852. Der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung
entstandenen Schadens verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem
der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß
erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von der Begehung
der Handlung an.
Schweben zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Ersatzberechtigten
Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz, so ist die Verjährung
gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen
verweigert.
Hat der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des
Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach der Vollendung der Verjährung zur
Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung verpflichtet.
§. 853. Erlangt Jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine
Forderung gegen den Verletzten, so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann
verweigern, wenn der Anspruch auf Aufhebung der Forderung verjährt ist.
Drittes Buch.
Sachenrecht.
Erster Abschnitt.
Besitz.
§. 854. Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der
thatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.
Die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers genügt zum
Erwerbe, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache
auszuüben.
§. 855. Uebt Jemand die thatsächliche Gewalt über eine Sache für einen
Anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem
ähnlichen Verhältniß aus, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden
Weisungen des Anderen Folge zu leisten hat, so ist nur der Andere Besitzer.
§. 856. Der Besitz wird dadurch beendigt, daß der Besitzer die
thatsächliche Gewalt über die Sache aufgiebt oder in anderer Weise verliert.
Durch eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung in der Ausübung
der Gewalt wird der Besitz nicht beendigt.
§. 857. Der Besitz geht auf den Erben über.
§. 858. Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn
im Besitze stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die
Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die
Fehlerhaftigkeit muß der Nachfolger im Besitze gegen sich gelten lassen, wenn
er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines
Vorgängers bei dem Erwerbe kennt.
§. 859. Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt
erwehren.
Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittelst verbotener Eigenmacht
weggenommen, so darf er sie dem auf frischer That betroffenen oder verfolgten
Thäter mit Gewalt wiederabnehmen.
Wird dem Besitzer eines Grundstücks der Besitz durch verbotene
Eigenmacht entzogen, so darf er sofort nach der Entziehung sich des Besitzes
durch Entsetzung des Thäters wiederbemächtigen.
Die gleichen Rechte stehen dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher
nach §. 858 Abs. 2 die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen
muß.
§. 860. Zur Ausübung der dem Besitzer nach §. 859 zustehenden Rechte ist
auch derjenige befugt, welcher die thatsächliche Gewalt nach §. 855 für den
Besitzer ausübt.
§. 861. Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer
entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen
verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem
gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und
in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.
§. 862. Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht im Besitze gestört,
so kann er von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere
Störungen zu besorgen, so kann der Besitzer auf Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem Störer oder
dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz in dem
letzten Jahre vor der Störung erlangt worden ist.
§. 863. Gegenüber den in den §§. 861, 862 bestimmten Ansprüchen kann ein
Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung
der Behauptung geltend gemacht werden, daß die Entziehung oder die Störung des
Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sei.
§. 864. Ein nach den §§. 861, 862 begründeter Anspruch erlischt mit dem
Ablauf eines Jahres nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht, wenn nicht
vorher der Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht wird.
Das Erlöschen tritt auch dann ein, wenn nach der Verübung der verbotenen
Eigenmacht durch rechtskräftiges Urtheil festgestellt wird, daß dem Thäter ein
Recht an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner
Handlungsweise entsprechenden Besitzstandes verlangen kann.
§. 865. Die Vorschriften der §§. 858 bis 864 gelten auch zu Gunsten
desjenigen, welcher nur einen Theil einer Sache, insbesondere abgesonderte
Wohnräume oder andere Räume, besitzt.
§. 866. Besitzen Mehrere eine Sache gemeinschaftlich, so findet in ihrem
Verhältnisse zu einander ein Besitzschutz insoweit nicht statt, als es sich um
die Grenzen des den Einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt.
§. 867. Ist eine Sache aus der Gewalt des Besitzers auf ein im Besitz
eines Anderen befindliches Grundstück gelangt, so hat ihm der Besitzer des
Grundstücks die Aufsuchung und die Wegschaffung zu gestatten, sofern nicht die
Sache inzwischen in Besitz genommen worden ist. Der Besitzer des Grundstücks
kann Ersatz des durch die Aufsuchung und die Wegschaffung entstehenden Schadens
verlangen. Er kann, wenn die Entstehung eines Schadens zu besorgen ist, die
Gestattung verweigern, bis ihm Sicherheit geleistet wird; die Verweigerung ist
unzulässig, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§. 868. Besitzt Jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger,
Pächter, Miether, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnisse, vermöge
dessen er einem Anderen gegenüber auf Zeit zum Besitze berechtigt oder
verpflichtet ist, so ist auch der Andere Besitzer (mittelbarer Besitz).
§. 869. Wird gegen den Besitzer verbotene Eigenmacht verübt, so stehen
die in den §§. 861, 862 bestimmten Ansprüche auch dem mittelbaren Besitzer zu.
Im Falle der Entziehung des Besitzes ist der mittelbare Besitzer berechtigt,
die Wiedereinräumung des Besitzes an den bisherigen Besitzer zu verlangen; kann
oder will dieser den Besitz nicht wiederübernehmen, so kann der mittelbare
Besitzer verlangen, daß ihm selbst der Besitz eingeräumt wird. Unter der
gleichen Voraussetzung kann er im Falle des §. 867 verlangen, daß ihm die
Aufsuchung und Wegschaffung der Sache gestattet wird.
§. 870. Der mittelbare Besitz kann dadurch auf einen Anderen übertragen
werden, daß diesem der Anspruch auf Herausgabe der Sache abgetreten wird.
§. 871. Steht der mittelbare Besitzer zu einem Dritten in einem
Verhältnisse der im §. 868 bezeichneten Art, so ist auch der Dritte mittelbarer
Besitzer.
§. 872. Wer eine Sache als ihm gehörend besitzt, ist Eigenbesitzer.
Zweiter Abschnitt.
Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.
§. 873. Zur Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke, zur
Belastung eines Grundstücks mit einem Rechte sowie zur Uebertragung oder
Belastung eines solchen Rechtes ist die Einigung des Berechtigten und des
anderen Theiles über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der
Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein
Anderes vorschreibt.
Vor der Eintragung sind die Betheiligten an die Einigung nur gebunden,
wenn die Erklärungen notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben
oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Berechtigte dem anderen Theile
eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung
ausgehändigt hat.
§. 874. Bei der Eintragung eines Rechtes, mit dem ein Grundstück
belastet wird, kann zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechtes auf die
Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden, soweit nicht das Gesetz ein
Anderes vorschreibt.
§. 875. Zur Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück ist, soweit
nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, die Erklärung des Berechtigten, daß
er das Recht aufgebe, und die Löschung des Rechtes im Grundbuch erforderlich.
Die Erklärung ist dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber abzugeben, zu
dessen Gunsten sie erfolgt.
Vor der Löschung ist der Berechtigte an seine Erklärung nur gebunden,
wenn er sie dem Grundbuchamte gegenüber abgegeben oder demjenigen, zu dessen
Gunsten sie erfolgt, eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende
Löschungsbewilligung ausgehändigt hat.
§. 876. Ist ein Recht an einem Grundstücke mit dem Rechte eines Dritten
belastet, so ist zur Aufhebung des belasteten Rechtes die Zustimmung des
Dritten erforderlich. Steht das aufzuhebende Recht dem jeweiligen Eigenthümer
eines anderen Grundstücks zu, so ist, wenn dieses Grundstück mit dem Rechte
eines Dritten belastet ist, die Zustimmung des Dritten erforderlich, es sei
denn, daß dessen Recht durch die Aufhebung nicht berührt wird. Die Zustimmung
ist dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten
sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
§. 877. Die Vorschriften der §§. 873, 874, 876 finden auch auf
Aenderungen des Inhalts eines Rechtes an einem Grundstück Anwendung.
§. 878. Eine von dem Berechtigten in Gemäßheit der §§. 873, 875, 877 abgegebene
Erklärung wird nicht dadurch unwirksam, daß der Berechtigte in der Verfügung
beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag
auf Eintragung bei dem Grundbuchamte gestellt worden ist.
§. 879. Das Rangverhältniß unter mehreren Rechten, mit denen ein
Grundstück belastet ist, bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben Abtheilung
des Grundbuchs eingetragen sind, nach der Reihenfolge der Eintragungen. Sind
die Rechte in verschiedenen Abtheilungen eingetragen, so hat das unter Angabe
eines früheren Tages eingetragene Recht den Vorrang; Rechte, die unter Angabe
desselben Tages eingetragen sind, haben gleichen Rang.
Die Eintragung ist für das Rangverhältniß auch dann maßgebend, wenn die
nach §. 873 zum Erwerbe des Rechtes erforderliche Einigung erst nach der
Eintragung zu Stande gekommen ist.
Eine abweichende Bestimmung des Rangverhältnisses bedarf der Eintragung
in das Grundbuch.
§. 880. Das Rangverhältniß kann nachträglich geändert werden.
Zu der Rangänderung ist die Einigung des zurücktretenden und des
vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Aenderung in das Grundbuch
erforderlich; die Vorschriften des §. 873 Abs. 2 und des §. 878 finden
Anwendung. Soll eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld zurücktreten,
so ist außerdem die Zustimmung des Eigenthümers erforderlich. Die Zustimmung
ist dem Grundbuchamt oder einem der Betheiligten gegenüber zu erklären; sie ist
unwiderruflich.
Ist das zurücktretende Recht mit dem Rechte eines Dritten belastet, so
finden die Vorschriften des §. 876 entsprechende Anwendung.
Der dem vortretenden Rechte eingeräumte Rang geht nicht dadurch
verloren, daß das zurücktretende Recht durch Rechtsgeschäft aufgehoben wird.
Rechte, die den Rang zwischen dem zurücktretenden und dem vortretenden
Rechte haben, werden durch die Rangänderung nicht berührt.
§. 881. Der Eigenthümer kann sich bei der Belastung des Grundstücks mit
einem Rechte die Befugniß vorbehalten, ein anderes, dem Umfange nach bestimmtes
Recht mit dem Range vor jenem Rechte eintragen zu lassen.
Der Vorbehalt bedarf der Eintragung in das Grundbuch; die Eintragung muß
bei dem Rechte erfolgen, das zurücktreten soll.
Wird das Grundstück veräußert, so geht die vorbehaltene Befugniß auf den
Erwerber über.
Ist das Grundstück vor der Eintragung des Rechtes, dem der Vorrang
beigelegt ist, mit einem Rechte ohne einen entsprechenden Vorbehalt belastet
worden, so hat der Vorrang insoweit keine Wirkung, als das mit dem Vorbehalt
eingetragene Recht in Folge der inzwischen eingetretenen Belastung eine über
den Vorbehalt hinausgehende Beeinträchtigung erleiden würde.
§. 882. Wird ein Grundstück mit einem Rechte belastet, für welches nach
den für die Zwangsversteigerung geltenden Vorschriften dem Berechtigten im
Falle des Erlöschens durch den Zuschlag der Werth aus dem Erlöse zu ersetzen
ist, so kann der Höchstbetrag des Ersatzes bestimmt werden. Die Bestimmung
bedarf der Eintragung in das Grundbuch.
§. 883. Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines
Rechtes an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Rechte
oder auf Aenderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechtes kann eine
Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung
ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig.
Eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das
Grundstück oder das Recht getroffen wird, ist insoweit unwirksam, als sie den
Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die
Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch
den Konkursverwalter erfolgt.
Der Rang des Rechtes, auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist,
bestimmt sich nach der Eintragung der Vormerkung.
§. 884. Soweit der Anspruch durch die Vormerkung gesichert ist, kann
sich der Erbe des Verpflichteten nicht auf die Beschränkung seiner Haftung
berufen.
§. 885. Die Eintragung einer Vormerkung erfolgt auf Grund einer
einstweiligen Verfügung oder auf Grund der Bewilligung desjenigen, dessen
Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird. Zur Erlassung
der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des zu
sichernden Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
Bei der Eintragung kann zur näheren Bezeichnung des zu sichernden
Anspruchs auf die einstweilige Verfügung oder die Eintragungsbewilligung Bezug
genommen werden.
§. 886. Steht demjenigen, dessen Grundstück oder dessen Recht von der
Vormerkung betroffen wird, eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung des
durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dauernd ausgeschlossen wird, so kann
er von dem Gläubiger die Beseitigung der Vormerkung verlangen.
§. 887. Ist der Gläubiger, dessen Anspruch durch die Vormerkung
gesichert ist, unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem
Rechte ausgeschlossen werden, wenn die im §. 1170 für die Ausschließung eines
Hypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Mit der Erlassung
des Ausschlußurtheils erlischt die Wirkung der Vormerkung.
§. 888. Soweit der Erwerb eines eingetragenen Rechtes oder eines Rechtes
an einem solchen Rechte gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten die Vormerkung
besteht, unwirksam ist, kann dieser von dem Erwerber die Zustimmung zu der
Eintragung oder der Löschung verlangen, die zur Verwirklichung des durch die
Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist.
Das Gleiche gilt, wenn der Anspruch durch ein Veräußerungsverbot
gesichert ist.
§. 889. Ein Recht an einem fremden Grundstück erlischt nicht dadurch,
daß der Eigenthümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das
Eigenthum an dem Grundstück erwirbt.
§. 890. Mehrere Grundstücke können dadurch zu einem Grundstücke
vereinigt werden, daß der Eigenthümer sie als ein Grundstück in das Grundbuch
eintragen läßt.
Ein Grundstück kann dadurch zum Bestandtheil eines anderen Grundstücks
gemacht werden, daß der Eigenthümer es diesem im Grundbuche zuschreiben läßt.
§. 891. Ist im Grundbuche für Jemand ein Recht eingetragen, so wird
vermuthet, daß ihm das Recht zustehe.
Ist im Grundbuch ein eingetragenes Recht gelöscht, so wird vermuthet,
daß das Recht nicht bestehe.
§. 892. Zu Gunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück
oder ein Recht an einem solchen Rechte durch Rechtsgeschäft erwirbt, gilt der
Inhalt des Grundbuchs als richtig, es sei denn, daß ein Widerspruch gegen die
Richtigkeit eingetragen oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. Ist
der Berechtigte in der Verfügung über ein im Grundbuch eingetragenes Recht zu
Gunsten einer bestimmten Person beschränkt, so ist die Beschränkung dem
Erwerber gegenüber nur wirksam, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem
Erwerber bekannt ist.
Ist zu dem Erwerbe des Rechtes die Eintragung erforderlich, so ist für
die Kenntniß des Erwerbers die Zeit der Stellung des Antrags auf Eintragung
oder, wenn die nach §. 873 erforderliche Einigung erst später
zu Stande kommt, die Zeit der Einigung maßgebend.
§. 893. Die Vorschriften des §. 892 finden entsprechende Anwendung, wenn
an denjenigen, für welchen ein Recht im Grundbuch eingetragen ist, auf Grund
dieses Rechtes eine Leistung bewirkt oder wenn zwischen ihm und einem Anderen
in Ansehung dieses Rechtes ein nicht unter die Vorschriften des §. 892
fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das eine Verfügung über das Recht
enthält.
§. 894. Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechtes an dem
Grundstück, eines Rechtes an einem solchen Rechte oder einer
Verfügungsbeschränkung der im §. 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen
Rechtslage nicht im Einklange, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht
richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung
oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des
Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung
betroffen wird.
§. 895. Kann die Berichtigung des Grundbuchs erst erfolgen, nachdem das
Recht des nach §. 894 Verpflichteten eingetragen worden ist, so hat dieser auf
Verlangen sein Recht eintragen zu lassen.
§. 896. Ist zur Berichtigung des Grundbuchs die Vorlegung eines
Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs erforderlich, so kann
derjenige, zu dessen Gunsten die Berichtigung erfolgen soll, von dem Besitzer
des Briefes verlangen, daß der Brief dem Grundbuchamte vorgelegt wird.
§. 897. Die Kosten der Berichtigung des Grundbuchs und der dazu
erforderlichen Erklärungen hat derjenige zu tragen, welcher die Berichtigung
verlangt, sofern nicht aus einem zwischen ihm und dem Verpflichteten
bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes
ergiebt.
§. 898. Die in den §§. 894 bis 896 bestimmten Ansprüche unterliegen
nicht der Verjährung.
§. 899. In den Fällen des §. 894 kann ein Widerspruch gegen die
Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen werden.
Die Eintragung erfolgt auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf
Grund einer Bewilligung desjenigen, dessen Recht durch die Berichtigung des
Grundbuchs betroffen wird. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht
erforderlich, daß eine Gefährdung des Rechtes des Widersprechenden glaubhaft
gemacht wird.
§. 900. Wer als Eigenthümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen
ist, ohne daß er das Eigenthum erlangt hat, erwirbt das Eigenthum, wenn die
Eintragung dreißig Jahre bestanden und er während dieser Zeit das Grundstück im
Eigenbesitze gehabt hat. Die dreißigjährige Frist wird in derselben Weise
berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Der Lauf der
Frist ist gehemmt, solange ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung
im Grundbuch eingetragen ist.
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn für Jemand ein
ihm nicht zustehendes anderes Recht im Grundbuch eingetragen ist, das zum
Besitze des Grundstücks berechtigt oder dessen Ausübung nach den für den Besitz
geltenden Vorschriften geschützt ist. Für den Rang des Rechtes ist die
Eintragung maßgebend.
§. 901. Ist ein Recht an einem fremden Grundstück im Grundbuche mit
Unrecht gelöscht, so erlischt es, wenn der Anspruch des Berechtigten gegen den
Eigenthümer verjährt ist. Das Gleiche gilt, wenn ein kraft Gesetzes
entstandenes Recht an einem fremden Grundstücke nicht in das Grundbuch
eingetragen worden ist.
§. 902. Die Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen nicht der
Verjährung. Dies gilt nicht für Ansprüche, die auf Rückstände wiederkehrender
Leistungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind.
Ein Recht, wegen dessen ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des
Grundbuchs eingetragen ist, steht einem eingetragenen Rechte gleich.
Dritter Abschnitt.
Eigenthum.
Erster Titel.
Inhalt des Eigenthums.
§. 903. Der Eigenthümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder
Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und Andere
von jeder Einwirkung ausschließen.
§. 904. Der Eigenthümer einer Sache ist nicht berechtigt, die Einwirkung
eines Anderen auf die Sache zu verbieten, wenn die Einwirkung zur Abwendung
einer gegenwärtigen Gefahr nothwendig und der drohende Schaden gegenüber dem
aus der Einwirkung dem Eigenthümer entstehenden Schaden unverhältnißmäßig groß
ist. Der Eigenthümer kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen.
§. 905. Das Recht des Eigenthümers eines Grundstücks erstreckt sich auf
den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der
Eigenthümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder
Tiefe vorgenommen werden, daß er an der Ausschließung kein Interesse hat.
§. 906. Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen,
Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche
von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten,
als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich
beeinträchtigt.
Das gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch
eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht
durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern
dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine
Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen
angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche
Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus
beeinträchtigt.
Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.
§. 907. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann verlangen, daß auf den
Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen
mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß ihr Bestand oder ihre Benutzung eine
unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. Genügt eine Anlage
den landesgesetzlichen Vorschriften, die einen bestimmten Abstand von der
Grenze oder sonstige Schutzmaßregeln vorschreiben, so kann die Beseitigung der
Anlage erst verlangt werden, wenn die unzulässige Einwirkung thatsächlich
hervortritt.
Bäume und Sträucher gehören nicht zu den Anlagen im Sinne dieser
Vorschriften.
§. 908. Droht einem Grundstücke die Gefahr, daß es durch den Einsturz
eines Gebäudes oder eines anderen Werkes, das mit einem Nachbargrundstücke
verbunden ist, oder durch die Ablösung von Theilen des Gebäudes oder des Werkes
beschädigt wird, so kann der Eigenthümer von demjenigen, welcher nach dem §.
836 Abs. 1 oder den §§. 837, 838 für den eintretenden Schaden verantwortlich
sein würde, verlangen, daß er die zur Abwendung der Gefahr erforderliche
Vorkehrung trifft.
§. 909. Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden, daß der
Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn,
daß für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.
§. 910. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder
eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden
und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der
Eigenthümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur
Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
Dem Eigenthümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die
Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.
§. 911. Früchte, die von einem Baume oder einem Strauche auf ein
Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks. Diese
Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Nachbargrundstück dem öffentlichen
Gebrauche dient.
§. 912. Hat der Eigenthümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines
Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne daß ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit
zur Last fällt, so hat der Nachbar den Ueberbau zu dulden, es sei denn, daß er vor
oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.
Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der
Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.
§. 913. Die Rente für den Ueberbau ist dem jeweiligen Eigenthümer des
Nachbargrundstücks von dem jeweiligen Eigenthümer des anderen Grundstücks zu
entrichten.
Die Rente ist jährlich im voraus zu entrichten.
§. 914. Das Recht auf die Rente geht allen Rechten an dem belasteten
Grundstück, auch den älteren, vor. Es erlischt mit der Beseitigung des
Ueberbaues.
Das Recht wird nicht in das Grundbuch eingetragen. Zum Verzicht auf das
Recht sowie zur Feststellung der Höhe der Rente durch Vertrag ist die
Eintragung erforderlich.
Im Uebrigen finden die Vorschriften Anwendung, die für eine zu Gunsten
des jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks bestehende Reallast gelten.
§. 915. Der Rentenberechtigte kann jederzeit verlangen, daß der
Rentenpflichtige ihm gegen Uebertragung des Eigenthums an dem überbauten Theile
des Grundstücks den Werth ersetzt, den dieser Theil zur Zeit der
Grenzüberschreitung gehabt hat. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, so
bestimmen sich die Rechte und Verpflichtungen beider Theile nach den
Vorschriften über den Kauf.
Für die Zeit bis zur Uebertragung des Eigenthums ist die Rente
fortzuentrichten.
§. 916. Wird durch den Ueberbau ein Erbbaurecht oder eine Dienstbarkeit
an dem Nachbargrundstücke beeinträchtigt, so finden zu Gunsten des Berechtigten
die Vorschriften der §§. 912 bis 914 entsprechende Anwendung.
§. 917. Fehlt einem Grundstücke die zur ordnungsmäßigen Benutzung
nothwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigenthümer von
den Nachbarn verlangen, daß sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer
Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung
des Nothwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichen Falles
durch Urtheil bestimmt.
Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Nothweg führt, sind durch eine
Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des §. 912 Abs. 2 Satz 2 und der
§§. 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
§. 918. Die Verpflichtung zur Duldung des Nothwegs tritt nicht ein, wenn
die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine
willkürliche Handlung des Eigenthümers aufgehoben wird.
Wird in Folge der Veräußerung eines Theiles des Grundstücks der
veräußerte oder der zurückbehaltene Theil von der Verbindung mit dem
öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigenthümer desjenigen Theiles,
über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Nothweg zu dulden.
Der Veräußerung eines Theiles steht die Veräußerung eines von mehreren
demselben Eigenthümer gehörenden Grundstücken gleich.
§. 919. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann von dem Eigenthümer eines
Nachbargrundstücks verlangen, daß dieser zur Errichtung fester Grenzzeichen
und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur
Wiederherstellung mitwirkt.
Die Art der Abmarkung und das Verfahren bestimmen sich nach den
Landesgesetzen; enthalten diese keine Vorschriften, so entscheidet die
Ortsüblichkeit.
Die Kosten der Abmarkung sind von den Betheiligten zu gleichen Theilen
zu tragen, sofern nicht aus einem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisse
sich ein Anderes ergiebt.
§. 920. Läßt sich im Falle einer Grenzverwirrung die richtige Grenze
nicht ermitteln, so ist für die Abgrenzung der Besitzstand maßgebend. Kann der
Besitzstand nicht festgestellt werden, so ist jedem
der Grundstücke ein gleich großes Stück der streitigen Fläche zuzutheilen.
Soweit eine diesen Vorschriften entsprechende Bestimmung der Grenze zu
einem Ergebnisse führt, das mit den ermittelten Umständen, insbesondere mit der
feststehenden Größe der Grundstücke, nicht übereinstimmt, ist die Grenze so zu
ziehen, wie es unter Berücksichtigung dieser Umstände der Billigkeit
entspricht.
§. 921. Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel,
einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum
Vortheile beider Grundstücke dient, von einander geschieden, so wird vermuthet,
daß die Eigenthümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung
gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf
hinweisen, daß die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.
§. 922. Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der im §. 921 bezeichneten
Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der
sich aus ihrer Beschaffenheit ergiebt, insoweit benutzen, als nicht die
Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von
den Nachbarn zu gleichen Theilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem
Fortbestande der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung
beseitigt oder geändert werden. Im Uebrigen bestimmt sich das Rechtsverhältniß
zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.
§. 923. Steht auf der Grenze ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn
der Baum gefällt wird, auch der Baum den Nachbarn zu gleichen Theilen.
Jeder der Nachbarn kann die Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten
der Beseitigung fallen den Nachbarn zu gleichen Theilen zur Last. Der Nachbar,
der die Beseitigung verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der
andere auf sein Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit
der Trennung das Alleineigenthum. Der Anspruch auf die Beseitigung ist
ausgeschlossen, wenn der Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach
nicht durch ein anderes zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.
Diese Vorschriften gelten auch für einen auf der Grenze stehenden
Strauch.
§. 924. Die Ansprüche, die sich aus den §§. 907 bis 909, 915, dem §. 917
Abs. 1, dem §. 918 Abs. 2, den §§. 919, 920 und dem §. 923 Abs. 2 ergeben,
unterliegen nicht der Verjährung.
Zweiter Titel.
Erwerb und Verlust des Eigenthums an Grundstücken.
§. 925. Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873
erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muß bei
gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt
werden. Zur Entgegennahme der Auflassung ist, unbeschadet der Zuständigkeit
weiterer Stellen, jeder Notar zuständig. Eine Auflassung kann auch in einem
gerichtlichen Vergleich erklärt werden.
Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung
erfolgt, ist unwirksam.
§. 925a. Die Erklärung einer Auflassung soll nur entgegengenommen
werden, wenn die nach § 313 Satz 1 erforderliche Urkunde über den Vertrag
vorgelegt oder gleichzeitig errichtet wird.
§. 926. Sind der Veräußerer und der Erwerber darüber einig, daß sich die
Veräußerung auf das Zubehör des Grundstücks erstrecken soll, so erlangt der
Erwerber mit dem Eigenthum an dem Grundstück auch das Eigenthum an den zur Zeit
des Erwerbes vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer gehören. Im
Zweifel ist anzunehmen, daß sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken
soll.
Erlangt der Erwerber auf Grund der Veräußerung den Besitz von Zubehörstücken,
die dem Veräußerer nicht gehören oder mit Rechten Dritter belastet sind, so
finden die Vorschriften der §§. 932 bis 936 Anwendung; für den guten Glauben
des Erwerbers ist die Zeit der Erlangung des Besitzes maßgebend.
§. 927. Der Eigenthümer eines Grundstücks kann, wenn das Grundstück seit
dreißig Jahren im Eigenbesitz eines Anderen ist, im Wege des
Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden. Die Besitzzeit
wird in gleicher Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen
Sache. Ist der Eigenthümer im Grundbuch eingetragen, so ist das
Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er gestorben oder verschollen ist und
eine Eintragung in das Grundbuch, die der Zustimmung des Eigenthümers bedurfte,
seit dreißig Jahren nicht erfolgt ist.
Derjenige, welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, erlangt das
Eigenthum dadurch, daß er sich als Eigenthümer in das Grundbuch eintragen läßt.
Ist vor der Erlassung des Ausschlußurtheils ein Dritter als Eigenthümer oder
wegen des Eigenthums eines Dritten ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des
Grundbuchs eingetragen worden, so wirkt das Urtheil nicht gegen den Dritten.
§. 928. Das Eigenthum an einem Grundstücke kann dadurch aufgegeben
werden, daß der Eigenthümer den Verzicht dem Grundbuchamte gegenüber erklärt
und der Verzicht in das Grundbuch eingetragen wird.
Das Recht zur Aneignung des aufgegebenen Grundstücks steht dem Fiskus
des Bundesstaats zu, in dessen Gebiete das Grundstück liegt. Der Fiskus erwirbt
das Eigenthum dadurch, daß er sich als Eigenthümer in das Grundbuch eintragen
läßt.
Dritter Titel.
Erwerb und Verlust des Eigenthums an beweglichen Sachen.
I. Uebertragung.
§. 929. Zur Uebertragung des Eigenthums an einer beweglichen Sache ist
erforderlich, daß der Eigenthümer die Sache dem Erwerber übergiebt und beide
darüber einig sind, daß das Eigenthum übergehen soll. Ist der Erwerber im
Besitze der Sache, so genügt die Einigung über den Uebergang des Eigenthums.
§. 929a. Zur Übertragung des Eigentums an einem Seeschiff, das nicht im
Schiffsregister eingetragen ist, oder an einem Anteil an einem solchen Schiff
ist die Übergabe nicht erforderlich, wenn der Eigentümer und der Erwerber
darüber einig sind, daß das Eigentum sofort übergehen soll.
Jeder Teil kann verlangen, daß ihm auf seine Kosten eine öffentlich
beglaubigte Urkunde über die Veräußerung erteilt wird.
§. 930. Ist der Eigenthümer im Besitze der Sache, so kann die Uebergabe
dadurch ersetzt werden, daß zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältniß vereinbart
wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.
§. 931. Ist ein Dritter im Besitze der Sache, so kann die Uebergabe
dadurch ersetzt werden, daß der Eigenthümer dem Erwerber den Anspruch auf
Herausgabe der Sache abtritt.
§. 932. Durch eine nach §. 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber
auch dann Eigenthümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn,
daß er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigenthum erwerben
würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des §. 929 Satz 2 gilt dies
jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.
Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder in Folge
grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, daß die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
§. 932a. Gehört ein nach § 929a veräußertes Schiff nicht dem Veräußerer,
so wird der Erwerber Eigentümer, wenn ihm das Schiff vom Veräußerer übergeben
wird, es sei denn, daß er zu dieser Zeit nicht in gutem Glauben ist; ist ein
Anteil an einem Schiff Gegenstand der Veräußerung, so tritt an die Stelle der
Übergabe die Einräumung des Mitbesitzes an dem Schiff.
§. 933. Gehört eine nach §. 930 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer,
so wird der Erwerber Eigenthümer, wenn ihm die Sache von dem Veräußerer
übergeben wird, es sei denn, daß er zu dieser Zeit nicht in gutem Glauben ist.
§. 934. Gehört eine nach §. 931 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer,
so wird der Erwerber, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache ist,
mit der Abtretung des Anspruchs, anderenfalls dann Eigenthümer, wenn er den
Besitz der Sache von dem Dritten erlangt, es sei denn, daß er zur Zeit der
Abtretung oder des Besitzerwerbes nicht in gutem Glauben ist.
§. 935. Der Erwerb des Eigenthums auf Grund der §§. 932 bis 934 tritt
nicht ein, wenn die Sache dem Eigenthümer gestohlen worden, verloren gegangen
oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigenthümer nur
mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen
war.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere
sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung veräußert werden.
§. 936. Ist eine veräußerte Sache mit dem Rechte eines Dritten belastet,
so erlischt das Recht mit dem Erwerbe des Eigenthums. In dem Falle des §. 929
Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem
Veräußerer erlangt hatte. Erfolgt die Veräußerung nach § 929a oder § 930 oder
war die nach §. 931 veräußerte Sache nicht im mittelbaren Besitze des Veräußerers,
so erlischt das Recht des Dritten erst dann, wenn der Erwerber auf Grund der
Veräußerung den Besitz der Sache erlangt.
Das Recht des Dritten erlischt nicht, wenn der Erwerber zu der nach Abs.
1 maßgebenden Zeit in Ansehung des Rechtes nicht in gutem Glauben ist.
Steht im Falle des §. 931 das Recht dem dritten Besitzer zu, so erlischt
es auch dem gutgläubigen Erwerber gegenüber nicht.
II. Ersitzung.
§. 937. Wer eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitze hat,
erwirbt das Eigenthum (Ersitzung).
Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerbe des
Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, daß ihm
das Eigenthum nicht zusteht.
§. 938. Hat Jemand eine Sache am Anfang und am Ende eines Zeitraums im
Eigenbesitze gehabt, so wird vermuthet, daß sein
Eigenbesitz auch in der Zwischenzeit bestanden habe.
§. 939. Die Ersitzung kann nicht beginnen und, falls sie begonnen hat,
nicht fortgesetzt werden, solange die Verjährung des Eigenthumsanspruchs
gehemmt ist oder ihrer Vollendung die Vorschriften der §§. 206, 207
entgegenstehen.
§. 940. Die Ersitzung wird durch den Verlust des Eigenbesitzes
unterbrochen.
Die Unterbrechung gilt als nicht erfolgt, wenn der Eigenbesitzer den
Eigenbesitz ohne seinen Willen verloren und ihn binnen Jahresfrist oder
mittelst einer innerhalb dieser Frist erhobenen Klage wiedererlangt hat.
§. 941. Die Ersitzung wird unterbrochen, wenn der Eigenthumsanspruch
gegen den Eigenbesitzer oder im Falle eines mittelbaren Eigenbesitzes gegen den
Besitzer gerichtlich geltend gemacht wird, der sein Recht zum Besitze von dem
Eigenbesitzer ableitet; die Unterbrechung tritt jedoch nur zu Gunsten
desjenigen ein, welcher sie herbeiführt. Die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§. 209 bis 212, 216, 219, 220 finden entsprechende Anwendung.
§. 942. Wird die Ersitzung unterbrochen, so kommt die bis zur
Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in Betracht; eine neue Ersitzung kann
erst nach der Beendigung der Unterbrechung beginnen.
§. 943. Gelangt die Sache durch Rechtsnachfolge in den Eigenbesitz eines
Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene
Ersitzungszeit dem Dritten zu Statten.
§. 944. Die Ersitzungszeit, die zu Gunsten eines Erbschaftsbesitzers
verstrichen ist, kommt dem Erben zu Statten.
§. 945. Mit dem Erwerbe des Eigenthums durch Ersitzung erlöschen die an
der Sache vor dem Erwerbe des Eigenbesitzes begründeten Rechte Dritter, es sei
denn, daß der Eigenbesitzer bei dem Erwerbe des Eigenbesitzes in Ansehung dieser
Rechte nicht in gutem Glauben ist oder ihr Bestehen später erfährt. Die
Ersitzungsfrist muß auch in Ansehung des Rechtes des Dritten verstrichen sein;
die Vorschriften der §§. 939 bis 944 finden entsprechende Anwendung.
III. Verbindung. Vermischung. Verarbeitung.
§. 946. Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstücke dergestalt
verbunden, daß sie wesentlicher Bestandtheil des Grundstücks wird, so erstreckt
sich das Eigenthum an dem Grundstück auf diese Sache.
§. 947. Werden bewegliche Sachen mit einander dergestalt verbunden, daß
sie wesentliche Bestandtheile einer einheitlichen Sache werden, so werden die
bisherigen Eigenthümer Miteigenthümer dieser Sache; die Antheile bestimmen sich
nach dem Verhältnisse des Werthes, den die Sachen zur Zeit der Verbindung
haben.
Ist eine der Sachen als die Hauptsache anzusehen, so erwirbt ihr
Eigenthümer das Alleineigenthum.
§. 948. Werden bewegliche Sachen mit einander untrennbar vermischt oder
vermengt, so finden die Vorschriften des §. 947 entsprechende
Anwendung.
Der Untrennbarkeit steht es gleich, wenn die Trennung der vermischten
oder vermengten Sachen mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden sein würde.
§. 949. Erlischt nach den §§. 946 bis 948 das Eigenthum an einer Sache,
so erlöschen auch die sonstigen an der Sache bestehenden Rechte. Erwirbt der
Eigenthümer der belasteten Sache Miteigenthum, so bestehen die Rechte an dem
Antheile fort, der an die Stelle der Sache tritt. Wird der Eigenthümer der
belasteten Sache Alleineigenthümer, so erstrecken sich die Rechte auf die
hinzutretende Sache.
§. 950. Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe
eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigenthum an der neuen Sache,
sofern nicht der Werth der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich geringer
ist als der Werth des Stoffes. Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben,
Zeichnen, Malen, Drucken, Graviren oder eine ähnliche Bearbeitung der
Oberfläche.
Mit dem Erwerbe des Eigenthums an der neuen Sache erlöschen die an dem
Stoffe bestehenden Rechte.
§. 951. Wer in Folge der Vorschriften der §§. 946 bis 950 einen
Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, zu dessen Gunsten die
Rechtsänderung eintritt, Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Die Wiederherstellung
des früheren Zustandes kann nicht verlangt werden.
Die Vorschriften über die Verpflichtung zum Schadensersatze wegen
unerlaubter Handlungen sowie die Vorschriften über den Ersatz von Verwendungen
und über das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung bleiben unberührt. In den
Fällen der §§. 946, 947 ist die Wegnahme nach den für das Wegnahmerecht des
Besitzers gegenüber dem Eigenthümer geltenden Vorschriften auch dann zulässig,
wenn die Verbindung nicht von dem Besitzer der Hauptsache bewirkt worden ist.
§. 952. Das Eigenthum an dem über eine Forderung ausgestellten
Schuldscheine steht dem Gläubiger zu. Das Recht eines Dritten an der Forderung
erstreckt sich auf den Schuldschein.
Das Gleiche gilt für Urkunden über andere Rechte, kraft deren eine
Leistung gefordert werden kann, insbesondere für Hypotheken-, Grundschuld- und
Rentenschuldbriefe.
IV. Erwerb von Erzeugnissen und sonstigen Bestandtheilen einer Sache.
§. 953. Erzeugnisse und sonstige Bestandtheile einer Sache gehören auch
nach der Trennung dem Eigenthümer der Sache, soweit sich nicht aus den §§. 954
bis 957 ein Anderes ergiebt.
§. 954. Wer vermöge eines Rechtes an einer fremden Sache befugt ist,
sich Erzeugnisse oder sonstige Bestandtheile der Sache anzueignen, erwirbt das
Eigenthum an ihnen, unbeschadet der Vorschriften der §§. 955 bis 957, mit der
Trennung.
§. 955. Wer eine Sache im Eigenbesitze hat, erwirbt das Eigenthum an den
Erzeugnissen und sonstigen zu den Früchten der Sache gehörenden Bestandtheilen,
unbeschadet der Vorschriften der §§. 956, 957, mit der Trennung. Der Erwerb ist
ausgeschlossen, wenn der Eigenbesitzer nicht zum Eigenbesitz oder ein Anderer
vermöge eines Rechtes an der Sache zum Fruchtbezuge berechtigt ist und der
Eigenbesitzer bei dem Erwerbe des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder
vor der Trennung den Rechtsmangel erfährt.
Dem Eigenbesitzer steht derjenige gleich, welcher die Sache zum Zwecke
der Ausübung eines Nutzungsrechts an ihr besitzt.
Auf den Eigenbesitz und den ihm gleichgestellten Besitz findet die
Vorschrift des §. 940 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
§. 956. Gestattet der Eigenthümer einem Anderen, sich Erzeugnisse oder
sonstige Bestandtheile der Sache anzueignen, so erwirbt dieser das Eigenthum an
ihnen, wenn der Besitz der Sache ihm überlassen ist, mit der Trennung,
anderenfalls mit der Besitzergreifung. Ist der Eigenthümer zu der Gestattung
verpflichtet, so kann er sie nicht widerrufen, solange sich der Andere in dem
ihm überlassenen Besitze der Sache befindet.
Das Gleiche gilt, wenn die Gestattung nicht von dem Eigenthümer, sondern
von einem Anderen ausgeht, dem Erzeugnisse oder sonstige Bestandtheile einer
Sache nach der Trennung gehören.
§. 957. Die Vorschriften des §. 956 finden auch dann Anwendung, wenn
derjenige, welcher die Aneignung einem Anderen gestattet, hierzu nicht
berechtigt ist, es sei denn, daß der Andere, falls ihm der Besitz der Sache
überlassen wird, bei der Ueberlassung, anderenfalls bei der Ergreifung des
Besitzes der Erzeugnisse oder der sonstigen Bestandtheile nicht in gutem
Glauben ist oder vor der Trennung den Rechtsmangel erfährt.
V. Aneignung.
§. 958. Wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt,
erwirbt das Eigenthum an der Sache.
Das Eigenthum wird nicht erworben, wenn die Aneignung gesetzlich
verboten ist oder wenn durch die Besitzergreifung das Aneignungsrecht eines
Anderen verletzt wird.
§. 959. Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigenthümer in
der Absicht, auf das Eigenthum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgiebt.
§. 960. Wilde Thiere sind herrenlos, solange
sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Thiere in Thiergärten und Fische in
Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.
Erlangt ein gefangenes wildes Thier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos,
wenn nicht der Eigenthümer das Thier unverzüglich verfolgt oder wenn er die
Verfolgung aufgiebt.
Ein gezähmtes Thier wird herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an
den ihm bestimmten Ort zurückzukehren.
§. 961. Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht
der Eigenthümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigenthümer die
Verfolgung aufgiebt.
§. 962. Der Eigenthümer des Bienenschwarmes darf bei der Verfolgung
fremde Grundstücke betreten. Ist der Schwarm in eine fremde nicht besetzte
Bienenwohnung eingezogen, so darf der Eigenthümer des Schwarmes zum Zwecke des
Einfangens die Wohnung öffnen und die Waben herausnehmen oder herausbrechen. Er
hat den entstehenden Schaden zu ersetzen.
§. 963. Vereinigen sich ausgezogene Bienenschwärme mehrerer Eigenthümer,
so werden die Eigenthümer, welche ihre Schwärme verfolgt haben, Miteigenthümer
des eingefangenen Gesammtschwarmes; die Antheile bestimmen sich nach der Zahl
der verfolgten Schwärme.
§. 964. Ist ein Bienenschwarm in eine fremde besetzte Bienenwohnung
eingezogen, so erstrecken sich das Eigenthum und die sonstigen Rechte an den
Bienen, mit denen die Wohnung besetzt war, auf den eingezogenen Schwarm. Das
Eigenthum und die sonstigen Rechte an dem eingezogenen Schwarme erlöschen.
VI. Fund.
§. 965. Wer eine verlorene Sache findet und an sich nimmt, hat dem
Verlierer oder dem Eigenthümer oder einem sonstigen Empfangsberechtigten
unverzüglich Anzeige zu machen.
Kennt der Finder die Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr
Aufenthalt unbekannt, so hat er den Fund und die Umstände, welche für die
Ermittelung der Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der
zuständigen Behörde anzuzeigen. Ist die Sache nicht mehr als zehn Deutsche Mark
werth, so bedarf es der Anzeige nicht.
§. 966. Der Finder ist zur Verwahrung der Sache verpflichtet.
Ist der Verderb der Sache zu besorgen oder ist die Aufbewahrung mit
unverhältnißmäßigen Kosten verbunden, so hat der Finder die Sache öffentlich
versteigern zu lassen. Vor der Versteigerung ist der zuständigen Behörde
Anzeige zu machen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.
§. 967. Der Finder ist berechtigt und auf Anordnung der zuständigen
Behörde verpflichtet, die Sache oder den Versteigerungserlös an die zuständige
Behörde abzuliefern.
§. 968. Der Finder hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu
vertreten.
§. 969. Der Finder wird durch die Herausgabe der Sache an den Verlierer
auch den sonstigen Empfangsberechtigten gegenüber befreit.
§. 970. Macht der Finder zum Zwecke der Verwahrung oder Erhaltung der
Sache oder zum Zwecke der Ermittelung eines Empfangsberechtigten Aufwendungen,
die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so kann er von dem
Empfangsberechtigten Ersatz verlangen.
§. 971. Der Finder kann von dem Empfangsberechtigten einen Finderlohn
verlangen. Der Finderlohn beträgt von dem Wert der Sache bis zu eintausend
Deutsche Mark fünf vom Hundert, von dem Mehrwert drei vom Hundert, bei Tieren
drei vom Hundert. Hat die Sache nur für den Empfangsberechtigten einen Werth,
so ist der Finderlohn nach billigem Ermessen zu bestimmen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Finder die Anzeigepflicht
verletzt oder den Fund auf Nachfrage verheimlicht.
§. 972. Auf die in den §§. 970, 971 bestimmten Ansprüche finden die für
die Ansprüche des Besitzers gegen den Eigenthümer wegen Verwendungen geltenden
Vorschriften der §§. 1000 bis 1002 entsprechende Anwendung.
§. 973. Mit dem Ablauf von sechs Monaten nach der Anzeige des Fundes bei
der zuständigen Behörde erwirbt der Finder das Eigenthum an der Sache, es sei
denn, daß vorher ein Empfangsberechtigter dem Finder bekannt geworden ist oder
sein Recht bei der Polizeibehörde angemeldet hat. Mit dem Erwerbe des
Eigenthums erlöschen die sonstigen Rechte an der Sache.
Ist die Sache nicht mehr als zehn Deutsche Mark wert, so beginnt die
sechsmonatige Frist mit dem Fund. Der Finder erwirbt das Eigenthum nicht, wenn
er den Fund auf Nachfrage verheimlicht. Die Anmeldung eines Rechtes bei der
zuständigen Behörde steht dem Erwerbe des Eigenthums nicht entgegen.
§. 974. Sind vor dem Ablauf der sechsmonatigen Frist Empfangsberechtigte
dem Finder bekannt geworden oder haben sie bei einer Sache, die mehr als zehn
Deutsche Mark wert ist, ihre Rechte bei der zuständigen Behörde rechtzeitig
angemeldet, so kann der Finder die Empfangsberechtigten nach den Vorschriften
des §. 1003 zur Erklärung über die ihm nach den §§. 970 bis 972 zustehenden
Ansprüche auffordern. Mit dem Ablaufe der für die Erklärung bestimmten Frist
erwirbt der Finder das Eigenthum und erlöschen die sonstigen Rechte an der
Sache, wenn nicht die Empfangsberechtigten sich rechtzeitig zu der Befriedigung
der Ansprüche bereit erklären.
§. 975. Durch die Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses
an die zuständige Behörde werden die Rechte des Finders nicht berührt. Läßt die
zuständige Behörde die Sache versteigern, so tritt der Erlös an die Stelle der
Sache. Die zuständige Behörde darf die Sache oder den Erlös nur mit Zustimmung
des Finders einem Empfangsberechtigten herausgeben.
§. 976. Verzichtet der Finder der zuständigen Behörde gegenüber auf das
Recht zum Erwerbe des Eigenthums an der Sache, so geht sein Recht auf die
Gemeinde des Fundorts über.
Hat der Finder nach der Ablieferung der Sache oder des
Versteigerungserlöses an die zuständige Behörde auf Grund der Vorschriften der
§§. 973, 974 das Eigenthum erworben, so geht es auf die Gemeinde des Fundorts
über, wenn nicht der Finder vor dem Ablauf einer ihm von der zuständigen
Behörde bestimmten Frist die Herausgabe verlangt.
§. 977. Wer in Folge der Vorschriften der §§. 973, 974, 976 einen
Rechtsverlust erleidet, kann in den Fällen der §§. 973, 974 von dem Finder, in
den Fällen des §. 976 von der Gemeinde des Fundorts die Herausgabe des durch
die Rechtsänderung Erlangten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Anspruch erlischt mit dem Ablaufe
von drei Jahren nach dem Uebergange des Eigenthums auf den Finder oder die
Gemeinde, wenn nicht die gerichtliche Geltendmachung vorher erfolgt.
§. 978. Wer eine Sache in den Geschäftsräumen oder den
Beförderungsmitteln einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen
Verkehre dienenden Verkehrsanstalt findet und an sich nimmt, hat die Sache
unverzüglich an die Behörde oder die Verkehrsanstalt oder an einen ihrer
Angestellten abzuliefern. Die Vorschriften der §§ 965 bis 967 und 969 bis 977
finden keine Anwendung.
Ist die Sache nicht weniger als einhundert Deutsche Mark wert, so kann der
Finder von dem Empfangsberechtigten einen Finderlohn verlangen. Der Finderlohn
besteht in der Hälfte des Betrages, der sich bei Anwendung des § 971 Abs. 1
Satz 2, 3 ergeben würde. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Finder
Bediensteter der Behörde oder der Verkehrsanstalt ist oder der Finder die
Ablieferungspflicht verletzt. Die für die Ansprüche des Besitzers gegen den
Eigentümer wegen Verwendungen geltende Vorschrift des § 1001 findet auf den
Finderlohnanspruch entsprechende Anwendung. Besteht ein Anspruch auf
Finderlohn, so hat die Behörde oder die Verkehrsanstalt dem Finder die
Herausgabe der Sache an einen Empfangsberechtigten anzuzeigen.
Fällt der Versteigerungserlös oder gefundenes Geld an den nach § 981
Abs. 1 Berechtigten, so besteht ein Anspruch auf Finderlohn nach Absatz 2 Satz
1 bis 3 gegen diesen. Der Anspruch erlischt mit dem Ablauf von drei Jahren nach
seiner Entstehung gegen den in Satz 1 bezeichneten Berechtigten.
§. 979. Die Behörde oder die Verkehrsanstalt kann die an sie abgelieferte
Sache öffentlich versteigern lassen. Die öffentlichen Behörden und die
Verkehrsanstalten des Reichs, der Bundesstaaten und der Gemeinden können die
Versteigerung durch einen ihrer Beamten vornehmen lassen.
Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.
§. 980. Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem die
Empfangsberechtigten in einer öffentlichen Bekanntmachung des Fundes zur
Anmeldung ihrer Rechte unter Bestimmung einer Frist aufgefordert worden sind
und die Frist verstrichen ist; sie ist unzulässig, wenn eine Anmeldung
rechtzeitig erfolgt ist.
Die Bekanntmachung ist nicht erforderlich, wenn der Verderb der Sache zu
besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden ist.
§. 981. Sind seit dem Ablaufe der in der öffentlichen Bekanntmachung
bestimmten Frist drei Jahre verstrichen, so fällt der Versteigerungserlös, wenn
nicht ein Empfangsberechtigter sein Recht angemeldet hat, bei Reichsbehörden
und Reichsanstalten an den Reichsfiskus, bei Landesbehörden und Landesanstalten
an den Fiskus des Bundesstaats, bei Gemeindebehörden und Gemeindeanstalten an
die Gemeinde, bei Verkehrsanstalten, die von einer Privatperson betrieben
werden, an diese.
Ist die Versteigerung ohne die öffentliche Bekanntmachung erfolgt, so
beginnt die dreijährige Frist erst, nachdem die Empfangsberechtigten in einer
öffentlichen Bekanntmachung des Fundes zur Anmeldung ihrer Rechte aufgefordert
worden sind. Das Gleiche gilt, wenn gefundenes Geld abgeliefert worden ist.
Die Kosten werden von dem herauszugebenden Betrag abgezogen.
§. 982. Die in den §§. 980, 981 vorgeschriebene Bekanntmachung erfolgt
bei Reichsbehörden und Reichsanstalten nach den von dem Bundesrath, in den
übrigen Fällen nach den von der Zentralbehörde des Bundesstaats erlassenen
Vorschriften.
§. 983. Ist eine öffentliche Behörde im Besitz einer Sache, zu deren
Herausgabe sie verpflichtet ist, ohne daß die Verpflichtung auf Vertrag beruht,
so finden, wenn der Behörde der Empfangsberechtigte oder dessen Aufenthalt
unbekannt ist, die Vorschriften der §§. 979 bis 982 entsprechende Anwendung.
§. 984. Wird eine Sache, die so lange verborgen gelegen hat, daß der
Eigenthümer nicht mehr zu ermitteln ist (Schatz), entdeckt und in Folge der
Entdeckung in Besitz genommen, so wird das Eigenthum zur Hälfte von dem Entdecker,
zur Hälfte von dem Eigenthümer der Sache erworben, in welcher der Schatz
verborgen war.
Vierter Titel.
Ansprüche aus dem Eigenthume.
§. 985. Der Eigenthümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache
verlangen.
§. 986. Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er
oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem
Eigenthümer gegenüber zum Besitze berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer
dem Eigenthümer gegenüber zur Ueberlassung des Besitzes an den Besitzer nicht
befugt, so kann der Eigenthümer von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an
den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht wiederübernehmen
kann oder will, an sich selbst verlangen.
Der Besitzer einer Sache, die nach §. 931 durch Abtretung des Anspruchs
auf Herausgabe veräußert worden ist, kann dem neuen Eigenthümer die
Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch
zustehen.
§. 987. Der Besitzer hat dem Eigenthümer die Nutzungen herauszugeben,
die er nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit zieht.
Zieht der Besitzer nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit Nutzungen
nicht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft ziehen könnte,
so ist er dem Eigenthümer zum Ersatze verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden
zur Last fällt.
§. 988. Hat ein Besitzer, der die Sache als ihm gehörig oder zum Zwecke
der Ausübung eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Nutzungsrechts an der
Sache besitzt, den Besitz unentgeltlich erlangt, so ist er dem Eigenthümer gegenüber
zur Herausgabe der Nutzungen, die er vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit
zieht, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung verpflichtet.
§. 989. Der Besitzer ist von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an dem
Eigenthümer für den Schaden verantwortlich, der dadurch entsteht, daß in Folge
seines Verschuldens die Sache verschlechtert wird, untergeht oder aus einem
anderen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann.
§. 990. War der Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes nicht in gutem
Glauben, so haftet er dem Eigenthümer von der Zeit des Erwerbes an nach den §§.
987, 989. Erfährt der Besitzer später, daß er zum Besitze nicht berechtigt ist,
so haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntniß an.
Eine weitergehende Haftung des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.
§. 991. Leitet der Besitzer das Recht zum Besitze von einem mittelbaren
Besitzer ab, so finden die Vorschriften des §. 990 in Ansehung der Nutzungen
nur Anwendung, wenn die Voraussetzungen des §. 990 auch bei dem mittelbaren
Besitzer vorliegen oder diesem gegenüber die Rechtshängigkeit eingetreten ist.
War der Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes in gutem Glauben, so hat
er gleichwohl von dem Erwerb an den im §. 989 bezeichneten Schaden dem
Eigenthümer gegenüber insoweit zu vertreten, als er dem mittelbaren Besitzer
verantwortlich ist.
§. 992. Hat sich der Besitzer durch verbotene Eigenmacht oder durch eine
Straftat den Besitz verschafft, so haftet er dem Eigenthümer nach den
Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen.
§. 993. Liegen die in den §§. 987 bis 992 bezeichneten Voraussetzungen
nicht vor, so hat der Besitzer die gezogenen Früchte, soweit sie nach den
Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft nicht als Ertrag der Sache anzusehen
sind, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung herauszugeben; im Uebrigen ist er weder zur Herausgabe von
Nutzungen noch zum Schadensersatze verpflichtet.
Für die Zeit, für welche dem Besitzer die Nutzungen verbleiben, finden
auf ihn die Vorschriften des §. 101 Anwendung.
§. 994. Der Besitzer kann für die auf die Sache gemachten nothwendigen
Verwendungen von dem Eigenthümer Ersatz verlangen. Die gewöhnlichen Erhaltungskosten
sind ihm jedoch für die Zeit, für welche ihm die Nutzungen verbleiben, nicht zu
ersetzen.
Macht der Besitzer nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit oder nach dem
Beginne der im §. 990 bestimmten Haftung nothwendige Verwendungen, so bestimmt
sich die Ersatzpflicht des Eigenthümers nach den Vorschriften über die
Geschäftsführung ohne Auftrag.
§. 995. Zu den nothwendigen Verwendungen im Sinne des §. 994 gehören
auch die Aufwendungen, die der Besitzer zur Bestreitung von Lasten der Sache
macht. Für die Zeit, für welche dem Besitzer die Nutzungen verbleiben, sind ihm
nur die Aufwendungen für solche außerordentliche Lasten zu ersetzen, die als
auf den Stammwerth der Sache gelegt anzusehen sind.
§. 996. Für andere als nothwendige Verwendungen kann der Besitzer Ersatz
nur insoweit verlangen, als sie vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit und vor
dem Beginne der im §. 990 bestimmten Haftung gemacht werden und der Werth der
Sache durch sie noch zu der Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigenthümer die Sache
wiedererlangt.
§. 997. Hat der Besitzer mit der Sache eine andere Sache als
wesentlichen Bestandtheil verbunden, so kann er sie abtrennen und sich
aneignen. Die Vorschriften des §. 258 finden Anwendung.
Das Recht zur Abtrennung ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer nach §.
994 Abs. 1 Satz 2 für die Verwendung Ersatz nicht verlangen kann oder die
Abtrennung für ihn keinen Nutzen hat oder ihm mindestens der Werth ersetzt
wird, den der Bestandtheil nach der Abtrennung für ihn haben würde.
§. 998. Ist ein landwirthschaftliches Grundstück herauszugeben, so hat
der Eigenthümer die Kosten, die der Besitzer auf die noch nicht getrennten,
jedoch nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor dem Ende des
Wirthschaftsjahrs zu trennenden Früchte verwendet hat, insoweit zu ersetzen,
als sie einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth dieser
Früchte nicht übersteigen.
§. 999. Der Besitzer kann für die Verwendungen eines Vorbesitzers,
dessen Rechtsnachfolger er geworden ist, in demselben Umfang Ersatz verlangen,
in welchem ihn der Vorbesitzer fordern könnte, wenn er die Sache herauszugeben
hätte.
Die Verpflichtung des Eigenthümers zum Ersatze von Verwendungen
erstreckt sich auch auf die Verwendungen, die gemacht worden sind, bevor er das
Eigenthum erworben hat.
§. 1000. Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, bis er
wegen der ihm zu ersetzenden Verwendungen befriedigt wird. Das
Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu, wenn er die Sache durch eine
vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
§. 1001. Der Besitzer kann den Anspruch auf den Ersatz der Verwendungen
nur geltend machen, wenn der Eigenthümer die Sache wiedererlangt oder die
Verwendungen genehmigt. Bis zur Genehmigung der Verwendungen kann sich der
Eigenthümer von dem Anspruche dadurch befreien, daß er die wiedererlangte Sache
zurückgiebt. Die Genehmigung gilt als ertheilt, wenn der Eigenthümer die ihm
von dem Besitzer unter Vorbehalt des Anspruchs angebotene Sache annimmt.
§. 1002. Giebt der Besitzer die Sache dem Eigenthümer heraus, so
erlischt der Anspruch auf den Ersatz der Verwendungen mit dem Ablauf eines
Monats, bei einem Grundstücke mit dem Ablaufe von sechs Monaten nach der
Herausgabe, wenn nicht vorher die gerichtliche Geltendmachung erfolgt oder der
Eigenthümer die Verwendungen genehmigt.
Auf diese Fristen finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften
der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
§. 1003. Der Besitzer kann den Eigenthümer unter Angabe des als Ersatz
verlangten Betrags auffordern, sich innerhalb einer von ihm bestimmten
angemessenen Frist darüber zu erklären, ob er die Verwendungen genehmige. Nach
dem Ablaufe der Frist ist der Besitzer berechtigt, Befriedigung aus der Sache
nach den Vorschriften über den Pfandverkauf, bei einem Grundstücke nach den
Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zu
suchen, wenn nicht die Genehmigung rechtzeitig erfolgt.
Bestreitet der Eigenthümer den Anspruch vor dem Ablaufe der Frist, so
kann sich der Besitzer aus der Sache erst dann befriedigen, wenn er nach
rechtskräftiger Feststellung des Betrags der Verwendungen den Eigenthümer unter
Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung aufgefordert hat und die
Frist verstrichen ist; das Recht auf Befriedigung aus der Sache ist ausgeschlossen,
wenn die Genehmigung rechtzeitig erfolgt.
§. 1004. Wird das Eigenthum in anderer Weise als durch Entziehung oder
Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigenthümer von dem
Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere
Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigenthümer auf Unterlassung
klagen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigenthümer zur Duldung
verpflichtet ist.
§. 1005. Befindet sich eine Sache auf einem Grundstücke, das ein Anderer
als der Eigenthümer der Sache besitzt, so steht diesem gegen den Besitzer des
Grundstücks der im §. 867 bestimmte Anspruch zu.
§. 1006. Zu Gunsten des Besitzers einer beweglichen Sache wird
vermuthet, daß er Eigenthümer der Sache sei. Dies gilt jedoch nicht einem
früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache gestohlen worden, verloren gegangen
oder sonst abhanden gekommen ist, es sei denn, daß es sich um Geld oder
Inhaberpapiere handelt.
Zu Gunsten eines früheren Besitzers wird vermuthet, daß er während der
Dauer seines Besitzes Eigenthümer der Sache gewesen sei.
Im Falle eines mittelbaren Besitzes gilt die Vermuthung für den
mittelbaren Besitzer.
§. 1007. Wer eine bewegliche Sache im Besitze gehabt hat, kann von dem
Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerbe des
Besitzes nicht in gutem Glauben war.
Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen
oder sonst abhanden gekommen, so kann er die Herausgabe auch von einem
gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, daß dieser Eigenthümer der Sache
ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden
gekommen war. Auf Geld und Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine
Anwendung.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem
Erwerbe des Besitzes nicht in gutem Glauben war oder wenn er den Besitz
aufgegeben hat. Im Uebrigen finden die Vorschriften der §§. 986 bis 1003
entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Miteigenthum.
§. 1008. Steht das Eigenthum an einer Sache Mehreren nach Bruchtheilen
zu, so gelten die Vorschriften der §§. 1009 bis 1011.
§. 1009. Die gemeinschaftliche Sache kann auch zu Gunsten eines
Miteigenthümers belastet werden.
Die Belastung eines gemeinschaftlichen Grundstücks zu Gunsten des jeweiligen
Eigenthümers eines anderen Grundstücks sowie die Belastung eines anderen
Grundstücks zu Gunsten der jeweiligen Eigenthümer des gemeinschaftlichen
Grundstücks wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß das andere Grundstück einem
Miteigenthümer des gemeinschaftlichen Grundstücks gehört.
§. 1010. Haben die Miteigenthümer eines Grundstücks die Verwaltung und
Benutzung geregelt oder das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen,
für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so
wirkt die getroffene Bestimmung gegen den Sondernachfolger eines
Miteigenthümers nur, wenn sie als Belastung des Antheils im Grundbuch
eingetragen ist.
Die in den §§. 755, 756 bestimmten Ansprüche können gegen den
Sondernachfolger eines Miteigenthümers nur geltend gemacht werden, wenn sie im
Grundbuch eingetragen sind.
§. 1011. Jeder Miteigenthümer kann die Ansprüche aus dem Eigenthume
Dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf
Herausgabe jedoch nur in Gemäßheit des §. 432.
Vierter Abschnitt.
Erbbaurecht.
§. 1012. Anm.: Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S.
72, ausgegeben am 22. 01. 1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1013. Anm.: Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S.
72, ausgegeben am 22. 01. 1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1014. Anm.: Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S.
72, ausgegeben am 22. 01. 1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1015. Anm.: Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S.
72, ausgegeben am 22. 01. 1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1016. Anm.: Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S.
72, ausgegeben am 22. 01. 1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
§. 1017. Anm.: Aufgehoben durch § 35, Reichsgesetzblatt 1919, S.
72, ausgegeben am 22. 01. 1919, in Kraft seit 22. 01. 1919.
Fünfter Abschnitt.
Dienstbarkeiten.
Erster Titel.
Grunddienstbarkeiten.
§. 1018. Ein Grundstück kann zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers
eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, daß dieser das
Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder daß auf dem Grundstücke
gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder daß die Ausübung eines
Rechtes ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigenthum an dem belasteten
Grundstücke dem anderen Grundstücke gegenüber ergiebt (Grunddienstbarkeit).
§. 1019. Eine Grunddienstbarkeit kann nur in einer Belastung bestehen,
die für die Benutzung des Grundstücks des Berechtigten Vortheil bietet. Ueber
das sich hieraus ergebende Maß hinaus kann der Inhalt der Dienstbarkeit nicht
erstreckt werden.
§. 1020. Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte
das Interesse des Eigenthümers des belasteten Grundstücks thunlichst zu
schonen. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück
eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustande zu erhalten, soweit das
Interesse des Eigenthümers es erfordert.
§. 1021. Gehört zur Ausübung einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf
dem belasteten Grundstücke, so kann bestimmt werden, daß der Eigenthümer dieses
Grundstücks die Anlage zu unterhalten hat, soweit das Interesse des
Berechtigten es erfordert. Steht dem Eigenthümer das Recht zur Mitbenutzung der
Anlage zu, so kann bestimmt werden, daß der Berechtigte die Anlage zu
unterhalten hat, soweit es für das Benutzungsrecht des Eigenthümers
erforderlich ist.
Auf eine solche Unterhaltungspflicht finden die Vorschriften über die
Reallasten entsprechende Anwendung.
§. 1022. Besteht die Grunddienstbarkeit in dem Rechte, auf einer
baulichen Anlage des belasteten Grundstücks eine bauliche Anlage zu halten, so
hat, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, der Eigenthümer des belasteten
Grundstücks seine Anlage zu unterhalten, soweit das Interesse des Berechtigten
es erfordert. Die Vorschrift des §. 1021 Abs. 2 gilt auch für diese
Unterhaltungspflicht.
§. 1023. Beschränkt sich die jeweilige Ausübung einer Grunddienstbarkeit
auf einen Theil des belasteten Grundstücks, so kann der Eigenthümer die
Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete
Stelle verlangen, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders
beschwerlich ist; die Kosten der Verlegung hat er zu tragen und vorzuschießen.
Dies gilt auch dann, wenn der Theil des Grundstücks, auf den sich die Ausübung
beschränkt, durch Rechtsgeschäft bestimmt ist.
Das Recht auf die Verlegung kann nicht durch Rechtsgeschäft
ausgeschlossen oder beschränkt werden.
§. 1024. Trifft eine Grunddienstbarkeit mit einer anderen Grunddienstbarkeit
oder einem sonstigen Nutzungsrecht an dem Grundstücke dergestalt zusammen, daß
die Rechte nebeneinander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können,
und haben die Rechte gleichen Rang, so kann jeder Berechtigte eine den Interessen
aller Berechtigten nach billigem Ermessen entsprechende Regelung der Ausübung
verlangen.
§. 1025. Wird das Grundstück des Berechtigten getheilt, so besteht die
Grunddienstbarkeit für die einzelnen Theile fort; die Ausübung ist jedoch im
Zweifel nur in der Weise zulässig, daß sie für den Eigenthümer des belasteten
Grundstücks nicht beschwerlicher wird. Gereicht die Dienstbarkeit nur einem der
Theile zum Vortheile, so erlischt sie für die übrigen Theile.
§. 1026. Wird das belastete Grundstück getheilt, so werden, wenn die
Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Theil des belasteten
Grundstücks beschränkt ist, die Theile, welche außerhalb des Bereichs der
Ausübung liegen, von der Dienstbarkeit frei.
§. 1027. Wird eine Grunddienstbarkeit beeinträchtigt, so stehen dem
Berechtigten die im §. 1004 bestimmten Rechte zu.
§. 1028. Ist auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, durch welche die
Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird, errichtet worden, so unterliegt der
Anspruch des Berechtigten auf Beseitigung der Beeinträchtigung der Verjährung,
auch wenn die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Mit der Verjährung
des Anspruchs erlischt die Dienstbarkeit, soweit der Bestand der Anlage mit ihr
in Widerspruch steht.
Die Vorschriften des §. 892 finden keine Anwendung.
§. 1029. Wird der Besitzer eines Grundstücks in der Ausübung einer für
den Eigenthümer im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit gestört, so
finden die für den Besitzschutz geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung,
soweit die Dienstbarkeit innerhalb eines Jahres vor der Störung, sei es auch
nur einmal, ausgeübt worden ist.
Zweiter Titel.
Nießbrauch.
I. Nießbrauch an Sachen.
§. 1030. Eine Sache kann in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu
dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache
zu ziehen (Nießbrauch).
Der Nießbrauch kann durch den Ausschluß einzelner Nutzungen beschränkt
werden.
§. 1031. Mit dem Nießbrauch an einem Grundstück erlangt der Nießbraucher
den Nießbrauch an dem Zubehöre nach den für den Erwerb des Eigenthums geltenden
Vorschriften des §. 926.
§. 1032. Zur Bestellung des Nießbrauchs an einer beweglichen Sache ist
erforderlich, daß der Eigenthümer die Sache dem Erwerber übergiebt und beide
darüber einig sind, daß diesem der Nießbrauch zustehen soll. Die Vorschriften
des § 929 Satz 2, der §§ 930 bis 932 und der §§ 933 bis 936 finden
entsprechende Anwendung; in den Fällen des §. 936 tritt nur die Wirkung ein,
daß der Nießbrauch dem Rechte des Dritten vorgeht.
§. 1033. Der Nießbrauch an einer beweglichen Sache kann durch Ersitzung
erworben werden. Die für den Erwerb des Eigenthums durch Ersitzung geltenden
Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
§. 1034. Der Nießbraucher kann den Zustand der Sache auf seine Kosten
durch Sachverständige feststellen lassen. Das gleiche Recht steht dem
Eigenthümer zu.
§. 1035. Bei dem Nießbrauch an einem Inbegriffe von Sachen sind der
Nießbraucher und der Eigenthümer einander verpflichtet, zur Aufnahme eines
Verzeichnisses der Sachen mitzuwirken. Das Verzeichniß ist mit der Angabe des
Tages der Aufnahme zu versehen und von beiden Theilen zu unterzeichnen; jeder
Theil kann verlangen, daß die Unterzeichnung öffentlich beglaubigt wird. Jeder
Theil kann auch verlangen, daß das Verzeichniß durch die zuständige Behörde
oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird. Die Kosten
hat derjenige zu tragen und vorzuschießen, welcher die Aufnahme oder die
Beglaubigung verlangt.
§. 1036. Der Nießbraucher ist zum Besitze der Sache berechtigt.
Er hat bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige
wirthschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln
einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zu verfahren.
§. 1037. Der Nießbraucher ist nicht berechtigt, die Sache umzugestalten
oder wesentlich zu verändern.
Der Nießbraucher eines Grundstücks darf neue Anlagen zur Gewinnung von
Steinen, Kies, Sand, Lehm, Thon, Mergel, Torf und sonstigen Bodenbestandtheilen
errichten, sofern nicht die wirthschaftliche Bestimmung des Grundstücks dadurch
wesentlich verändert wird.
§. 1038. Ist ein Wald Gegenstand des Nießbrauchs, so kann sowohl der
Eigenthümer als der Nießbraucher verlangen, daß das Maß der Nutzung und die Art
der wirthschaftlichen Behandlung durch einen Wirthschaftsplan festgestellt
werden. Tritt eine erhebliche Aenderung der Umstände ein, so kann jeder Theil
eine entsprechende Aenderung des Wirthschaftsplans verlangen. Die Kosten hat
jeder Theil zur Hälfte zu tragen.
Das Gleiche gilt, wenn ein Bergwerk oder eine andere auf Gewinnung von
Bodenbestandtheilen gerichtete Anlage Gegenstand des Nießbrauchs ist.
§. 1039. Der Nießbraucher erwirbt das Eigenthum auch an solchen
Früchten, die er den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider oder die
er deshalb im Uebermaße zieht, weil dies in Folge eines besonderen Ereignisses
nothwendig geworden ist. Er ist jedoch, unbeschadet seiner Verantwortlichkeit
für ein Verschulden, verpflichtet, den Werth der Früchte dem Eigenthümer bei
der Beendigung des Nießbrauchs zu ersetzen und für die Erfüllung dieser
Verpflichtung Sicherheit zu leisten. Sowohl der Eigenthümer als der
Nießbraucher kann verlangen, daß der zu ersetzende Betrag zur Wiederherstellung
der Sache insoweit verwendet wird, als es einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
entspricht.
Wird die Verwendung zur Wiederherstellung der Sache nicht verlangt, so
fällt die Ersatzpflicht weg, soweit durch den ordnungswidrigen oder den
übermäßigen Fruchtbezug die dem Nießbraucher gebührenden Nutzungen
beeinträchtigt werden.
§. 1040. Das Recht des Nießbrauchers erstreckt sich nicht auf den
Antheil des Eigenthümers an einem Schatze, der in der Sache gefunden wird.
§. 1041. Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in ihrem
wirthschaftlichen Bestande zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen liegen
ihm nur insoweit ob, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache
gehören.
§. 1042. Wird die Sache zerstört oder beschädigt oder wird eine
außergewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung der Sache oder eine Vorkehrung
zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so
hat der Nießbraucher dem Eigenthümer unverzüglich Anzeige zu machen. Das
Gleiche gilt, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt.
§. 1043. Nimmt der Nießbraucher eines Grundstücks eine erforderlich gewordene
außergewöhnliche Ausbesserung oder Erneuerung selbst vor, so darf er zu diesem
Zwecke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft auch
Bestandtheile des Grundstücks verwenden, die nicht zu den ihm gebührenden
Früchten gehören.
§. 1044. Nimmt der Nießbraucher eine erforderlich gewordene Ausbesserung
oder Erneuerung der Sache nicht selbst vor, so hat er dem Eigenthümer die
Vornahme und, wenn ein Grundstück Gegenstand des Nießbrauchs ist, die
Verwendung der im §. 1043 bezeichneten Bestandtheile des Grundstücks zu
gestatten.
§. 1045. Der Nießbraucher hat die Sache für die Dauer des Nießbrauchs
gegen Brandschaden und sonstige Unfälle auf seine Kosten unter Versicherung zu
bringen, wenn die Versicherung einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht.
Die Versicherung ist so zu nehmen, daß die Forderung gegen den Versicherer dem
Eigenthümer zusteht.
Ist die Sache bereits versichert, so fallen die für die Versicherung zu
leistenden Zahlungen dem Nießbraucher für die Dauer des Nießbrauchs zur Last,
soweit er zur Versicherung verpflichtet sein würde.
§. 1046. An der Forderung gegen den Versicherer steht dem Nießbraucher
der Nießbrauch nach den Vorschriften zu, die für den Nießbrauch an einer auf
Zinsen ausstehenden Forderung gelten.
Tritt ein unter die Versicherung fallender Schaden ein, so kann sowohl
der Eigenthümer als der Nießbraucher verlangen, daß die Versicherungssumme zur
Wiederherstellung der Sache oder zur Beschaffung eines Ersatzes insoweit
verwendet wird, als es einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht. Der
Eigenthümer kann die Verwendung selbst besorgen oder dem Nießbraucher
überlassen.
§. 1047. Der Nießbraucher ist dem Eigenthümer gegenüber verpflichtet,
für die Dauer des Nießbrauchs die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten
mit Ausschluß der außerordentlichen Lasten, die als auf den Stammwerth der
Sache gelegt anzusehen sind, sowie diejenigen privatrechtlichen Lasten zu
tragen, welche schon zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs auf der Sache
ruhten, insbesondere die Zinsen der Hypothekenforderungen und Grundschulden
sowie die auf Grund einer Rentenschuld zu entrichtenden Leistungen.
§. 1048. Ist ein Grundstück sammt Inventar Gegenstand des Nießbrauchs,
so kann der Nießbraucher über die einzelnen Stücke des Inventars innerhalb der
Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft verfügen. Er hat für den gewöhnlichen
Abgang sowie für die nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
ausscheidenden Stücke Ersatz zu beschaffen; die von ihm angeschafften Stücke
werden mit der Einverleibung in das Inventar Eigenthum desjenigen, welchem das
Inventar gehört.
Uebernimmt der Nießbraucher das Inventar zum Schätzungswerthe mit der
Verpflichtung, es bei der Beendigung des Nießbrauchs zum Schätzungswerthe
zurückzugewähren, so finden die Vorschriften der §§. 588, 589 entsprechende
Anwendung.
§. 1049. Macht der Nießbraucher Verwendungen auf die Sache, zu denen er
nicht verpflichtet ist, so bestimmt sich die Ersatzpflicht des Eigenthümers
nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
Der Nießbraucher ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache
versehen hat, wegzunehmen.
§. 1050. Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache, welche durch
die ordnungsmäßige Ausübung des Nießbrauchs herbeigeführt werden, hat der
Nießbraucher nicht zu vertreten.
§. 1051. Wird durch das Verhalten des Nießbrauchers die Besorgniß einer
erheblichen Verletzung der Rechte des Eigenthümers begründet, so kann der
Eigenthümer Sicherheitsleistung verlangen.
§. 1052. Ist der Nießbraucher zur Sicherheitsleistung rechtskräftig
verurtheilt, so kann der Eigenthümer statt der Sicherheitsleistung verlangen,
daß die Ausübung des Nießbrauchs für Rechnung des Nießbrauchers einem von dem
Gerichte zu bestellenden Verwalter übertragen wird. Die Anordnung der Verwaltung
ist nur zulässig, wenn dem Nießbraucher auf Antrag des Eigenthümers von dem
Gericht eine Frist zur Sicherheitsleistung bestimmt worden und die Frist
verstrichen ist; sie ist unzulässig, wenn die Sicherheit vor dem Ablaufe der
Frist geleistet wird.
Der Verwalter steht unter der Aufsicht des Gerichts wie ein für die
Zwangsverwaltung eines Grundstücks bestellter Verwalter. Verwalter kann auch
der Eigenthümer sein.
Die Verwaltung ist aufzuheben, wenn die Sicherheit nachträglich
geleistet wird.
§. 1053. Macht der Nießbraucher einen Gebrauch von der Sache, zu dem er
nicht befugt ist, und setzt er den Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung des
Eigenthümers fort, so kann der Eigenthümer auf Unterlassung klagen.
§. 1054. Verletzt der Nießbraucher die Rechte des Eigenthümers in
erheblichem Maße und setzt er das verletzende Verhalten ungeachtet einer
Abmahnung des Eigenthümers fort, so kann der Eigenthümer die Anordnung einer
Verwaltung nach §. 1052 verlangen.
§. 1055. Der Nießbraucher ist verpflichtet, die Sache nach der
Beendigung des Nießbrauchs dem Eigenthümer zurückzugeben.
Bei dem Nießbrauch an einem landwirthschaftlichen Grundstücke finden die
Vorschriften der §§. 591, 592, bei dem Nießbrauch an einem Landgute finden die
Vorschriften der §§. 591 bis 593 entsprechende Anwendung.
§. 1056. Hat der Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer des
Nießbrauchs hinaus vermiethet oder verpachtet, so finden nach der Beendigung
des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung geltenden Vorschriften der §§.
571, 572, des §. 573 Satz 1 und der §§. 574 bis 576, 579 entsprechende
Anwendung.
Der Eigenthümer ist berechtigt, das Mieth- oder Pachtverhältniß unter
Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Verzichtet der
Nießbraucher auf den Nießbrauch, so ist die Kündigung erst von der Zeit an
zulässig, zu welcher der Nießbrauch ohne den Verzicht erlöschen würde.
Der Miether oder der Pächter ist berechtigt, den Eigenthümer unter
Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er
von dem Kündigungsrechte Gebrauch mache. Die Kündigung kann nur bis zum Ablaufe
der Frist erfolgen.
§. 1057. Die Ersatzansprüche des Eigenthümers wegen Veränderungen oder
Verschlechterungen der Sache sowie die Ansprüche des Nießbrauchers auf Ersatz
von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren
in sechs Monaten. Die Vorschriften des §. 558 Abs. 2, 3 finden entsprechende
Anwendung.
§. 1058. Im Verhältnisse zwischen dem Nießbraucher und dem Eigenthümer
gilt zu Gunsten des Nießbrauchers der Besteller als Eigenthümer, es sei denn,
daß der Nießbraucher weiß, daß der Besteller nicht Eigenthümer ist.
§. 1059. Der Nießbrauch ist nicht übertragbar. Die Ausübung des
Nießbrauchs kann einem Anderen überlassen werden.
§. 1059a. Steht ein Nießbrauch einer juristischen Person zu, so ist er
nach Maßgabe der folgenden Vorschriften übertragbar:
1. Geht das Vermögen der juristischen Person auf dem Wege der
Gesamtrechtsnachfolge auf einen anderen über, so geht auch der Nießbrauch auf
den Rechtsnachfolger über, es sei denn, daß der Übergang ausdrücklich
ausgeschlossen ist.
2. Wird sonst ein von einer juristischen Person betriebenes Unternehmen
oder ein Teil eines solchen Unternehmens auf einen anderen übertragen, so kann
auf den Erwerber auch ein Nießbrauch übertragen werden, sofern er den Zwecken
des Unternehmens oder des Teiles des Unternehmens zu dienen geeignet ist. Ob
diese Voraussetzungen gegeben sind, wird durch eine Erklärung der obersten
Landesbehörde oder der von ihr ermächtigten Behörde festgestellt. Die Erklärung
bindet die Gerichte und die Verwaltungsbehörden.
§. 1059b. Ein Nießbrauch kann auf Grund der Vorschriften des § 1059a
weder gepfändet noch verpfändet noch mit einem Nießbrauch belastet werden.
§. 1059c. Im Falle des Übergangs oder der Übertragung des Nießbrauchs
tritt der Erwerber an Stelle des bisherigen Berechtigten in die mit dem
Nießbrauch verbundenen Rechte und Verpflichtungen gegenüber dem Eigentümer ein.
Sind in Ansehung dieser Rechte und Verpflichtungen Vereinbarungen zwischen dem
Eigentümer und dem Berechtigten getroffen worden, so wirken sie auch für und
gegen den Erwerber.
Durch den Übergang oder die Übertragung des Nießbrauchs wird ein
Anspruch auf Entschädigung weder für den Eigentümer noch für sonstige dinglich
Berechtigte begründet.
§. 1059d. Hat der bisherige Berechtigte das mit dem Nießbrauch belastete
Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermietet oder verpachtet, so
sind nach der Übertragung des Nießbrauchs die für den Fall der Veräußerung
geltenden Vorschriften der §§ 571 bis 576, 578 und 579 entsprechend anzuwenden.
§. 1059e. Steht ein Anspruch auf Einräumung eines Nießbrauchs einer
juristischen Person zu, so gelten die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d
entsprechend.
§. 1060. Trifft ein Nießbrauch mit einem anderen Nießbrauch oder mit
einem sonstigen Nutzungsrecht an der Sache dergestalt zusammen, daß die Rechte
neben einander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können, und haben
die Rechte gleichen Rang, so findet die Vorschrift des §. 1024 Anwendung.
§. 1061. Der Nießbrauch erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht
der Nießbrauch einer juristischen Person zu, so erlischt er mit dieser.
§. 1062. Wird der Nießbrauch an einem Grundstücke durch Rechtsgeschäft
aufgehoben, so erstreckt sich die Aufhebung im Zweifel auf den Nießbrauch an
dem Zubehöre.
§. 1063. Der Nießbrauch an einer beweglichen Sache erlischt, wenn er mit
dem Eigenthum in derselben Person zusammentrifft.
Der Nießbrauch gilt als nicht erloschen, soweit der Eigenthümer ein
rechtliches Interesse an dem Fortbestehen des Nießbrauchs hat.
§. 1064. Zur Aufhebung des Nießbrauchs an einer beweglichen Sache durch
Rechtsgeschäft genügt die Erklärung des Nießbrauchers gegenüber dem Eigenthümer
oder dem Besteller, daß er den Nießbrauch aufgebe.
§. 1065. Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf
die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigenthume
geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§. 1066. Besteht ein Nießbrauch an dem Antheil eines Miteigenthümers, so
übt der Nießbraucher die Rechte aus, die sich aus der Gemeinschaft der
Miteigenthümer in Ansehung der Verwaltung der Sache und der Art ihrer Benutzung
ergeben.
Die Aufhebung der Gemeinschaft kann nur von dem Miteigenthümer und dem
Nießbraucher gemeinschaftlich verlangt werden.
Wird die Gemeinschaft aufgehoben, so gebührt dem Nießbraucher der
Nießbrauch an den Gegenständen, welche an die Stelle des Antheils treten.
§. 1067. Sind verbrauchbare Sachen Gegenstand des Nießbrauchs, so wird
der Nießbraucher Eigenthümer der Sachen; nach der Beendigung des Nießbrauchs
hat er dem Besteller den Werth zu ersetzen, den die Sachen zur Zeit der
Bestellung hatten. Sowohl der Besteller als der Nießbraucher kann den Werth auf
seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen.
Der Besteller kann Sicherheitsleistung verlangen, wenn der Anspruch auf
Ersatz des Werthes gefährdet ist.
II. Nießbrauch an Rechten.
§. 1068. Gegenstand des Nießbrauchs kann auch ein Recht sein.
Auf den Nießbrauch an Rechten finden die Vorschriften über den
Nießbrauch an Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§.
1069 bis 1084 ein Anderes ergiebt.
§. 1069. Die Bestellung des Nießbrauchs an einem Rechte erfolgt nach den
für die Uebertragung des Rechtes geltenden Vorschriften.
An einem Rechte, das nicht übertragbar ist, kann ein Nießbrauch nicht
bestellt werden.
§. 1070. Ist ein Recht, kraft dessen eine Leistung gefordert werden
kann, Gegenstand des Nießbrauchs, so finden auf das Rechtsverhältniß zwischen
dem Nießbraucher und dem Verpflichteten die Vorschriften entsprechende
Anwendung, welche im Falle der Uebertragung des Rechtes für das
Rechtsverhältniß zwischen dem Erwerber und dem Verpflichteten gelten.
Wird die Ausübung des Nießbrauchs nach §. 1052 einem Verwalter
übertragen, so ist die Uebertragung dem Verpflichteten gegenüber erst wirksam,
wenn er von der getroffenen Anordnung Kenntniß erlangt oder wenn ihm eine
Mittheilung von der Anordnung zugestellt wird. Das Gleiche gilt von der
Aufhebung der Verwaltung.
§. 1071. Ein dem Nießbrauch unterliegendes Recht kann durch
Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Nießbrauchers aufgehoben werden. Die
Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt;
sie ist unwiderruflich. Die Vorschrift des §. 876 Satz 3 bleibt
unberührt.
Das Gleiche gilt im Falle einer Aenderung des Rechtes, sofern sie den
Nießbrauch beeinträchtigt.
§. 1072. Die Beendigung des Nießbrauchs tritt nach den Vorschriften der
§§. 1063, 1064 auch dann ein, wenn das dem Nießbrauch unterliegende Recht nicht
ein Recht an einer beweglichen Sache ist.
§. 1073. Dem Nießbraucher einer Leibrente, eines Auszugs oder eines
ähnlichen Rechtes gebühren die einzelnen Leistungen, die auf Grund des Rechtes
gefordert werden können.
§. 1074. Der Nießbraucher einer Forderung ist zur Einziehung der
Forderung und, wenn die Fälligkeit von einer Kündigung des Gläubigers abhängt,
zur Kündigung berechtigt. Er hat für die ordnungsmäßige Einziehung zu sorgen.
Zu anderen Verfügungen über die Forderung ist er nicht berechtigt.
§. 1075. Mit der Leistung des Schuldners an den Nießbraucher erwirbt der
Gläubiger den geleisteten Gegenstand und der Nießbraucher den Nießbrauch an dem
Gegenstande.
Werden verbrauchbare Sachen geleistet, so erwirbt der Nießbraucher das
Eigenthum; die Vorschriften des §. 1067 finden entsprechende Anwendung.
§. 1076. Ist eine auf Zinsen ausstehende Forderung Gegenstand des
Nießbrauchs, so gelten die Vorschriften der §§. 1077 bis 1079.
§. 1077. Der Schuldner kann das Kapital nur an den Nießbraucher und den
Gläubiger gemeinschaftlich zahlen. Jeder von beiden kann verlangen, daß an sie
gemeinschaftlich gezahlt wird; jeder kann statt der Zahlung die Hinterlegung
für beide fordern.
Der Nießbraucher und der Gläubiger können nur gemeinschaftlich kündigen.
Die Kündigung des Schuldners ist nur wirksam, wenn sie dem Nießbraucher und dem
Gläubiger erklärt wird.
§. 1078. Ist die Forderung fällig, so sind der Nießbraucher und der Gläubiger
einander verpflichtet, zur Einziehung mitzuwirken. Hängt die Fälligkeit von
einer Kündigung ab, so kann jeder Theil die Mitwirkung des anderen zur
Kündigung verlangen, wenn die Einziehung der Forderung wegen Gefährdung ihrer
Sicherheit nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung geboten
ist.
§. 1079. Der Nießbraucher und der Gläubiger sind einander verpflichtet,
dazu mitzuwirken, daß das eingezogene Kapital nach den für die Anlegung von
Mündelgeld geltenden Vorschriften verzinslich angelegt und gleichzeitig dem
Nießbraucher der Nießbrauch bestellt wird. Die Art der Anlegung bestimmt der
Nießbraucher.
§. 1080. Die Vorschriften über den Nießbrauch an einer Forderung gelten
auch für den Nießbrauch an einer Grundschuld und an einer Rentenschuld.
§. 1081. Ist ein Inhaberpapier oder ein Orderpapier, das mit
Blankoindossament versehen ist, Gegenstand des Nießbrauchs, so steht der Besitz
des Papiers und des zu dem Papiere gehörenden Erneuerungsscheins dem
Nießbraucher und dem Eigenthümer gemeinschaftlich zu. Der Besitz der zu dem
Papiere gehörenden Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine steht dem
Nießbraucher zu.
Zur Bestellung des Nießbrauchs genügt an Stelle der Uebergabe des
Papiers die Einräumung des Mitbesitzes.
§. 1082. Das Papier ist nebst dem Erneuerungsschein auf Verlangen des
Nießbrauchers oder des Eigenthümers bei einer Hinterlegungsstelle mit der
Bestimmung zu hinterlegen, daß die Herausgabe nur von dem Nießbraucher und dem
Eigenthümer gemeinschaftlich verlangt werden kann. Der Nießbraucher kann auch
Hinterlegung bei der Reichsbank, bei der Deutschen Zentralgenossenschaftskasse
oder bei der Deutschen Girozentrale (Deutschen Kommunalbank) verlangen. 18
§. 1083. Der Nießbraucher und der Eigenthümer des Papiers sind für
einander verpflichtet, zur Einziehung des fälligen Kapitals, zur Beschaffung
neuer Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine sowie zu sonstigen Maßnahmen
mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung erforderlich sind.
Im Falle der Einlösung des Papiers finden die Vorschriften des §. 1079
Anwendung. Eine bei der Einlösung gezahlte Prämie gilt als Theil des Kapitals.
§. 1084. Gehört ein Inhaberpapier oder ein Orderpapier, das mit
Blankoindossament versehen ist, nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen, so
bewendet es bei den Vorschriften des §. 1067.
III. Nießbrauch an einem Vermögen.
§. 1085. Der Nießbrauch an dem Vermögen einer Person kann nur in der
Weise bestellt werden, daß der Nießbraucher den Nießbrauch an den einzelnen zu
dem Vermögen gehörenden Gegenständen erlangt. Soweit der Nießbrauch bestellt
ist, gelten die Vorschriften der §§. 1086 bis 1088.
§. 1086. Die Gläubiger des Bestellers können, soweit ihre Forderungen
vor der Bestellung entstanden sind, ohne Rücksicht auf den Nießbrauch
Befriedigung aus den dem Nießbrauch unterliegenden Gegenständen verlangen. Hat
der Nießbraucher das Eigenthum an verbrauchbaren Sachen erlangt, so tritt an
die Stelle der Sachen der Anspruch des Bestellers auf Ersatz des Werthes; der
Nießbraucher ist den Gläubigern gegenüber zum sofortigen Ersatze verpflichtet.
§. 1087. Der Besteller kann, wenn eine vor der Bestellung entstandene
Forderung fällig ist, von dem Nießbraucher Rückgabe der zur Befriedigung des
Gläubigers erforderlichen Gegenstände verlangen. Die Auswahl steht ihm zu; er kann
jedoch nur die vorzugsweise geeigneten Gegenstände auswählen. Soweit die
zurückgegebenen Gegenstände ausreichen, ist der Besteller dem Nießbraucher
gegenüber zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet.
Der Nießbraucher kann die Verbindlichkeit durch Leistung des
geschuldeten Gegenstandes erfüllen. Gehört der geschuldete Gegenstand nicht zu
dem Vermögen, das dem Nießbrauch unterliegt, so ist der Nießbraucher
berechtigt, zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers einen zu dem Vermögen
gehörenden Gegenstand zu veräußern, wenn die Befriedigung durch den Besteller
nicht ohne Gefahr abgewartet werden kann. Er hat einen vorzugsweise geeigneten
Gegenstand auszuwählen. Soweit er zum Ersatze des Werthes verbrauchbarer Sachen
verpflichtet ist, darf er eine Veräußerung nicht vornehmen.
§. 1088. Die Gläubiger des Bestellers, deren Forderungen schon zur Zeit
der Bestellung verzinslich waren, können die Zinsen für die Dauer des
Nießbrauchs auch von dem Nießbraucher verlangen. Das Gleiche gilt von anderen
wiederkehrenden Leistungen, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den
Einkünften des Vermögens bestritten werden, wenn die Forderung vor der
Bestellung des Nießbrauchs entstanden ist.
Die Haftung des Nießbrauchers kann nicht durch Vereinbarung zwischen ihm
und dem Besteller ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Der Nießbraucher ist dem Besteller gegenüber zur Befriedigung der
Gläubiger wegen der im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche verpflichtet. Die Rückgabe
von Gegenständen zum Zwecke der Befriedigung kann der Besteller nur verlangen,
wenn der Nießbraucher mit der Erfüllung dieser Verbindlichkeit in Verzug kommt.
§. 1089. Die Vorschriften der §§. 1085 bis 1088 finden auf den
Nießbrauch an einer Erbschaft entsprechende Anwendung.
Dritter Titel.
Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten.
§. 1090. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß
derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das
Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder daß ihm eine sonstige
Befugniß zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann
(beschränkte persönliche Dienstbarkeit).
Die Vorschriften der §§. 1020 bis 1024, 1026 bis 1029, 1061 finden
entsprechende Anwendung.
§. 1091. Der Umfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
bestimmt sich im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnisse
des Berechtigten.
§. 1092. Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist nicht
übertragbar. Die Ausübung der Dienstbarkeit kann einem Anderen nur überlassen
werden, wenn die Ueberlassung gestattet ist.
Steht eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit oder der Anspruch auf
Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit einer juristischen
Person zu, so gelten die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d entsprechend.
§. 1093. Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht
bestellt werden, ein Gebäude oder einen Theil eines Gebäudes unter Ausschluß
des Eigenthümers als Wohnung zu benutzen. Auf dieses Recht finden die für den
Nießbrauch geltenden Vorschriften der §§. 1031, 1034, 1036, des §. 1037 Abs. 1
und der §§. 1041, 1042, 1044, 1049, 1050, 1057, 1062 entsprechende Anwendung.
Der Berechtigte ist befugt, seine Familie sowie die zur standesmäßigen
Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen.
Ist das Recht auf einen Theil des Gebäudes beschränkt, so kann der
Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauche der Bewohner bestimmten
Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen.
Sechster Abschnitt.
Vorkaufsrecht.
§. 1094. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß
derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, dem Eigenthümer gegenüber
zum Vorkaufe berechtigt ist.
Das Vorkaufsrecht kann auch zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines
anderen Grundstücks bestellt werden.
§. 1095. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit dem Vorkaufsrechte
nur belastet werden, wenn er in dem Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§. 1096. Das Vorkaufsrecht kann auf das Zubehör erstreckt werden, das
mit dem Grundstücke verkauft wird. Im Zweifel ist anzunehmen, daß sich das
Vorkaufsrecht auf dieses Zubehör erstrecken soll.
§. 1097. Das Vorkaufsrecht beschränkt sich auf den Fall des Verkaufs
durch den Eigenthümer, welchem das Grundstück zur Zeit der Bestellung gehört,
oder durch dessen Erben; es kann jedoch auch für mehrere oder für alle
Verkaufsfälle bestellt werden.
§. 1098. Das Rechtsverhältniß zwischen dem Berechtigten und dem
Verpflichteten bestimmt sich nach den Vorschriften der §§. 504 bis 514. Das
Vorkaufsrecht kann auch dann ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem
Konkursverwalter aus freier Hand verkauft wird.
Dritten gegenüber hat das Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung zur
Sicherung des durch die Ausübung des Rechtes entstehenden Anspruchs auf
Uebertragung des Eigenthums.
Steht ein nach § 1094 Abs. 1 begründetes Vorkaufsrecht einer
juristischen Person zu, so gelten, wenn seine Übertragbarkeit nicht vereinbart
ist, für die Übertragung des Rechts die Vorschriften der §§ 1059a bis 1059d
entsprechend.
§. 1099. Gelangt das Grundstück in das Eigenthum eines Dritten, so kann
dieser in gleicher Weise wie der Verpflichtete dem Berechtigten den Inhalt des
Kaufvertrags mit der im §. 510 Abs. 2 bestimmten Wirkung mittheilen.
Der Verpflichtete hat den neuen Eigenthümer zu benachrichtigen, sobald
die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt oder ausgeschlossen ist.
§. 1100. Der neue Eigenthümer kann, wenn er der Käufer oder ein
Rechtsnachfolger des Käufers ist, die Zustimmung zur Eintragung des
Berechtigten als Eigenthümer und die Herausgabe des Grundstücks verweigern, bis
ihm der zwischen dem Verpflichteten und dem Käufer vereinbarte Kaufpreis,
soweit er berichtigt ist, erstattet wird. Erlangt der Berechtigte die
Eintragung als Eigenthümer, so kann der bisherige Eigenthümer von ihm die
Erstattung des berichtigten Kaufpreises gegen Herausgabe des Grundstücks
fordern.
§. 1101. Soweit der Berechtigte nach §. 1100 dem Käufer oder dessen
Rechtsnachfolger den Kaufpreis zu erstatten hat, wird er von der Verpflichtung
zur Zahlung des aus dem Vorkaufe geschuldeten Kaufpreises frei.
§. 1102. Verliert der Käufer oder sein Rechtsnachfolger in Folge der
Geltendmachung des Vorkaufsrechts das Eigenthum, so wird der Käufer, soweit der
von ihm geschuldete Kaufpreis noch nicht berichtigt ist, von seiner
Verpflichtung frei; den berichtigten Kaufpreis kann er nicht zurückfordern.
§. 1103. Ein zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks
bestehendes Vorkaufsrecht kann nicht von dem Eigenthum an diesem Grundstücke
getrennt werden.
Ein zu Gunsten einer bestimmten Person bestehendes Vorkaufsrecht kann
nicht mit dem Eigenthum an einem Grundstücke verbunden werden.
§. 1104. Ist der Berechtigte unbekannt, so kann er im Wege des
Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn die im §.
1170 für die Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten
Voraussetzungen vorliegen. Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erlischt das
Vorkaufsrecht.
Auf ein Vorkaufsrecht, das zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines
Grundstücks besteht, finden diese Vorschriften keine Anwendung.
Siebenter Abschnitt.
Reallasten.
§. 1105. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß an
denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen
aus dem Grundstücke zu entrichten sind (Reallast).
Die Reallast kann auch zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines
anderen Grundstücks bestellt werden.
§. 1106. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit einer Reallast nur
belastet werden, wenn er in dem Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§. 1107. Auf die einzelnen Leistungen finden
die für die Zinsen einer Hypothekenforderung geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung.
§. 1108. Der Eigenthümer haftet für die während der Dauer seines
Eigenthums fällig werdenden Leistungen auch persönlich, soweit nicht ein
Anderes bestimmt ist.
Wird das Grundstück getheilt, so haften die Eigenthümer der einzelnen
Theile als Gesammtschuldner.
§. 1109. Wird das Grundstück des Berechtigten getheilt, so besteht die
Reallast für die einzelnen Theile fort. Ist die Leistung theilbar, so bestimmen
sich die Antheile der Eigenthümer nach dem Verhältnisse der Größe der Theile;
ist sie nicht theilbar, so finden die Vorschriften des §. 432 Anwendung. Die Ausübung des Rechtes ist im Zweifel nur in
der Weise zulässig, daß sie für den Eigenthümer des belasteten Grundstücks
nicht beschwerlicher wird.
Der Berechtigte kann bestimmen, daß das Recht nur mit einem der Theile
verbunden sein soll. Die Bestimmung hat dem Grundbuchamte gegenüber zu erfolgen
und bedarf der Eintragung in das Grundbuch; die Vorschriften der §§. 876, 878
finden entsprechende Anwendung. Veräußert der Berechtigte einen Theil des
Grundstücks, ohne eine solche Bestimmung zu treffen, so bleibt das Recht mit
dem Theile verbunden, den er behält. Gereicht die Reallast nur einem der Theile
zum Vortheile, so bleibt sie mit diesem Theile allein verbunden.
§. 1110. Eine zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks
bestehende Reallast kann nicht von dem Eigenthum an diesem Grundstücke getrennt
werden.
§. 1111. Eine zu Gunsten einer bestimmten Person bestehende Reallast
kann nicht mit dem Eigenthum an einem Grundstücke verbunden werden.
Ist der Anspruch auf die einzelne Leistung nicht übertragbar, so kann
das Recht nicht veräußert oder belastet werden.
§. 1112. Ist der Berechtigte unbekannt, so finden auf die Ausschließung
seines Rechtes die Vorschriften des §. 1104 entsprechende Anwendung.
Achter Abschnitt.
Hypothek. Grundschuld. Rentenschuld.
Erster Titel.
Hypothek.
§. 1113. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß an
denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme
zur Befriedigung wegen einer ihm zustehenden Forderung aus dem Grundstücke zu
zahlen ist (Hypothek).
Die Hypothek kann auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung
bestellt werden.
§. 1114. Ein Bruchtheil eines Grundstücks kann mit einer Hypothek nur
belastet werden, wenn er in dem Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§. 1115. Bei der Eintragung der Hypothek müssen der Gläubiger, der
Geldbetrag der Forderung und, wenn die Forderung verzinslich ist, der Zinssatz,
wenn andere Nebenleistungen zu entrichten sind, ihr Geldbetrag im Grundbuch
angegeben werden; im Uebrigen kann zur Bezeichnung der Forderung auf die
Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
Bei der Eintragung der Hypothek für ein Darlehen einer Kreditanstalt,
deren Satzung von der zuständigen Behörde öffentlich bekannt gemacht worden
ist, genügt zur Bezeichnung der außer den Zinsen satzungsgemäß zu entrichtenden
Nebenleistungen die Bezugnahme auf die Satzung.
§. 1116. Ueber die Hypothek wird ein Hypothekenbrief ertheilt.
Die Ertheilung des Briefes kann ausgeschlossen werden. Die Ausschließung
kann auch nachträglich erfolgen. Zu der Ausschließung ist die Einigung des
Gläubigers und des Eigenthümers sowie die Eintragung in das Grundbuch
erforderlich; die Vorschriften des §. 873 Abs. 2 und der §§. 876, 878 finden
entsprechende Anwendung.
Die Ausschließung der Ertheilung des Briefes kann aufgehoben werden; die
Aufhebung erfolgt in gleicher Weise wie die Ausschließung.
§. 1117. Der Gläubiger erwirbt, sofern nicht die Ertheilung des
Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, die Hypothek erst, wenn ihm der Brief von
dem Eigenthümer des Grundstücks übergeben wird. Auf die Uebergabe finden die
Vorschriften des §. 929 Satz 2 und der §§. 930, 931 Anwendung.
Die Uebergabe des Briefes kann durch die Vereinbarung ersetzt werden,
daß der Gläubiger berechtigt sein soll, sich den Brief von dem Grundbuchamt
aushändigen zu lassen.
Ist der Gläubiger im Besitze des Briefes, so wird vermuthet, daß die
Uebergabe erfolgt sei.
§. 1118. Kraft der Hypothek haftet das Grundstück auch für die
gesetzlichen Zinsen der Forderung sowie für die Kosten der Kündigung und der
die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung.
§. 1119. Ist die Forderung unverzinslich oder ist der Zinssatz niedriger
als fünf vom Hundert, so kann die Hypothek ohne Zustimmung der im Range gleich-
oder nachstehenden Berechtigten dahin erweitert werden, daß das Grundstück für
Zinsen bis zu fünf vom Hundert haftet.
Zu einer Aenderung der Zahlungszeit und des Zahlungsorts ist die
Zustimmung dieser Berechtigten gleichfalls nicht erforderlich.
§. 1120. Die Hypothek erstreckt sich auf die von dem Grundstücke getrennten
Erzeugnisse und sonstigen Bestandtheile, soweit sie nicht mit der Trennung nach
den §§. 954 bis 957 in das Eigenthum eines Anderen als des Eigenthümers oder
des Eigenbesitzers des Grundstücks gelangt sind, sowie auf das Zubehör des
Grundstücks mit Ausnahme der Zubehörstücke, welche nicht in das Eigenthum des
Eigenthümers des Grundstücks gelangt sind.
§. 1121. Erzeugnisse und sonstige Bestandtheile des Grundstücks sowie
Zubehörstücke werden von der Haftung frei, wenn sie veräußert und von dem
Grundstück entfernt werden, bevor sie zu Gunsten des Gläubigers in Beschlag
genommen worden sind.
Erfolgt die Veräußerung vor der Entfernung, so kann sich der Erwerber
dem Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, daß er in Ansehung der Hypothek
in gutem Glauben gewesen sei. Entfernt der Erwerber die Sache von dem
Grundstücke, so ist eine vor der Entfernung erfolgte Beschlagnahme ihm
gegenüber nur wirksam, wenn er bei der Entfernung in Ansehung der Beschlagnahme
nicht in gutem Glauben ist.
§. 1122. Sind die Erzeugnisse oder Bestandtheile innerhalb der Grenzen
einer ordnungsmäßigen Wirthschaft von dem Grundstücke getrennt worden, so
erlischt ihre Haftung auch ohne Veräußerung, wenn sie vor der Beschlagnahme von
dem Grundstück entfernt werden, es sei denn, daß die Entfernung zu einem
vorübergehenden Zwecke erfolgt.
Zubehörstücke werden ohne Veräußerung von der Haftung frei, wenn die
Zubehöreigenschaft innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor
der Beschlagnahme aufgehoben wird.
§. 1123. Ist das Grundstück vermiethet oder verpachtet, so erstreckt
sich die Hypothek auf die Mieth- oder Pachtzinsforderung.
Soweit die Forderung fällig ist, wird sie mit dem Ablauf eines Jahres
nach dem Eintritte der Fälligkeit von der Haftung frei, wenn nicht vorher die
Beschlagnahme zu Gunsten des Hypothekengläubigers erfolgt. Ist der Miet- oder
Pachtzins im voraus zu entrichten, so erstreckt sich die Befreiung nicht auf
den Miet- oder Pachtzins für eine spätere Zeit als den zur Zeit der
Beschlagnahme laufenden Kalendermonat; erfolgt die Beschlagnahme nach dem
fünfzehnten Tage des Monats, so erstreckt sich die Befreiung auch auf den Miet-
oder Pachtzins für den folgenden Kalendermonat.
§. 1124. Wird der Mieth- oder Pachtzins eingezogen, bevor er zu Gunsten
des Hypothekengläubigers in Beschlag genommen worden ist, oder wird vor der
Beschlagnahme in anderer Weise über ihn verfügt, so ist die Verfügung dem
Hypothekengläubiger gegenüber wirksam. Besteht die Verfügung in der
Uebertragung der Forderung auf einen Dritten, so erlischt die Haftung der
Forderung; erlangt ein Dritter ein Recht an der Forderung, so geht es der
Hypothek im Range vor.
Die Verfügung ist dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam, soweit
sie sich auf den Miet- oder Pachtzins für eine spätere Zeit als den zur Zeit
der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat bezieht; erfolgt die Beschlagnahme
nach dem fünfzehnten Tage des Monats, so ist die Verfügung jedoch insoweit
wirksam, als sie sich auf den Miet- oder Pachtzins für den folgenden
Kalendermonat bezieht.
Der Uebertragung der Forderung auf einen Dritten steht es gleich, wenn
das Grundstück ohne die Forderung veräußert wird.
§. 1125. Soweit die Einziehung des Mieth- oder Pachtzinses dem
Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam ist, kann der Miether oder der Pächter
nicht eine ihm gegen den Vermiether oder den Verpächter zustehende Forderung
gegen den Hypothekengläubiger aufrechnen.
§. 1126. Ist mit dem Eigenthum an dem Grundstück ein Recht auf
wiederkehrende Leistungen verbunden, so erstreckt sich die Hypothek auf die
Ansprüche auf diese Leistungen. Die Vorschriften des §. 1123 Abs. 2 Satz 1, des
§. 1124 Abs. 1, 3 und des §. 1125 finden entsprechende Anwendung.
Eine vor der Beschlagnahme erfolgte Verfügung über den Anspruch auf eine
Leistung, die erst drei Monate nach der Beschlagnahme fällig wird, ist dem
Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam.
§. 1127. Sind Gegenstände, die der Hypothek unterliegen, für den
Eigenthümer oder den Eigenbesitzer des Grundstücks unter Versicherung gebracht,
so erstreckt sich die Hypothek auf die Forderung gegen den Versicherer.
Die Haftung der Forderung gegen den Versicherer erlischt, wenn der
versicherte Gegenstand wiederhergestellt oder Ersatz für ihn beschafft ist.
§. 1128. Ist ein Gebäude versichert, so kann der Versicherer die Versicherungssumme
mit Wirkung gegen den Hypothekengläubiger an den Versicherten erst zahlen, wenn
er oder der Versicherte den Eintritt des Schadens dem Hypothekengläubiger
angezeigt hat und seit dem Empfange der Anzeige ein Monat verstrichen ist. Der
Hypothekengläubiger kann bis zum Ablaufe der Frist dem Versicherer gegenüber
der Zahlung widersprechen. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie unthunlich
ist; in diesem Falle wird der Monat von dem Zeitpunkt an berechnet, in welchem
die Versicherungssumme fällig wird.
Hat der Hypothekengläubiger seine Hypothek dem Versicherer angemeldet,
so kann der Versicherer mit Wirkung gegen den Hypothekengläubiger an den
Versicherten nur zahlen, wenn der Hypothekengläubiger der Zahlung schriftlich
zugestimmt hat.
Im Uebrigen finden die für eine verpfändete Forderung geltenden
Vorschriften Anwendung; der Versicherer kann sich jedoch nicht darauf berufen,
daß er eine aus dem Grundbuch ersichtliche Hypothek nicht gekannt habe.
§. 1129. Ist ein anderer Gegenstand als ein Gebäude versichert, so
bestimmt sich die Haftung der Forderung gegen den Versicherer nach den
Vorschriften des §. 1123 Abs. 2 Satz 1 und des §. 1124 Abs. 1, 3.
§. 1130. Ist der Versicherer nach den Versicherungsbestimmungen nur
verpflichtet, die Versicherungssumme zur Wiederherstellung des versicherten
Gegenstandes zu zahlen, so ist eine diesen Bestimmungen entsprechende Zahlung
an den Versicherten dem Hypothekengläubiger gegenüber wirksam.
§. 1131. Wird ein Grundstück nach §. 890 Abs. 2 einem anderen Grundstück
im Grundbuche zugeschrieben, so erstrecken sich die an diesem Grundstücke
bestehenden Hypotheken auf das zugeschriebene Grundstück. Rechte, mit denen das
zugeschriebene Grundstück belastet ist, gehen diesen Hypotheken im Range vor.
§. 1132. Besteht für die Forderung eine Hypothek an mehreren
Grundstücken (Gesammthypothek), so haftet jedes Grundstück für die ganze
Forderung. Der Gläubiger kann die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem
der Grundstücke ganz oder zu einem Theile suchen.
Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen
Grundstücke in der Weise zu vertheilen, daß jedes Grundstück nur für den
zugetheilten Betrag haftet. Auf die Vertheilung finden die Vorschriften der §§.
875, 876, 878 entsprechende Anwendung.
§. 1133. Ist in Folge einer Verschlechterung des Grundstücks die
Sicherheit der Hypothek gefährdet, so kann der Gläubiger dem Eigenthümer eine
angemessene Frist zur Beseitigung der Gefährdung bestimmen. Nach dem Ablaufe
der Frist ist der Gläubiger berechtigt, sofort Befriedigung aus dem Grundstücke
zu suchen, wenn nicht die Gefährdung durch Verbesserung des Grundstücks oder
durch anderweitige Hypothekenbestellung beseitigt worden ist. Ist die Forderung
unverzinslich und noch nicht fällig, so gebührt dem Gläubiger nur die Summe,
welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung
bis zur Fälligkeit dem Betrage der Forderung gleichkommt.
§. 1134. Wirkt der Eigenthümer oder ein Dritter auf das Grundstück in
solcher Weise ein, daß eine die Sicherheit der Hypothek gefährdende
Verschlechterung des Grundstücks zu besorgen ist, so kann der Gläubiger auf
Unterlassung klagen.
Geht die Einwirkung von dem Eigenthümer aus, so hat das Gericht auf
Antrag des Gläubigers die zur Abwendung der Gefährdung erforderlichen Maßregeln
anzuordnen. Das Gleiche gilt, wenn die Verschlechterung deshalb zu besorgen
ist, weil der Eigenthümer die erforderlichen Vorkehrungen gegen Einwirkungen
Dritter oder gegen andere Beschädigungen unterläßt.
§. 1135. Einer Verschlechterung des Grundstücks im Sinne der §§. 1133,
1134 steht es gleich, wenn Zubehörstücke, auf die sich die Hypothek erstreckt,
verschlechtert oder den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider von
dem Grundstück entfernt werden.
§. 1136. Eine Vereinbarung, durch die sich der Eigenthümer dem Gläubiger
gegenüber verpflichtet, das Grundstück nicht zu veräußern oder nicht weiter zu
belasten, ist nichtig.
§. 1137. Der Eigenthümer kann gegen die Hypothek die dem persönlichen
Schuldner gegen die Forderung sowie die nach §. 770 einem Bürgen zustehenden
Einreden geltend machen. Stirbt der persönliche Schuldner, so kann sich der
Eigenthümer nicht darauf berufen, daß der Erbe für die Schuld nur beschränkt
haftet.
Ist der Eigenthümer nicht der persönliche Schuldner, so verliert er eine
Einrede nicht dadurch, daß dieser auf sie verzichtet.
§. 1138. Die Vorschriften der §§. 891 bis 899 gelten für die Hypothek
auch in Ansehung der Forderung und der dem Eigenthümer nach §. 1137 zustehenden
Einreden.
§. 1139. Ist bei der Bestellung einer Hypothek für ein Darlehen die
Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen worden, so genügt zur Eintragung
eines Widerspruchs, der sich darauf gründet, daß die Hingabe des Darlehens
unterblieben sei, der von dem Eigenthümer an das Grundbuchamt gerichtete
Antrag, sofern er vor dem Ablauf eines Monats nach der Eintragung der Hypothek
gestellt wird. Wird der Widerspruch innerhalb des Monats eingetragen, so hat
die Eintragung die gleiche Wirkung, wie wenn der Widerspruch zugleich mit der
Hypothek eingetragen worden wäre.
§. 1140. Soweit die Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Hypothekenbrief
oder einem Vermerk auf dem Briefe hervorgeht, ist die Berufung auf die
Vorschriften der §§. 892, 893 ausgeschlossen. Ein Widerspruch gegen die
Richtigkeit des Grundbuchs, der aus dem Briefe oder einem Vermerk auf dem
Briefe hervorgeht, steht einem im Grundbuch eingetragenen Widerspruche gleich.
§. 1141. Hängt die Fälligkeit der Forderung von einer Kündigung ab, so
ist die Kündigung für die Hypothek nur wirksam, wenn sie von dem Gläubiger dem
Eigenthümer oder von dem Eigenthümer dem Gläubiger erklärt wird. Zu Gunsten des
Gläubigers gilt derjenige, welcher im Grundbuch als Eigenthümer eingetragen
ist, als der Eigenthümer.
Hat der Eigenthümer keinen Wohnsitz im Inland oder liegen die
Voraussetzungen des §. 132 Abs. 2 vor, so hat auf Antrag des Gläubigers das
Amtsgericht, in dessen Bezirke das Grundstück liegt, dem Eigenthümer einen
Vertreter zu bestellen, dem gegenüber die Kündigung des Gläubigers erfolgen
kann.
§. 1142. Der Eigenthümer ist berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen,
wenn die Forderung ihm gegenüber fällig geworden oder wenn der persönliche
Schuldner zur Leistung berechtigt ist.
Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung
erfolgen.
§. 1143. Ist der Eigenthümer nicht der persönliche Schuldner, so geht,
soweit er den Gläubiger befriedigt, die Forderung auf ihn über. Die für einen
Bürgen geltenden Vorschriften des §. 774 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.
Besteht für die Forderung eine Gesammthypothek, so gelten für diese die
Vorschriften des §. 1173.
§. 1144. Der Eigenthümer kann gegen Befriedigung des Gläubigers die
Aushändigung des Hypothekenbriefs und der sonstigen Urkunden verlangen, die zur
Berichtigung des Grundbuchs oder zur Löschung der Hypothek erforderlich sind.
§. 1145. Befriedigt der Eigenthümer den Gläubiger nur theilweise, so
kann er die Aushändigung des Hypothekenbriefs nicht verlangen. Der Gläubiger
ist verpflichtet, die theilweise Befriedigung auf dem Briefe zu vermerken und
den Brief zum Zwecke der Berichtigung des Grundbuchs oder der Löschung dem
Grundbuchamt oder zum Zwecke der Herstellung eines Theilhypothekenbriefs für
den Eigenthümer der zuständigen Behörde oder einem zuständigen Notare
vorzulegen.
Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 gilt für Zinsen und andere
Nebenleistungen nur, wenn sie später als in dem Kalendervierteljahr, in welchem
der Gläubiger befriedigt wird, oder dem folgenden Vierteljahre fällig werden.
Auf Kosten, für die das Grundstück nach §. 1118 haftet, findet die Vorschrift
keine Anwendung.
§. 1146. Liegen dem Eigenthümer gegenüber die Voraussetzungen vor, unter
denen ein Schuldner in Verzug kommt, so gebühren dem Gläubiger Verzugszinsen
aus dem Grundstücke.
§. 1147. Die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück und den
Gegenständen, auf die sich die Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der
Zwangsvollstreckung.
§. 1148. Bei der Verfolgung des Rechtes aus der Hypothek gilt zu Gunsten
des Gläubigers derjenige, welcher im Grundbuch als Eigenthümer eingetragen ist,
als der Eigenthümer. Das Recht des nicht eingetragenen Eigenthümers, die ihm
gegen die Hypothek zustehenden Einwendungen geltend zu machen, bleibt
unberührt.
§. 1149. Der Eigenthümer kann, solange nicht die Forderung ihm gegenüber
fällig geworden ist, dem Gläubiger nicht das Recht einräumen, zum Zwecke der
Befriedigung die Uebertragung des Eigenthums an dem Grundstücke zu verlangen
oder die Veräußerung des Grundstücks auf andere Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung
zu bewirken.
§. 1150. Verlangt der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke, so
finden die Vorschriften der §§. 268, 1144, 1145 entsprechende Anwendung.
§. 1151. Wird die Forderung getheilt, so ist zur Aenderung des
Rangverhältnisses der Theilhypotheken unter einander die Zustimmung des
Eigenthümers nicht erforderlich.
§. 1152. Im Falle einer Theilung der Forderung kann, sofern nicht die
Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, für jeden Theil ein
Theilhypothekenbrief hergestellt werden; die Zustimmung des Eigenthümers des
Grundstücks ist nicht erforderlich. Der Theilhypothekenbrief tritt für den
Theil, auf den er sich bezieht, an die Stelle des bisherigen Briefes.
§. 1153. Mit der Uebertragung der Forderung geht die Hypothek auf den
neuen Gläubiger über.
Die Forderung kann nicht ohne die Hypothek, die Hypothek kann nicht ohne
die Forderung übertragen werden.
§. 1154. Zur Abtretung der Forderung ist Ertheilung der
Abtretungserklärung in schriftlicher Form und Uebergabe des Hypothekenbriefs
erforderlich; die Vorschriften des §. 1117 finden Anwendung.
Der bisherige Gläubiger hat auf Verlangen des neuen Gläubigers die
Abtretungserklärung auf seine Kosten öffentlich beglaubigen zu lassen.
Die schriftliche Form der Abtretungserklärung kann dadurch ersetzt
werden, daß die Abtretung in das Grundbuch eingetragen wird.
Ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so finden auf
die Abtretung der Forderung die Vorschriften der §§. 873, 878 entsprechende
Anwendung.
§. 1155. Ergiebt sich das Gläubigerrecht des Besitzers des
Hypothekenbriefs aus einer zusammenhängenden, auf einen eingetragenen Gläubiger
zurückführenden Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen, so
finden die Vorschriften der §§. 891 bis 899 in gleicher Weise Anwendung, wie
wenn der Besitzer des Briefes als Gläubiger im Grundbuch eingetragen wäre.
Einer öffentlich beglaubigten Abtretungserklärung steht
gleich ein gerichtlicher Ueberweisungsbeschluß und das öffentlich beglaubigte
Anerkenntniß einer kraft Gesetzes erfolgten Uebertragung der Forderung.
§. 1156. Die für die Uebertragung der Forderung geltenden Vorschriften
der §§. 406 bis 408 finden auf das Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und
dem neuen Gläubiger in Ansehung der Hypothek keine Anwendung. Der neue
Gläubiger muß jedoch eine dem bisherigen Gläubiger gegenüber erfolgte Kündigung
des Eigenthümers gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß die Uebertragung
zur Zeit der Kündigung dem Eigenthümer bekannt oder im Grundbuch eingetragen
ist.
§. 1157. Eine Einrede, die dem Eigenthümer auf Grund eines zwischen ihm
und dem bisherigen Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisses gegen die Hypothek
zusteht, kann auch dem neuen Gläubiger entgegengesetzt werden. Die Vorschriften
der §§. 892, 894 bis 899, 1140 gelten auch für diese Einrede.
§. 1158. Soweit die Forderung auf Zinsen oder andere Nebenleistungen
gerichtet ist, die nicht später als in dem Kalendervierteljahr, in welchem der
Eigenthümer von der Uebertragung Kenntniß erlangt, oder dem folgenden
Vierteljahre fällig werden, finden auf das Rechtsverhältniß zwischen dem
Eigenthümer und dem neuen Gläubiger die Vorschriften der §§. 406 bis 408
Anwendung; der Gläubiger kann sich gegenüber den Einwendungen, welche dem
Eigenthümer nach den §§. 404, 406 bis 408, 1157 zustehen, nicht auf die
Vorschriften des §. 892 berufen.
§. 1159. Soweit die Forderung auf Rückstände von Zinsen oder anderen
Nebenleistungen gerichtet ist, bestimmt sich die Uebertragung sowie das
Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem neuen Gläubiger nach den für
die Uebertragung von Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften. Das
Gleiche gilt für den Anspruch auf Erstattung von Kosten, für die das Grundstück
nach §. 1118 haftet.
Die Vorschriften des §. 892 finden auf die im Abs. 1 bezeichneten
Ansprüche keine Anwendung.
§. 1160. Der Geltendmachung der Hypothek kann, sofern nicht die
Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, widersprochen werden, wenn
der Gläubiger nicht den Brief vorlegt; ist der Gläubiger nicht im Grundbuch
eingetragen, so sind auch die im §. 1155 bezeichneten Urkunden vorzulegen.
Eine dem Eigenthümer gegenüber erfolgte Kündigung oder Mahnung ist
unwirksam, wenn der Gläubiger die nach Abs. 1 erforderlichen Urkunden nicht
vorlegt und der Eigenthümer die Kündigung oder die Mahnung aus diesem Grunde
unverzüglich zurückweist.
Diese Vorschriften gelten nicht für die im §. 1159 bezeichneten
Ansprüche.
§. 1161. Ist der Eigenthümer der persönliche Schuldner, so finden die
Vorschriften des §. 1160 auch auf die Geltendmachung der Forderung Anwendung.
§. 1162. Ist der Hypothekenbrief abhanden gekommen oder vernichtet, so
kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden.
§. 1163. Ist die Forderung, für welche die Hypothek bestellt ist, nicht
zur Entstehung gelangt, so steht die Hypothek dem Eigenthümer zu. Erlischt die
Forderung, so erwirbt der Eigenthümer die Hypothek.
Eine Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen
ist, steht bis zur Uebergabe des Briefes an den Gläubiger dem Eigenthümer zu.
§. 1164. Befriedigt der persönliche Schuldner den Gläubiger, so geht die
Hypothek insoweit auf ihn über, als er von dem Eigenthümer oder einem
Rechtsvorgänger des Eigenthümers Ersatz verlangen kann. Ist dem Schuldner nur
theilweise Ersatz zu leisten, so kann der Eigenthümer die Hypothek, soweit sie
auf ihn übergegangen ist, nicht zum Nachtheile der Hypothek des Schuldners
geltend machen.
Der Befriedigung des Gläubigers steht es gleich, wenn sich Forderung und
Schuld in einer Person vereinigen.
§. 1165. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek oder hebt er sie nach
§. 1183 auf oder räumt er einem anderen Rechte den Vorrang ein, so wird der
persönliche Schuldner insoweit frei, als er ohne diese Verfügung nach §. 1164
aus der Hypothek hätte Ersatz erlangen können.
§. 1166. Ist der persönliche Schuldner berechtigt, von dem Eigenthümer
Ersatz zu verlangen, falls er den Gläubiger befriedigt, so kann er, wenn der
Gläubiger die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreibt, ohne ihn
unverzüglich zu benachrichtigen, die Befriedigung des Gläubigers wegen eines
Ausfalls bei der Zwangsversteigerung insoweit verweigern, als er in Folge der
Unterlassung der Benachrichtigung einen Schaden erleidet. Die Benachrichtigung
darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.
§. 1167. Erwirbt der persönliche Schuldner, falls er den Gläubiger
befriedigt, die Hypothek oder hat er im Falle der Befriedigung ein sonstiges
rechtliches Interesse an der Berichtigung des Grundbuchs, so stehen ihm die in
den §§. 1144, 1145 bestimmten Rechte zu.
§. 1168. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek, so erwirbt sie der
Eigenthümer.
Der Verzicht ist dem Grundbuchamt oder dem Eigenthümer gegenüber zu
erklären und bedarf der Eintragung in das Grundbuch. Die Vorschriften des §.
875 Abs. 2 und der §§. 876, 878 finden entsprechende Anwendung.
Verzichtet der Gläubiger für einen Theil der Forderung auf die Hypothek,
so stehen dem Eigenthümer die im §. 1145 bestimmten Rechte zu.
§. 1169. Steht dem Eigenthümer eine Einrede zu, durch welche die
Geltendmachung der Hypothek dauernd ausgeschlossen wird, so kann er verlangen,
daß der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet.
§. 1170. Ist der Gläubiger unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens
mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn seit der letzten sich auf die
Hypothek beziehenden Eintragung in das Grundbuch zehn Jahre verstrichen sind
und das Recht des Gläubigers nicht innerhalb dieser Frist von dem Eigenthümer
in einer nach §. 208 zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Weise
anerkannt worden ist. Besteht für die Forderung eine nach dem Kalender
bestimmte Zahlungszeit, so beginnt die Frist nicht vor dem Ablaufe des
Zahlungstags.
Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erwirbt der Eigenthümer die
Hypothek. Der dem Gläubiger ertheilte Hypothekenbrief wird kraftlos.
§. 1171. Der unbekannte Gläubiger kann im Wege des Aufgebotsverfahrens
mit seinem Rechte auch dann ausgeschlossen werden, wenn der Eigenthümer zur
Befriedigung des Gläubigers oder zur Kündigung berechtigt ist und den Betrag
der Forderung für den Gläubiger unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme
hinterlegt. Die Hinterlegung von Zinsen ist nur erforderlich, wenn der Zinssatz
im Grundbuch eingetragen ist; Zinsen für eine frühere Zeit als das vierte
Kalenderjahr vor der Erlassung des Ausschlußurtheils sind nicht zu hinterlegen.
Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils gilt der Gläubiger als
befriedigt, sofern nicht nach den Vorschriften über die Hinterlegung die
Befriedigung schon vorher eingetreten ist. Der dem Gläubiger ertheilte
Hypothekenbrief wird kraftlos.
Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem
Ablaufe von dreißig Jahren nach der Erlassung des Ausschlußurtheils, wenn nicht
der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet; der Hinterleger
ist zur Rücknahme berechtigt, auch wenn er auf das Recht zur Rücknahme
verzichtet hat.
§. 1172. Eine Gesammthypothek steht in den Fällen des §. 1163 den
Eigenthümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu.
Jeder Eigenthümer kann, sofern nicht ein Anderes vereinbart ist,
verlangen, daß die Hypothek an seinem Grundstück auf den Theilbetrag, der dem
Verhältnisse des Werthes seines Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke
entspricht, nach §. 1132 Abs. 2 beschränkt und in dieser Beschränkung ihm
zugetheilt wird. Der Werth wird unter Abzug der Belastungen berechnet, die der
Gesammthypothek im Range vorgehen.
§. 1173. Befriedigt der Eigenthümer eines der mit einer Gesammthypothek
belasteten Grundstücke den Gläubiger, so erwirbt er die Hypothek an seinem
Grundstücke; die Hypothek an den übrigen Grundstücken erlischt. Der
Befriedigung des Gläubigers durch den Eigenthümer steht es gleich, wenn das
Gläubigerrecht auf den Eigenthümer übertragen wird oder wenn sich Forderung und
Schuld in der Person des Eigenthümers vereinigen.
Kann der Eigenthümer, der den Gläubiger befriedigt, von dem Eigenthümer
eines der anderen Grundstücke oder einem Rechtsvorgänger dieses Eigenthümers Ersatz
verlangen, so geht in Höhe des Ersatzanspruchs auch die Hypothek an dem
Grundstücke dieses Eigenthümers auf ihn über; sie bleibt mit der Hypothek an
seinem eigenen Grundstücke Gesammthypothek.
§. 1174. Befriedigt der persönliche Schuldner den Gläubiger, dem eine
Gesammthypothek zusteht, oder vereinigen sich bei einer Gesammthypothek
Forderung und Schuld in einer Person, so geht, wenn der Schuldner nur von dem
Eigenthümer eines der Grundstücke oder von einem Rechtsvorgänger des
Eigenthümers Ersatz verlangen kann, die Hypothek an diesem Grundstück auf ihn
über; die Hypothek an den übrigen Grundstücken erlischt.
Ist dem Schuldner nur theilweise Ersatz zu leisten und geht deshalb die
Hypothek nur zu einem Theilbetrag auf ihn über, so hat sich der Eigenthümer
diesen Betrag auf den ihm nach §. 1172 gebührenden Theil des übrigbleibenden
Betrags der Gesammthypothek anrechnen zu lassen.
§. 1175. Verzichtet der Gläubiger auf die Gesammthypothek, so fällt sie
den Eigenthümern der belasteten Grundstücke gemeinschaftlich zu; die
Vorschriften des §. 1172 Abs. 2 finden Anwendung.
Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek an einem der Grundstücke, so erlischt
die Hypothek an diesem.
Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger nach §. 1170 mit seinem Rechte
ausgeschlossen wird.
§. 1176. Liegen die Voraussetzungen der §§. 1163, 1164, 1168, 1172 bis
1175 nur in Ansehung eines Theilbetrags der Hypothek vor, so kann die auf Grund
dieser Vorschriften dem Eigenthümer oder einem der Eigenthümer oder dem
persönlichen Schuldner zufallende Hypothek nicht zum Nachtheile der dem
Gläubiger verbleibenden Hypothek geltend gemacht werden.
§. 1177. Vereinigt sich die Hypothek mit dem Eigenthum in einer Person,
ohne daß dem Eigenthümer auch die Forderung zusteht, so verwandelt sich die
Hypothek in eine Grundschuld. In Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes,
der Zahlungszeit, der Kündigung und des Zahlungsorts bleiben die für die
Forderung getroffenen Bestimmungen maßgebend.
Steht dem Eigenthümer auch die Forderung zu, so bestimmen sich seine
Rechte aus der Hypothek, solange die Vereinigung besteht, nach den für eine
Grundschuld des Eigenthümers geltenden Vorschriften.
§. 1178. Die Hypothek für Rückstände von Zinsen und anderen
Nebenleistungen sowie für Kosten, die dem Gläubiger zu erstatten sind,
erlischt, wenn sie sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt. Das
Erlöschen tritt nicht ein, solange einem Dritten ein Recht an dem Anspruch auf
eine solche Leistung zusteht.
Zum Verzicht auf die Hypothek für die im Abs. 1 bezeichneten Leistungen
genügt die Erklärung des Gläubigers gegenüber dem Eigenthümer. Solange einem
Dritten ein Recht an dem Anspruch auf eine solche Leistung zusteht, ist die
Zustimmung des Dritten erforderlich. Die Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu
erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
§. 1179. Verpflichtet sich der Eigentümer einem anderen gegenüber, die
Hypothek löschen zu lassen, wenn sie sich mit dem Eigentum in einer Person
vereinigt, so kann zur Sicherung des Anspruchs auf Löschung eine Vormerkung in
das Grundbuch eingetragen werden, wenn demjenigen, zu dessen Gunsten die
Eintragung vorgenommen werden soll,
1. ein anderes gleichrangiges oder nachrangiges Recht als eine Hypothek,
Grundschuld oder Rentenschuld am Grundstück zusteht oder
2. ein Anspruch auf Einräumung eines solchen anderen Rechts oder auf
Übertragung des Eigentums am Grundstück zusteht; der Anspruch kann auch ein
künftiger oder bedingter sein.
§. 1179a. Der Gläubiger einer Hypothek kann von dem Eigentümer
verlangen, daß dieser eine vorrangige oder gleichrangige Hypothek löschen läßt,
wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung der Hypothek des Gläubigers mit dem
Eigentum in einer Person vereinigt ist oder eine solche Vereinigung später
eintritt. Ist das Eigentum nach der Eintragung der nach Satz 1 begünstigten
Hypothek durch Sondernachfolge auf einen anderen übergegangen, so ist jeder
Eigentümer wegen der zur Zeit seines Eigentums bestehenden Vereinigungen zur
Löschung verpflichtet. Der Löschungsanspruch ist in gleicher Weise gesichert, als
wenn zu seiner Sicherung gleichzeitig mit der begünstigten Hypothek eine
Vormerkung in das Grundbuch eingetragen worden wäre.
Die Löschung einer Hypothek, die nach § 1163 Abs. 1 Satz 1 mit dem
Eigentum in einer Person vereinigt ist, kann nach Absatz 1 erst verlangt
werden, wenn sich ergibt, daß die zu sichernde Forderung nicht mehr entstehen
wird; der Löschungsanspruch besteht von diesem Zeitpunkt ab jedoch auch wegen
der vorher bestehenden Vereinigungen. Durch die Vereinigung einer Hypothek mit
dem Eigentum nach § 1163 Abs. 2 wird ein Anspruch nach Absatz 1 nicht
begründet.
Liegen, bei der begünstigten Hypothek die Voraussetzungen des § 1163
vor, ohne daß das Recht für den Eigentümer oder seinen Rechtsnachfolger im
Grundbuch eingetragen ist, so besteht der Löschungsanspruch für den
eingetragenen Gläubiger oder seinen Rechtsnachfolger.
Tritt eine Hypothek im Range zurück, so sind auf die Löschung der ihr
infolge der Rangänderung vorgehenden oder gleichstehenden Hypothek die Absätze
1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß an die Stelle des
Zeitpunkts der Eintragung des zurückgetretenen Rechts der Zeitpunkt der
Eintragung der Rangänderung tritt.
Als Inhalt einer Hypothek, deren Gläubiger nach den vorstehenden
Vorschriften ein Anspruch auf Löschung zusteht, kann der Ausschluß dieses
Anspruchs vereinbart werden; der Ausschluß kann auf einen bestimmten Fall der
Vereinigung beschränkt werden. Der Ausschluß ist unter Bezeichnung der
Hypotheken, die dem Löschungsanspruch ganz oder teilweise nicht unterliegen, im
Grundbuch anzugeben; ist der Ausschluß nicht für alle Fälle der Vereinigung
vereinbart, so kann zur näheren Bezeichnung der erfaßten Fälle auf die
Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Wird der Ausschluß aufgehoben, so
entstehen dadurch nicht Löschungsansprüche für Vereinigungen, die nur vor
dieser Aufhebung bestanden haben.
§. 1179b. Wer als Gläubiger einer Hypothek im Grundbuch eingetragen oder
nach Maßgabe des § 1155 als Gläubiger ausgewiesen ist, kann von dem Eigentümer
die Löschung dieser Hypothek verlangen, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Eintragung
mit dem Eigentum in einer Person vereinigt ist oder eine solche Vereinigung
später eintritt.
§ 1179a Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 2, 5 ist entsprechend anzuwenden.
§. 1180. An die Stelle der Forderung, für welche die Hypothek besteht,
kann eine andere Forderung gesetzt werden. Zu der Aenderung ist die Einigung
des Gläubigers und des Eigenthümers sowie die Eintragung in das Grundbuch
erforderlich; die Vorschriften des §. 873 Abs. 2 und der §§. 876, 878 finden
entsprechende Anwendung.
Steht die Forderung, die an die Stelle der bisherigen Forderung treten
soll, nicht dem bisherigen Hypothekengläubiger zu, so ist dessen Zustimmung
erforderlich; die Zustimmung ist dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber zu
erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt. Die Vorschriften des §. 875 Abs. 2 und
des §. 876 finden entsprechende Anwendung.
§. 1181. Wird der Gläubiger aus dem Grundstücke befriedigt, so erlischt
die Hypothek.
Erfolgt die Befriedigung des Gläubigers aus einem der mit einer
Gesammthypothek belasteten Grundstücke, so werden auch die übrigen Grundstücke
frei.
Der Befriedigung aus dem Grundstücke steht die Befriedigung aus den
Gegenständen gleich, auf die sich die Hypothek erstreckt.
§. 1182. Soweit im Falle einer Gesammthypothek der Eigenthümer des
Grundstücks, aus dem der Gläubiger befriedigt wird, von dem Eigenthümer eines
der anderen Grundstücke oder einem Rechtsvorgänger dieses Eigenthümers Ersatz
verlangen kann, geht die Hypothek an dem Grundstücke dieses Eigenthümers auf
ihn über. Die Hypothek kann jedoch, wenn der Gläubiger nur theilweise
befriedigt wird, nicht zum Nachtheile der dem Gläubiger verbleibenden Hypothek
und, wenn das Grundstück mit einem im Range gleich- oder nachstehenden Rechte
belastet ist, nicht zum Nachtheile dieses Rechtes geltend gemacht werden.
§. 1183. Zur Aufhebung der Hypothek durch Rechtsgeschäft ist die
Zustimmung des Eigenthümers erforderlich. Die Zustimmung ist dem Grundbuchamt
oder dem Gläubiger gegenüber zu erklären; sie ist unwiderruflich.
§. 1184. Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden, daß das Recht
des Gläubigers aus der Hypothek sich nur nach der Forderung bestimmt und der
Gläubiger sich zum Beweise der Forderung nicht auf die Eintragung berufen kann
(Sicherungshypothek).
Die Hypothek muß im Grundbuch als Sicherungshypothek bezeichnet werden.
§. 1185. Bei der Sicherungshypothek ist die Ertheilung des
Hypothekenbriefs ausgeschlossen.
Die Vorschriften der §§. 1138, 1139, 1141, 1156 finden
keine Anwendung.
§. 1186. Eine Sicherungshypothek kann in eine gewöhnliche Hypothek, eine
gewöhnliche Hypothek kann in eine Sicherungshypothek umgewandelt werden. Die
Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht
erforderlich.
§. 1187. Für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den
Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem anderen Papiere, das durch
Indossament übertragen werden kann, kann nur eine Sicherungshypothek bestellt
werden. Die Hypothek gilt als Sicherungshypothek, auch wenn sie im Grundbuche
nicht als solche bezeichnet ist. Die Vorschrift des §. 1154 Abs. 3 findet keine
Anwendung. Ein Anspruch auf Löschung der Hypothek nach den §§ 1179a, 1179b
besteht nicht.
§. 1188. Zur Bestellung einer Hypothek für die Forderung aus einer
Schuldverschreibung auf den Inhaber genügt die Erklärung des Eigenthümers
gegenüber dem Grundbuchamte, daß er die Hypothek bestelle, und die Eintragung
in das Grundbuch; die Vorschrift des §. 878 findet Anwendung.
Die Ausschließung des Gläubigers mit seinem Rechte nach §. 1170 ist nur
zulässig, wenn die im §. 801 bezeichnete Vorlegungsfrist verstrichen ist. Ist
innerhalb der Frist die Schuldverschreibung vorgelegt oder der Anspruch aus der
Urkunde gerichtlich geltend gemacht worden, so kann die Ausschließung erst
erfolgen, wenn die Verjährung eingetreten ist.
§. 1189. Bei einer Hypothek der im §. 1187 bezeichneten Art kann für den
jeweiligen Gläubiger ein Vertreter mit der Befugniß bestellt werden, mit
Wirkung für und gegen jeden späteren Gläubiger bestimmte Verfügungen über die
Hypothek zu treffen und den Gläubiger bei der Geltendmachung der Hypothek zu
vertreten. Zur Bestellung des Vertreters ist die Eintragung in das Grundbuch
erforderlich.
Ist der Eigenthümer berechtigt, von dem Gläubiger eine Verfügung zu verlangen,
zu welcher der Vertreter befugt ist, so kann er die Vornahme der Verfügung von
dem Vertreter verlangen.
§. 1190. Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden, daß nur der
Höchstbetrag, bis zu dem das Grundstück haften soll, bestimmt, im Uebrigen die
Feststellung der Forderung vorbehalten wird. Der Höchstbetrag muß in das
Grundbuch eingetragen werden.
Ist die Forderung verzinslich, so werden die Zinsen in den Höchstbetrag
eingerechnet.
Die Hypothek gilt als Sicherungshypothek, auch wenn sie im Grundbuche
nicht als solche bezeichnet ist.
Die Forderung kann nach den für die Uebertragung von Forderungen
geltenden allgemeinen Vorschriften übertragen werden. Wird sie nach diesen
Vorschriften übertragen, so ist der Uebergang der Hypothek ausgeschlossen.
Zweiter Titel.
Grundschuld. Rentenschuld.
I. Grundschuld.
§. 1191. Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, daß an
denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme
aus dem Grundstücke zu zahlen ist (Grundschuld).
Die Belastung kann auch in der Weise erfolgen, daß Zinsen von der
Geldsumme sowie andere Nebenleistungen aus dem Grundstücke zu entrichten sind.
§. 1192. Auf die Grundschuld finden die
Vorschriften über die Hypothek entsprechende Anwendung, soweit sich nicht
daraus ein Anderes ergiebt, daß die Grundschuld nicht eine Forderung
voraussetzt.
Für Zinsen der Grundschuld gelten die Vorschriften über die Zinsen einer
Hypothekenforderung.
§. 1193. Das Kapital der Grundschuld wird erst nach vorgängiger
Kündigung fällig. Die Kündigung steht sowohl dem Eigenthümer als dem Gläubiger
zu. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.
Abweichende Bestimmungen sind zulässig.
§. 1194. Die Zahlung des Kapitals sowie der Zinsen und anderen
Nebenleistungen hat, soweit nicht ein Anderes bestimmt
ist, an dem Orte zu erfolgen, an dem das Grundbuchamt seinen Sitz hat.
§. 1195. Eine Grundschuld kann in der Weise bestellt werden, daß der
Grundschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt wird. Auf einen solchen Brief
finden die Vorschriften über Schuldverschreibungen auf den Inhaber
entsprechende Anwendung.
§. 1196. Eine Grundschuld kann auch für den Eigenthümer bestellt werden.
Zu der Bestellung ist die Erklärung des Eigenthümers gegenüber dem
Grundbuchamte, daß die Grundschuld für ihn in das Grundbuch eingetragen werden
soll, und die Eintragung erforderlich; die Vorschrift des §. 878 findet
Anwendung.
Ein Anspruch auf Löschung der Grundschuld nach § 1179a oder § 1179b
besteht nur wegen solcher Vereinigungen der Grundschuld mit dem Eigentum in
einer Person, die eintreten, nachdem die Grundschuld einem anderen als dem
Eigentümer zugestanden hat.
§. 1197. Ist der Eigenthümer der Gläubiger, so kann er nicht die
Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung betreiben.
Zinsen gebühren dem Eigenthümer nur, wenn das Grundstück auf Antrag
eines Anderen zum Zwecke der Zwangsverwaltung in Beschlag genommen ist, und nur
für die Dauer der Zwangsverwaltung.
§. 1198. Eine Hypothek kann in eine Grundschuld, eine Grundschuld kann
in eine Hypothek umgewandelt werden. Die Zustimmung der im Range gleich- oder
nachstehenden Berechtigten ist nicht erforderlich.
II. Rentenschuld.
§. 1199. Eine Grundschuld kann in der Weise bestellt werden, daß in regelmäßig
wiederkehrenden Terminen eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstücke zu zahlen
ist (Rentenschuld).
Bei der Bestellung der Rentenschuld muß der Betrag bestimmt werden,
durch dessen Zahlung die Rentenschuld abgelöst werden kann. Die Ablösungssumme muß
im Grundbuch angegeben werden.
§. 1200. Auf die einzelnen Leistungen finden die für Hypothekenzinsen,
auf die Ablösungssumme finden die für ein Grundschuldkapital geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
Die Zahlung der Ablösungssumme an den Gläubiger hat die gleiche Wirkung
wie die Zahlung des Kapitals einer Grundschuld.
§. 1201. Das Recht zur Ablösung steht dem Eigenthümer zu.
Dem Gläubiger kann das Recht, die Ablösung zu verlangen, nicht
eingeräumt werden. Im Falle des §. 1133 Satz 2 ist der Gläubiger berechtigt,
die Zahlung der Ablösungssumme aus dem Grundstücke zu verlangen.
§. 1202. Der Eigenthümer kann das Ablösungsrecht erst nach vorgängiger
Kündigung ausüben. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate, wenn nicht ein
Anderes bestimmt ist.
Eine Beschränkung des Kündigungsrechts ist nur soweit zulässig, daß der
Eigenthümer nach dreißig Jahren unter Einhaltung der sechsmonatigen Frist
kündigen kann.
Hat der Eigenthümer gekündigt, so kann der Gläubiger nach dem Ablaufe der
Kündigungsfrist die Zahlung der Ablösungssumme aus dem Grundstücke verlangen.
§. 1203. Eine Rentenschuld kann in eine gewöhnliche Grundschuld, eine
gewöhnliche Grundschuld kann in eine Rentenschuld umgewandelt werden. Die
Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht
erforderlich.
Neunter Abschnitt.
Pfandrecht an beweglichen Sachen und an Rechten.
Erster Titel.
Pfandrecht an beweglichen Sachen.
§. 1204. Eine bewegliche Sache kann zur Sicherung einer Forderung in der
Weise belastet werden, daß der Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der
Sache zu suchen (Pfandrecht).
Das Pfandrecht kann auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung
bestellt werden.
§. 1205. Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich, daß der Eigenthümer
die Sache dem Gläubiger übergiebt und beide darüber einig sind, daß dem
Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Ist der Gläubiger im Besitze der Sache,
so genügt die Einigung über die Entstehung des Pfandrechts.
Die Uebergabe einer im mittelbaren Besitze des Eigenthümers befindlichen
Sache kann dadurch ersetzt werden, daß der Eigenthümer den mittelbaren Besitz
auf den Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung dem Besitzer anzeigt.
§. 1206. An Stelle der Uebergabe der Sache genügt die Einräumung des
Mitbesitzes, wenn sich die Sache unter dem Mitverschlusse des Gläubigers
befindet oder, falls sie im Besitz eines Dritten ist, die Herausgabe nur an den
Eigenthümer und den Gläubiger gemeinschaftlich erfolgen kann.
§. 1207. Gehört die Sache nicht dem Verpfänder, so finden auf die
Verpfändung die für den Erwerb des Eigenthums geltenden Vorschriften der §§.
932, 934, 935 entsprechende Anwendung.
§. 1208. Ist die Sache mit dem Rechte eines Dritten belastet, so geht
das Pfandrecht dem Rechte vor, es sei denn, daß der Pfandgläubiger zur Zeit des
Erwerbes des Pfandrechts in Ansehung des Rechtes nicht in gutem Glauben ist.
Die Vorschriften des §. 932 Abs. 1 Satz 2, des §. 935 und des §. 936 Abs. 3
finden entsprechende Anwendung.
§. 1209. Für den Rang des Pfandrechts ist die Zeit der Bestellung auch
dann maßgebend, wenn es für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt
ist.
§. 1210. Das Pfand haftet für die Forderung in deren jeweiligem Bestand,
insbesondere auch für Zinsen und Vertragsstrafen. Ist der persönliche Schuldner
nicht der Eigenthümer des Pfandes, so wird durch ein Rechtsgeschäft, das der
Schuldner nach der Verpfändung vornimmt, die Haftung nicht erweitert.
Das Pfand haftet für die Ansprüche des Pfandgläubigers auf Ersatz von
Verwendungen, für die dem Pfandgläubiger zu ersetzenden Kosten der Kündigung
und der Rechtsverfolgung sowie für die Kosten des Pfandverkaufs.
§. 1211. Der Verpfänder kann dem Pfandgläubiger gegenüber die dem
persönlichen Schuldner gegen die Forderung sowie die nach §. 770 einem Bürgen
zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der persönliche Schuldner, so kann
sich der Verpfänder nicht darauf berufen, daß der Erbe für die Schuld nur
beschränkt haftet.
Ist der Verpfänder nicht der persönliche Schuldner, so verliert er eine
Einrede nicht dadurch, daß dieser auf sie verzichtet.
§. 1212. Das Pfandrecht erstreckt sich auf die Erzeugnisse, die von dem
Pfande getrennt werden.
§. 1213. Das Pfandrecht kann in der Weise bestellt werden, daß der
Pfandgläubiger berechtigt ist, die Nutzungen des Pfandes zu ziehen.
Ist eine von Natur fruchttragende Sache dem Pfandgläubiger zum
Alleinbesitz übergeben, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Pfandgläubiger
zum Fruchtbezuge berechtigt sein soll.
§. 1214. Steht dem Pfandgläubiger das Recht zu, die Nutzungen zu ziehen,
so ist er verpflichtet, für die Gewinnung der Nutzungen zu sorgen und
Rechenschaft abzulegen.
Der Reinertrag der Nutzungen wird auf die geschuldete Leistung und, wenn
Kosten und Zinsen zu entrichten sind, zunächst auf diese angerechnet.
Abweichende Bestimmungen sind zulässig.
§. 1215. Der Pfandgläubiger ist zur Verwahrung des Pfandes verpflichtet.
§. 1216. Macht der Pfandgläubiger Verwendungen auf das Pfand, so
bestimmt sich die Ersatzpflicht des Verpfänders nach den Vorschriften über die
Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Pfandgläubiger ist berechtigt, eine
Einrichtung, mit der er das Pfand versehen hat, wegzunehmen.
§. 1217. Verletzt der Pfandgläubiger die Rechte des Verpfänders in
erheblichem Maße und setzt er das verletzende Verhalten ungeachtet einer
Abmahnung des Verpfänders fort, so kann der Verpfänder verlangen, daß das Pfand
auf Kosten des Pfandgläubigers hinterlegt oder, wenn es sich nicht zur
Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abgeliefert
wird.
Statt der Hinterlegung oder der Ablieferung der Sache an einen Verwahrer
kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes gegen Befriedigung des Gläubigers
verlangen. Ist die Forderung unverzinslich und noch nicht fällig, so gebührt dem
Pfandgläubiger nur die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen
für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrage der Forderung
gleichkommt.
§. 1218. Ist der Verderb des Pfandes oder eine wesentliche Minderung des
Werthes zu besorgen, so kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes gegen
anderweitige Sicherheitsleistung verlangen; die Sicherheitsleistung durch
Bürgen ist ausgeschlossen.
Der Pfandgläubiger hat dem Verpfänder von dem drohenden Verderb
unverzüglich Anzeige zu machen, sofern nicht die Anzeige unthunlich ist.
§. 1219. Wird durch den drohenden Verderb des Pfandes oder durch eine zu
besorgende wesentliche Minderung des Werthes die Sicherheit des Pfandgläubigers
gefährdet, so kann dieser das Pfand öffentlich versteigern lassen.
Der Erlös tritt an die Stelle des Pfandes. Auf Verlangen des Verpfänders
ist der Erlös zu hinterlegen.
§. 1220. Die Versteigerung des Pfandes ist erst zulässig, nachdem sie
dem Verpfänder angedroht worden ist; die Androhung darf unterbleiben, wenn das
Pfand dem Verderb ausgesetzt und mit dem Aufschube der Versteigerung Gefahr
verbunden ist. Im Falle der Werthminderung ist außer der Androhung
erforderlich, daß der Pfandgläubiger dem Verpfänder zur Leistung anderweitiger
Sicherheit eine angemessene Frist bestimmt hat und diese verstrichen ist.
Der Pfandgläubiger hat den Verpfänder von der Versteigerung unverzüglich
zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze
verpflichtet.
Die Androhung, die Fristbestimmung und die Benachrichtigung dürfen
unterbleiben, wenn sie unthunlich sind.
§. 1221. Hat das Pfand einen Börsen- oder Marktpreis, so kann der
Pfandgläubiger den Verkauf aus freier Hand durch einen zu solchen Verkäufen
öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen
Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken.
§. 1222. Besteht das Pfandrecht an mehreren Sachen, so haftet jede für
die ganze Forderung.
§. 1223. Der Pfandgläubiger ist verpflichtet, das Pfand nach dem
Erlöschen des Pfandrechts dem Verpfänder zurückzugeben.
Der Verpfänder kann die Rückgabe des Pfandes gegen Befriedigung des
Pfandgläubigers verlangen, sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist.
§. 1224. Die Befriedigung des Pfandgläubigers durch den Verpfänder kann
auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.
§. 1225. Ist der Verpfänder nicht der persönliche Schuldner, so geht,
soweit er den Pfandgläubiger befriedigt, die Forderung auf ihn über. Die für
einen Bürgen geltenden Vorschriften des §. 774 finden entsprechende Anwendung.
§. 1226. Die Ersatzansprüche des Verpfänders wegen Veränderungen oder
Verschlechterungen des Pfandes sowie die Ansprüche des Pfandgläubigers auf
Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung
verjähren in sechs Monaten. Die Vorschriften des §. 558 Abs. 2, 3 finden
entsprechende Anwendung.
§. 1227. Wird das Recht des Pfandgläubigers beeinträchtigt, so finden
auf die Ansprüche des Pfandgläubigers die für die Ansprüche aus dem Eigenthume
geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§. 1228. Die Befriedigung des Pfandgläubigers aus dem Pfande erfolgt
durch Verkauf.
Der Pfandgläubiger ist zum Verkaufe berechtigt, sobald die Forderung
ganz oder zum Theil fällig ist. Besteht der geschuldete Gegenstand nicht in
Geld, so ist der Verkauf erst zulässig, wenn die Forderung in eine
Geldforderung übergegangen ist.
§. 1229. Eine vor dem Eintritte der Verkaufsberechtigung getroffene
Vereinbarung, nach welcher dem Pfandgläubiger, falls er nicht oder nicht
rechtzeitig befriedigt wird, das Eigenthum an der Sache zufallen oder
übertragen werden soll, ist nichtig.
§. 1230. Unter mehreren Pfändern kann der Pfandgläubiger, soweit nicht
ein Anderes bestimmt ist, diejenigen auswählen, welche verkauft werden sollen.
Er kann nur so viele Pfänder zum Verkaufe bringen, als zu seiner Befriedigung
erforderlich sind.
§. 1231. Ist der Pfandgläubiger nicht im Alleinbesitze des Pfandes, so
kann er nach dem Eintritte der Verkaufsberechtigung die Herausgabe des Pfandes
zum Zwecke des Verkaufs fordern. Auf Verlangen des Verpfänders hat an Stelle
der Herausgabe die Ablieferung an einen gemeinschaftlichen Verwahrer zu
erfolgen; der Verwahrer hat sich bei der Ablieferung zu verpflichten, das Pfand
zum Verkaufe bereitzustellen.
§. 1232. Der Pfandgläubiger ist nicht verpflichtet, einem ihm im Range
nachstehenden Pfandgläubiger das Pfand zum Zwecke des Verkaufs herauszugeben.
Ist er nicht im Besitze des Pfandes, so kann er, sofern er nicht selbst den
Verkauf betreibt, dem Verkaufe durch einen nachstehenden Pfandgläubiger nicht
widersprechen.
§. 1233. Der Verkauf des Pfandes ist nach den Vorschriften der §§. 1234
bis 1240 zu bewirken.
Hat der Pfandgläubiger für sein Recht zum Verkauf einen vollstreckbaren
Titel gegen den Eigenthümer erlangt, so kann er den Verkauf auch nach den für
den Verkauf einer gepfändeten Sache geltenden Vorschriften bewirken lassen.
§. 1234. Der Pfandgläubiger hat dem Eigenthümer den Verkauf vorher
anzudrohen und dabei den Geldbetrag zu bezeichnen, wegen dessen der Verkauf
stattfinden soll. Die Androhung kann erst nach dem Eintritte der
Verkaufsberechtigung erfolgen; sie darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.
Der Verkauf darf nicht vor dem Ablauf eines Monats nach der Androhung
erfolgen. Ist die Androhung unthunlich, so wird der Monat von dem Eintritte der
Verkaufsberechtigung an berechnet.
§. 1235. Der Verkauf des Pfandes ist im Wege öffentlicher Versteigerung
zu bewirken.
Hat das Pfand einen Börsen- oder Marktpreis, so findet die Vorschrift
des §. 1221 Anwendung.
§. 1236. Die Versteigerung hat an dem Orte zu erfolgen, an dem das Pfand
aufbewahrt wird. Ist von einer Versteigerung an dem Aufbewahrungsort ein
angemessener Erfolg nicht zu erwarten, so ist das Pfand an einem geeigneten
anderen Orte zu versteigern.
§. 1237. Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner
Bezeichnung des Pfandes öffentlich bekannt zu machen. Der Eigenthümer und
Dritte, denen Rechte an dem Pfande zustehen, sind
besonders zu benachrichtigen; die Benachrichtigung darf unterbleiben, wenn sie
unthunlich ist.
§. 1238. Das Pfand darf nur mit der Bestimmung verkauft werden, daß der
Käufer den Kaufpreis sofort baar zu entrichten hat und seiner Rechte verlustig
sein soll, wenn dies nicht geschieht.
Erfolgt der Verkauf ohne diese Bestimmung, so ist der Kaufpreis als von
dem Pfandgläubiger empfangen anzusehen; die Rechte des Pfandgläubigers gegen
den Ersteher bleiben unberührt. Unterbleibt die sofortige Entrichtung des
Kaufpreises, so gilt das Gleiche, wenn nicht vor dem Schlusse des Versteigerungstermins
von dem Vorbehalte der Rechtsverwirkung Gebrauch gemacht wird.
§. 1239. Der Pfandgläubiger und der Eigenthümer können bei der
Versteigerung mitbieten. Erhält der Pfandgläubiger den Zuschlag, so ist der
Kaufpreis als von ihm empfangen anzusehen.
Das Gebot des Eigenthümers darf zurückgewiesen werden, wenn nicht der
Betrag baar erlegt wird. Das Gleiche gilt von dem Gebote des Schuldners, wenn
das Pfand für eine fremde Schuld haftet.
§. 1240. Gold- und Silbersachen dürfen nicht unter dem Gold- oder
Silberwerthe zugeschlagen werden.
Wird ein genügendes Gebot nicht abgegeben, so kann der Verkauf durch
eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person aus freier Hand zu einem den
Gold- oder Silberwerth erreichenden Preise erfolgen.
§. 1241. Der Pfandgläubiger hat den Eigenthümer von dem Verkaufe des
Pfandes und dem Ergebniß unverzüglich zu benachrichtigen, sofern nicht die
Benachrichtigung unthunlich ist.
§. 1242. Durch die rechtmäßige Veräußerung des Pfandes erlangt der
Erwerber die gleichen Rechte, wie wenn er die Sache von dem Eigenthümer
erworben hätte. Dies gilt auch dann, wenn dem Pfandgläubiger der Zuschlag
ertheilt wird.
Pfandrechte an der Sache erlöschen, auch wenn sie dem Erwerber bekannt
waren. Das Gleiche gilt von einem Nießbrauch, es sei denn, daß er allen
Pfandrechten im Range vorgeht.
§. 1243. Die Veräußerung des Pfandes ist nicht rechtmäßig, wenn gegen
die Vorschriften des §. 1228 Abs. 2, des §. 1230 Satz 2, des §. 1235, des §.
1237 Satz 1 oder des §. 1240 verstoßen wird.
Verletzt der Pfandgläubiger eine andere für den Verkauf geltende
Vorschrift, so ist er zum Schadensersatze verpflichtet, wenn ihm ein
Verschulden zur Last fällt.
§. 1244. Wird eine Sache als Pfand veräußert, ohne daß dem Veräußerer
ein Pfandrecht zusteht oder den Erfordernissen genügt wird, von denen die
Rechtmäßigkeit der Veräußerung abhängt, so finden die Vorschriften der §§. 932
bis 934, 936 entsprechende Anwendung, wenn die Veräußerung nach §. 1233 Abs. 2
erfolgt ist oder die Vorschriften des §. 1235 oder des §. 1240 Abs. 2
beobachtet worden sind.
§. 1245. Der Eigenthümer und der Pfandgläubiger können eine von den
Vorschriften der §§. 1234 bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufs
vereinbaren. Steht einem Dritten an dem Pfande ein Recht zu, das durch die
Veräußerung erlischt, so ist die Zustimmung des Dritten erforderlich. Die
Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt;
sie ist unwiderruflich.
Auf die Beobachtung der Vorschriften des §. 1235, des §. 1237 Satz 1 und
des §. 1240 kann nicht vor dem Eintritte der Verkaufsberechtigung verzichtet
werden.
§. 1246. Entspricht eine von den Vorschriften der §. 1235 bis 1240
abweichende Art des Pfandverkaufs nach billigem Ermessen den Interessen der
Betheiligten, so kann jeder von ihnen verlangen, daß der Verkauf in dieser Art
erfolgt.
Kommt eine Einigung nicht zu Stande, so entscheidet das Gericht.
§. 1247. Soweit der Erlös aus dem Pfande dem Pfandgläubiger zu seiner
Befriedigung gebührt, gilt die Forderung als von dem Eigenthümer berichtigt. Im
Uebrigen tritt der Erlös an die Stelle des Pfandes.
§. 1248. Bei dem Verkaufe des Pfandes gilt zu Gunsten des
Pfandgläubigers der Verpfänder als der Eigenthümer, es sei denn, daß der
Pfandgläubiger weiß, daß der Verpfänder nicht der Eigenthümer ist.
§. 1249. Wer durch die Veräußerung des Pfandes ein Recht an dem Pfande
verlieren würde, kann den Pfandgläubiger befriedigen, sobald der Schuldner zur
Leistung berechtigt ist. Die Vorschriften des §. 268 Abs. 2, 3 finden
entsprechende Anwendung.
§. 1250. Mit der Uebertragung der Forderung geht das Pfandrecht auf den
neuen Gläubiger über. Das Pfandrecht kann nicht ohne die Forderung übertragen
werden.
Wird bei der Uebertragung der Forderung der Uebergang des Pfandrechts
ausgeschlossen, so erlischt das Pfandrecht.
§. 1251. Der neue Pfandgläubiger kann von dem bisherigen Pfandgläubiger
die Herausgabe des Pfandes verlangen.
Mit der Erlangung des Besitzes tritt der neue Pfandgläubiger an Stelle
des bisherigen Pfandgläubigers in die mit dem Pfandrechte verbundenen Verpflichtungen
gegen den Verpfänder ein. Erfüllt er die Verpflichtungen nicht, so haftet für
den von ihm zu ersetzenden Schaden der bisherige Pfandgläubiger wie ein Bürge,
der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Die Haftung des bisherigen
Pfandgläubigers tritt nicht ein, wenn die Forderung kraft Gesetzes auf den
neuen Pfandgläubiger übergeht oder ihm auf Grund einer gesetzlichen
Verpflichtung abgetreten wird.
§. 1252. Das Pfandrecht erlischt mit der Forderung, für die es besteht.
§. 1253. Das Pfandrecht erlischt, wenn der Pfandgläubiger das Pfand dem
Verpfänder oder dem Eigenthümer zurückgiebt. Der Vorbehalt der Fortdauer des
Pfandrechts ist unwirksam.
Ist das Pfand im Besitze des Verpfänders oder des Eigenthümers, so wird
vermuthet, daß das Pfand ihm von dem Pfandgläubiger zurückgegeben worden sei.
Diese Vermuthung gilt auch dann, wenn sich das Pfand im Besitz eines Dritten
befindet, der den Besitz nach der Entstehung des Pfandrechts von dem Verpfänder
oder dem Eigenthümer erlangt hat.
§. 1254. Steht dem Pfandrecht eine Einrede entgegen, durch welche die
Geltendmachung des Pfandrechts dauernd ausgeschlossen wird, so kann der
Verpfänder die Rückgabe des Pfandes verlangen. Das gleiche Recht hat der
Eigenthümer.
§. 1255. Zur Aufhebung des Pfandrechts durch Rechtsgeschäft genügt die
Erklärung des Pfandgläubigers gegenüber dem Verpfänder oder dem Eigenthümer,
daß er das Pfandrecht aufgebe.
Ist das Pfandrecht mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist die Zustimmung
des Dritten erforderlich. Die Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären,
zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
§. 1256. Das Pfandrecht erlischt, wenn es mit dem Eigenthum in derselben
Person zusammentrifft. Das Erlöschen tritt nicht ein, solange die Forderung,
für welche das Pfandrecht besteht, mit dem Rechte eines Dritten belastet ist.
Das Pfandrecht gilt als nicht erloschen, soweit der Eigenthümer ein
rechtliches Interesse an dem Fortbestehen des Pfandrechts hat.
§. 1257. Die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte
Pfandrecht finden auf ein kraft Gesetzes entstandenes Pfandrecht entsprechende
Anwendung.
§. 1258. Besteht ein Pfandrecht an dem Antheil eines Miteigenthümers, so
übt der Pfandgläubiger die Rechte aus, die sich aus der Gemeinschaft der
Miteigenthümer in Ansehung der Verwaltung der Sache und der Art ihrer Benutzung
ergeben.
Die Aufhebung der Gemeinschaft kann vor dem Eintritte der
Verkaufsberechtigung des Pfandgläubigers nur von dem Miteigenthümer und dem
Pfandgläubiger gemeinschaftlich verlangt werden. Nach dem Eintritte der
Verkaufsberechtigung kann der Pfandgläubiger die Aufhebung der Gemeinschaft
verlangen, ohne daß es der Zustimmung des Miteigenthümers bedarf; er ist nicht
an eine Vereinbarung gebunden, durch welche die Miteigenthümer das Recht, die
Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen
oder eine Kündigungsfrist bestimmt haben.
Wird die Gemeinschaft aufgehoben, so gebührt dem Pfandgläubiger das
Pfandrecht an den Gegenständen, welche an die Stelle des Antheils treten.
Das Recht des Pfandgläubigers zum Verkaufe des Antheils bleibt
unberührt.
§. 1259. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1260. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1261. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1262. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1263. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1264. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1265. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1266. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1267. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1268. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1269. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1270. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1271. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940, S. 1609, Nr. 215, ausgegeben
am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
§. 1272. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Reichsgesetzblatt I 1940,
S. 1609, Nr. 215, ausgegeben am 23. 12. 1940, in Kraft seit 01. 01. 1941.
Zweiter Titel.
Pfandrecht an Rechten.
§. 1273. Gegenstand des Pfandrechts kann auch ein Recht sein.
Auf das Pfandrecht an Rechten finden die Vorschriften über das
Pfandrecht an beweglichen Sachen entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus
den §§. 1274 bis 1296 ein Anderes ergiebt. Die Anwendung der Vorschriften des
§. 1208 und des §. 1213 Abs. 2 ist ausgeschlossen.
§. 1274. Die Bestellung des Pfandrechts an einem Rechte erfolgt nach den
für die Uebertragung des Rechtes geltenden Vorschriften. Ist zur Uebertragung
des Rechtes die Uebergabe einer Sache erforderlich, so finden die Vorschriften
der §§. 1205, 1206 Anwendung.
Soweit ein Recht nicht übertragbar ist, kann ein Pfandrecht an dem
Rechte nicht bestellt werden.
§. 1275. Ist ein Recht, kraft dessen eine Leistung gefordert werden
kann, Gegenstand des Pfandrechts, so finden auf das Rechtsverhältniß zwischen
dem Pfandgläubiger und dem Verpflichteten die Vorschriften, welche im Falle der
Uebertragung des Rechtes für das Rechtsverhältniß zwischen dem Erwerber und dem
Verpflichteten gelten, und im Falle einer nach §. 1217 Abs. 1 getroffenen
gerichtlichen Anordnung die Vorschrift des §. 1070 Abs. 2 entsprechende
Anwendung.
§. 1276. Ein verpfändetes Recht kann durch Rechtsgeschäft nur mit
Zustimmung des Pfandgläubigers aufgehoben werden. Die Zustimmung ist demjenigen
gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
Die Vorschrift des §. 876 Satz 3 bleibt unberührt.
Das Gleiche gilt im Falle einer Aenderung des Rechtes, sofern sie das
Pfandrecht beeinträchtigt.
§. 1277. Der Pfandgläubiger kann seine Befriedigung aus dem Rechte nur
auf Grund eines vollstreckbaren Titels nach den für die Zwangsvollstreckung
geltenden Vorschriften suchen, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Die
Vorschriften des §. 1229 und des §. 1245 Abs. 2 bleiben
unberührt.
§. 1278. Ist ein Recht, zu dessen Verpfändung die Uebergabe einer Sache
erforderlich ist, Gegenstand des Pfandrechts, so finden auf das Erlöschen des
Pfandrechts durch die Rückgabe der Sache die Vorschriften des §. 1253
entsprechende Anwendung.
§. 1279. Für das Pfandrecht an einer Forderung gelten die besonderen
Vorschriften der §§. 1280 bis 1290.
§. 1280. Die Verpfändung einer Forderung, zu deren Uebertragung der
Abtretungsvertrag genügt, ist nur wirksam, wenn der Gläubiger sie dem Schuldner
anzeigt.
§. 1281. Der Schuldner kann nur an den Pfandgläubiger und den Gläubiger
gemeinschaftlich leisten. Jeder von beiden kann verlangen, daß an sie
gemeinschaftlich geleistet wird; jeder kann statt der Leistung verlangen, daß
die geschuldete Sache für beide hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur
Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abgeliefert
wird.
§. 1282. Sind die Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 eingetreten, so ist
der Pfandgläubiger zur Einziehung der Forderung berechtigt und kann der
Schuldner nur an ihn leisten. Die Einziehung einer Geldforderung steht dem
Pfandgläubiger nur insoweit zu, als sie zu seiner Befriedigung erforderlich
ist. Soweit er zur Einziehung berechtigt ist, kann er auch verlangen, daß ihm
die Geldforderung an Zahlungsstatt abgetreten wird.
Zu anderen Verfügungen über die Forderung ist der Pfandgläubiger nicht
berechtigt; das Recht, die Befriedigung aus der Forderung nach §. 1277 zu
suchen, bleibt unberührt.
§. 1283. Hängt die Fälligkeit der verpfändeten Forderung von einer
Kündigung ab, so bedarf der Gläubiger zur Kündigung der Zustimmung des
Pfandgläubigers nur, wenn dieser berechtigt ist, die Nutzungen zu ziehen.
Die Kündigung des Schuldners ist nur wirksam, wenn sie dem
Pfandgläubiger und dem Gläubiger erklärt wird.
Sind die Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 eingetreten, so ist auch der
Pfandgläubiger zur Kündigung berechtigt; für die Kündigung des Schuldners
genügt die Erklärung gegenüber dem Pfandgläubiger.
§. 1284. Die Vorschriften der §§. 1281 bis 1283 finden
keine Anwendung, soweit der Pfandgläubiger und der Gläubiger ein Anderes
vereinbaren.
§. 1285. Hat die Leistung an den Pfandgläubiger und den Gläubiger
gemeinschaftlich zu erfolgen, so sind beide einander verpflichtet, zur
Einziehung mitzuwirken, wenn die Forderung fällig ist.
Soweit der Pfandgläubiger berechtigt ist, die Forderung ohne Mitwirkung
des Gläubigers einzuziehen, hat er für die ordnungsmäßige Einziehung zu sorgen.
Von der Einziehung hat er den Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen, sofern
nicht die Benachrichtigung unthunlich ist.
§. 1286. Hängt die Fälligkeit der verpfändeten Forderung von einer
Kündigung ab, so kann der Pfandgläubiger, sofern nicht das Kündigungsrecht ihm
zusteht, von dem Gläubiger die Kündigung verlangen, wenn die Einziehung der
Forderung wegen Gefährdung ihrer Sicherheit nach den Regeln einer
ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung geboten ist. Unter der gleichen
Voraussetzung kann der Gläubiger von dem Pfandgläubiger die Zustimmung zur
Kündigung verlangen, sofern die Zustimmung erforderlich ist.
§. 1287. Leistet der Schuldner in Gemäßheit der §§. 1281, 1282, so
erwirbt mit der Leistung der Gläubiger den geleisteten Gegenstand und der
Pfandgläubiger ein Pfandrecht an dem Gegenstande. Besteht die Leistung in der
Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, so erwirbt der Pfandgläubiger
eine Sicherungshypothek; besteht sie in der Übertragung des Eigentums an einem
eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk, so erwirbt der Pfandgläubiger eine
Schiffshypothek.
§. 1288. Wird eine Geldforderung in Gemäßheit des §. 1281 eingezogen, so
sind der Pfandgläubiger und der Gläubiger einander verpflichtet, dazu mitzuwirken,
daß der eingezogene Betrag, soweit es ohne Beeinträchtigung des Interesses des
Pfandgläubigers thunlich ist, nach den für die Anlegung von Mündelgeld
geltenden Vorschriften verzinslich angelegt und gleichzeitig dem Pfandgläubiger
das Pfandrecht bestellt wird. Die Art der Anlegung bestimmt der Gläubiger.
Erfolgt die Einziehung in Gemäßheit des §. 1282, so gilt die Forderung
des Pfandgläubigers, soweit ihm der eingezogene Betrag zu seiner Befriedigung
gebührt, als von dem Gläubiger berichtigt.
§. 1289. Das Pfandrecht an einer Forderung erstreckt sich auf die Zinsen
der Forderung. Die Vorschriften des §. 1123 Abs. 2 und der §§. 1124, 1125
finden entsprechende Anwendung; an die Stelle der
Beschlagnahme tritt die Anzeige des Pfandgläubigers an den Schuldner, daß er
von dem Einziehungsrechte Gebrauch mache.
§. 1290. Bestehen mehrere Pfandrechte an einer Forderung, so ist zur
Einziehung nur derjenige Pfandgläubiger berechtigt, dessen Pfandrecht den
übrigen Pfandrechten vorgeht.
§. 1291. Die Vorschriften über das Pfandrecht an einer Forderung gelten
auch für das Pfandrecht an einer Grundschuld und an einer Rentenschuld.
§. 1292. Zur Verpfändung eines Wechsels oder eines anderen Papiers, das
durch Indossament übertragen werden kann, genügt die Einigung des Gläubigers
und des Pfandgläubigers und die Uebergabe des indossirten Papiers.
§. 1293. Für das Pfandrecht an einem Inhaberpapiere
gelten die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen.
§. 1294. Ist ein Wechsel, ein anderes Papier, das durch Indossament
übertragen werden kann, oder ein Inhaberpapier Gegenstand des Pfandrechts, so
ist, auch wenn die Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 noch nicht eingetreten
sind, der Pfandgläubiger zur Einziehung und, falls Kündigung erforderlich ist,
zur Kündigung berechtigt und kann der Schuldner nur an ihn leisten.
§. 1295. Hat ein verpfändetes Papier, das durch Indossament übertragen
werden kann, einen Börsen- oder Marktpreis, so ist der Gläubiger nach dem
Eintritte der Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 berechtigt, das Papier nach §.
1221 verkaufen zu lassen.
§. 1296. Das Pfandrecht an einem Werthpapier erstreckt sich auf die zu
dem Papiere gehörenden Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine nur dann, wenn
sie dem Pfandgläubiger übergeben sind. Der Verpfänder kann, sofern nicht ein
Anderes bestimmt ist, die Herausgabe der Scheine verlangen, soweit sie vor dem
Eintritte der Voraussetzungen des §. 1228 Abs. 2 fällig werden.
Viertes Buch.
Familienrecht.
Erster Abschnitt.
Bürgerliche Ehe.
Erster Titel.
Verlöbniß.
§. 1297. Aus einem Verlöbnisse kann nicht auf
Eingehung der Ehe geklagt werden.
Das Versprechen einer Strafe für den Fall, daß die Eingehung der Ehe
unterbleibt, ist nichtig.
§. 1298. Tritt ein Verlobter von dem Verlöbnisse zurück, so hat er dem
anderen Verlobten und dessen Eltern sowie dritten Personen, welche an Stelle
der Eltern gehandelt haben, den Schaden zu ersetzen, der daraus entstanden ist,
daß sie in Erwartung der Ehe Aufwendungen gemacht haben oder Verbindlichkeiten
eingegangen sind. Dem anderen Verlobten hat er auch den Schaden zu ersetzen,
den dieser dadurch erleidet, daß er in Erwartung der Ehe sonstige sein Vermögen
oder seine Erwerbsstellung berührende Maßnahmen getroffen hat.
Der Schaden ist nur insoweit zu ersetzen, als die Aufwendungen, die
Eingehung der Verbindlichkeiten und die sonstigen Maßnahmen den Umständen nach
angemessen waren.
Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn ein wichtiger Grund für den
Rücktritt vorliegt.
§. 1299. Veranlaßt ein Verlobter den Rücktritt des anderen durch ein
Verschulden, das einen wichtigen Grund für den Rücktritt bildet, so ist er nach
Maßgabe des §. 1298 Abs. 1, 2 zum Schadensersatze verpflichtet.
§. 1300. Hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Beiwohnung
gestattet, so kann sie, wenn die Voraussetzungen des §. 1298 oder des §. 1299
vorliegen, auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine
billige Entschädigung in Geld verlangen.
Der Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es
sei denn, daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist.
§. 1301. Unterbleibt die Eheschließung, so kann jeder Verlobte von dem
anderen die Herausgabe desjenigen, was er ihm geschenkt oder zum Zeichen des
Verlöbnisses gegeben hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Im Zweifel ist anzunehmen, daß die
Rückforderung ausgeschlossen sein soll, wenn das Verlöbniß durch den Tod eines
der Verlobten aufgelöst wird.
§. 1302. Die in den §§. 1298 bis 1301 bestimmten Ansprüche verjähren in
zwei Jahren von der Auflösung des Verlöbnisses an.
Zweiter Titel.
Eingehung der Ehe.
§. 1303. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1304. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1305. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1306. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1307. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1308. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1309. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1310. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1311. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1312. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1313. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1314. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1315. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1316. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1317. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1318. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1319. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1320. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1321. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938, S.
807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1322. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
Dritter Titel.
Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe.
§. 1323. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1324. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1325. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1325a. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1326. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1327. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1328. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1329. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1330. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1331. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1332. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1333. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1334. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1335. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1336. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1337. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1338. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1339. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1340. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1341. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1342. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1343. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1344. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1345. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1346. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1347. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
Vierter Titel.
Wiederverheirathung im Falle der Todeserklärung.
§. 1348. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1349. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1350. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1351. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1352. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
Fünfter Titel.
Wirkungen der Ehe im Allgemeinen.
§. 1353. Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten
sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet.
Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Mißbrauch seines Rechtes darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.
§. 1354. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1355. Die Ehegatten führen einen gemeinsamen Familiennamen
(Ehenamen).
Zum Ehenamen können die Ehegatten bei der Eheschließung durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Geburtsnamen des Mannes oder den Geburtsnamen der Frau bestimmen. Treffen sie keine Bestimmung, so ist Ehename der Geburtsname des Mannes. Geburtsname ist der Name, der in die Geburtsurkunde der Verlobten zur Zeit der Eheschließung einzutragen ist.
Ein Ehegatte, dessen Geburtsname nicht Ehename wird, kann durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Eheschließung geführten Namen voranstellen; die Erklärung bedarf der öffentlichen Beglaubigung.
Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er zur Zeit der Eheschließung geführt hat; die Erklärung bedarf der öffentlichen Beglaubigung.
§. 1356. Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen. Ist die Haushaltsführung einem der Ehegatten überlassen, so leitet dieser den Haushalt in eigener Verantwortung.
Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein. Bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit haben sie auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen.
§. 1357. Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, daß sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.
Ein Ehegatte kann die Berechtigung des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu besorgen, beschränken oder ausschließen; besteht für die Beschränkung oder Ausschließung kein ausreichender Grund, so hat das Vormundschaftsgericht sie auf Antrag aufzuheben. Dritten gegenüber wirkt die Beschränkung oder Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1412.
Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.
§. 1358. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1359. Die Ehegatten haben bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen
Verhältniß ergebenden Verpflichtungen einander
nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche sie in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
§. 1360. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre
Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem
Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung,
durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die
Führung des Haushalts.
§. 1360a. Der angemessene Unterhalt der Familie umfaßt alles, was nach
den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts
zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den
Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen.
Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche
Lebensgemeinschaft geboten ist. Die Ehegatten sind einander
verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel
für einen angemessenen Zeitraum im voraus zur
Verfügung zu stellen.
Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der
§§ 1613 bis 1615 sind entsprechend anzuwenden.
Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu
tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte
verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit
entspricht. Das gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem
Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.
§. 1360b. Leistet ein Ehegatte zum Unterhalt der Familie einen höheren
Beitrag als ihm obliegt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er nicht
beabsichtigt, von dem anderen Ehegatten Ersatz zu verlangen.
§. 1361. Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von
dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und
Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Ist
zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig,
so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten
einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder
Erwerbsunfähigkeit.
Der nichterwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
Die Vorschrift des § 1579 Abs. 1 Nr. 2 bis 4, Abs. 2 über die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen ist entsprechend anzuwenden.
Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1361a. Leben die Ehegatten getrennt, so kann jeder von ihnen die ihm
gehörenden Haushaltsgegenstände von dem anderen Ehegatten herausverlangen. Er
ist jedoch verpflichtet, sie dem anderen Ehegatten zum Gebrauch zu überlassen,
soweit dieser sie zur Führung eines abgesonderten Haushalts benötigt und die
Überlassung nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht.
Haushaltsgegenstände, die den Ehegatten gemeinsam gehören, werden
zwischen ihnen nach den Grundsätzen der Billigkeit verteilt.
Können sich die Ehegatten nicht einigen, so entscheidet das zuständige
Gericht. Dieses kann eine angemessene Vergütung für die Benutzung der
Haushaltsgegenstände festsetzen.
Die Eigentumsverhältnisse bleiben unberührt, sofern die Ehegatten nichts
anderes vereinbaren.
§. 1362. Zugunsten der Gläubiger des Mannes und der Gläubiger der Frau
wird vermutet, daß die im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten
befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. Diese Vermutung gilt
nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben und sich die Sachen im Besitze des
Ehegatten befinden, der nicht Schuldner ist. Inhaberpapiere und Orderpapiere,
die mit Blankoindossament versehen sind, stehen den beweglichen Sachen gleich.
Für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten
bestimmten Sachen wird im Verhältnis der Ehegatten zueinander und zu den
Gläubigern vermutet, daß sie dem Ehegatten gehören, für dessen Gebrauch sie
bestimmt sind.
Sechster Titel
Eheliches Güterrecht
I. Gesetzliches Güterrecht
§. 1363. Die Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft,
wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbaren.
Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden nicht
gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten; dies gilt auch für Vermögen, das ein
Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Der Zugewinn, den die Ehegatten in der
Ehe erzielen, wird jedoch ausgeglichen, wenn die Zugewinngemeinschaft endet.
§. 1364. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen selbständig; er ist
jedoch in der Verwaltung seines Vermögens nach Maßgabe der folgenden
Vorschriften beschränkt.
§. 1365. Ein Ehegatte kann sich nur mit Einwilligung des anderen
Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im ganzen
zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet, so
kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
Entspricht das Rechtsgeschäft den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen
Verwaltung, so kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Ehegatten die
Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden
Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der Abgabe einer
Erklärung verhindert und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
§. 1366. Ein Vertrag, den ein Ehegatte ohne die erforderliche
Einwilligung des anderen Ehegatten schließt, ist wirksam, wenn dieser ihn
genehmigt.
Bis zur Genehmigung kann der Dritte den Vertrag widerrufen. Hat er
gewußt, daß der Mann oder die Frau verheiratet ist, so kann er nur widerrufen,
wenn der Mann oder die Frau wahrheitswidrig behauptet hat, der andere Ehegatte
habe eingewilligt; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm beim
Abschluß des Vertrages bekannt war, daß der andere Ehegatte nicht eingewilligt
hatte.
Fordert der Dritte den Ehegatten auf, die erforderliche Genehmigung des
anderen Ehegatten zu beschaffen, so kann dieser sich nur dem Dritten gegenüber
über die Genehmigung erklären; hat er sich bereits vor der Aufforderung seinem
Ehegatten gegenüber erklärt, so wird die Erklärung unwirksam. Die Genehmigung
kann nur innerhalb von zwei Wochen seit dem Empfang der Aufforderung erklärt
werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. Ersetzt das
Vormundschaftsgericht die Genehmigung, so ist sein Beschluß nur wirksam, wenn
der Ehegatte ihn dem Dritten innerhalb der zweiwöchigen Frist mitteilt;
andernfalls gilt die Genehmigung als verweigert.
Wird die Genehmigung verweigert, so ist der Vertrag unwirksam.
§. 1367. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ohne die erforderliche
Einwilligung vorgenommen wird, ist unwirksam.
§. 1368. Verfügt ein Ehegatte ohne die erforderliche Zustimmung des
anderen Ehegatten über sein Vermögen, so ist auch der andere Ehegatte
berechtigt, die sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung ergebenden Rechte
gegen den Dritten gerichtlich geltend zu machen.
§. 1369. Ein Ehegatte kann über ihm gehörende Gegenstände des ehelichen
Haushalts nur verfügen und sich zu einer solchen Verfügung auch nur
verpflichten, wenn der andere Ehegatte einwilligt.
Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Ehegatten die Zustimmung
des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund
verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit verhindert ist, eine Erklärung
abzugeben.
Die Vorschriften der §§ 1366 bis 1368 gelten entsprechend.
§. 1370. Haushaltsgegenstände, die an Stelle von nicht mehr vorhandenen
oder wertlos gewordenen Gegenständen angeschafft werden, werden Eigentum des
Ehegatten, dem die nicht mehr vorhandenen oder wertlos gewordenen Gegenstände
gehört haben.
§. 1371. Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so
wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, daß sich der gesetzliche
Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei
ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Fall einen Zugewinn erzielt
haben.
Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm auch kein
Vermächtnis zu, so kann er Ausgleich des Zugewinns nach den Vorschriften der §§
1373 bis 1383, 1390 verlangen; der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten oder
eines anderen Pflichtteilsberechtigten bestimmt sich in diesem Falle nach dem
nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil des Ehegatten.
Schlägt der überlebende Ehegatte die Erbschaft aus, so kann er neben dem
Ausgleich des Zugewinns den Pflichtteil auch dann verlangen, wenn dieser ihm
nach den erbrechtlichen Bestimmungen nicht zustünde; dies gilt nicht, wenn er
durch Vertrag mit seinem Ehegatten auf sein gesetzliches Erbrecht oder sein
Pflichtteilsrecht verzichtet hat.
Sind erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten, welche nicht
aus der durch den Tod dieses Ehegatten aufgelösten Ehe stammen, oder
erbersatzberechtigte Abkömmlinge vorhanden, so ist der überlebende Ehegatte
verpflichtet, diesen Abkömmlingen, wenn und soweit sie dessen bedürfen, die
Mittel zu einer angemessenen Ausbildung aus dem nach Absatz 1 zusätzlich gewährten
Viertel zu gewähren.
§. 1372. Wird der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines
Ehegatten beendet, so wird der Zugewinn nach den Vorschriften der §§ 1373 bis
1390 ausgeglichen.
§. 1373. Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten
das Anfangsvermögen übersteigt.
§. 1374. Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach
Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstandes gehört; die
Verbindlichkeiten können nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden.
Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes von Todes
wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als
Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen
hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen
ist.
§. 1375. Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug
der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört. Die
Verbindlichkeiten werden, wenn Dritte gemäß § 1390 in Anspruch genommen werden
können, auch insoweit abgezogen, als sie die Höhe des Vermögens übersteigen.
Dem Endvermögen eines Ehegatten wird der Betrag hinzugerechnet, um den
dieses Vermögen dadurch vermindert ist, daß ein Ehegatte nach Eintritt des
Güterstandes
1. unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer
sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht
entsprochen hat,
2. Vermögen verschwendet hat oder
3. Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
Der Betrag der Vermögensminderung wird dem Endvermögen nicht
hinzugerechnet, wenn sie mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstandes
eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung
oder der Verschwendung einverstanden gewesen ist.
§. 1376. Der Berechnung des Anfangsvermögens
wird der Wert zugrunde gelegt, den das beim Eintritt des Güterstandes
vorhandene Vermögen in diesem Zeitpunkt, das dem Anfangsvermögen
hinzuzurechnende Vermögen im Zeitpunkt des Erwerbes hatte.
Der Berechnung des Endvermögens wird der Wert
zugrunde gelegt, den das bei Beendigung des Güterstandes vorhandene Vermögen in
diesem Zeitpunkt, eine dem Endvermögen hinzurechnende Vermögensminderung in dem
Zeitpunkt hatte, in dem sie eingetreten ist.
Die vorstehenden Vorschriften gelten
entsprechend für die Bewertung von Verbindlichkeiten.
Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb,
der bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens zu berücksichtigen
ist, ist mit dem Ertragswert anzusetzen; die Vorschrift des § 2049 Abs. 2 ist
anzuwenden.
§. 1377. Haben die Ehegatten den Bestand und den Wert des einem
Ehegatten gehörenden Anfangsvermögens und der diesem Vermögen hinzuzurechnenden
Gegenstände gemeinsam in einem Verzeichnis festgestellt, so wird im Verhältnis
der Ehegatten zueinander vermutet, daß das Verzeichnis richtig ist.
Jeder Ehegatte kann verlangen, daß der andere Ehegatte bei der Aufnahme
des Verzeichnisses mitwirkt. Auf die Aufnahme des Verzeichnisses sind die für
den Nießbrauch geltenden Vorschriften des § 1035 anzuwenden. Jeder Ehegatte
kann den Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten auf seine
Kosten durch Sachverständige feststellen lassen.
Soweit kein Verzeichnis aufgenommen ist, wird vermutet, daß das
Endvermögen eines Ehegatten seinen Zugewinn darstellt.
§. 1378. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des
anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als
Ausgleichsforderung zu.
Die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den Wert des Vermögens
begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes
vorhanden ist.
Die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des
Güterstandes und ist von diesem Zeitpunkt an vererblich und übertragbar. Eine
Vereinbarung, die die Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung
der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung der Ehe über den Ausgleich
des Zugewinns treffen, bedarf der notariellen Beurkundung; § 127a findet auch
auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem
Prozeßgericht protokolliert wird. Im übrigen kann sich
kein Ehegatte vor der Beendigung des Güterstandes verpflichten, über die
Ausgleichsforderung zu verfügen.
Die Ausgleichsforderung verjährt in drei Jahren; die Frist beginnt mit
dem Zeitpunkt, in dem der Ehegatte erfährt, daß der Güterstand beendet ist. Die
Forderung verjährt jedoch spätestens dreißig Jahre nach der Beendigung des
Güterstandes. Endet der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten, so sind im übrigen die Vorschriften anzuwenden, die für die Verjährung
eines Pflichtteilsanspruchs gelten.
§. 1379. Nach der Beendigung des Güterstandes ist jeder Ehegatte
verpflichtet, dem anderen Ehegatten über den Bestand seines Endvermögens
Auskunft zu erteilen. Jeder Ehegatte kann verlangen, daß er bei der Aufnahme
des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses zugezogen und daß der Wert der
Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Er kann auch
verlangen, daß das Verzeichnis auf seine Kosten durch die zuständige Behörde
oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Hat ein Ehegatte die Scheidung beantragt oder Klage auf
Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe erhoben, gilt Absatz 1 entsprechend.
§. 1380. Auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten wird angerechnet,
was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der
Bestimmung zugewendet ist, daß es auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden
soll. Im Zweifel ist anzunehmen, daß Zuwendungen angerechnet werden sollen,
wenn ihr Wert den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den
Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind.
Der Wert der Zuwendung wird bei der Berechnung der Ausgleichsforderung
dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet, der die Zuwendung gemacht hat. Der
Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung.
§. 1381. Der Schuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung
verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles
grob unbillig wäre.
Grobe Unbilligkeit kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Ehegatte,
der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die
wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis
ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat.
§. 1382. Das Familiengericht kann eine Ausgleichsforderung, soweit sie
vom Schuldner nicht bestritten wird, auf Antrag stunden, wenn die sofortige
Zahlung den Schuldner besonders hart treffen würde und dem Gläubiger eine
Stundung zugemutet werden kann.
Eine gestundete Forderung hat der Schuldner zu verzinsen.
Das Familiengericht kann auf Antrag anordnen, daß der Schuldner für eine
gestundete Forderung Sicherheit zu leisten hat.
Über die Höhe der Verzinsung und über Art und Umfang der
Sicherheitsleistung entscheidet das Familiengericht nach billigem Ermessen.
Soweit über die Ausgleichsforderung ein Rechtsstreit anhängig wird, kann
der Schuldner einen Antrag auf Stundung nur in diesem Verfahren stellen.
Das Familiengericht kann eine rechtskräftige Entscheidung auf Antrag
aufheben oder ändern, wenn sich die Verhältnisse nach der Entscheidung
wesentlich geändert haben.
§. 1383. Das Familiengericht kann auf Antrag des Gläubigers anordnen,
daß der Schuldner bestimmte Gegenstände seines Vermögens dem Gläubiger unter
Anrechung auf die Ausgleichsforderung zu übertragen hat, wenn dies erforderlich
ist, um eine grobe Unbilligkeit für den Gläubiger zu vermeiden, und wenn dies
dem Schuldner zugemutet werden kann; in der Entscheidung ist der Betrag
festzusetzen, der auf die Ausgleichsforderung angerechnet wird.
Der Gläubiger muß die Gegenstände, deren Übertragung er begehrt, in dem
Antrage bezeichnen.
§ 1382 Abs. 5 gilt entsprechend.
§. 1384. Wird die Ehe geschieden, so tritt für die Berechnung des
Zugewinns an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der
Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags.
§. 1385. Leben die Ehegatten seit mindestens drei Jahren getrennt, so kann jeder von ihnen auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns klagen.
§. 1386. Ein Ehegatte kann auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns
klagen, wenn der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen
Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft
nicht erfüllt hat und anzunehmen ist, daß er sie auch in Zukunft nicht erfüllen
wird.
Ein Ehegatte kann auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns klagen, wenn
der andere Ehegatte
1. ein Rechtsgeschäft der in § 1365 bezeichneten Art ohne die erforderliche
Zustimmung vorgenommen hat oder
2. sein Vermögen durch eine der in § 1375 bezeichneten Handlungen
vermindert hat
und eine erhebliche Gefährdung der künftigen Ausgleichsforderung zu
besorgen ist.
Ein Ehegatte kann auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns klagen, wenn
der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert, ihn über
den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.
§. 1387. Wird auf vorzeitigen Ausgleich des
Zugewinns erkannt, so tritt für die Berechnung des Zugewinns an die Stelle der
Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt, in dem die Klage auf vorzeitigen
Ausgleich erhoben ist.
§. 1388. Mit der Rechtskraft des Urteils, durch das auf vorzeitigen
Ausgleich des Zugewinns erkannt ist, tritt Gütertrennung ein.
§. 1389. Ist die Klage auf vorzeitigen Ausgleich des, auf
Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe erhoben oder der Antrag auf Scheidung
der Ehe gestellt, so kann ein Ehegatte Sicherheitsleistung verlangen, wenn
wegen des Verhaltens des anderen Ehegatten zu besorgen ist, daß seine Rechte
auf den künftigen Ausgleich des Zugewinns erheblich gefährdet werden.
§. 1390. Soweit einem Ehegatten gemäß § 1378 Abs. 2 eine
Ausgleichsforderung nicht zusteht, weil der andere Ehegatte in der Absicht, ihn
zu benachteiligen, unentgeltliche Zuwendungen an einen Dritten gemacht hat, ist
der Dritte verpflichtet, das Erlangte nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung an den Ehegatten zum Zwecke der
Befriedigung wegen der ausgefallenen Ausgleichsforderung herauszugeben. Der
Dritte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrages abwenden.
Das gleiche gilt für andere Rechtshandlungen, wenn die Absicht, den
Ehegatten zu benachteiligen, dem Dritten bekannt war.
Der Anspruch verjährt in drei Jahren nach der Beendigung des
Güterstandes. Endet der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten, so wird die
Verjährung nicht dadurch gehemmt, daß der Anspruch erst geltend gemacht werden
kann, wenn der Ehegatte die Erbschaft oder ein Vermächtnis ausgeschlagen hat.
Ist die Klage auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns oder auf
Nichtigerklärung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe erhoben, so kann ein
Ehegatte von dem Dritten Sicherheitsleistung wegen der ihm nach den Absätzen 1
und 2 zustehenden Ansprüche verlangen.
§. 1391. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1392. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1393. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1394. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1395. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957, S. 609, Nr. 26, ausgegeben
am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1396. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1397. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1398. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1399. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1400. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1401. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1402. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1403. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1404. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1405. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1406. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1407. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
II. Vertragsmäßiges Güterrecht
1. Allgemeine Vorschriften
§. 1408. Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch
Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den
Güterstand aufheben oder ändern.
In einem Ehevertrag können die Ehegatten durch eine
ausdrückliche Vereinbarung auch den Versorgungsausgleich ausschließen. Der
Ausschluß ist unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluß Antrag
auf Scheidung der Ehe gestellt wird.
§. 1409. Der Güterstand kann nicht durch Verweisung auf ein nicht mehr
geltendes oder auf ein ausländisches Gesetz bestimmt werden.
Hat ein Ehegatte zur Zeit der Eheschließung oder, falls der Vertrag
später geschlossen wird, zu dieser Zeit seinen Wohnsitz im Ausland, so kann auf
ein an diesem Wohnsitz geltendes Güterrecht verwiesen werden.
§. 1410. Der Ehevertrag muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile
zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden.
§. 1411. Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann einen
Ehevertrag nur mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters schließen. Ist der
gesetzliche Vertreter ein Vormund, so ist außer der Zustimmung des gesetzlichen
Vertreters die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich, wenn der
Ausgleich des Zugewinns ausgeschlossen oder eingeschränkt oder wenn
Gütergemeinschaft vereinbart oder aufgehoben wird. Der gesetzliche Vertreter
kann für einen in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Ehegatten keinen
Ehevertrag schließen.
Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten schließt der gesetzliche
Vertreter den Vertrag; Gütergemeinschaft kann er nicht vereinbaren oder
aufheben. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann er den Vertrag nur
mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts schließen.
§. 1412. Haben die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen
oder geändert, so können sie hieraus einem Dritten gegenüber Einwendungen gegen
ein Rechtsgeschäft, das zwischen einem von ihnen und dem Dritten vorgenommen
worden ist, nur herleiten, wenn der Ehevertrag im Güterrechtsregister des
zuständigen Amtsgerichts eingetragen oder dem Dritten bekannt war, als das
Rechtsgeschäft vorgenommen wurde; Einwendungen gegen ein rechtskräftiges
Urteil, das zwischen einem der Ehegatten und dem Dritten ergangen ist, sind nur
zulässig, wenn der Ehevertrag eingetragen oder dem Dritten bekannt war, als der
Rechtsstreit anhängig wurde.
Das gleiche gilt, wenn die Ehegatten eine im Güterrechtsregister
eingetragene Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse durch Ehevertrag
aufheben oder ändern.
§. 1413. Überläßt ein Ehegatte sein Vermögen der Verwaltung des anderen
Ehegatten, so kann das Recht, die Überlassung jederzeit zu widerrufen, nur
durch Ehevertrag ausgeschlossen oder eingeschränkt werden; ein Widerruf aus
wichtigem Grunde bleibt gleichwohl zulässig.
2. Gütertrennung
§. 1414. Schließen die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand aus oder
heben sie ihn auf, so tritt Gütertrennung ein, falls sich nicht aus dem
Ehevertrag etwas anderes ergibt. Das gleiche gilt, wenn der Ausgleich des
Zugewinns oder der Versorgungsausgleich ausgeschlossen oder die
Gütergemeinschaft aufgehoben wird.
3. Gütergemeinschaft
a) Allgemeine Vorschriften
§. 1415. Vereinbaren die Ehegatten durch
Ehevertrag Gütergemeinschaft, so gelten die nachstehenden Vorschriften.
§. 1416. Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden durch
die Gütergemeinschaft gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut).
Zu dem Gesamtgut gehört auch das Vermögen, das der Mann oder die Frau während
der Gütergemeinschaft erwirbt.
Die einzelnen Gegenstände werden gemeinschaftlich; sie brauchen nicht
durch Rechtsgeschäft übertragen zu werden.
Wird ein Recht gemeinschaftlich, das im Grundbuch eingetragen ist oder
in das Grundbuch eingetragen werden kann, so kann jeder Ehegatte von dem
anderen verlangen, daß er zur Berichtigung des Grundbuchs mitwirke.
Entsprechendes gilt, wenn ein Recht gemeinschaftlich wird, das im
Schiffsregister oder im Schiffsbauregister eingetragen ist.
§. 1417. Vom Gesamtgut ist das Sondergut ausgeschlossen.
Sondergut sind die Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft
übertragen werden können.
Jeder Ehegatte verwaltet sein Sondergut selbständig. Er verwaltet es für
Rechnung des Gesamtgutes.
§. 1418. Vom Gesamtgut ist das Vorbehaltsgut ausgeschlossen.
Vorbehaltsgut sind die Gegenstände,
1. die durch Ehevertrag zum Vorbehaltsgut eines Ehegatten erklärt sind;
2. die ein Ehegatte von Todes wegen erwirbt oder die ihm von einem
Dritten unentgeltlich zugewendet werden, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung,
der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb Vorbehaltsgut sein
soll;
3. die ein Ehegatte auf Grund eines zu seinem Vorbehaltsgut gehörenden
Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines
zum Vorbehaltsgut gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft
erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht.
Jeder Ehegatte verwaltet das Vorbehaltsgut selbständig. Er verwaltet es
für eigene Rechnung.
Gehören Vermögensgegenstände zum Vorbehaltsgut, so ist dies Dritten
gegenüber nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
§. 1419. Ein Ehegatte kann nicht über seinen Anteil am Gesamtgut und an
den einzelnen Gegenständen verfügen, die zum Gesamtgut gehören; er ist nicht
berechtigt, Teilung zu verlangen.
Gegen eine Forderung, die zum Gesamtgut gehört, kann der Schuldner nur
mit einer Forderung aufrechnen, deren Berichtigung er aus dem Gesamtgut
verlangen kann.
§. 1420. Die Einkünfte, die in das Gesamtgut fallen, sind vor den
Einkünften, die in das Vorbehaltsgut fallen, der Stamm des Gesamtgutes ist vor
dem Stamm des Vorbehaltsgutes oder des Sondergutes für den Unterhalts der
Familie zu verwenden.
§. 1421. Die Ehegatten sollen in dem Ehevertrag, durch den sie die
Gütergemeinschaft vereinbaren, bestimmen, ob das Gesamtgut von dem Mann oder
der Frau oder von ihnen gemeinschaftlich verwaltet wird. Enthält der Ehevertrag
keine Bestimmung hierüber, so verwalten die Ehegatten das Gesamtgut
gemeinschaftlich.
b) Verwaltung des Gesamtgutes durch den Mann oder die Frau
§. 1422. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, ist insbesondere
berechtigt, die zum Gesamtgut gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen und über
das Gesamtgut zu verfügen; er führt Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das
Gesamtgut beziehen, im eigenen Namen. Der andere Ehegatte wird durch die
Verwaltungshandlungen nicht persönlich verpflichtet.
§. 1423. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, kann sich nur mit
Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über das Gesamtgut im ganzen zu verfügen. Hat er sich ohne Zustimmung des anderen
Ehegatten verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der
andere Ehegatte einwilligt.
§. 1424. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, kann nur mit
Einwilligung des anderen Ehegatten über ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück
verfügen; er kann sich zu einer solchen Verfügung auch nur mit Einwilligung
seines Ehegatten verpflichten. Dasselbe gilt, wenn ein eingetragenes Schiff
oder Schiffsbauwerk zum Gesamtgut gehört.
§. 1425. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, kann nur mit
Einwilligung des anderen Ehegatten Gegenstände aus dem Gesamtgut verschenken;
hat er ohne Zustimmung des anderen Ehegatten versprochen, Gegenstände aus dem
Gesamtgut zu verschenken, so kann er dieses Versprechen nur erfüllen, wenn der andere
Ehegatte einwilligt. Das gleiche gilt von einem Schenkungsversprechen, das sich
nicht auf das Gesamtgut bezieht.
Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder
einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§. 1426. Ist ein Rechtsgeschäft, das nach den §§ 1423, 1424 nur mit
Einwilligung des anderen Ehegatten vorgenommen werden kann, zur ordnungsmäßigen
Verwaltung des Gesamtgutes erforderlich, so kann das Vormundschaftsgericht auf
Antrag die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne
ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der
Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
§. 1427. Nimmt der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, ein
Rechtsgeschäft ohne die erforderliche Einwilligung des anderen Ehegatten vor,
so gelten die Vorschriften des § 1366 Abs. 1, 3, 4 und des § 1367 entsprechend.
Einen Vertrag kann der Dritte bis zur Genehmigung widerrufen. Hat er
gewußt, daß der Ehegatte in Gütergemeinschaft lebt, so kann er nur widerrufen,
wenn dieser wahrheitswidrig behauptet hat, der andere Ehegatte habe
eingewilligt; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm beim
Abschluß des Vertrages bekannt war, daß der andere Ehegatte nicht eingewilligt
hatte.
§. 1428. Verfügt der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, ohne die
erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten über ein zum Gesamtgut
gehörendes Recht, so kann dieser das Recht gegen Dritte gerichtlich geltend
machen; der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, braucht hierzu nicht
mitzuwirken.
§. 1429. Ist der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, durch Krankheit
oder durch Abwesenheit verhindert, ein Rechtsgeschäft vorzunehmen, das sich auf
das Gesamtgut bezieht, so kann der andere Ehegatte das Rechtsgeschäft
vornehmen, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; er kann hierbei im
eigenen Namen oder im Namen des verwaltenden Ehegatten handeln. Das gleiche
gilt für die Führung eines Rechtsstreits, der sich auf das Gesamtgut bezieht.
§. 1430. Verweigert der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, ohne
ausreichenden Grund die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft, das der andere
Ehegatte zur ordnungsmäßigen Besorgung seiner persönlichen Angelegenheiten
vornehmen muß, aber ohne diese Zustimmung nicht mit Wirkung für das Gesamtgut
vornehmen kann, so kann das Vormundschaftsgericht die Zustimmung auf Antrag
ersetzen.
§. 1431. Hat der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, darin
eingewilligt, daß der andere Ehegatte selbständig ein Erwerbsgeschäft betreibt,
so ist seine Zustimmung zu solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten
nicht erforderlich, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Einseitige
Rechtsgeschäfte, die sich auf das Erwerbsgeschäft beziehen, sind dem Ehegatten
gegenüber vorzunehmen, der das Erwerbsgeschäft betreibt.
Weiß der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, daß der andere Ehegatte
ein Erwerbsgeschäft betreibt, und hat er hiergegen keinen Einspruch eingelegt,
so steht dies einer Einwilligung gleich.
Dritten gegenüber ist ein Einspruch und der
Widerruf der Einwilligung nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
§. 1432. Ist dem Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet, eine
Erbschaft oder ein Vermächtnis angefallen, so ist nur er berechtigt, die
Erbschaft oder das Vermächtnis anzunehmen oder auszuschlagen; die Zustimmung
des anderen Ehegatten ist nicht erforderlich. Das gleiche gilt von dem Verzicht
auf den Pflichtteil oder auf den Ausgleich eines Zugewinns sowie von der
Ablehnung eines Vertragsantrags oder einer Schenkung.
Der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, kann ein Inventar über
ein ihm angefallene Erbschaft ohne Zustimmung des anderen Ehegatten errichten.
§. 1433. Der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, kann ohne
Zustimmung des anderen Ehegatten einen Rechtsstreit fortsetzen, der beim
Eintritt der Gütergemeinschaft anhängig war.
§. 1434. Wird durch ein Rechtsgeschäft, das ein Ehegatte ohne die
erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten vornimmt, das Gesamtgut
bereichert, so ist die Bereicherung nach den Vorschriften über die
ungerechtfertigte Bereicherung aus dem Gesamtgut herauszugeben.
§. 1435. Der Ehegatte hat das Gesamtgut ordnungsmäßig zu verwalten. Er
hat den anderen Ehegatten über die Verwaltung zu unterrichten und ihm auf
Verlangen über den Stand der Verwaltung Auskunft zu erteilen. Mindert sich das
Gesamtgut, so muß er zu dem Gesamtgut Ersatz leisten, wenn er den Verlust
verschuldet oder durch ein Rechtsgeschäft herbeigeführt hat, das er ohne die
erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten vorgenommen hat.
§. 1436. Steht der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, unter
Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu
vertreten, die sich aus der Verwaltung des Gesamtgutes ergeben. Dies gilt auch
dann, wenn der andere Ehegatte zum Vormund bestellt ist.
§. 1437. Aus dem Gesamtgut können die Gläubiger des Ehegatten, der das
Gesamtgut verwaltet, und, soweit sich aus den §§ 1438 bis 1440 nichts anderes ergibt,
auch die Gläubiger des anderen Ehegatten Befriedigung verlangen
(Gesamtgutsverbindlichkeiten).
Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, haftet für die
Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten, die Gesamtgutsverbindlichkeiten sind,
auch persönlich als Gesamtschuldner. Die Haftung erlischt mit der Beendigung
der Gütergemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnis der Ehegatten
zueinander dem anderen Ehegatten zur Last fallen.
§. 1438. Das Gesamtgut haftet für eine Verbindlichkeit aus einem Rechtsgeschäft,
das während der Gütergemeinschaft vorgenommen wird, nur dann, wenn der
Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, das Rechtsgeschäft vornimmt oder wenn er
ihm zustimmt oder wenn das Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung für das
Gesamtgut wirksam ist.
Für die Kosten eines Rechtsstreits haftet das Gesamtgut auch dann, wenn
das Urteil dem Gesamtgut gegenüber nicht wirksam ist.
§. 1439. Das Gesamtgut haftet nicht für Verbindlichkeiten, die durch den
Erwerb einer Erbschaft entstehen, wenn der Ehegatte, der Erbe ist, das
Gesamtgut nicht verwaltet und die Erbschaft während der Gütergemeinschaft als
Vorbehaltsgut oder als Sondergut erwirbt; das gleiche gilt beim Erwerb eines
Vermächtnisses.
§. 1440. Das Gesamtgut haftet nicht für eine Verbindlichkeit, die während
der Gütergemeinschaft infolge eines zum Vorbehaltsgut oder Sondergut gehörenden
Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache in der Person des
Ehegatten entsteht, der das Gesamtgut nicht verwaltet. Das Gesamtgut haftet
jedoch, wenn das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäft gehört, das der
Ehegatte mit Einwilligung des anderen Ehegatten selbständig betreibt, oder wenn
die Verbindlichkeit zu den Lasten des Sondergutes gehört, die aus den
Einkünften beglichen zu werden pflegen.
§. 1441. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander fallen folgende
Gesamtgutverbindlichkeiten dem Ehegatten zur Last, in dessen Person sie
entstehen:
1. die Verbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung, die er nach
Eintritt der Gütergemeinschaft begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen
einer solchen Handlung gegen ihn gerichtet wird;
2. die Verbindlichkeiten aus einem sich auf sein Vorbehaltsgut oder sein
Sondergut beziehenden Rechtsverhältnis, auch wenn sie vor Eintritt der
Gütergemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu der das Gut
Vorbehaltsgut oder Sondergut geworden ist;
3. die Kosten eines Rechtsstreits über eine der in den Nummern 1 und 2
bezeichneten Verbindlichkeiten.
§. 1442. Die Vorschriften des § 1441 Nr. 2, 3 gelten nicht, wenn die Verbindlichkeiten
zu den Lasten des Sondergutes gehören, die aus den Einkünften beglichen zu
werden pflegen. Die Vorschriften gelten auch dann nicht, wenn die
Verbindlichkeiten durch den Betrieb eines für Rechnung des Gesamtgutes
geführten Erwerbsgeschäfts oder infolge eines zu einem solchen Erwerbsgeschäft
gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entstehen.
§. 1443. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander fallen die Kosten eines
Rechtsstreits, den die Ehegatten miteinander führen, dem Ehegatten zur Last,
der sie nach allgemeinen Vorschriften zu tragen hat.
Führt der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, einen
Rechtsstreit mit einem Dritten, so fallen die Kosten des Rechtsstreits im
Verhältnis der Ehegatten zueinander diesem Ehegatten zur Last. Die Kosten
fallen jedoch dem Gesamtgut zur Last, wenn das Urteil dem Gesamtgut gegenüber
wirksam ist oder wenn der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit oder eine
Gesamtgutsverbindlichkeit des Ehegatten betrifft und die Aufwendung der Kosten
den Umständen nach geboten ist; § 1441 Nr. 3 und § 1442 bleiben unberührt.
§. 1444. Verspricht oder gewährt der Ehegatte, der das Gesamtgut
verwaltet, einem gemeinschaftlichen Kind aus dem Gesamtgut eine Ausstattung, so
fällt ihm im Verhältnis der Ehegatten zueinander die Ausstattung zur Last,
soweit sie das Maß übersteigt, das dem Gesamtgut entspricht.
Verspricht oder gewährt der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, einem
nicht gemeinschaftlichen Kind eine Ausstattung aus dem Gesamtgut, so fällt sie
im Verhältnis der Ehegatten zueinander dem Vater oder der Mutter zur Last; für
den Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet, gilt dies jedoch nur
insoweit, als er zustimmt oder die Ausstattung nicht das Maß übersteigt, das
dem Gesamtgut entspricht.
§. 1445. Verwendet der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, Gesamtgut
in sein Vorbehaltsgut oder in sein Sondergut, so hat er den Wert des
Verwendeten zum Gesamtgut zu ersetzen.
Verwendet er Vorbehaltsgut oder Sondergut in das Gesamtgut, so kann er
Ersatz aus dem Gesamtgut verlangen.
§. 1446. Was der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, zum Gesamtgut
schuldet, braucht er erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten;
was er aus dem Gesamtgut zu fordern hat, kann er erst nach der Beendigung der
Gütergemeinschaft fordern.
Was der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, zum Gesamtgut oder
was er zum Vorbehaltsgut oder Sondergut des anderen Ehegatten schuldet, braucht
er erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten; er hat die Schuld
jedoch schon vorher zu berichtigen, soweit sein Vorbehaltsgut und sein
Sondergut hierzu ausreichen.
§. 1447. Der Ehegatte, der das Gesamtgut nicht verwaltet, kann auf
Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen,
1. wenn seine Rechte für die Zukunft dadurch erheblich gefährdet werden
können, daß der andere Ehegatte zur Verwaltung des Gesamtgutes unfähig ist oder
sein Recht, das Gesamtgut zu verwalten, mißbraucht;
2. wenn der andere Ehegatte seine Verpflichtung, zum Familienunterhalt
beizutragen, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des
Unterhalts zu besorgen ist;
3. wenn das Gesamtgut durch Verbindlichkeiten, die in der Person des
anderen Ehegatten entstanden sind, in solchem Maße überschuldet ist, daß ein
späterer Erwerb des Ehegatten, der das Gesamtgut nicht verwaltet, erheblich
gefährdet wird;
4. wenn der andere Ehegatte entmündigt ist und der die Entmündigung
aussprechende Beschluß nicht mehr angefochten werden kann.
§. 1448. Der Ehegatte, der das Gesamtgut verwaltet, kann auf Aufhebung
der Gütergemeinschaft klagen, wenn das Gesamtgut infolge von Verbindlichkeiten
des anderen Ehegatten, die diesem im Verhältnis der Ehegatten zueinander zur
Last fallen, in solchem Maße überschuldet ist, daß ein späterer Erwerb
erheblich gefährdet wird.
§. 1449. Mit der Rechtskraft des Urteils ist die Gütergemeinschaft
aufgehoben; für die Zukunft gilt Gütertrennung.
Dritten gegenüber ist die Aufhebung der Gütergemeinschaft nur nach
Maßgabe des § 1412 wirksam.
c) Gemeinschaftliche Verwaltung des Gesamtgutes durch die Ehegatten
§. 1450. Wird das Gesamtgut von den Ehegatten gemeinschaftlich
verwaltet, so sind die Ehegatten insbesondere nur gemeinschaftlich berechtigt,
über das Gesamtgut zu verfügen und Rechtsstreitigkeiten zu führen, die sich auf
das Gesamtgut beziehen. Der Besitz an den zum Gesamtgut gehörenden Sachen
gebührt den Ehegatten gemeinschaftlich.
Ist eine Willenserklärung den Ehegatten gegenüber abzugeben, so genügt
die Abgabe gegenüber einem Ehegatten.
§. 1451. Jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber verpflichtet, zu
Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes
erforderlich sind.
§. 1452. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes die Vornahme
eines Rechtsgeschäfts oder die Führung eines Rechtsstreits erforderlich, so
kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag eines Ehegatten die Zustimmung des
anderen Ehegatten ersetzen, wenn dieser sie ohne ausreichenden Grund
verweigert.
Die Vorschrift des Absatzes 1 gilt auch, wenn zur ordnungsmäßigen
Besorgung der persönlichen Angelegenheiten eines Ehegatten ein Rechtsgeschäft
erforderlich ist, das der Ehegatte mit Wirkung für das Gesamtgut nicht ohne
Zustimmung des anderen Ehegatten vornehmen kann.
§. 1453. Verfügt ein Ehegatte ohne die erforderliche Einwilligung des
anderen Ehegatten über das Gesamtgut, so gelten die Vorschriften des § 1366
Abs. 1, 3, 4 und des § 1367 entsprechend.
Einen Vertrag kann der Dritte bis zur Genehmigung widerrufen. Hat er
gewußt, daß der Ehegatte in Gütergemeinschaft lebt, so kann er nur widerrufen,
wenn dieser wahrheitswidrig behauptet hat, der andere Ehegatte habe
eingewilligt; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm beim
Abschluß des Vertrages bekannt war, daß der andere Ehegatte nicht eingewilligt
hatte.
§. 1454. Ist ein Ehegatte durch Krankheit oder Abwesenheit verhindert,
bei einem Rechtsgeschäft mitzuwirken, das sich auf das Gesamtgut bezieht, so
kann der andere Ehegatte das Rechtsgeschäft vornehmen, wenn mit dem Aufschub
Gefahr verbunden ist; er kann hierbei im eigenen Namen oder im Namen beider
Ehegatten handeln. Das gleiche gilt für die Führung eines Rechtsstreits, der
sich auf das Gesamtgut bezieht.
§. 1455. Jeder Ehegatte kann ohne Mitwirkung des anderen Ehegatten
1. eine ihm angefallene Erbschaft oder ein ihm angefallenes Vermächtnis
annehmen oder ausschlagen;
2. auf seinen Pflichtteil oder auf den Ausgleich eines Zugewinns
verzichten;
3. ein Inventar über eine ihm oder dem anderen Ehegatten angefallene
Erbschaft errichten, es sei denn, daß die dem anderen Ehegatten angefallene
Erbschaft zu dessen Vorbehaltsgut oder Sondergut gehört;
4. einen ihm gemachten Vertragsantrag oder eine ihm gemachte Schenkung
ablehnen;
5. ein sich auf das Gesamtgut beziehendes Rechtsgeschäft gegenüber dem
anderen Ehegatten vornehmen;
6. ein zum Gesamtgut gehörendes Rechts gegen den anderen Ehegatten
gerichtlich geltend machen;
7. einen Rechtsstreit fortsetzen, der beim Eintritt der
Gütergemeinschaft anhängig war;
8. ein zum Gesamtgut gehörendes Recht gegen einen Dritten gerichtlich
geltend machen, wenn der andere Ehegatte ohne die erforderliche Zustimmung über
das Recht verfügt hat;
9. ein Widerspruchsrecht gegenüber einer Zwangsvollstreckung in das
Gesamtgut gerichtlich geltend machen;
10. die zur Erhaltung des Gesamtgutes notwendigen Maßnahmen treffen,
wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
§. 1456. Hat ein Ehegatte darin eingewilligt, daß der andere Ehegatte
selbständig ein Erwerbsgeschäft betreibt, so ist seine Zustimmung zu solchen
Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten nicht erforderlich, die der
Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Einseitige Rechtsgeschäfte, die sich auf das
Erwerbsgeschäft beziehen, sind dem Ehegatten gegenüber vorzunehmen, der das
Erwerbsgeschäft betreibt.
Weiß ein Ehegatte, daß der andere ein Erwerbsgeschäft betreibt, und hat
er hiergegen keinen Einspruch eingelegt, so steht dies einer Einwilligung
gleich.
Dritten gegenüber ist ein Einspruch und der
Widerruf der Einwilligung nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
§. 1457. Wird durch ein Rechtsgeschäft, das ein Ehegatte ohne die
erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten vornimmt, das Gesamtgut
bereichert, so ist die Bereicherung nach den Vorschriften über die
ungerechtfertigte Bereicherung aus dem Gesamtgut herauszugeben.
§. 1458. Solange ein Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder unter
Vormundschaft steht, verwaltet der andere Ehegatte das Gesamtgut allein; die
Vorschriften der §§ 1422 bis 1449 sind anzuwenden.
§. 1459. Die Gläubiger des Mannes und die Gläubiger der Frau können,
soweit sich aus den §§ 1460 bis 1462 nichts anderes ergibt, aus dem Gesamtgut
Befriedigung verlangen (Gesamtgutsverbindlichkeiten).
Für die Gesamtgutsverbindlichkeiten haften die Ehegatten auch persönlich
als Gesamtschuldner. Fallen die Verbindlichkeiten im Verhältnis der Ehegatten
zueinander einem der Ehegatten zur Last, so erlischt die Verbindlichkeit des
anderen Ehegatten mit der Beendigung der Gütergemeinschaft.
§. 1460. Das Gesamtgut haftet für eine Verbindlichkeit aus einem
Rechtsgeschäft, das ein Ehegatte während der Gütergemeinschaft vornimmt, nur
dann, wenn der andere Ehegatte dem Rechtsgeschäft zustimmt oder wenn das
Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung für das Gesamtgut wirksam ist.
Für die Kosten eines Rechtsstreits haftet das Gesamtgut auch dann, wenn
das Urteil dem Gesamtgut gegenüber nicht wirksam ist.
§. 1461. Das Gesamtgut haftet nicht für Verbindlichkeiten eines
Ehegatten, die durch den Erwerb einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses
entstehen, wenn der Ehegatte die Erbschaft oder das Vermächtnis während der
Gütergemeinschaft als Vorbehaltsgut oder als Sondergut erwirbt.
§. 1462. Das Gesamtgut haftet nicht für eine Verbindlichkeit eines
Ehegatten, die während der Gütergemeinschaft infolge eines zum Vorbehaltsgut
oder zum Sondergut gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden
Sache entsteht. Das Gesamtgut haftet jedoch, wenn das Recht oder die Sache zu
einem Erwerbsgeschäft gehört, das ein Ehegatte selbständig betreibt, oder wenn
die Verbindlichkeit zu den Lasten des Sondergutes gehört, die aus den
Einkünften beglichen zu werden pflegen.
§. 1463. Im Verhältnis der Ehegatten
zueinander fallen folgende Gesamtgutsverbindlichkeiten dem Ehegatten zur Last,
in dessen Person sie entstehen:
1. die Verbindlichkeiten aus einer unerlaubten
Handlung, die er nach Eintritt der Gütergemeinschaft begeht, oder aus einem
Strafverfahren, das wegen einer solchen Handlung gegen ihn gerichtet wird;
2. die Verbindlichkeiten aus einem sich auf
sein Vorbehaltsgut oder sein Sondergut beziehenden Rechtsverhältnis, auch wenn
sie vor Eintritt der Gütergemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu
der das Gut Vorbehaltsgut oder Sondergut geworden ist;
3. die Kosten eines Rechtsstreits über eine
der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Verbindlichkeiten.
§. 1464. Die Vorschriften des § 1463 Nr. 2, 3 gelten nicht, wenn die
Verbindlichkeiten zu den Lasten des Sondergutes gehören, die aus den Einkünften
beglichen zu werden pflegen. Die Vorschriften gelten auch dann nicht, wenn die
Verbindlichkeiten durch den Betrieb eines für Rechnung des Gesamtgutes
geführten Erwerbsgeschäfts oder infolge eines zu einem solchen Erwerbsgeschäft
gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entstehen.
§. 1465. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander fallen die Kosten eines
Rechtsstreits, den die Ehegatten miteinander führen, dem Ehegatten zur Last,
der sie nach allgemeinen Vorschriften zu tragen hat.
Führt ein Ehegatte einen Rechtsstreit mit einem Dritten, so fallen die
Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis der Ehegatten zueinander dem Ehegatten
zur Last, der den Rechtsstreit führt. Die Kosten fallen jedoch dem Gesamtgut
zur Last, wenn das Urteil dem Gesamtgut gegenüber wirksam ist oder wenn der
Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit oder eine Gesamtgutsverbindlichkeit
des Ehegatten betrifft und die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten
ist; § 1463 Nr. 3 und § 1464 bleiben unberührt.
§. 1466. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander fallen die Kosten der
Ausstattung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes dem Vater oder der Mutter des
Kindes zur Last.
§. 1467. Verwendet ein Ehegatte Gesamtgut in sein Vorbehaltsgut oder in
sein Sondergut, so hat er den Wert des Verwendeten zum Gesamtgut zu ersetzen.
Verwendet ein Ehegatte Vorbehaltsgut oder Sondergut in das Gesamtgut, so
kann er Ersatz aus dem Gesamtgut verlangen.
§. 1468. Was ein Ehegatte zum Gesamtgut oder
was er zum Vorbehaltsgut oder Sondergut des anderen Ehegatten schuldet, braucht
er erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten; soweit jedoch das
Vorbehaltsgut und das Sondergut des Schuldners ausreichen, hat er die Schuld
schon vorher zu berichtigen.
§. 1469. Jeder Ehegatte kann auf Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen,
1. wenn seine Rechte für die Zukunft dadurch erheblich gefährdet werden
können, daß der andere Ehegatte ohne seine Mitwirkung Verwaltungshandlungen
vornimmt, die nur gemeinschaftlich vorgenommen werden dürfen;
2. wenn der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich
weigert, zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes mitzuwirken;
3. wenn der andere Ehegatte seine Verpflichtung, zum Familienunterhalt
beizutragen, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des
Unterhalts zu besorgen ist;
4. wenn das Gesamtgut durch Verbindlichkeiten, die in der Person des
anderen Ehegatten entstanden sind und diesem im Verhältnis der Ehegatten
zueinander zur Last fallen, in solchem Maße überschuldet ist, daß sein späterer
Erwerb erheblich gefährdet wird;
5. wenn der andere Ehegatte entmündigt ist und der die Entmündigung
aussprechende Beschluß nicht mehr angefochten werden kann.
§. 1470. Mit der Rechtskraft des Urteils ist die Gütergemeinschaft
aufgehoben; für die Zukunft gilt Gütertrennung.
Dritten gegenüber ist die Aufhebung der Gütergemeinschaft nur nach
Maßgabe des § 1412 wirksam.
d) Auseinandersetzung des Gesamtgutes
§. 1471. Nach der Beendigung der Gütergemeinschaft setzen sich die
Ehegatten über das Gesamtgut auseinander.
Bis zur Auseinandersetzung gelten für das Gesamtgut die Vorschriften des
§ 1419.
§. 1472. Bis zur Auseinandersetzung verwalten die Ehegatten das
Gesamtgut gemeinschaftlich.
Jeder Ehegatte darf das Gesamtgut in derselben Weise wie vor der
Beendigung der Gütergemeinschaft verwalten, bis er von der Beendigung Kenntnis
erlangt oder sie kennen muß. Ein Dritter kann sich hierauf nicht berufen, wenn
er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts weiß oder wissen muß, daß die
Gütergemeinschaft beendet ist.
Jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln
mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtgutes erforderlich
sind; die zur Erhaltung notwendigen Maßregeln kann jeder Ehegatte allein
treffen.
Endet die Gütergemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten, so hat der
überlebende Ehegatte die Geschäfte, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung
erforderlich sind und nicht ohne Gefahr aufgeschoben werden können, so lange zu
führen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann. Diese Verpflichtung
besteht nicht, wenn der verstorbene Ehegatte das Gesamtgut allein verwaltet hat.
§. 1473. Was auf Grund eines zum Gesamtgut gehörenden Rechtes oder als
Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zum Gesamtgut
gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich
auf das Gesamtgut bezieht, wird Gesamtgut.
Gehört eine Forderung, die durch Rechtsgeschäft erworben ist, zum
Gesamtgut, so braucht der Schuldner dies erst dann gegen sich gelten zu lassen,
wenn er erfährt, daß die Forderung zum Gesamtgut gehört; die Vorschriften der
§§ 406 bis 408 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1474. Die Ehegatten setzen sich, soweit sie nichts anderes
vereinbaren, nach den §§ 1475 bis 1481 auseinander.
§. 1475. Die Ehegatten haben zunächst die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu
berichtigen. Ist eine Verbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie streitig,
so müssen die Ehegatten zurückbehalten, was zur Berichtigung dieser
Verbindlichkeit erforderlich ist.
Fällt eine Gesamtgutsverbindlichkeit im Verhältnis der Ehegatten
zueinander einem der Ehegatten allein zur Last, so kann dieser nicht verlangen,
daß die Verbindlichkeit aus dem Gesamtgut berichtigt wird.
Das Gesamtgut ist in Geld umzusetzen, soweit dies erforderlich ist, um
die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen.
§. 1476. Der Überschuß, der nach der Berichtigung der
Gesamtgutsverbindlichkeiten verbleibt, gebührt den Ehegatten zu gleichen
Teilen.
Was einer der Ehegatten zum Gesamtgut zu ersetzen hat, muß er sich auf
seinen Teil anrechnen lassen. Soweit er den Ersatz nicht auf diese Weise
leistet, bleibt er dem anderen Ehegatten verpflichtet.
§. 1477. Der Überschuß wird nach den Vorschriften über die Gemeinschaft
geteilt.
Jeder Ehegatte kann gegen Ersatz des Wertes die Sachen übernehmen, die
ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauch bestimmt sind, insbesondere
Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräte. Das gleiche gilt für die Gegenstände,
die ein Ehegatte in die Gütergemeinschaft eingebracht oder während der
Gütergemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder mit Rücksicht auf ein
künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat.
§. 1478. Ist die Ehe geschieden, bevor die Auseinandersetzung
beendet ist, so ist auf Verlangen eines Ehegatten jedem von ihnen der Wert
dessen zurückzuerstatten, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hat;
reicht hierzu der Wert des Gesamtgutes nicht aus, so ist der Fehlbetrag von den
Ehegatten nach dem Verhältnis des Wertes des von ihnen Eingebrachten zu tragen.
Als eingebracht sind anzusehen
1. die Gegenstände, die einem Ehegatten beim Eintritt der
Gütergemeinschaft gehört haben;
2. die Gegenstände, die ein Ehegatte von Todes wegen oder mit Rücksicht
auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat,
es sei denn, daß der Erwerb den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen
war;
3. die Rechte, die mit dem Tod eines Ehegatten erlöschen oder deren
Erwerb durch den Tod eines Ehegatten bedingt ist.
Der Wert des Eingebrachten bestimmt sich nach der Zeit der Einbringung.
§. 1479. Wird die Gütergemeinschaft auf Grund der §§ 1447, 1448 oder des
§ 1469 durch Urteil aufgehoben, so kann der Ehegatte, der das Urteil erwirkt
hat, verlangen, daß die Auseinandersetzung so erfolgt, wie wenn der Anspruch
auf Auseinandersetzung in dem Zeitpunkt rechtshängig geworden wäre, in dem die
Klage auf Aufhebung der Gütergemeinschaft erhoben ist.
§. 1480. Wird das Gesamtgut geteilt, bevor eine
Gesamtgutsverbindlichkeit berichtigt ist, so haftet dem Gläubiger auch der
Ehegatte persönlich als Gesamtschuldner, für den zur Zeit der Teilung eine
solche Haftung nicht besteht. Seine Haftung beschränkt sich auf die ihm
zugeteilten Gegenstände; die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften
der §§ 1990, 1991 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1481. Wird das Gesamtgut geteilt, bevor eine
Gesamtgutsverbindlichkeit berichtigt ist, die im Verhältnis der Ehegatten
zueinander dem Gesamtgut zur Last fällt, so hat der Ehegatte, der das Gesamtgut
während der Gütergemeinschaft allein verwaltet hat, dem anderen Ehegatten dafür
einzustehen, daß dieser weder über die Hälfte der Verbindlichkeit noch über das
aus dem Gesamtgut Erlangte hinaus in Anspruch genommen wird.
Haben die Ehegatten das Gesamtgut während der Gütergemeinschaft
gemeinschaftlich verwaltet, so hat jeder Ehegatte dem anderen dafür
einzustehen, daß dieser von dem Gläubiger nicht über die Hälfte der
Verbindlichkeit hinaus in Anspruch genommen wird.
Fällt die Verbindlichkeit im Verhältnis der Ehegatten zueinander einem
der Ehegatten zur Last, so hat dieser dem anderen dafür einzustehen, daß der
andere Ehegatte von dem Gläubiger nicht in Anspruch genommen wird.
§. 1482. Wird die Ehe durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst, so gehört
der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut zum Nachlaß. Der verstorbene
Ehegatte wird nach den allgemeinen Vorschriften beerbt.
e) Fortgesetzte Gütergemeinschaft
§. 1483. Die Ehegatten können durch Ehevertrag vereinbaren, daß die
Gütergemeinschaft nach dem Tode eines Ehegatten zwischen dem überlebenden
Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt wird. Treffen die Ehegatten eine solche Vereinbarung, so wird die
Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt, die bei
gesetzlicher Erbfolge als Erben berufen sind. Der Anteil des verstorbenen
Ehegatten am Gesamtgut gehört nicht zum Nachlaß; im übrigen
wird der Ehegatte nach den allgemeinen Vorschriften beerbt.
Sind neben den gemeinschaftlichen Abkömmlingen andere Abkömmlinge
vorhanden, so bestimmen sich ihr Erbrecht und ihre Erbteile so, wie wenn
fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre.
§. 1484. Der überlebende Ehegatte kann die Fortsetzung der
Gütergemeinschaft ablehnen.
Auf die Ablehnung finden die für die Ausschlagung einer Erbschaft
geltenden Vorschriften der §§. 1943 bis 1947, 1950, 1952, 1954 bis 1957, 1959
entsprechende Anwendung. Steht der überlebende Ehegatte unter elterlicher
Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zur Ablehnung die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erforderlich.
Lehnt der Ehegatte die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ab, so gilt das
Gleiche wie im Falle des §. 1482.
§. 1485. Das Gesammtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft besteht aus
dem ehelichen Gesammtgute, soweit es nicht nach §. 1483 Abs. 2 einem nicht
antheilsberechtigten Abkömmlinge zufällt, und aus dem Vermögen, das der
überlebende Ehegatte aus dem Nachlasse des verstorbenen Ehegatten oder nach dem
Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft erwirbt.
Das Vermögen, das ein gemeinschaftlicher Abkömmling zur Zeit des
Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft hat oder später erwirbt, gehört
nicht zu dem Gesammtgute.
Auf das Gesammtgut finden die für die eheliche Gütergemeinschaft
geltenden Vorschriften des §. 1438 Abs. 2, 3 entsprechende Anwendung.
§. 1486. Vorbehaltsgut des überlebenden Ehegatten ist, was er bisher als
Vorbehaltsgut gehabt hat oder was er nach § 1418 Abs. 2 Nr. 2, 3 als
Vorbehaltsgut erwirbt.
Sondergut des überlebenden Ehegatten ist, was er bisher als Sondergut
gehabt hat oder was er als Sondergut erwirbt.
§. 1487. Die Rechte und Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten
sowie der anteilsberechtigten Abkömmlinge in Ansehung des Gesamtgutes der
fortgesetzten Gütergemeinschaft bestimmen sich nach den für die eheliche
Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§ 1419, 1422 bis 1428, 1434, des
§ 1435 Satz 1, 3 und der §§ 1436, 1445; der überlebende Ehegatte hat die
rechtliche Stellung des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet, die
anteilsberechtigten Abkömmlinge haben die rechtliche Stellung des anderen
Ehegatten.
Was der überlebende Ehegatte zu dem Gesamtgut schuldet oder aus dem
Gesamtgut zu fordern hat, ist erst nach der Beendigung der fortgesetzten
Gütergemeinschaft zu leisten.
§. 1488. Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten
Gütergemeinschaft sind die Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie
solche Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, die
Gesammtgutsverbindlichkeiten der ehelichen Gütergemeinschaft waren.
§. 1489. Für die Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten
Gütergemeinschaft haftet der überlebende Ehegatte persönlich.
Soweit die persönliche Haftung den überlebenden Ehegatten nur in Folge
des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft trifft, finden die für die
Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung; an die Stelle des Nachlasses tritt das Gesammtgut in
dem Bestande, den es zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft
hat.
Eine persönliche Haftung der antheilsberechtigten Abkömmlinge für die
Verbindlichkeiten des verstorbenen oder des überlebenden Ehegatten wird durch
die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht begründet.
§. 1490. Stirbt ein antheilsberechtigter Abkömmling, so gehört sein
Antheil an dem Gesammtgute nicht zu seinem Nachlasse. Hinterläßt er
Abkömmlinge, die antheilsberechtigt sein würden, wenn er den verstorbenen
Ehegatten nicht überlebt hätte, so treten die Abkömmlinge an seine Stelle.
Hinterläßt er solche Abkömmlinge nicht, so wächst sein Antheil den übrigen
antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn solche nicht vorhanden sind, dem
überlebenden Ehegatten an.
§. 1491. Ein antheilsberechtigter Abkömmling kann auf seinen Antheil an
dem Gesammtgute verzichten. Der Verzicht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte; die Erklärung
ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die
Erklärung dem überlebenden Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten
Abkömmlingen mittheilen.
Der Verzicht kann auch durch Vertrag mit dem überlebenden Ehegatten und
den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen. Der Vertrag bedarf der
notariellen Beurkundung.
Steht der Abkömmling unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft,
so ist zu dem Verzichte die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erforderlich.
Der Verzicht hat die gleichen Wirkungen, wie wenn der Verzichtende zur
Zeit des Verzichts ohne Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben wäre.
§. 1492. Der überlebende Ehegatte kann die fortgesetzte
Gütergemeinschaft jederzeit aufheben. Die Aufhebung erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte;
die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht
soll die Erklärung den antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn der
überlebende Ehegatte gesetzlicher Vertreter eines der Abkömmlinge ist, dem
Vormundschaftsgerichte mittheilen.
Die Aufhebung kann auch durch Vertrag zwischen dem überlebenden
Ehegatten und den antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen. Der Vertrag
bedarf der notariellen Beurkundung.
Steht der überlebende Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder unter
Vormundschaft, so ist zu der Aufhebung die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erforderlich.
§. 1493. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endigt mit der
Wiederverheirathung des überlebenden Ehegatten.
Der überlebende Ehegatte hat, wenn ein antheilsberechtigter Abkömmling
minderjährig ist oder bevormundet wird, die Absicht der Wiederverheirathung dem
Vormundschaftsgericht anzuzeigen, ein Verzeichniß des Gesammtguts einzureichen,
die Gütergemeinschaft aufzuheben und die Auseinandersetzung herbeizuführen. Das
Vormundschaftsgericht kann gestatten, daß die Aufhebung der Gütergemeinschaft
bis zur Eheschließung unterbleibt und daß die Auseinandersetzung erst später
erfolgt.
§. 1494. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endet mit dem Tode des
überlebenden Ehegatten.
Wird der überlebende Ehegatte für tot erklärt oder wird seine Todeszeit
nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, so endet die
fortgesetzte Gütergemeinschaft mit dem Zeitpunkt, der als Zeitpunkt des Todes
gilt.
§. 1495. Ein anteilsberechtigter Abkömmling
kann gegen den überlebenden Ehegatten auf Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft
klagen,
1. wenn seine Rechte für die Zukunft dadurch
erheblich gefährdet werden können, daß der überlebende Ehegatte zur Verwaltung
des Gesamtgutes unfähig ist oder sein Recht, das Gesamtgut zu verwalten,
mißbraucht;
2. wenn der überlebende Ehegatte seine
Verpflichtung, dem Abkömmling Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die
Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist;
3. wenn der überlebende Ehegatte entmündigt
ist und der die Entmündigung aussprechende Beschluß nicht mehr angefochten
werden kann;
4. wenn der überlebende Ehegatte die
elterliche Gewalt über den Abkömmling verwirkt hat oder, falls sie ihm
zugestanden hätte, verwirkt haben würde.
§. 1496. Die Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft tritt in den
Fällen des §. 1495 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Sie tritt für alle
Abkömmlinge ein, auch wenn das Urtheil auf die Klage eines der Abkömmlinge
ergangen ist.
§. 1497. Nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft setzen
sich der überlebende Ehegatte und die Abkömmlinge über das Gesamtgut
auseinander.
Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich ihr Rechtsverhältnis am
Gesamtgut nach den §§ 1419, 1472, 1473.
§. 1498. Auf die Auseinandersetzung sind die Vorschriften der §§ 1475, 1476,
des § 1477 Abs. 1, der §§ 1479, 1480 und des § 1481 Abs. 1, 3 anzuwenden; an
der Stelle des Ehegatten, der das Gesamtgut allein verwaltet hat, tritt der
überlebende Ehegatte, an die Stelle des anderen Ehegatten treten die
anteilsberechtigten Abkömmlinge. Die in § 1476 Abs. 2 Satz 2 bezeichnete
Verpflichtung besteht nur für den überlebenden Ehegatten.
§. 1499. Bei der Auseinandersetzung fallen dem überlebenden Ehegatten
zur Last:
1. die ihm bei dem Eintritte der
fortgesetzten Gütergemeinschaft obliegenden Gesammtgutsverbindlichkeiten, für
die das eheliche Gesammtgut nicht haftete oder die im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander ihm zur Last fielen;
2. die nach dem Eintritte der fortgesetzten
Gütergemeinschaft entstandenen Gesammtgutsverbindlichkeiten, die, wenn sie
während der ehelichen Gütergemeinschaft in seiner Person entstanden wären, im
Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last gefallen sein würden;
3. eine Ausstattung, die er einem
antheilsberechtigten Abkömmling über das dem Gesammtgut entsprechende Maß
hinaus oder die er einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge versprochen
oder gewährt hat.
§. 1500. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge müssen sich
Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, die diesem im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander zur Last fielen, bei der Auseinandersetzung auf ihren
Antheil insoweit anrechnen lassen, als der überlebende Ehegatte nicht von dem
Erben des verstorbenen Ehegatten Deckung hat erlangen können.
In gleicher Weise haben sich die antheilsberechtigten Abkömmlinge
anrechnen zu lassen, was der verstorbene Ehegatte zu dem Gesammtgute zu
ersetzen hatte.
§. 1501. Ist einem antheilsberechtigten Abkömmlinge für den Verzicht auf
seinen Antheil eine Abfindung aus dem Gesammtgute gewährt worden, so wird sie
bei der Auseinandersetzung in das Gesammtgut eingerechnet und auf die den
Abkömmlingen gebührende Hälfte angerechnet.
Der überlebende Ehegatte kann mit den übrigen antheilsberechtigten
Abkömmlingen schon vor der Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft eine
abweichende Vereinbarung treffen. Die Vereinbarung bedarf der notariellen
Beurkundung; sie ist auch denjenigen Abkömmlingen gegenüber wirksam, welche
erst später in die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintreten.
§. 1502. Der überlebende Ehegatte ist berechtigt, das Gesammtgut oder
einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen. Das
Recht geht nicht auf den Erben über.
Wird die fortgesetzte Gütergemeinschaft auf Grund des §. 1495 durch
Urtheil aufgehoben, so steht dem überlebenden Ehegatten das im Abs. 1 bestimmte
Recht nicht zu. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge können in diesem Falle
diejenigen Gegenstände gegen Ersatz des Werthes übernehmen, welche der
verstorbene Ehegatte nach §. 1477 Abs. 2 zu übernehmen berechtigt sein würde.
Das Recht kann von ihnen nur gemeinschaftlich ausgeübt werden.
§. 1503. Mehrere antheilsberechtigte Abkömmlinge theilen die ihnen
zufallende Hälfte des Gesammtguts nach dem Verhältnisse der Antheile, zu denen
sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Erben des verstorbenen Ehegatten
berufen sein würden, wenn dieser erst zur Zeit der Beendigung der fortgesetzten
Gütergemeinschaft gestorben wäre.
Das Vorempfangene kommt nach den für die Ausgleichung unter Abkömmlingen
geltenden Vorschriften zur Ausgleichung, soweit nicht eine solche bereits bei
der Theilung des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten erfolgt ist.
Ist einem Abkömmlinge, der auf seinen Antheil
verzichtet hat, eine Abfindung aus dem Gesammtgute gewährt worden, so fällt sie
den Abkömmlingen zur Last, denen der Verzicht zu Statten kommt.
§. 1504. Soweit die antheilsberechtigten Abkömmlinge nach §. 1480 den
Gesammtgutsgläubigern haften, sind sie im Verhältnisse zu einander nach der
Größe ihres Antheils an dem Gesammtgute verpflichtet. Die Verpflichtung
beschränkt sich auf die ihnen zugetheilten Gegenstände; die für die Haftung des
Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden entsprechende Anwendung.
§. 1505. Die Vorschriften über das Recht auf Ergänzung des Pflichttheils
finden zu Gunsten eines antheilsberechtigten Abkömmlinges entsprechende
Anwendung; an die Stelle des Erbfalls tritt die Beendigung der fortgesetzten
Gütergemeinschaft, als gesetzlicher Erbtheil gilt der dem Abkömmlinge zur Zeit
der Beendigung gebührende Antheil an dem Gesammtgut, als Pflichttheil gilt die
Hälfte des Werthes dieses Antheils.
§. 1506. Ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling erbunwürdig, so ist er
auch des Antheils an dem Gesammtgut unwürdig. Die Vorschriften über die
Erbunwürdigkeit finden entsprechende Anwendung.
§. 1507. Das Nachlaßgericht hat dem überlebenden Ehegatten auf Antrag ein Zeugniß über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft zu
ertheilen. Die Vorschriften über den Erbschein finden entsprechende Anwendung.
§. 1508. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1509. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod
aufgelöst wird, die Fortsetzung der Gütergemeinschaft durch letztwillige
Verfügung ausschließen, wenn er berechtigt ist, dem anderen Ehegatten den
Pflichttheil zu entziehen oder auf Aufhebung der Gütergemeinschaft zu klagen. Das
gleiche gilt, wenn der Ehegatte auf Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt ist
und die Klage erhoben hat. Auf die Ausschließung finden
die Vorschriften über die Entziehung des Pflichttheils entsprechende Anwendung.
§. 1510. Wird die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ausgeschlossen, so
gilt das Gleiche wie im Falle des §. 1482.
§. 1511. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod
aufgelöst wird, einen gemeinschaftlichen Abkömmling von der fortgesetzten
Gütergemeinschaft durch letztwillige Verfügung ausschließen.
Der ausgeschlossene Abkömmling kann, unbeschadet seines Erbrechts, aus
dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft die Zahlung des Betrags
verlangen, der ihm von dem Gesammtgute der ehelichen Gütergemeinschaft als
Pflichttheil gebühren würde, wenn die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht
eingetreten wäre. Die für den Pflichttheilsanspruch geltenden Vorschriften
finden entsprechende Anwendung.
Der dem ausgeschlossenen Abkömmlinge gezahlte Betrag wird bei der
Auseinandersetzung den antheilsberechtigten Abkömmlingen nach Maßgabe des §.
1500 angerechnet. Im Verhältnisse der Abkömmlinge zu einander fällt er den
Abkömmlingen zur Last, denen die Ausschließung zu Statten kommt.
§. 1512. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die
fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, den einem antheilsberechtigten
Abkömmlinge nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden
Antheil an dem Gesammtgute durch letztwillige Verfügung bis auf die Hälfte
herabsetzen.
§. 1513. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die
fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, einem antheilsberechtigten Abkömmlinge
den diesem nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden
Antheil an dem Gesammtgute durch letztwillige Verfügung entziehen, wenn er
berechtigt ist, dem Abkömmlinge den Pflichttheil zu entziehen. Die Vorschriften
des §. 2336 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende
Anwendung.
Der Ehegatte kann, wenn er nach §. 2338 berechtigt ist, das
Pflichttheilsrecht des Abkömmlinges zu beschränken, den Antheil des
Abkömmlinges am Gesammtgut einer entsprechenden Beschränkung unterwerfen.
§. 1514. Jeder Ehegatte kann den Betrag, den er nach §. 1512 oder nach
§. 1513 Abs. 1 einem Abkömmling entzieht, auch einem Dritten durch letztwillige
Verfügung zuwenden.
§. 1515. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die
fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, durch letztwillige Verfügung anordnen,
daß ein antheilsberechtigter Abkömmling das Recht haben soll, bei der Theilung
das Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des
Werthes zu übernehmen.
Gehört zu dem Gesammtgut ein Landgut, so kann angeordnet werden, daß das
Landgut mit dem Ertragswerth oder mit einem Preise, der den Ertragswerth
mindestens erreicht, angesetzt werden soll. Die für die Erbfolge geltenden
Vorschriften des §. 2049 finden Anwendung.
Das Recht, das Landgut zu dem im Abs. 2 bezeichneten Werthe oder Preise
zu übernehmen, kann auch dem überlebenden Ehegatten eingeräumt werden.
§. 1516. Zur Wirksamkeit der in den §§. 1511 bis 1515 bezeichneten
Verfügungen eines Ehegatten ist die Zustimmung des anderen Ehegatten
erforderlich.
Die Zustimmung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der
Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. Die Zustimmungserklärung bedarf der
notariellen Beurkundung. Die Zustimmung ist unwiderruflich.
Die Ehegatten können die in den §§. 1511 bis 1515 bezeichneten
Verfügungen auch in einem gemeinschaftlichen Testamente treffen.
§. 1517. Zur Wirksamkeit eines Vertrags, durch den ein
gemeinschaftlicher Abkömmling einem der Ehegatten gegenüber für den Fall, daß
die Ehe durch dessen Tod aufgelöst wird, auf seinen Antheil am Gesammtgute der
fortgesetzten Gütergemeinschaft verzichtet oder durch den ein solcher Verzicht
aufgehoben wird, ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich. Für die
Zustimmung gelten die Vorschriften des §. 1516 Abs. 2 Satz 3, 4.
Die für den Erbverzicht geltenden Vorschriften finden entsprechende
Anwendung.
§. 1518. Anordnungen, die mit den Vorschriften der §§ 1483 bis 1517 in
Widerspruch stehen, können von den Ehegatten weder durch letztwillige Verfügung
noch durch Vertrag getroffen werden. Das Recht der Ehegatten, den Vertrag,
durch den sie die Fortsetzung der Gütergemeinschaft vereinbart haben, durch
Ehevertrag aufzuheben, bleibt unberührt.
§. 1519. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1520. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1521. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1522. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1523. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1524. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1525. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1526. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1527. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1528. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1529. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1530. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1531. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1532. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1533. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1534. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1535. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1536. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1537. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1538. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1539. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1540. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1541. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1542. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1543. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1544. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1545. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1546. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1547. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1548. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1549. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1550. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1551. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1552. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1553. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1554. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1555. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1556. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1557. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
III. Güterrechtsregister.
§. 1558. Die Eintragungen in das Güterrechtsregister haben bei dem
Amtsgerichte zu geschehen, in dessen Bezirke der Mann seinen Wohnsitz hat.
Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung kann die Führung des
Registers für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden.
§. 1559. Verlegt der Mann nach der Eintragung seinen Wohnsitz in einen
anderen Bezirk, so muß die Eintragung im Register dieses Bezirkes wiederholt
werden. Die frühere Eintragung gilt als von neuem erfolgt, wenn der Mann den
Wohnsitz in den früheren Bezirk zurückverlegt.
§. 1560. Eine Eintragung in das Register soll nur auf Antrag und nur
insoweit erfolgen, als sie beantragt ist. Der Antrag ist in öffentlich
beglaubigter Form zu stellen.
§. 1561. Zur Eintragung ist der Antrag beider
Ehegatten erforderlich; jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber zur Mitwirkung
verpflichtet.
Der Antrag eines Ehegatten genügt
1. zur Eintragung eines Ehevertrages oder
einer auf gerichtlicher Entscheidung beruhenden Änderung der güterrechtlichen
Verhältnisse der Ehegatten, wenn mit dem Antrage der Ehevertrag oder die mit
dem Zeugnis der Rechtskraft versehene Entscheidung vorgelegt wird;
2. zur Wiederholung einer Eintragung in das
Register eines anderen Bezirks, wenn mit dem Antrag eine nach der Aufhebung des
bisherigen Wohnsitzes erteilte, öffentlich beglaubigte Abschrift der früheren
Eintragung vorgelegt wird;
3. zur Eintragung des Einspruchs gegen den
selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch den anderen Ehegatten und
zur Eintragung des Widerrufs der Einwilligung, wenn die Ehegatten in
Gütergemeinschaft leben und der Ehegatte, der den Antrag stellt, das Gesamtgut
allein oder mit dem anderen Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet.
4. zur Eintragung der Beschränkung oder Ausschließung der Berechtigung
des anderen Ehegatten, Geschäfte mit Wirkung für den Antragsteller zu besorgen
(§ 1357 Abs. 2).
§. 1562. Das Amtsgericht hat die Eintragung durch das für seine
Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
Wird eine Aenderung des Güterstandes eingetragen, so hat sich die
Bekanntmachung auf die Bezeichnung des Güterstandes und, wenn dieser abweichend
von dem Gesetze geregelt ist, auf eine allgemeine Bezeichnung der Abweichung zu
beschränken.
§. 1563. Die Einsicht des Registers ist Jedem gestattet. Von den
Eintragungen kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf
Verlangen zu beglaubigen.
Siebenter Titel
Scheidung der Ehe
I. Scheidungsgründe
§. 1564. Eine Ehe kann nur durch gerichtliches Urteil auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft des Urteils aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Scheidung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.
§. 1565. Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, daß die Ehegatten sie wiederherstellen.
Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.
§. 1566. Es wird unwiderlegbar vermutet, daß die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt.
Es wird unwiderlegbar vermutet, daß die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben.
§. 1567. Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.
Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.
§. 1568. Die Ehe soll nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, daß die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint.
Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Ehegatten länger als fünf Jahre getrennt leben.
II. Unterhalt des geschiedenen Ehegatten
1. Grundsatz
§. 1569. Kann ein Ehegatte nach der Scheidung nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen, so hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den folgenden Vorschriften.
2. Unterhaltsberechtigung
§. 1570. Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
§. 1571. Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit von ihm im Zeitpunkt
1. der Scheidung,
2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder
3. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1572 und 1573
wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann.
§. 1572. Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
1. der Scheidung,
2. der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes,
3. der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder
4. des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
§. 1573. Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.
Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.
§. 1574. Der geschiedene Ehegatte braucht nur eine ihm angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.
Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht; bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind die Dauer der Ehe und die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.
Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist.
§. 1575. Ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen und der erfolgreiche Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist. Der Anspruch besteht längstens für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im allgemeinen abgeschlossen wird; dabei sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen.
Entsprechendes gilt, wenn sich der geschiedene Ehegatte fortbilden oder umschulen läßt, um Nachteile auszugleichen, die durch die Ehe eingetreten sind.
Verlangt der geschiedene Ehegatte nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt nach § 1573, so bleibt bei der Bestimmung der ihm angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs. 2) der erreichte höhere Ausbildungsstand außer Betracht.
§. 1576. Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben.
§. 1577. Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1573, 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann.
Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§ 1578) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht.
Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, daß der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
§. 1578. Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf.
Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.
Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
§. 1579. Ein Unterhaltsanspruch besteht nicht, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, weil
1. die Ehe von kurzer Dauer war; der Ehedauer steht die Zeit gleich, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte,
2. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
3. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat oder
4. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Gründe.
Absatz 1 gilt nicht, solange und soweit von dem Berechtigten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.
§. 1580. Die geschiedenen Ehegatten sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. § 1605 ist entsprechend anzuwenden.
3. Leistungsfähigkeit und Rangfolge
§. 1581. Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.
§. 1582. Bei
Ermittlung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten geht im Falle des § 1581
der geschiedene Ehegatte einem neuen Ehegatten vor, wenn dieser nicht bei
entsprechender Anwendung der §§ 1569 bis 1574, § 1576 und des § 1577 Abs. 1
unterhaltsberechtigt wäre. Hätte der neue Ehegatte nach diesen Vorschriften
einen Unterhaltsanspruch, geht ihm der geschiedene Ehegatte gleichwohl vor,
wenn er nach § 1570 oder nach § 1576 unterhaltsberechtigt ist oder die Ehe mit
dem geschiedenen Ehegatten von langer Dauer war. Der Ehedauer steht die Zeit
gleich, in der ein Ehegatte wegen der Pflege oder Erziehung eines
gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 unterhaltsberechtigt war.
§ 1609 bleibt
im übrigen unberührt.
§. 1583. Lebt
der Verpflichtete im Falle der Wiederheirat mit seinem neuen Ehegatten im
Güterstand der Gütergemeinschaft, so ist § 1604 entsprechend anzuwenden.
§. 1584. Der
unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte haftet vor den Verwandten des
Berechtigten. Soweit jedoch der Verpflichtete nicht leistungsfähig ist, haften
die Verwandten vor dem geschiedenen Ehegatten. § 1607 Abs. 2 ist entsprechend
anzuwenden.
4.
Gestaltung des Unterhaltsanspruchs
§. 1585. Der
laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist
monatlich im voraus zu entrichten. Der Verpflichtete
schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Unterhaltsanspruch im
Laufe des Monats durch Wiederheirat oder Tod des Berechtigten erlischt.
Statt der
Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein
wichtiger Grund vorliegt und der Verpflichtete dadurch nicht unbillig belastet
wird.
§. 1585a.
Der Verpflichtete hat auf Verlangen Sicherheit zu leisten. Die Verpflichtung,
Sicherheit zu leisten, entfällt, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, daß
die Unterhaltsleistung gefährdet ist oder wenn der Verpflichtete durch die
Sicherheitsleistung unbillig belastet würde. Der Betrag, für den Sicherheit zu
leisten ist, soll den einfachen Jahresbetrag der Unterhaltsrente nicht
übersteigen, sofern nicht nach den besonderen Umständen des Falles eine höhere
Sicherheitsleistung angemessen erscheint.
Die Art der
Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den Umständen; die Beschränkung des §
232 gilt nicht.
§. 1585b.
Wegen eines Sonderbedarfs (§ 1613 Abs. 2) kann der Berechtigte Unterhalt für
die Vergangenheit verlangen.
Im übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung
oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an fordern, in der
der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch
rechtshängig geworden ist.
Für eine
mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit kann Erfüllung oder
Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist,
daß der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat.
§. 1585c.
Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung
Vereinbarungen treffen.
5. Ende des
Unterhaltsanspruchs
§. 1586. Der Unterhaltsanspruch
erlischt mit der Wiederheirat oder dem Tod des Berechtigten.
Ansprüche
auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit
bleiben bestehen. Das gleiche gilt für den Anspruch auf den zur Zeit der
Wiederheirat oder des Todes fälligen Monatsbetrag.
§. 1586a.
Geht ein geschiedener Ehegatte eine neue Ehe ein und wird die Ehe wieder
aufgelöst, so kann er von dem früheren Ehegatten Unterhalt nach § 1570
verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe zu pflegen oder zu erziehen
hat. Ist die Pflege oder Erziehung beendet, so kann er Unterhalt nach den §§
1571 bis 1573, 1575 verlangen.
Der
Ehegatte der später aufgelösten Ehe haftet vor dem Ehegatten der früher
aufgelösten Ehe.
§. 1586b.
Mit dem Tod des Verpflichteten geht die Unterhaltspflicht auf den Erben als
Nachlaßverbindlichkeit über. Die Beschränkungen nach § 1581 fallen weg. Der
Erbe haftet jedoch nicht über einen Betrag hinaus, der dem Pflichtteil
entspricht, welcher dem Berechtigten zustände, wenn die Ehe nicht geschieden
worden wäre.
Für die
Berechnung des Pflichtteils bleiben Besonderheiten auf Grund des Güterstandes,
in dem die geschiedenen Ehegatten gelebt haben, außer Betracht.
III.
Versorgungsausgleich
1.
Grundsatz
§. 1587. Zwischen
den geschiedenen Ehegatten findet ein Versorgungsausgleich statt, soweit für
sie oder einen von ihnen in der Ehezeit Anwartschaften oder Aussichten auf eine
Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der in § 1587a
Abs. 2 genannten Art begründet oder aufrechterhalten worden sind. Außer
Betracht bleiben Anwartschaften oder Aussichten, die weder mit Hilfe des
Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten
worden sind.
Als Ehezeit
im Sinne der Vorschriften über den Versorgungsausgleich gilt die Zeit vom
Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, bis zum Ende des
Monats, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht.
Für
Anwartschaften oder Aussichten, über die der Versorgungsausgleich stattfindet, gelten
ausschließlich die nachstehenden Vorschriften; die güterrechtlichen
Vorschriften finden keine Anwendung.
2.
Wertausgleich von Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung
§. 1587a.
Ausgleichspflichtig ist der Ehegatte mit den werthöheren Anwartschaften oder
Aussichten auf eine auszugleichende Versorgung. Dem berechtigten Ehegatten
steht als Ausgleich die Hälfte des Wertunterschiedes zu.
Für die
Ermittlung des Wertunterschiedes sind folgende Werte zugrunde zu legen:
1. Bei
einer Versorgung oder Versorgungsanwartschaft aus einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen ist von dem Betrag
auszugehen, der sich im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags als Versorgung ergäbe. Dabei wird die bis zu diesem Zeitpunkt
zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstzeit um die Zeit bis zur Altersgrenze
erweitert (Gesamtzeit). Maßgebender Wert ist der Teil der Versorgung, der dem
Verhältnis der in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit zu der
Gesamtzeit entspricht. Unfallbedingte Erhöhungen bleiben außer Betracht.
Insofern stehen Dienstbezüge entpflichteter Professoren Versorgungsbezügen
gleich und gelten die beamtenrechtlichen Vorschriften über die ruhegehaltfähige
Dienstzeit entsprechend.
2. Bei
Renten oder Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, die
den gesetzlichen Rentenanpassungen unterliegen, ist der Betrag zugrunde zu
legen, der sich bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags aus den
in die Ehezeit fallenden anrechnungsfähigen Versicherungsjahren als
Altersruhegeld ergäbe; seine Ermittlung richtet sich im einzelnen nach den
Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen.
3. Bei
Leistungen, Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung ist,
a) wenn bei
Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags die Betriebszugehörigkeit
andauert, der Teil der Versorgung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in
die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der
Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen
Altersgrenze entspricht, wobei der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten
einzubeziehen sind; die Versorgung berechnet sich nach dem Betrag, der sich bei
Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze
ergäbe, wenn die Bemessungsgrundlagen im Zeitpunkt des Eintritts der
Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags zugrunde gelegt würden;
b) wenn vor
dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags die
Betriebszugehörigkeit beendet worden ist, der Teil der erworbenen Versorgung
zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit
zu der gesamten Betriebszugehörigkeit entspricht, wobei der
Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten einzubeziehen sind.
Dies gilt
nicht für solche Leistungen oder Anwartschaften auf Leistungen aus einem
Versicherungsverhältnis zu einer zusätzlichen Versorgungseinrichtung des
öffentlichen Dienstes, auf die Nummer 4 Buchstabe c anzuwenden ist. Für
Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung, die im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch nicht
unverfallbar sind, finden die Vorschriften über den schuldrechtlichen
Versorgungsausgleich Anwendung.
4. Bei
sonstigen Renten oder ähnlichen wiederkehrenden Leistungen, die der Versorgung
wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu dienen bestimmt sind, oder
Anwartschaften oder Aussichten hierauf ist,
a) wenn
sich die Rente oder Leistung nach der Dauer einer Anrechnungszeit bemißt, der
Betrag der Versorgungsleistung zugrunde zu legen, der sich aus der in die
Ehezeit fallenden Anrechnungszeit ergäbe, wenn bei Eintritt der
Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags der Versorgungsfall eingetreten wäre;
b) wenn
sich die Rente oder Leistung nicht oder nicht nur nach der Dauer einer
Anrechnungszeit und auch nicht nach Buchstabe d bemißt, der Teilbetrag der
vollen bestimmungsmäßigen Rente oder Leistung zugrunde zu legen, der dem
Verhältnis der in die Ehezeit fallenden, bei der Ermittlung dieser Rente oder
Leistung zu berücksichtigenden Zeit zu deren voraussichtlicher Gesamtdauer bis
zur Erreichung der für das Ruhegehalt maßgeblichen Altersgrenze entspricht;
c) wenn
sich die Rente oder Leistung nach einem Bruchteil entrichteter Beiträge bemißt,
der Betrag zugrunde zu legen, der sich aus den für die Ehezeit entrichteten
Beiträgen ergäbe, wenn bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags
der Versorgungsfall eingetreten wäre;
d) wenn
sich die Rente oder Leistung nach den für die gesetzlichen Rentenversicherungen
geltenden Grundsätzen bemißt, der Teilbetrag der sich bei Eintritt der
Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ergebenden Rente wegen Alters zugrunde
zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Versicherungsjahre zu
den insgesamt zu berücksichtigenden Versicherungsjahren entspricht.
5. Bei
Renten oder Rentenanwartschaften auf Grund eines Versicherungsvertrages, der
zur Versorgung des Versicherten eingegangen wurde, ist,
a) wenn es
sich um eine Versicherung mit einer über den Eintritt der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags hinaus fortbestehenden Prämienzahlungspflicht handelt, von
dem Rentenbetrag auszugehen, der sich nach vorheriger Umwandlung in eine
prämienfreie Versicherung als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn in diesem
Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten wäre. Sind auf die Versicherung
Prämien auch für die Zeit vor der Ehe gezahlt worden, so ist der Rentenbetrag
entsprechend geringer anzusetzen;
b) wenn
eine Prämienzahlungspflicht über den Eintritt der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags hinaus nicht besteht, von dem Rentenbetrag auszugehen, der
sich als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn in diesem Zeitpunkt der
Versicherungsfall eingetreten wäre. Buchstabe a Satz 2 ist anzuwenden.
Bei
Versorgungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung nach
Absatz 2 Nr. 4, deren Wert nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt
wie der Wert der in Absatz 2 Nr. 1 und 2 genannten Anwartschaften, sowie in den
Fällen des Absatzes 2 Nr. 5 gilt folgendes:
1. Werden
die Leistungen aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren
Deckungsrücklage gewährt, ist das Altersruhegeld zugrunde zu legen, das sich
ergäbe, wenn der während der Ehe gebildete Teil des Deckungskapitals oder der
auf diese Zeit entfallende Teil der Deckungsrücklage als Beitrag in der
gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde;
2. werden
die Leistungen nicht oder nicht ausschließlich aus einem Deckungskapital oder
einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist das Altersruhegeld zugrunde
zu legen, das sich ergäbe, wenn ein Barwert der Teilversorgung für den
Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ermittelt
und als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde. Das
Nähere über die Ermittlung des Barwertes bestimmt die Bundesregierung durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates.
Bei
Leistungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung nach Absatz 2 Nr. 3 findet Absatz 3 Nr. 2 Anwendung.
Bemißt sich
die Versorgung nicht nach den in den vorstehenden Absätzen genannten
Bewertungsmaßstäben, so bestimmt das Familiengericht die auszugleichende
Versorgung in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Vorschriften nach billigem
Ermessen.
Stehen
einem Ehegatten mehrere Versorgungsanwartschaften im Sinne von Absatz 2 Nr. 1
zu, so ist für die Wertberechnung von den sich nach Anwendung von
Ruhensvorschriften ergebenden gesamten Versorgungsbezügen und der gesamten in
die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit auszugehen; sinngemäß ist zu
verfahren, wenn die Versorgung wegen einer Rente oder einer ähnlichen wiederkehrenden
Leistung einer Ruhens- oder Anrechnungsvorschrift unterliegen würde.
Für die
Zwecke der Bewertung nach Absatz 2 bleibt außer Betracht, daß eine für die
Versorgung maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit,
Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzungen im Zeitpunkt
des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags noch nicht erfüllt
sind; Absatz 2 Nr. 3 Satz 3 bleibt unberührt. Dies gilt nicht für solche
Zeiten, von denen die Anrechnung beitragsloser Zeiten oder die Rente nach
Mindesteinkommen in den gesetzlichen Rentenversicherungen abhängig ist.
Bei der
Wertberechnung sind die in einer Versorgung, Rente oder Leistung enthaltenen
Zuschläge, die nur auf Grund einer bestehenden Ehe gewährt werden, sowie
Kinderzuschläge und ähnliche familienbezogene Bestandteile auszuscheiden.
§. 1587b.
Hat ein Ehegatte in der Ehezeit Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen
Rentenversicherung im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 2 erworben und übersteigen
diese die Anwartschaften im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 1, 2, die der andere
Ehegatte in der Ehezeit erworben hat, so überträgt das Familiengericht auf
diesen Rentenanwartschaften in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes. Das
Nähere bestimmt sich nach den Vorschriften über die gesetzlichen
Rentenversicherungen.
Hat ein
Ehegatte in der Ehezeit eine Anwartschaft im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 1
gegenüber einer der in § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 des
Angestelltenversicherungsgesetzes genannten Körperschaften oder Verbände
erworben und übersteigt diese Anwartschaft allein oder zusammen mit einer
Rentenanwartschaft im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 2 die Anwartschaften im
Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 1, 2, die der andere Ehegatte in der Ehezeit
erworben hat, so begründet das Familiengericht für diesen Rentenanwartschaften
in einer gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe der Hälfte des nach Anwendung
von Absatz 1 noch verbleibenden Wertunterschiedes. Das Nähere bestimmt sich
nach den Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen.
Soweit der
Ausgleich nicht nach Absatz 1 oder 2 vorzunehmen ist, hat der
ausgleichspflichtige Ehegatte für den Berechtigten als Beiträge zur Begründung
von Anwartschaften auf eine bestimmte Rente in einer gesetzlichen
Rentenversicherung den Betrag zu zahlen, der erforderlich ist, um den
Wertunterschied auszugleichen; dies gilt nur, solange der Berechtigte die
Voraussetzungen für ein Altersruhegeld aus einer gesetzlichen
Rentenversicherung noch nicht erfüllt. Das Nähere bestimmt sich nach den
Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen. Nach Absatz 1 zu
übertragende oder nach Absatz 2 zu begründende Rentenanwartschaften sind in den
Ausgleich einzubeziehen; im Wege der Verrechnung ist nur ein einmaliger
Ausgleich vorzunehmen.
Würde sich die
Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften in den gesetzlichen
Rentenversicherungen voraussichtlich nicht zugunsten des Berechtigten auswirken
oder wäre der Versorgungsausgleich in dieser Form nach den Umständen des Falles
unwirtschaftlich, soll das Familiengericht den Ausgleich auf Antrag einer
Partei in anderer Weise regeln; § 1587o Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
Der
Monatsbetrag der nach Absatz 1 zu übertragenden oder nach Absatz 2, 3 zu
begründenden Rentenanwartschaften in den gesetzlichen Rentenversicherungen darf
zusammen mit dem Monatsbetrag der in den gesetzlichen Rentenversicherungen
bereits begründeten Rentenanwartschaften des ausgleichsberechtigten Ehegatten
den in § 1304a Abs. 1 Satz 4, 5 der Reichsversicherungsordnung, § 83a Abs. 1
Satz 4, 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes bezeichneten Höchstbetrag nicht
übersteigen.
§. 1587c.
Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt,
1. soweit
die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der
beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs
während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung, grob unbillig wäre;
hierbei dürfen Umstände nicht allein deshalb berücksichtigt werden, weil sie
zum Scheitern der Ehe geführt haben;
2. soweit
der Berechtigte in Erwartung der Scheidung oder nach der Scheidung durch
Handeln oder Unterlassen bewirkt hat, daß ihm zustehende Anwartschaften oder
Aussichten auf eine Versorgung, die nach § 1587 Abs. 1 auszugleichen wären,
nicht entstanden oder entfallen sind;
3. soweit
der Berechtigte während der Ehe längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum
Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat.
§. 1587d.
Auf Antrag des Verpflichteten kann das Familiengericht anordnen, daß die
Verpflichtung nach § 1587b Abs. 3 ruht, solange und soweit der Verpflichtete
durch die Zahlung unbillig belastet, insbesondere außerstande gesetzt würde,
sich selbst angemessen zu unterhalten und seinen gesetzlichen
Unterhaltspflichten gegenüber dem geschiedenen Ehegatten und den mit diesem
gleichrangig Berechtigten nachzukommen. Ist der Verpflichtete in der Lage,
Raten zu zahlen, so hat das Gericht ferner die Höhe der dem Verpflichteten
obliegenden Ratenzahlungen festzusetzen.
Das
Familiengericht kann eine rechtskräftige Entscheidung auf Antrag aufheben oder
ändern, wenn sich die Verhältnisse nach der Scheidung wesentlich geändert
haben.
§. 1587e.
Für den Versorgungsausgleich nach § 1587b gilt § 1580 entsprechend.
Mit dem
Tode des Berechtigten erlischt der Ausgleichsanspruch.
Der
Anspruch auf Entrichtung von Beiträgen (§ 1587b Abs. 3) erlischt außerdem,
sobald der schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach § 1587g Abs. 1 Satz 2
verlangt werden kann.
Der
Ausgleichsanspruch erlischt nicht mit dem Tode des Verpflichteten. Er ist gegen
die Erben geltend zu machen.
3.
Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich
§. 1587f.
In den Fällen, in denen
1. die
Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung
mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 1587b Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz nicht
möglich ist,
2. die
Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen
Rentenversicherung mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 1587b Abs. 5
ausgeschlossen ist,
3. der
ausgleichspflichtige Ehegatte die ihm nach § 1587b Abs. 3 Satz 1 erster
Halbsatz auferlegten Zahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften in einer
gesetzlichen Rentenversicherung nicht erbracht hat,
4. in den
Ausgleich Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf Grund solcher
Anwartschaften oder Aussichten einzubeziehen sind, die im Zeitpunkt des
Erlasses der Entscheidung noch nicht unverfallbar waren,
5. das
Familiengericht nach § 1587b Abs. 4 eine Regelung in der Form des
schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs getroffen hat oder die Ehegatten nach §
1587o den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vereinbart haben,
erfolgt
insoweit der Ausgleich auf Antrag eines Ehegatten nach den Vorschriften der §§
1587g bis 1587n (schuldrechtlicher Versorgungsausgleich).
§. 1587g.
Der Ehegatte, dessen auszugleichende Versorgung die des anderen übersteigt, hat
dem anderen Ehegatten als Ausgleich eine Geldrente (Ausgleichsrente) in Höhe
der Hälfte des jeweils übersteigenden Betrags zu entrichten. Die Rente kann
erst dann verlangt werden, wenn beide Ehegatten eine Versorgung erlangt haben
oder wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Versorgung erlangt hat und der
andere Ehegatte wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner
körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine ihm nach Ausbildung-
und Fähigkeiten zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder das
fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat.
Für die
Ermittlung der auszugleichenden Versorgung gilt § 1587a entsprechend. Hat sich
seit Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags der Wert einer
Versorgung oder einer Anwartschaft oder Aussicht auf Versorgung geändert oder
ist eine bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorhandene
Versorgung oder eine Anwartschaft oder Aussicht auf Versorgung weggefallen oder
sind Voraussetzungen einer Versorgung eingetreten, die bei Eintritt der
Rechtshängigkeit gefehlt haben, so ist dies zusätzlich zu berücksichtigen.
§ 1587d
Abs. 2 gilt entsprechend.
§. 1587h.
Ein Ausgleichsanspruch gemäß § 1587g besteht nicht,
1. soweit der
Berechtigte den nach seinen Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt aus
seinen Einkünften und seinem Vermögen bestreiten kann und die Gewährung des
Versorgungsausgleichs für den Verpflichteten bei Berücksichtigung der
beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse eine unbillige Härte bedeuten
würde. § 1577 Abs. 3 gilt entsprechend;
2. soweit
der Berechtigte in Erwartung der Scheidung oder nach der Scheidung durch
Handeln oder Unterlassen bewirkt hat, daß ihm eine Versorgung, die nach § 1587
auszugleichen wäre, nicht gewährt wird;
3. soweit
der Berechtigte während der Ehe längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum
Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat.
§. 1587i.
Der Berechtigte kann vom Verpflichteten in Höhe der laufenden Ausgleichsrente Abtretung
der in den Ausgleich einbezogenen Versorgungsansprüche verlangen, die für den
gleichen Zeitabschnitt fällig geworden sind oder fällig werden.
Der
Wirksamkeit der Abtretung an den Ehegatten gemäß Absatz 1 steht der Ausschluß
der Übertragbarkeit und Pfändbarkeit der Ansprüche nicht entgegen.
§ 1587d
Abs. 2 gilt entsprechend.
§. 1587k.
Für den Ausgleichsanspruch nach § 1587g Abs. 1 Satz 1 gelten die §§ 1580, 1585
Abs. 1 Satz 2, 3 und § 1585b Abs. 2, 3 entsprechend.
Der Anspruch
erlischt mit dem Tod des Berechtigten; § 1586 Abs. 2 gilt entsprechend. Soweit
hiernach der Anspruch erlischt, gehen die nach § 1587i Abs. 1 abgetretenen
Ansprüche auf den Verpflichteten über.
§. 1587l.
Ein Ehegatte kann wegen seiner künftigen Ausgleichsansprüche von dem anderen
eine Abfindung verlangen, wenn dieser hierdurch nicht unbillig belastet wird.
Für die
Höhe der Abfindung ist der nach § 1587g Abs. 2 ermittelte Zeitwert
der beiderseitigen Anwartschaften oder Aussichten auf eine auszugleichende
Versorgung zugrunde zu legen.
Die
Abfindung kann nur in Form der Zahlung von Beiträgen zu einer gesetzlichen
Rentenversicherung oder zu einer privaten Lebens- oder Rentenversicherung
verlangt werden. Wird die Abfindung in Form der Zahlung von Beiträgen zu einer
privaten Lebens- oder Rentenversicherung gewählt, so muß der
Versicherungsvertrag vom Berechtigten auf seine Person für den Fall des Todes
und des Erlebens des fünfundsechzigsten oder eines niedrigeren Lebensjahres
abgeschlossen sein und vorsehen, daß Gewinnanteile zur Erhöhung der
Versicherungsleistungen verwendet werden. Auf Antrag ist dem
Verpflichteten Ratenzahlung zu gestatten, soweit dies nach seinen
wirtschaftlichen Verhältnissen der Billigkeit entspricht.
§. 1587m.
Mit dem Tod des Berechtigten erlischt der Anspruch auf Leistung der Abfindung,
soweit er von dem Verpflichteten noch nicht erfüllt ist.
§. 1587n.
Ist der Berechtigte nach § 1587l abgefunden worden, so hat er sich auf einen
Unterhaltsanspruch gegen den geschiedenen Ehegatten den Betrag anrechnen zu
lassen, den er als Versorgungsausgleich nach § 1587g erhalten würde, wenn die
Abfindung nicht geleistet worden wäre.
4.
Parteivereinbarungen
§. 1587o.
Die Ehegatten können im Zusammenhang mit der Scheidung eine Vereinbarung über
den Ausgleich von Anwartschaften oder Anrechten auf eine Versorgung wegen
Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§ 1587) schließen. Durch die
Vereinbarung können Anwartschaftsrechte in einer gesetzlichen
Rentenversicherung nach § 1587b Abs. 1 oder 2 nicht begründet oder übertragen
werden.
Die
Vereinbarung nach Absatz 1 muß notariell beurkundet werden. § 127a ist
entsprechend anzuwenden. Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung des
Familiengerichts. Die Genehmigung soll nur verweigert werden, wenn unter Einbeziehung
der Unterhaltsregelung und der Vermögensauseinandersetzung offensichtlich die
vereinbarte Leistung nicht zur Sicherung des Berechtigten für den Fall der
Erwerbsunfähigkeit und des Alters geeignet ist oder zu keinem nach Art und Höhe
angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt.
5. Schutz
des Versorgungsschuldners
§. 1587p.
Sind durch die rechtskräftige Entscheidung des Familiengerichts
Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung auf den
berechtigten Ehegatten übertragen worden, so muß dieser eine Leistung an den
verpflichteten Ehegatten gegen sich gelten lassen, die der Schuldner der
Versorgung bis zum Ablauf des Monats an den verpflichteten Ehegatten bewirkt,
der dem Monat folgt, in dem ihm die Entscheidung zugestellt worden ist.
Achter Titel.
Kirchliche Verpflichtungen.
§. 1588. Die kirchlichen Verpflichtungen in Ansehung der Ehe werden
durch die Vorschriften dieses Abschnitts nicht berührt.
Zweiter Abschnitt.
Verwandtschaft.
Erster Titel.
Allgemeine Vorschriften.
§. 1589. Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader
Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von
derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad
der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.
§. 1590. Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten
verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der
Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft.
Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie
begründet wurde, aufgelöst ist.
Zweiter Titel.
Abstammung
I. Eheliche Abstammung
§. 1591. Ein Kind, das nach der Eheschließung geboren wird, ist ehelich,
wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann innerhalb der
Empfängniszeit der Frau beigewohnt hat; dies gilt auch, wenn die Ehe für
nichtig erklärt wird. Das Kind ist nicht ehelich, wenn es den Umständen nach
offenbar unmöglich ist, daß die Frau das Kind von dem Manne empfangen hat.
Es wird vermuthet, daß der Mann innerhalb der Empfängnißzeit der Frau
beigewohnt habe. Soweit die Empfängnißzeit in die Zeit vor der Ehe fällt, gilt
die Vermuthung nur, wenn der Mann gestorben ist, ohne die Ehelichkeit des
Kindes angefochten zu haben.
§. 1592. Als Empfängnißzeit gilt die Zeit von dem
einhunderteinundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage vor dem Tage
der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des einhunderteinundachtzigsten als
des dreihundertundzweiten Tages.
Steht fest, daß das Kind innerhalb eines Zeitraums empfangen worden ist,
der weiter als dreihundertundzwei Tage vor dem Tage der Geburt zurückliegt, so
gilt zu Gunsten der Ehelichkeit des Kindes dieser Zeitraum als Empfängnißzeit.
§. 1593. Die Unehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe oder
innerhalb von dreihundertundzwei Tagen nach Auflösung oder Nichtigerklärung der
Ehe geboren ist, kann nur geltend gemacht werden, wenn die Ehelichkeit
angefochten und die Unehelichkeit rechtskräftig festgestellt ist.
§. 1594. Die Ehelichkeit eines Kindes kann von dem Mann binnen zwei
Jahren angefochten werden.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Mann Kenntnis von den
Umständen erlangt, die für die Unehelichkeit des Kindes sprechen. Sie beginnt
frühestens mit der Geburt des Kindes.
Auf den Lauf der Frist sind die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechend anzuwenden.
§. 1595. Die Anfechtung der Ehelichkeit kann nicht durch einen Vertreter
erfolgen. Ist der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht
der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Für einen geschäftsunfähigen Mann kann sein gesetzlicher Vertreter mit
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehelichkeit anfechten. Hat der
gesetzliche Vertreter die Ehelichkeit nicht rechtzeitig angefochten, so kann
nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit der Mann selbst die Ehelichkeit in
gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.
§. 1595a. Hat der Mann bis zum Tode keine Kenntnis von der Geburt des
Kindes erlangt, so können die Eltern des Mannes die Ehelichkeit anfechten. Nach
dem Tode eines Elternteils steht das Anfechtungsrecht dem überlebenden
Elternteil zu. War der Mann nichtehelich, so steht das Anfechtungsrecht nur
seiner Mutter zu. Die Eltern können die Ehelichkeit nur binnen Jahresfrist
anfechten. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem ein Elternteil Kenntnis
vom Tode des Mannes und der Geburt des Kindes erlangt. Auf den Lauf der Frist
sind die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechend
anzuwenden.
Ist der Mann innerhalb von zwei Jahren seit der Geburt des Kindes
gestorben, ohne die Ehelichkeit des Kindes angefochten zu haben, so ist die
Vorschrift des Absatzes 1 anzuwenden. Das Anfechtungsrecht der Eltern ist
ausgeschlossen, wenn der Mann die Ehelichkeit des Kindes nicht anfechten
wollte.
Die Vorschriften des § 1595 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.
§. 1596. Das Kind kann seine Ehelichkeit anfechten, wenn
1. der Mann gestorben oder für tot erklärt ist, ohne das
Anfechtungsrecht nach § 1594 verloren zu haben,
2. die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt ist oder wenn
die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben und nicht zu erwarten ist, daß
sie die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherstellen,
3. die Mutter den Mann geheiratet hat, der das Kind gezeugt hat,
4. die Anfechtung wegen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandels oder
wegen einer schweren Verfehlung des Mannes gegen das Kind sittlich
gerechtfertigt ist oder
5. die Anfechtung wegen einer schweren Erbkrankheit des Mannes sittlich
gerechtfertigt ist.
In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 kann das Kind seine Ehelichkeit
nur binnen zwei Jahren anfechten. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem
das Kind von den Umständen, die für seine Unehelichkeit sprechen, und von dem
Sachverhalt Kenntnis erlangt, der nach Absatz 1 Nr. 1, 2 oder 3 Voraussetzung
für die Anfechtung ist. Die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§
203, 206 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1597. Ist das Kind minderjährig, so kann der gesetzliche Vertreter
des Kindes die Ehelichkeit mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
anfechten.
Will ein Vormund oder Pfleger die Ehelichkeit anfechten, so soll das
Vormundschaftsgericht die Genehmigung nur erteilen, wenn die Mutter des Kindes
einwilligt. Die Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter erklärt werden.
Ist die Mutter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf sie nicht der
Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Die Einwilligung der Mutter ist nicht
erforderlich, wenn sie geschäftsunfähig oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt
ist, wenn sie die elterliche Gewalt verwirkt hat oder das Unterbleiben der
Anfechtung dem Kinde zu unverhältnismäßigem Nachteile gereichen würde.
Ist das Kind volljährig, so gilt § 1595 entsprechend.
§. 1598. Hat der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Kindes in
den Fällen des § 1596 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 die Ehelichkeit nicht rechtzeitig
angefochten, so kann das Kind, sobald es volljährig geworden ist, seine
Ehelichkeit selbst anfechten; die Anfechtung ist nicht mehr zulässig, wenn seit
dem Eintritt der Volljährigkeit zwei Jahre verstrichen sind.
§. 1599. Der Mann und die Eltern des Mannes fechten die Ehelichkeit des
Kindes durch Klage gegen das Kind, das Kind ficht die Ehelichkeit durch Klage
gegen den Mann an.
Ist das Kind gestorben, so wird die Ehelichkeit durch Antrag beim
Vormundschaftsgericht angefochten. Dasselbe gilt, wenn das Kind nach dem Tode
des Mannes seine Ehelichkeit anficht.
Wird die Klage oder der Antrag zurückgenommen, so ist die Anfechtung der
Ehelichkeit als nicht erfolgt anzusehen.
§. 1600. Wird von einer Frau, die eine zweite Ehe geschlossen hat, ein
Kind geboren, das nach den §§ 1591, 1592 ein eheliches Kind sowohl des ersten
als des zweiten Mannes wäre, so gilt es als eheliches Kind des zweiten Mannes.
Wird die Ehelichkeit des Kindes angefochten und wird rechtskräftig
festgestellt, daß das Kind kein eheliches Kind des zweiten Mannes ist, so gilt es
als eheliches Kind des ersten Mannes.
Soll geltend gemacht werden, daß auch der erste Mann nicht der Vater des
Kindes ist, so beginnt die Anfechtungsfrist frühestens mit der Rechtskraft der
in Absatz 2 bezeichneten Entscheidung.
II. Nichteheliche Abstammung
§. 1600a. Bei nichtehelichen Kindern wird die Vaterschaft durch
Anerkennung oder gerichtliche Entscheidung mit Wirkung für und gegen alle
festgestellt. Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus
dem Gesetz ein anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt dieser Feststellung an
geltend gemacht werden.
§. 1600b. Eine Anerkennung unter einer Bedingung oder einer
Zeitbestimmung ist unwirksam.
Die Anerkennung ist schon vor der Geburt des Kindes zulässig.
Ist die Vaterschaft anerkannt oder rechtskräftig festgestellt, so ist
eine weitere Anerkennung unwirksam.
§. 1600c. Zur Anerkennung ist die Zustimmung des Kindes erforderlich.
Die Zustimmung ist dem Anerkennenden oder dem Standesbeamten gegenüber
zu erklären.
§. 1600d. Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann nur selbst
anerkennen; er bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Für
einen Geschäftsunfähigen kann sein gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts anerkennen.
Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt
ist, kann nur sein gesetzlicher Vertreter der Anerkennung zustimmen. Im übrigen kann ein Kind, das in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt ist, nur selbst zustimmen; es bedarf hierzu der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters.
Anerkennung und Zustimmung können nicht durch einen Bevollmächtigten
erklärt werden.
§. 1600e. Die Anerkennungserklärung und die Zustimmungserklärung des
Kindes müssen öffentlich beurkundet werden. Die Zustimmung des gesetzlichen
Vertreters zu einer solchen Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form
abzugeben.
Beglaubigte Abschriften der Anerkennungserklärung sind außer dem
Standesbeamten auch dem Kind und der Mutter des Kindes zu übersenden.
Die Zustimmung des Kindes und seines gesetzlichen Vertreters sowie die
Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Anerkennenden können bis zum Ablauf
von sechs Monaten seit der Beurkundung der Anerkennungserklärung erteilt
werden. Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes.
§. 1600f. Die Anerkennung ist nur dann unwirksam, wenn sie den
Erfordernissen der vorstehenden Vorschriften nicht genügt oder wenn sie
angefochten und rechtskräftig festgestellt ist, daß der Mann nicht der Vater
des Kindes ist.
Sind seit der Eintragung in ein deutsches Personenstandsbuch fünf Jahre
verstrichen, so kann nicht mehr geltend gemacht werden, daß die Erfordernisse
der vorstehenden Vorschriften nicht vorgelegen haben.
§. 1600g. Berechtigt, die Anerkennung anzufechten, sind der Mann, der
die Vaterschaft anerkannt hat, die Mutter und das Kind.
Ist der Mann innerhalb eines Jahres seit dem Wirksamwerden der
Anerkennung gestorben, ohne die Anerkennung angefochten zu haben, so können die
Eltern des Mannes anfechten. § 1595a Abs. 1 Satz 2, 3, Abs. 2 Satz 2 gilt
entsprechend.
§. 1600h. Der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, seine Eltern und
die Mutter des Kindes können die Anerkennung binnen Jahresfrist anfechten.
Für den Mann beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem ihm die
Umstände, die gegen die Vaterschaft sprechen, bekannt geworden sind. Leidet die
Anerkennungserklärung unter einem Willensmangel nach § 119 Abs. 1, § 123, so
endet die Frist nicht, solange nach den §§ 121, 124, 144 ein Anfechtungsrecht
bestehen würde.
Für die Eltern des Mannes beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem
einem Elternteil der Tod des Mannes und die Anerkennung bekannt geworden sind.
Für die Mutter des Kindes beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem
ihr die Anerkennung bekannt geworden ist.
Die Fristen beginnen nicht vor der Geburt des Kindes und nicht, bevor
die Anerkennung wirksam geworden ist.
Auf den Lauf der Fristen sind die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechend anzuwenden.
§. 1600i. Das Kind kann binnen zwei Jahren anfechten, nachdem ihm die
Anerkennung und die Umstände bekannt geworden sind, die gegen die Vaterschaft
sprechen.
Hat die Mutter des Kindes den Mann geheiratet, der das Kind anerkannt
hat, und ist die Anerkennung im Zusammenhang mit der Eheschließung oder nach
der Eheschließung erfolgt, so kann das Kind, falls die Ehe geschieden,
aufgehoben oder für nichtig erklärt ist, noch binnen zwei Jahren, nachdem ihm
die Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung bekannt geworden ist, anfechten.
Dies gilt entsprechend, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben und
nicht zu erwarten ist, daß sie die eheliche Lebensgemeinschaft
wiederherstellen.
Hat die Mutter einen anderen Mann geheiratet und hat dieser das Kind
gezeugt, so kann das Kind noch binnen zwei Jahren, nachdem ihm dies bekannt
geworden ist, anfechten.
§ 1600h Abs. 5, 6 gilt entsprechend.
Die Anfechtung ist auch nach Ablauf der Frist zulässig, wenn sie wegen
einer schweren Verfehlung des Mannes gegen das Kind, wegen ehrlosen oder unsittlichen
Lebenswandels oder einer schweren Erbkrankheit des Mannes sittlich
gerechtfertigt ist.
§. 1600k. Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann die
Anerkennung nur selbst anfechten; er bedarf hierzu nicht der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters. Für ein in der Geschäftsfähigkeit beschränktes
minderjähriges Kind kann nur der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts anfechten.
Für einen Geschäftsunfähigen kann sein gesetzlicher Vertreter mit
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Anerkennung anfechten.
Will der Vormund oder Pfleger eines minderjährigen Kindes die
Anerkennung anfechten, nachdem die Mutter des Kindes den Mann geheiratet hat,
der das Kind anerkannt hat, so gilt § 1597 Abs. 3 entsprechend.
Hat der gesetzliche Vertreter eines Geschäftsunfähigen die Anerkennung
nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfall der
Geschäftsunfähigkeit der Anfechtungsberechtigte selbst die Anerkennung in
gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre;
dies gilt nicht für das Anfechtungsrecht der Eltern des Mannes, der das Kind
anerkannt hat. Hat der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Kindes die
Anerkennung nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind selbst innerhalb von
zwei Jahren seit dem Eintritt der Volljährigkeit die Anerkennung anfechten.
§. 1600l. Der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, ficht die
Anerkennung durch Klage gegen das Kind, das Kind und die Mutter des Kindes
fechten die Anerkennung durch Klage gegen den Mann an.
Ist der Mann oder das Kind gestorben, so wird die Anerkennung durch
Antrag beim Vormundschaftsgericht angefochten; jedoch fechten die Eltern des
Mannes bei Lebzeiten des Kindes die Anerkennung durch Klage gegen das Kind an.
Wird die Klage oder der Antrag zurückgenommen, so ist die Anfechtung als
nicht erfolgt anzusehen.
§. 1600m. In dem Verfahren über die Anfechtung der Anerkennung wird
vermutet, daß das Kind von dem Manne gezeugt ist, der die Vaterschaft anerkannt
hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn der Mann die Anerkennung anficht und seine
Anerkennungserklärung unter einem Willensmangel nach § 119 Abs. 1, 123 leidet;
in diesem Falle ist § 1600o Abs. 2 Satz 1 und 2 entsprechend anzuwenden. Die
Empfängniszeit bestimmt sich nach § 1592.
§. 1600n. Ist die Vaterschaft nicht anerkannt, so ist sie auf Klage des
Kindes oder des Mannes, der das Kind gezeugt hat, gerichtlich festzustellen.
Nach dem Tode des Mannes ist die Vaterschaft auf Antrag des Kindes, nach
dem Tode des Kindes auf Antrag der Mutter vom Vormundschaftsgericht
festzustellen.
§. 1600o. Als Vater ist der Mann festzustellen, der das Kind gezeugt
hat.
Es wird vermutet, daß das Kind von dem Manne gezeugt ist, welcher der
Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht,
wenn nach Würdigung aller Umstände schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft
verbleiben. Die Empfängniszeit bestimmt sich nach § 1592.
Dritter Titel.
Unterhaltspflicht.
I. Allgemeine Vorschriften
§. 1601. Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander
Unterhalt zu gewähren.
§. 1602. Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außer Stande ist, sich selbst
zu unterhalten.
Ein minderjähriges unverheirathetes Kind kann von seinen Eltern, auch
wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die
Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalte nicht
ausreichen.
§. 1603. Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner
sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen
Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.
Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen
unverheiratheten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu
ihrem und der Kinder Unterhalte gleichmäßig zu verwenden. Diese Verpflichtung
tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden
ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kinde, dessen Unterhalt aus dem
Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.
§. 1604. Besteht zwischen Ehegatten Gütergemeinschaft, so bestimmt sich
die Unterhaltspflicht des Mannes oder der Frau Verwandten gegenüber so, wie
wenn das Gesamtgut dem unterhaltspflichtigen Ehegatten gehörte. Sind bedürftige
Verwandte beider Ehegatten vorhanden, so ist der Unterhalt aus dem Gesamtgut so
zu gewähren, wie wenn die Bedürftigen zu beiden Ehegatten in dem
Verwandtschaftsverhältnis ständen, auf dem die Unterhaltspflicht des
verpflichteten Ehegatten beruht.
§. 1605. Verwandte
in gerader Linie sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte
und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines
Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Über
die Höhe der Einkünfte sind auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen
des Arbeitgebers, vorzulegen. Die §§ 260, 261 sind entsprechend anzuwenden.
Vor Ablauf
von zwei Jahren kann Auskunft erneut nur verlangt werden, wenn glaubhaft
gemacht wird, daß der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte
oder weiteres Vermögen erworben hat.
§. 1606. Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie
unterhaltspflichtig.
Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie
haften die näheren vor den entfernteren.
Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig
nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Die Mutter erfüllt ihre
Verpflichtung, zum Unterhalt eines minderjährigen unverheirateten Kindes
beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes.
§. 1607. Soweit ein Verwandter auf Grund des §. 1603 nicht
unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu
gewähren.
Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland
ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen
Verwandten geht, soweit ein anderer Verwandter den Unterhalt gewährt, auf
diesen über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Unterhaltsberechtigten
geltend gemacht werden.
§. 1608. Der Ehegatte des Bedürftigen haftet vor dessen Verwandten.
Soweit jedoch der Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen
Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen
Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, haften die Verwandten vor dem Ehegatten.
Die Vorschriften des §. 1607 Abs. 2 finden
entsprechende Anwendung.
§. 1609. Sind mehrere Bedürftige vorhanden und ist der
Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, so gehen die
minderjährigen unverheirateten Kinder den anderen Kindern, die Kinder den
übrigen Abkömmlingen, die Abkömmlinge den Verwandten der aufsteigenden Linie,
unter den Verwandten der aufsteigenden Linie die näheren den entfernteren vor.
Der Ehegatte steht den minderjährigen unverheiratheten Kindern gleich;
er geht anderen Kindern und den übrigen Verwandten vor. Ist die Ehe geschieden
oder aufgehoben, so geht der unterhaltsberechtigte Ehegatte den volljährigen
oder verheirateten Kindern sowie den übrigen Verwandten des Unterhaltspflichtigen
vor.
§. 1610. Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der
Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).
Der
Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer
angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen
Person auch die Kosten der Erziehung.
Verlangt
ein eheliches Kind, das in den Haushalt eines geschiedenen Elternteils
aufgenommen ist, von dem anderen Elternteil Unterhalt, so gilt als Bedarf des
Kindes bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres mindestens der für ein
nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe festgesetzte Regelbedarf.
Satz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn die Eltern nicht nur vorübergehend
getrennt leben oder ihre Ehe für nichtig erklärt worden ist.
§. 1611. Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden
bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem
Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer
schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen
Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der
Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der
Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die
Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von
Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern nicht anzuwenden.
Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden
Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch
nehmen.
§. 1612. Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu
gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, daß ihm die Gewährung des
Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es
rechtfertigen.
Haben Eltern einem unverheirateten Kinde Unterhalt zu gewähren, so
können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im voraus
der Unterhalt gewährt werden soll. Aus besonderen Gründen kann das
Vormundschaftsgericht auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern ändern.
Ist das Kind minderjährig, so kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person
des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das
Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.
Eine Geldrente ist monatlich im voraus zu
zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der
Berechtigte im Laufe des Monats stirbt.
§. 1612a. Ist die Höhe der für einen Minderjährigen als Unterhalt zu
entrichtenden Geldrente in einer gerichtlichen Entscheidung, einer Vereinbarung
oder einer Verpflichtungsurkunde festgelegt, so kann der Berechtigte oder der
Verpflichtete verlangen, daß der zu entrichtende Unterhalt gemäß den
Vorschriften des Absatzes 2 der allgemeinen Entwicklung der wirtschaftlichen
Verhältnisse angepaßt wird. Die Anpassung kann nicht verlangt werden, wenn und
soweit bei der Festlegung der Höhe des Unterhalts eine Änderung der Geldrente
ausgeschlossen worden oder ihre Anpassung an Veränderungen der wirtschaftlichen
Verhältnisse auf andere Weise geregelt ist.
Ist infolge erheblicher Änderungen der allgemeinen wirtschaftlichen
Verhältnisse eine Anpassung der Unterhaltsrenten erforderlich, so bestimmt die
Bundesregierung nach Maßgabe der allgemeinen Entwicklung, insbesondere der
Entwicklung der Verdienste und des Lebensbedarfs, durch Rechtsverordnung
(Anpassungsverordnung) den Vomhundertsatz, um den Unterhaltsrenten zu erhöhen
oder herabzusetzen sind. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates.
Die Anpassung kann nicht für einen früheren Zeitpunkt als den Beginn des
vierten auf das Inkrafttreten der Anpassungsverordnung folgenden Kalendermonats
verlangt werden. Sie wird mit der Erklärung wirksam; dies gilt nicht, wenn sich
die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung aus einem Schuldtitel ergibt, aus dem
die Zwangsvollstreckung stattfindet.
Der Unterhaltsbetrag, der sich bei der Anpassung ergibt, ist auf volle
Deutsche Mark abzurunden, und zwar bei Beträgen unter fünfzig Pfennig nach unten,
sonst nach oben.
Von der in einer Anpassungsverordnung vorgesehenen Anpassung sind
diejenigen Unterhaltsrenten ausgeschlossen, die in den letzten zwölf Monaten
vor dem Wirksamwerden der Anpassung festgesetzt, bestätigt oder geändert worden
sind.
Das Recht des Berechtigten und des Verpflichteten, auf Grund allgemeiner
Vorschriften eine Änderung des Unterhalts zu verlangen, bleibt unberührt.
§. 1613. Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder
Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von der Zeit an fordern, zu welcher der
Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig
geworden ist.
Wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf)
kann der Berechtigte Erfüllung für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des
Absatzes 1 verlangen. Der Anspruch kann jedoch nach Ablauf eines Jahres seit
seiner Entstehung nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in
Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist.
§. 1614. Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.
Durch eine Vorausleistung wird der Verpflichtete bei erneuter
Bedürftigkeit des Berechtigten nur für den im §. 760 Abs. 2 bestimmten
Zeitabschnitt oder, wenn er selbst den Zeitabschnitt zu bestimmen hatte, für
einen den Umständen nach angemessenen Zeitabschnitt befreit.
§. 1615. Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten
oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz
wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im voraus zu
bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten
oder des Verpflichteten fällig sind.
Im Falle des Todes des Berechtigten hat der Verpflichtete die Kosten der
Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen
ist.
II. Besondere Vorschriften für das nichteheliche Kind und seine Mutter
§. 1615a. Für die Unterhaltspflicht gegenüber nichtehelichen Kindern
gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit sich nicht aus den folgenden Bestimmungen
ein anderes ergibt.
§. 1615b. Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater geht, soweit
an Stelle des Vaters ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter oder der
Ehemann der Mutter dem Kinde Unterhalt gewährt, auf diesen über. Der Übergang kann
nicht zum Nachteile des Kindes geltend gemacht werden.
Absatz 1 gilt entsprechend, wenn ein Dritter als Vater dem Kinde
Unterhalt gewährt.
§. 1615c. Bei der Bemessung des Unterhalts ist, solange das Kind noch
keine selbständige Lebensstellung erlangt hat, die Lebensstellung beider Eltern
zu berücksichtigen.
§. 1615d. Das Kind kann von seinem Vater Unterhaltsbeträge, die fällig
geworden sind, bevor die Vaterschaft anerkannt oder rechtskräftig festgestellt
war, auch für die Vergangenheit verlangen.
§. 1615e. Das Kind kann mit dem Vater sowie mit den Verwandten des
Vaters eine Vereinbarung über den Unterhalt für die Zukunft oder über eine an
Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung treffen; das gleiche gilt für
Unterhaltsansprüche des Vaters und seiner Verwandten gegen das Kind. Ein
unentgeltlicher Verzicht auf den Unterhalt für die Zukunft ist nichtig.
Die Vereinbarung bedarf, wenn der Berechtigte nicht voll geschäftsfähig
ist, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Ein Abfindungsvertrag, der zwischen dem Kinde und dem Vater geschlossen
wird, erstreckt sich im Zweifel auch auf die Unterhaltsansprüche des Kindes
gegen die Verwandten des Vaters.
Diese Vorschriften gelten für die Unterhaltsansprüche der Abkömmlinge
des Kindes entsprechend.
§. 1615f. Bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres hat der Vater
dem Kinde mindestens den Regelunterhalt zu zahlen; dies gilt nicht, solange das
Kind in den väterlichen Haushalt aufgenommen ist. Regelunterhalt ist der zum
Unterhalt eines Kindes, das sich in der Pflege seiner Mutter befindet, bei
einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderliche Betrag (Regelbedarf),
vermindert um die nach § 1615g anzurechnenden Beträge. § 1612 Abs. 1 Satz 2 ist
auf den Regelunterhalt nicht anzuwenden.
Der Regelbedarf wird von der Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrates durch Rechtsverordnung festgesetzt. Er kann nach dem Alter des
Kindes und nach den örtlichen Unterschieden in den Lebenshaltungskosten
abgestuft werden.
§. 1615g. Das auf das Kind entfallende Kindergeld, Kinderzuschläge und
ähnliche regelmäßige wiederkehrende Geldleistungen, die einem anderen als dem
Vater zustehen, sind auf den Regelbedarf zur Hälfte
anzurechnen. Kindergeld ist jedoch nur dann anzurechnen, wenn auch der Vater
die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ihm aber Kindergeld nicht gewährt wird,
weil ein anderer vorrangig berechtigt ist. Leistungen, die wegen Krankheit oder
Arbeitslosigkeit gewährt werden, sind nicht anzurechnen.
Eine Leistung, die zwar dem Vater zusteht, aber einem anderen ausgezahlt
wird, ist in voller Höhe anzurechnen.
Waisenrenten, die dem Kinde zustehen, sind nicht anzurechnen.
Das Nähere wird von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates
durch Rechtsverordnung bestimmt.
§. 1615h. Übersteigt der Regelunterhalt wesentlich den Betrag, den der
Vater dem Kinde ohne Berücksichtigung der Vorschriften über den Regelunterhalt
leisten müßte, so kann er verlangen, daß der zu leistende Unterhalt auf diesen
Betrag herabgesetzt wird. Vorübergehende Umstände können nicht zu einer
Herabsetzung führen. § 1612 Abs. 1 Satz 2 bleibt auch in diesem Falle
unanwendbar.
Die Herabsetzung des Unterhalts unter den Regelunterhalt läßt die
Verpflichtung des Vaters, dem Kinde wegen Sonderbedarfs Unterhalt zu leisten,
unberührt.
§. 1615i. Rückständige Unterhaltsbeträge, die fällig geworden sind,
bevor der Vater die Vaterschaft anerkannt hat oder durch gerichtliche
Entscheidung zur Leistung von Unterhalt verpflichtet worden ist, können auf
Antrag des Vaters gestundet werden, soweit dies der Billigkeit entspricht.
Rückständige Unterhaltsbeträge, die länger als ein Jahr vor Anerkennung
der Vaterschaft oder Erhebung der Klage auf Feststellung der Vaterschaft fällig
geworden sind, können auf Antrag des Vaters erlassen werden, soweit dies zur
Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Der Erlaß ist ausgeschlossen,
soweit unbillige Härten durch Herabsetzung des Unterhalts unter den
Regelunterhalt für die Vergangenheit oder durch Stundung vermieden werden
können.
Hat ein Dritter an Stelle des Vaters Unterhalt gewährt und verlangt der
Dritte vom Vater Ersatz, so gelten die vorstehenden Vorschriften entsprechend.
Die Bedürfnisse und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Dritten sind mit zu
berücksichtigen.
§. 1615k. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der
Entbindung und, falls infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung weitere
Aufwendungen notwendig werden, auch die dadurch entstehenden Kosten zu
erstatten. Dies gilt nicht für Kosten, die durch Leistungen des Arbeitgebers
oder durch Versicherungsleistungen gedeckt werden.
Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung beginnt, soweit sie
nicht gehemmt oder unterbrochen ist, mit dem Schluß des auf die Entbindung
folgenden Jahres.
§. 1615l. Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor
und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren.
Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie
infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die
Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater
verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu
gewähren. Das gleiche gilt, wenn die Mutter nicht oder nur beschränkt
erwerbstätig ist, weil das Kind anderenfalls nicht versorgt werden könnte. Die
Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Entbindung; sie endet
spätestens ein Jahr nach der Entbindung.
Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind
entsprechend anzuwenden. Die Verpflichtung des Vaters geht der Verpflichtung
der Verwandten der Mutter vor. Die Ehefrau und minderjährige unverheiratete
Kinder des Vaters gehen bei Anwendung des § 1609 der Mutter vor; die Mutter
geht den übrigen Verwandten des Vaters vor. § 1613 Abs. 2, § 1615d und § 1615i
Abs. 1, 3 gelten entsprechend. Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tode des
Vaters.
Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung beginnt, soweit sie
nicht gehemmt oder unterbrochen ist, mit dem Schluß des auf die Entbindung
folgenden Jahres.
§. 1615m. Stirbt die Mutter infolge der Schwangerschaft oder der
Entbindung, so hat der Vater die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre
Bezahlung nicht von dem Erben der Mutter zu erlangen ist.
§. 1615n. Die Ansprüche nach den §§ 1615k bis 1615m bestehen auch dann, wenn
der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder wenn das Kind tot geboren
ist. Bei einer Fehlgeburt gelten die Vorschriften der §§ 1615k bis 1615m
sinngemäß.
§. 1615o. Auf Antrag des Kindes kann durch einstweilige Verfügung
angeordnet werden, daß der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat oder der
nach § 1600o als Vater vermutet wird, den für die ersten drei Monate dem Kinde
zu gewährenden Unterhalt zu zahlen hat. Der Antrag kann bereits vor der Geburt
des Kindes durch die Mutter oder einen für die Leibesfrucht bestellten Pfleger
gestellt werden; in diesem Falle kann angeordnet werden, daß der erforderliche
Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu hinterlegen ist.
Auf Antrag der Mutter kann durch einstweilige Verfügung angeordnet
werden, daß der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat oder der nach § 1600o
als Vater vermutet wird, die nach den §§ 1615k, 1615l voraussichtlich zu
leistenden Beträge an die Mutter zu zahlen hat; auch kann die Hinterlegung
eines angemessenen Betrages angeordnet werden.
Eine Gefährdung des Anspruchs braucht nicht glaubhaft gemacht zu werden.
Vierter Titel
Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und dem Kinde im allgemeinen
§. 1616. Das
eheliche Kind erhält den Ehenamen seiner Eltern.
§. 1617. Das nichteheliche
Kind erhält den Familiennamen, den die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes
führt. Als Familienname gilt nicht der gemäß § 1355 Abs. 3 dem Ehenamen
vorangestellte Name.
Eine
Änderung des Familiennamens der Mutter erstreckt sich auf den Geburtsnamen des
Kindes, welches das fünfte Lebensjahr vollendet hat, nur dann, wenn es sich der
Namensänderung anschließt. Ein in der Geschäftsfähigkeit beschränktes Kind,
welches das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, kann die Erklärung nur selbst
abgeben; es bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Die
Erklärung ist gegenüber dem Standesbeamten abzugeben; sie muß öffentlich
beglaubigt werden.
Eine
Änderung des Familiennamens der Mutter infolge Eheschließung erstreckt sich
nicht auf das Kind.
Ist der
frühere Geburtsname zum Ehenamen des Kindes geworden, so erstreckt sich die
Namensänderung auf den Ehenamen nur dann, wenn die Ehegatten die Erklärung nach
Absatz 2 Satz 1 und 3 gemeinsam abgeben. Für den Namen von Abkömmlingen des
Kindes gelten Absatz 2 und Absatz 4 Satz 1 entsprechend.
§. 1618. Die
Mutter und deren Ehemann können dem Kinde, das einen Namen nach § 1617 führt
und eine Ehe noch nicht eingegangen ist, ihren Ehenamen, der Vater des Kindes
seinen Familiennamen durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten erteilen. Als
Familienname gilt nicht der gemäß § 1355 Abs. 3 dem Ehenamen vorangestellte
Name. Die Erteilung des Namens bedarf der Einwilligung des Kindes und, wenn der
Vater dem Kinde seinen Familiennamen erteilt, auch der Einwilligung der Mutter.
Ein in der
Geschäftsfähigkeit beschränktes Kind, welches das vierzehnte Lebensjahr
vollendet hat, kann seine Einwilligung nur selbst erteilen. Es bedarf hierzu
der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Die
Erklärungen nach Absatz 1 und 2 müssen öffentlich beglaubigt werden.
Ändert sich
der Familienname des Vaters, so gilt § 1617 Abs. 2 bis 4 entsprechend.
§. 1618a. Eltern und Kinder sind einander Beistand
und Rücksicht schuldig.
§. 1619. Das Kind ist, solange es dem elterlichen Hausstand angehört und
von den Eltern erzogen oder unterhalten wird, verpflichtet, in einer seinen
Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem
Hauswesen und Geschäfte Dienste zu leisten.
§. 1620. Macht ein dem elterlichen Hausstand angehörendes volljähriges
Kind zur Bestreitung der Kosten des Haushalts aus seinem Vermögen eine
Aufwendung oder überläßt es den Eltern zu diesem Zwecke etwas aus seinem
Vermögen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, Ersatz zu
verlangen.
§. 1621. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1622. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1623. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1624. Was einem Kinde mit Rücksicht auf seine Verheirathung oder auf
die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur
Erhaltung der Wirthschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter
zugewendet wird (Ausstattung), gilt, auch wenn eine Verpflichtung nicht
besteht, nur insoweit als Schenkung, als die Ausstattung das den Umständen,
insbesondere den Vermögensverhältnissen des Vaters oder der Mutter,
entsprechende Maß übersteigt.
Die Verpflichtung des Ausstattenden zur Gewährleistung wegen eines
Mangels im Rechte oder wegen eines Fehlers der Sache bestimmt sich, auch soweit
die Ausstattung nicht als Schenkung gilt, nach den für die
Gewährleistungspflicht des Schenkers geltenden Vorschriften.
§. 1625. Gewährt der Vater einem Kinde, dessen Vermögen seiner
elterlichen oder vormundschaftlichen Verwaltung unterliegt, eine Ausstattung,
so ist im Zweifel anzunehmen, daß er sie aus diesem Vermögen gewährt. Diese
Vorschrift findet auf die Mutter entsprechende Anwendung.
II. Elterliche Gewalt.
§. 1626. Der Vater und die Mutter haben das
Recht und die Pflicht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge).
Die elterliche Sorge umfaßt die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge)
und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).
Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die
Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu
selbständigem verantwortungsbewußtem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind,
soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen
Sorge und streben Einvernehmen an.
§. 1627. Die Eltern haben die elterliche Gewalt in eigener Verantwortung
und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben. Bei
Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen.
§. 1628. Können sich die Eltern in einer
einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der
elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist,
nicht einigen, so kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag eines Elternteils
die Entscheidung einem Elternteil übertragen, sofern dies dem Wohle des Kindes
entspricht. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden
werden.
Vor der Entscheidung soll das Vormundschaftsgericht
darauf hinwirken, daß sich die Eltern auf eine dem Wohl des Kindes
entsprechende Regelung einigen.
§. 1629. Die elterliche Sorge umfaßt die
Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so
genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind
allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung
nach § 1628 Abs. 1 übertragen ist.
§. 1630. Die elterliche Sorge erstreckt
sich nicht auf Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist.
Steht die Personensorge oder die Vermögenssorge
einem Pfleger zu, so entscheidet das Vormundschaftsgericht, falls sich die
Eltern und der Pfleger in einer Angelegenheit nicht einigen können, die sowohl
die Person als auch das Vermögen des Kindes betrifft.
Geben die Eltern das Kind für längere Zeit in
Familienpflege, so kann auf ihren Antrag das Vormundschaftsgericht
Angelegenheiten der elterlichen Sorge auf die Pflegeperson übertragen. Soweit
das Vormundschaftsgericht eine Übertragung vornimmt, hat die Pflegeperson die
Rechte und Pflichten eines Pflegers.
§. 1631. Die Personensorge umfaßt insbesondere
das Recht und die Pflicht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen
und seinen Aufenthalt zu bestimmen.
Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind unzulässig.
Das Vormundschaftsgericht hat die Eltern auf Antrag
bei der Ausübung der Personensorge in geeigneten Fällen zu unterstützen.
§. 1631a. In Angelegenheiten der Ausbildung und des
Berufes nehmen die Eltern insbesondere auf Eignung und Neigung des Kindes
Rücksicht. Bestehen Zweifel, so soll der Rat eines Lehrers oder einer anderen
geeigneten Person eingeholt werden.
Nehmen die Eltern offensichtlich keine Rücksicht
auf Eignung und Neigung des Kindes und wird dadurch die Besorgnis begründet,
daß die Entwicklung des Kindes nachhaltig und schwer beeinträchtigt wird, so
entscheidet das Vormundschaftsgericht. Das Gericht kann erforderliche
Erklärungen der Eltern oder eines Elternteils ersetzen.
§. 1631b. Eine Unterbringung des Kindes, die mit
Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur
zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist
unverzüglich nachzuholen. Das Gericht hat die Genehmigung zurückzunehmen, wenn
das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr erfordert.
§. 1632. Die Personensorge umfaßt das Recht, die
Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem
Elternteil widerrechtlich vorenthält.
Die Personensorge umfaßt ferner das Recht, den
Umgang des Kindes auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen.
Über Streitigkeiten, die eine Angelegenheit nach
Absatz 1 oder 2 betreffen, entscheidet das Vormundschaftsgericht auf Antrag
eines Elternteils; verlangt ein Elternteil die Herausgabe des Kindes von dem
anderen Elternteil, so entscheidet hierüber das Familiengericht.
Lebt das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege
und wollen die Eltern das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das
Vormundschaftsgericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen,
daß das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange für eine solche
Anordnung die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 Satz 1 insbesondere im Hinblick
auf Anlaß oder Dauer der Familienpflege gegeben sind.
§. 1633. Die Personensorge für einen Minderjährigen, der
verheiratet ist oder war, beschränkt sich auf die Vertretung in den
persönlichen Angelegenheiten.
§. 1634. Ein Elternteil, dem die Personensorge
nicht zusteht, behält die Befugnis zum persönlichen Umgang mit dem Kinde. Der
Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht, und der
Personensorgeberechtigte haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des
Kindes zum anderen beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.
Das Familiengericht kann über den Umfang der
Befugnis entscheiden und ihre Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln;
soweit es keine Bestimmung trifft, übt während der Dauer des Umgangs der nicht
personensorgeberechtigte Elternteil das Recht nach § 1632 Abs. 2 aus. Das
Familiengericht kann die Befugnis einschränken oder ausschließen, wenn dies zum
Wohle des Kindes erforderlich ist.
Ein Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht,
kann bei berechtigtem Interesse vom
Personensorgeberechtigten Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des
Kindes verlangen, soweit ihre Erteilung mit dem Wohle des Kindes vereinbar ist.
Über Streitigkeiten, die das Recht auf Auskunft betreffen, entscheidet das
Vormundschaftsgericht.
Steht beiden Eltern die Personensorge zu und leben
sie nicht nur vorübergehend getrennt, so gelten die vorstehenden Vorschriften
entsprechend.
§. 1635. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1636. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1637. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1638. Die Vermögenssorge erstreckt
sich nicht auf das Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt oder
welches ihm unter Lebenden unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser
durch letztwillige Verfügung, der Zuwendende bei der Zuwendung bestimmt hat,
daß die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen.
Was das Kind auf Grund eines zu einem solchen Vermögen gehörenden
Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines
zu dem Vermögen gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt,
das sich auf das Vermögen bezieht, können die Eltern gleichfalls nicht
verwalten.
Ist durch letztwillige Verfügung oder bei der Zuwendung bestimmt, daß
ein Elternteil das Vermögen nicht verwalten soll, so verwaltet es der andere
Elternteil. Insoweit vertritt dieser das Kind.
§. 1639. Was das Kind von Todes wegen erwirbt oder was ihm unter
Lebenden unentgeltlich zugewendet wird, haben die Eltern nach den Anordnungen
zu verwalten, die durch letztwillige Verfügung oder bei der Zuwendung getroffen
worden sind. Kommen die Eltern den Anordnungen nicht nach, so hat das
Vormundschaftsgericht die erforderlichen Maßregeln zu treffen.
Die Eltern dürfen von den Anordnungen insoweit abweichen, als es nach §
1803 Abs. 2, 3 einem Vormunde gestattet ist.
§. 1640. Die Eltern haben das ihrer Verwaltung
unterliegende Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt, zu
verzeichnen, das Verzeichnis mit der Versicherung der Richtigkeit und
Vollständigkeit zu versehen und dem Vormundschaftsgericht einzureichen.
Gleiches gilt für Vermögen, welches das Kind sonst anläßlich eines Sterbefalles
erwirbt, sowie für Abfindungen, die anstelle von Unterhalt gewährt werden, und
unentgeltliche Zuwendungen. Bei Haushaltsgegenständen genügt die Angabe des
Gesamtwertes.
Absatz 1 gilt nicht,
1. wenn der Wert eines Vermögenserwerbes 10000
Deutsche Mark nicht übersteigt oder
2. soweit der Erblasser durch letztwillige
Verfügung oder der Zuwendende bei der Zuwendung eine abweichende Anordnung
getroffen hat.
Reichen die Eltern entgegen Absatz 1, 2 ein
Verzeichnis nicht ein oder ist das eingereichte Verzeichnis ungenügend, so kann
das Vormundschaftsgericht anordnen, daß das Verzeichnis durch eine zuständige
Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Verspricht eine Anordnung nach Absatz 3 keinen
Erfolg, so kann das Vormundschaftsgericht dem Elternteil, der die ihm gemäß
Absatz 1, 2 obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt hat, die Vermögenssorge
entziehen.
§. 1641. Die Eltern können nicht in Vertretung des Kindes Schenkungen
machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder
einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§. 1642. Die Eltern haben das ihrer Verwaltung
unterliegende Geld des Kindes nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen
Vermögensverwaltung anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben
bereitzuhalten ist.
§. 1643. Zu Rechtsgeschäften für das Kind
bedürfen die Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts in den Fällen,
in denen nach § 1821 und nach § 1822 Nr. 1, 3, 5, 8 bis 11 ein Vormund der
Genehmigung bedarf.
Das gleiche gilt für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines
Vermächtnisses sowie für den Verzicht auf einen Pflichtteil. Tritt der Anfall
an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines
Elternteils ein, der das Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil
vertritt, so ist die Genehmigung nur erforderlich, wenn dieser neben dem
Kinde berufen war.
Die Vorschriften der §§ 1825, 1828 bis 1831 sind entsprechend
anzuwenden.
§. 1644. Die Eltern können Gegenstände, die sie nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts veräußern dürfen, dem Kinde nicht ohne diese Genehmigung
zur Erfüllung eines von dem Kinde geschlossenen Vertrages oder zu freier
Verfügung überlassen.
§. 1645. Die Eltern sollen nicht ohne Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Kindes beginnen.
§. 1646. Erwerben die Eltern mit Mitteln des Kindes bewegliche Sachen,
so geht mit dem Erwerb das Eigentum auf das Kind über, es sei denn, daß die
Eltern nicht für Rechnung des Kindes erwerben wollen. Dies gilt insbesondere
auch von Inhaberpapieren und von Orderpapieren, die mit Blankoindossament
versehen sind.
Die Vorschriften des Absatzes 1 sind entsprechend anzuwenden, wenn die
Eltern mit Mitteln des Kindes ein Recht an Sachen der bezeichneten Art oder ein
anderes Recht erwerben, zu dessen Übertragung der Abtretungsvertrag genügt.
§. 1647. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1648. Machen die Eltern bei der Ausübung der
Personensorge oder der Vermögenssorge Aufwendungen, die sie den
Umständen nach für erforderlich halten dürfen, so können sie von dem Kinde
Ersatz verlangen, sofern nicht die Aufwendungen ihnen selbst zur Last fallen.
§. 1649. Die Einkünfte des Kindesvermögens, die zur ordnungsmäßigen
Verwaltung des Vermögens nicht benötigt werden, sind für den Unterhalt des
Kindes zu verwenden. Soweit die Vermögenseinkünfte nicht ausreichen, können die
Einkünfte verwendet werden, die das Kind durch seine Arbeit oder durch den ihm
nach § 112 gestatteten selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erwirbt.
Die Eltern können die Einkünfte des Vermögens, die zur ordnungsmäßigen
Verwaltung des Vermögens und für den Unterhalt des Kindes nicht benötigt
werden, für ihren eigenen Unterhalt und für den Unterhalt der minderjährigen
unverheirateten Geschwister des Kindes verwenden, soweit dies unter
Berücksichtigung der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Beteiligten der
Billigkeit entspricht. Diese Befugnis erlischt mit der Eheschließung des Kindes.
§. 1650. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1651. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1652. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1653. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1654. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1655. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1656. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1657. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1658. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1659. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1660. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1661. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1662. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1663. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 -
GleichberG.
§. 1664. Die Eltern haben bei der Ausübung der elterlichen Gewalt dem
Kinde gegenüber nur für die Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
Sind für einen Schaden beide Eltern verantwortlich, so haften sie als
Gesamtschuldner.
§. 1665. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Bundesgesetzblatt I 1957,
S. 609, Nr. 26, ausgegeben am 21. 06. 1957, in Kraft seit 01. 07. 1958 - GleichberG.
§. 1666. Wird das körperliche, geistige oder
seelische Wohl des Kindes durch mißbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge,
durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern
oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das
Vormundschaftsgericht, wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage
sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen
Maßnahmen zu treffen. Das Gericht kann auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen
Dritten treffen.
Das Gericht kann Erklärungen der Eltern oder eines
Elternteils ersetzen.
Das Gericht kann einem Elternteil auch die
Vermögenssorge entziehen, wenn er das Recht des Kindes auf Gewährung des
Unterhalts verletzt hat und für die Zukunft eine Gefährdung des Unterhalts zu
besorgen ist.
§. 1666a. Maßnahmen, mit denen eine Trennung des
Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der
Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet
werden kann.
Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden,
wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, daß
sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.
§. 1667. Wird das Vermögen des Kindes dadurch
gefährdet, daß der Vater oder die Mutter die mit der Vermögenssorge verbundenen
Pflichten verletzt oder zu verletzen droht oder in Vermögensverfall gerät, so
hat das Vormundschaftsgericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen
Maßnahmen zu treffen.
Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die
Eltern ein Verzeichnis des Vermögens des Kindes einreichen und über die
Verwaltung Rechnung legen. Die Eltern haben das Verzeichnis mit der
Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen. Ist das
eingereichte Verzeichnis ungenügend, so kann das Vormundschaftsgericht
anordnen, daß das Verzeichnis durch eine zuständige Behörde oder durch einen
zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß das
Geld des Kindes in bestimmter Weise anzulegen und daß zur Abhebung seine
Genehmigung erforderlich ist. Gehören Wertpapiere, Kostbarkeiten oder
Buchforderungen gegen den Bund oder ein Land zum Vermögen des Kindes, so kann
das Vormundschaftsgericht dem Elternteil, der das Kind vertritt, die gleichen
Verpflichtungen auferlegen, die nach §§ 1814 bis 1816, 1818 einem Vormund
obliegen; die §§ 1819, 1820 sind entsprechend anzuwenden.
Das Vormundschaftsgericht kann dem Elternteil, der
das Vermögen des Kindes gefährdet, Sicherheitsleistung für das seiner
Verwaltung unterliegende Vermögen auferlegen. Die Art und den Umfang der
Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach seinem Ermessen.
Bei der Bestellung und Aufhebung der Sicherheit wird die Mitwirkung des Kindes
durch die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Die Sicherheitsleistung
darf nur durch Maßnahmen nach Absatz 5 erzwungen werden.
Das Vormundschaftsgericht kann dem Elternteil, der
das Vermögen des Kindes gefährdet, die Vermögenssorge ganz oder teilweise
entziehen, wenn dies erforderlich ist, um eine Gefährdung des Kindesvermögens
durch diesen Elternteil abzuwenden.
Die Kosten der angeordneten Maßnahmen trägt der
Elternteil, der sie veranlaßt hat.
§. 1668. Von einem Antrag auf Eröffnung des
Konkurs- oder Vergleichsverfahrens sowie von einem Antrag nach § 807 der
Zivilprozeßordnung, der die Eltern oder einen Elternteil betrifft, hat das
zuständige Gericht dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen.
§. 1669. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 18, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1670. Die Vermögenssorge eines Elternteils
endet mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen; beantragt der
Elternteil selbst die Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen, so
endet seine Vermögenssorge bereits mit der Stellung des Konkursantrages.
Wird das Konkursverfahren beendet oder wird der
Eröffnungsantrag des Elternteils abgewiesen, so hat das Vormundschaftsgericht
dem Elternteil die Vermögenssorge wieder zu übertragen, soweit dies den
Vermögensinteressen des Kindes nicht widerspricht.
§. 1671. Wird die Ehe der Eltern geschieden, so
bestimmt das Familiengericht, welchem Elternteil die elterliche Sorge für ein
gemeinschaftliches Kind zustehen soll.
Das Gericht trifft die Regelung, die dem Wohle des
Kindes am besten entspricht; hierbei sind die Bindungen des Kindes,
insbesondere an seine Eltern und Geschwister, zu berücksichtigen.
Von einem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern
soll das Gericht nur abweichen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich
ist. Macht ein Kind, welches das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, einen
abweichenden Vorschlag, so entscheidet das Gericht nach Absatz 2.
Die elterliche Sorge ist einem Elternteil allein zu
übertragen. Erfordern es die Vermögensinteressen des Kindes, so kann die
Vermögenssorge ganz oder teilweise dem anderen Elternteil übertragen werden.
Das Gericht kann die Personensorge und die
Vermögenssorge einem Vormund oder Pfleger übertragen, wenn dies erforderlich
ist, um eine Gefahr für das Wohl des Kindes abzuwenden. Es soll dem Kind für
die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen einen Pfleger bestellen, wenn dies
zum Wohle des Kindes erforderlich ist.
Die vorstehenden Vorschriften gelten entsprechend,
wenn die Ehe der Eltern für nichtig erklärt worden ist.
§. 1672. Leben die Eltern nicht nur
vorübergehend getrennt, so gilt § 1671 Abs. 1 bis 5 entsprechend. Das Gericht
entscheidet auf Antrag eines Elternteils; es entscheidet von Amts wegen, wenn
andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre und die Eltern nicht gewillt
oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden.
§. 1673. Die elterliche Gewalt eines Elternteils ruht, wenn er
geschäftsunfähig ist.
Das gleiche gilt, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist oder
wenn er nach § 1910 Abs. 1 einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen
erhalten hat. Die Personensorge für das Kind steht ihm
neben dem gesetzlichen Vertreter des Kindes zu; zur Vertretung des Kindes ist
er nicht berechtigt. Bei einer Meinungsverschiedenheit geht die Meinung des
gesetzlichen Vertreters vor, es sei denn, daß die elterliche Sorge wegen
Minderjährigkeit ruht. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund oder Pfleger,
so geht die Meinung des minderjährigen Elternteils vor; andernfalls gelten §
1627 Satz 2 und § 1628.
§. 1674. Die elterliche Gewalt eines Elternteils ruht, wenn das
Vormundschaftsgericht feststellt, daß er auf längere Zeit die elterliche Gewalt
tatsächlich nicht ausüben kann.
Die elterliche Gewalt lebt wieder auf, wenn das Vormundschaftsgericht
feststellt, daß der Grund des Ruhens nicht mehr besteht.
§. 1675. Solange die elterliche Gewalt ruht, ist ein Elternteil nicht
berechtigt, sie auszuüben.
§. 1676. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 23, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1677. Die elterliche Gewalt eines Elternteils endet, wenn er für tot
erklärt oder seine Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes
festgestellt wird, mit dem Zeitpunkt, der als Zeitpunkt des Todes gilt.
§. 1678. Ist ein Elternteil tatsächlich verhindert, die elterliche
Gewalt auszuüben, oder ruht seine elterliche Gewalt, so übt der andere Teil die
elterliche Gewalt allein aus; dies gilt nicht, wenn die elterliche Gewalt dem
Elternteil nach den §§ 1671, 1672 übertragen war.
Ruht
die elterliche Sorge des Elternteils, dem sie nach den §§ 1671, 1672 übertragen
war, und besteht keine Aussicht, daß der Grund des Ruhens wegfallen werde, so
hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem anderen Elternteil zu
übertragen, es sei denn, daß dies dem Wohle des Kindes widerspricht.
§. 1679. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1680. Wird die gesamte elterliche Sorge, die Personensorge oder die
Vermögenssorge einem Elternteil entzogen, so übt der andere Elternteil die
Sorge allein aus. Das Vormundschaftsgericht trifft eine abweichende
Entscheidung, wenn dies das Wohl des Kindes erfordert. Endet die Vermögenssorge
eines Elternteils nach § 1670, so hat das Vormundschaftsgericht anzuordnen, daß
dem anderen Elternteil die Vermögenssorge allein zusteht, es sei denn, daß dies
den Vermögensinteressen des Kindes widerspricht. Vor der Entscheidung des
Vormundschaftsgerichts kann der andere Elternteil die Vermögenssorge nicht
ausüben.
Wird
die gesamte elterliche Sorge, die Personensorge oder die Vermögenssorge dem
Elternteil entzogen, dem sie nach den §§ 1671, 1672 übertragen war, oder endet
seine Vermögenssorge nach § 1670, so hat das Vormundschaftsgericht sie dem
anderen Elternteil zu übertragen, es sei denn, daß dies dem Wohle des Kindes
widerspricht. Andernfalls bestellt es einen Vormund oder Pfleger.
§. 1681. Ist ein Elternteil gestorben, so steht die elterliche Gewalt
dem anderen Teil allein zu. War der verstorbene Elternteil nach den §§ 1671, 1672
sorgeberechtigt, so hat das Vormundschaftsgericht die elterliche Sorge dem überlebenden
Elternteil zu übertragen, es sei denn, daß dies dem Wohle des Kindes
widerspricht. Eine Vormundschaft oder Pflegschaft nach § 1671 Abs. 5 oder nach
§ 1672 Satz 1 in Verbindung mit § 1671 Abs. 5 bleibt bestehen, bis sie vom
Gericht aufgehoben wird.
Das gleiche gilt, wenn die elterliche Gewalt eines Elternteils endet,
weil er für tot erklärt oder seine Todeszeit nach den Vorschriften des
Verschollenheitsgesetzes festgestellt worden ist. Lebt dieser Elternteil noch,
so erlangt er die elterliche Gewalt dadurch wieder, daß er dem
Vormundschaftsgericht gegenüber erklärt, er wolle sie wieder ausüben. Ist
seine Ehe durch Wiederverheiratung seines Ehegatten aufgelöst, so gilt § 1671
Abs. 1 bis 5 entsprechend.
§. 1682. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 28, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1683. Sind die Eltern des Kindes nicht oder nicht mehr miteinander verheiratet
und will der Elternteil, dem die Vermögenssorge zusteht, die Ehe mit einem
Dritten schließen, so hat er dies dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen, auf
seine Kosten ein Verzeichnis des Kindesvermögens einzureichen und, soweit eine
Vermögensgemeinschaft zwischen ihm und dem Kinde besteht, die
Auseinandersetzung herbeizuführen.
Das
Vormundschaftsgericht kann gestatten, daß die Auseinandersetzung erst nach der
Eheschließung vorgenommen wird.
Das
Vormundschaftsgericht kann ferner gestatten, daß die Auseinandersetzung ganz
oder teilweise unterbleibt, wenn dies den Vermögensinteressen des Kindes nicht
widerspricht.
Erfüllt
der Elternteil die ihm nach den vorstehenden Vorschriften obliegenden
Verpflichtungen nicht, so kann ihm das Vormundschaftsgericht die Vermögenssorge
entziehen.
§. 1684. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 30, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1685. Das Vormundschaftsgericht hat dem Elternteil,
dem die elterliche Sorge, die Personensorge oder die Vermögenssorge allein
zusteht, auf seinen Antrag einen Beistand zu bestellen.
Der Beistand kann für alle Angelegenheiten, für gewisse Arten von
Angelegenheiten oder für einzelne Angelegenheiten bestellt werden.
§. 1686. Der Beistand hat innerhalb seines Wirkungskreises den Vater
oder die Mutter bei der Ausübung der elterlichen Gewalt zu unterstützen.
§. 1687. Anm.: Aufgehoben durch Art.
1, Z. 23, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08.
1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1688. Anm.: Aufgehoben durch Art.
1, Z. 23, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08.
1969, in Kraft seit 01. 07. 1970 - NEhelG.
§. 1689. Ist ein Vermögensverzeichnis einzureichen, so ist bei der
Aufnahme des Verzeichnisses der Beistand zuzuziehen; das Verzeichnis ist auch
von dem Beistande mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu
versehen. Ist
das Verzeichnis ungenügend, so kann, sofern nicht die Voraussetzungen des §
1667 vorliegen, das Vormundschaftsgericht anordnen, daß das Verzeichnis durch
eine zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen
wird.
§. 1690. Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Vaters oder der
Mutter dem Beistande die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und die Vermögenssorge übertragen; die Vermögenssorge kann auch teilweise übertragen werden.
Der Beistand hat, soweit das Vormundschaftsgericht eine Übertragung
vornimmt, die Rechte und Pflichten eines Pflegers. Er soll in diesen
Angelegenheiten mit dem Elternteil, dem er bestellt ist, Fühlung nehmen.
§. 1691. Für die Bestellung und Beaufsichtigung des Beistandes, für
seine Haftung und seine Ansprüche, für die ihm zu bewilligende Vergütung und
für die Beendigung seines Amtes gelten die gleichen Vorschriften wie bei dem
Gegenvormund.
Das Amt des Beistandes endet auch dann, wenn die elterliche Gewalt des
Elternteils, dem der Beistand bestellt ist, ruht.
§. 1692. Das Vormundschaftsgericht soll die Bestellung des Beistandes
und die Übertragung der Vermögenssorge auf den
Beistand nur mit Zustimmung des Elternteils, dem der Beistand bestellt ist,
aufheben.
§. 1693. Sind die Eltern verhindert, die elterliche Gewalt auszuüben, so
hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Kindes erforderlichen
Maßregeln zu treffen.
§. 1694. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1695. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 36, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1696. Das Vormundschaftsgericht und das Familiengericht können während der Dauer der elterlichen Gewalt ihre Anordnungen jederzeit ändern, wenn sie dies im Interesse des Kindes für angezeigt halten.
Maßnahmen
nach den §§ 1666 bis 1667 und nach § 1671 Abs. 5 sind aufzuheben, wenn eine
Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht.
Länger
dauernde Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 und nach § 1671 Abs. 5 hat das
Gericht in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen.
§. 1697. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 34, Bundesgesetzblatt
I 1976, S. 1421, Nr. 67, ausgegeben am 15. 06. 1976, in Kraft seit 01. 07. 1976
– 1. EheRG.
§. 1698. Endet oder ruht die elterliche Gewalt der Eltern oder hört aus
einem anderen Grunde ihre Vermögenssorge auf, so
haben sie dem Kinde das Vermögen herauszugeben und auf Verlangen über die
Verwaltung Rechenschaft abzulegen.
Über die Nutzungen des Kindesvermögens brauchen die Eltern nur insoweit
Rechenschaft abzulegen, als Grund zu der Annahme besteht, daß sie die Nutzungen
entgegen den Vorschriften des § 1649 verwendet haben.
§. 1698a. Die Eltern dürfen die mit der Personensorge und mit der Vermögenssorge
für das Kind verbundenen Geschäfte fortführen, bis sie von der Beendigung der
elterlichen Sorge Kenntnis erlangen oder sie kennen müssen. Ein Dritter kann
sich auf diese Befugnis nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines
Rechtsgeschäfts die Beendigung kennt oder kennen muß.
Diese
Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn die elterliche Sorge ruht.
§. 1698b. Endet die elterliche Gewalt durch den Tod des Kindes, so haben
die Eltern die Geschäfte, die nicht ohne Gefahr aufgeschoben werden können, zu
besorgen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann.
Fünfter Titel.
Rechtliche Stellung der Kinder aus nichtigen Ehen.
§. 1699. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1700. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1701. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1702. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1703. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
§. 1704. Anm.: Aufgehoben durch § 84, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 807, Nr. 106, ausgegeben am 08. 07. 1938, in Kraft seit 01. 08. 1938 - EheG.
Sechster Titel
Elterliche Gewalt über nichteheliche Kinder
§. 1705. Das nichteheliche Kind steht, solange es minderjährig ist, unter der elterlichen Gewalt der Mutter. Die Vorschriften über die elterliche Gewalt über eheliche Kinder gelten im Verhältnis zwischen dem nichtehelichen Kinde und seiner Mutter entsprechend, soweit sich nicht aus den Vorschriften dieses Titels ein anderes ergibt.
§. 1706. Das Kind erhält, sofern es nicht eines Vormunds bedarf, für die Wahrnehmung der folgenden Angelegenheiten einen Pfleger:
1. für die Feststellung der Vaterschaft und alle sonstigen Angelegenheiten, die die Feststellung oder Änderung des Eltern-Kindes-Verhältnisses oder des Familiennamens des Kindes betreffen,
2. für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen einschließlich der Ansprüche auf eine an Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung sowie die Verfügung über diese Ansprüche; ist das Kind bei einem Dritten entgeltlich in Pflege, so ist der Pfleger berechtigt, aus dem vom Unterhaltspflichtigen Geleisteten den Dritten zu befriedigen,
3. die Regelung von Erb- und Pflichtteilsrechten, die dem Kind im Falle des Todes des Vaters und seiner Verwandten zustehen.
§. 1707. Auf Antrag der Mutter hat das Vormundschaftsgericht
1. anzuordnen, daß die Pflegschaft nicht eintritt,
2. die Pflegschaft aufzuheben oder
3. den Wirkungskreis des Pflegers zu beschränken.
Dem Antrag ist zu entsprechen, wenn die beantragte Anordnung dem Wohle des Kindes nicht widerspricht. Das Vormundschaftsgericht kann seine Entscheidung ändern, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist.
§. 1708. Schon vor der Geburt des Kindes kann das Vormundschaftsgericht zur Wahrnehmung der in § 1706 genannten Angelegenheiten einen Pfleger bestellen. Die Bestellung wird mit der Geburt des Kindes wirksam.
§. 1709. Mit der Geburt des Kindes wird das Jugendamt Pfleger. Dies gilt nicht, wenn bereits vor der Geburt des Kindes ein Pfleger bestellt oder angeordnet ist, daß eine Pflegschaft nicht eintritt, oder wenn das Kind eines Vormunds bedarf. § 1791c Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 gilt entsprechend.
§. 1710. Steht ein nichteheliches Kind unter Vormundschaft und endet die Vormundschaft kraft Gesetzes, so wird der bisherige Vormund Pfleger nach § 1706, sofern die Voraussetzungen für die Pflegschaft vorliegen.
§. 1711. Derjenige, dem die Personensorge für das Kind zusteht, bestimmt den
Umgang des Kindes mit dem Vater. § 1634 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
Wenn
ein persönlicher Umgang mit dem Vater dem Wohle des Kindes dient, kann das
Vormundschaftsgericht entscheiden, daß dem Vater die Befugnis zum persönlichen
Umgang zusteht. § 1634 Abs. 2 gilt entsprechend. Das Vormundschaftsgericht kann
seine Entscheidung jederzeit ändern.
Die
Befugnis, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen,
bestimmt § 1634 Abs. 3.
In
geeigneten Fällen soll das Jugendamt zwischen dem Vater und dem
Sorgeberechtigten vermitteln.
§. 1712. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 41, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1713. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1714. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1715. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1716. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1717. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1718. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
Siebenter Titel.
Legitimation unehelicher Kinder.
I. Legitimation durch nachfolgende Ehe.
§. 1719. Ein nichteheliches Kind wird ehelich, wenn sich der
Vater mit der Mutter verheiratet; dies gilt auch, wenn die Ehe für nichtig
erklärt wird. Wird das Kind vor der Eheschließung als Minderjähriger oder nach
§ 1772 von einer anderen Person als seinem Vater oder seiner Mutter als Kind
angenommen, so treten die in Satz 1 bestimmten Wirkungen erst ein, wenn das
Annahmeverhältnis aufgehoben wird und das Verwandtschaftsverhältnis und die
sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten des Kindes zu seinen leiblichen
Eltern wieder aufleben.
§. 1720. Der nach § 1355 von den Eltern zu führende Ehename
erstreckt sich auf den Geburtsnamen eines Abkömmlings, welcher das vierzehnte Lebensjahr
vollendet hat, nur dann, wenn er sich der Namensänderung durch Erklärung
anschließt. Ist der frühere Geburtsname zum Ehenamen eines Abkömmlings
geworden, so erstreckt sich die Namensänderung auf den Ehenamen nur dann, wenn
die Ehegatten die Erklärung nach Satz 1 gemeinsam abgeben. § 1617 Abs. 2 Satz 2
und 3 gilt entsprechend.
§. 1721. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 26, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1722. Die Eheschließung zwischen den Eltern hat für die Abkömmlinge
des unehelichen Kindes die Wirkungen der Legitimation auch dann, wenn das Kind
vor der Eheschließung gestorben ist.
II. Ehelicherklärung auf Antrag des Vaters
§. 1723. Ein nichteheliches Kind ist auf Antrag seines Vaters vom Vormundschaftsgericht für ehelich zu erklären, wenn die Ehelicherklärung dem Wohle des Kindes entspricht und ihr keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen.
§. 1724. Die Ehelicherklärung kann nicht unter einer Bedingung oder
einer Zeitbestimmung erfolgen.
§. 1725. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 30, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1726. Zur
Ehelicherklärung ist die Einwilligung des Kindes und, wenn das Kind
minderjährig ist, die Einwilligung der Mutter erforderlich. Ist der
Vater verheirathet, so bedarf er auch der Einwilligung seiner Frau.
Die Einwilligung ist dem Vater oder dem Vormundschaftsgericht gegenüber
zu erklären; sie ist unwiderruflich.
Die Einwilligung der Mutter ist nicht erforderlich, wenn die Mutter zur
Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd
unbekannt ist. Das Gleiche gilt von der Einwilligung der Frau des Vaters.
§. 1727. Das Vormundschaftsgericht hat auf Antrag des Kindes
die Einwilligung der Mutter zu ersetzen, wenn die Ehelicherklärung aus
schwerwiegenden Gründen zum Wohle des Kindes erforderlich ist.
Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Kindes die Einwilligung der Ehefrau des Vaters ersetzen, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist. Die Einwilligung darf nicht ersetzt werden, wenn berechtigte Interessen der Ehefrau und der Familie der Ehelicherklärung entgegenstehen.
§. 1728. Der Antrag auf Ehelicherklärung kann nicht durch einen Vertreter gestellt, die Einwilligung der Mutter des Kindes und der Ehefrau des Vaters nicht durch einen Vertreter erteilt werden.
Ist der Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu dem Antrag, außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Ist die Mutter des Kindes oder die Ehefrau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zur Erteilung ihrer Einwilligung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich.
§. 1729. Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt ist, kann nur sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen. Im übrigen kann das Kind die Einwilligung nur selbst erteilen; es bedarf hierzu, falls es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
§. 1730. Der Antrag sowie die Einwilligungserklärung der im §. 1726
bezeichneten Personen bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 1731. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1732. Anm.: Aufgehoben durch § 22, Reichsgesetzblatt I 1938,
S. 380, Nr. 55, ausgegeben am 13. 04. 1938, in Kraft seit 14. 04. 1938.
§. 1733. Die Ehelicherklärung kann nicht nach dem Tode des Kindes
erfolgen.
Nach dem Tode des Vaters ist die Ehelicherklärung zur zulässig, wenn der
Vater den Antrag beim Vormundschaftsgericht eingereicht oder bei oder nach der
Beurkundung des Antrags den Notar mit der Einreichung betraut hat.
Die nach dem Tode des Vaters erfolgte Ehelichkeitserklärung hat die
gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode des Vaters erfolgt wäre.
§. 1734. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1735. Auf die Wirksamkeit der Ehelicherklärung ist es ohne
Einfluß, wenn mit Unrecht angenommen worden ist, daß ihre gesetzlichen
Voraussetzungen vorlagen. Die Ehelicherklärung ist jedoch unwirksam, wenn durch
rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellt worden ist, daß der Mann
nicht der Vater des Kindes ist.
§. 1735a. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
§. 1736. Durch die Ehelicherklärung erlangt das Kind die rechtliche
Stellung eines ehelichen Kindes.
§. 1737. Das Kind erhält den Familiennamen des Vaters. Als
Familienname gilt nicht der gemäß § 1355 Abs. 3 dem Ehenamen vorangestellte
Name. Ändert sich der Familienname des Vaters, so gilt § 1617 Abs. 2 bis 4
entsprechend.
§. 1738. Mit der Ehelicherklärung verliert die Mutter das Recht
und die Pflicht, die elterliche Gewalt auszuüben,
Das Vormundschaftsgericht kann der Mutter die Ausübung der
elterlichen Gewalt zurückübertragen, wenn die elterliche Gewalt des Vaters
endigt oder ruht oder wenn dem Vater die Sorge für die Person des Kindes
entzogen ist.
§. 1739. Der Vater ist dem Kinde und dessen Abkömmlingen vor der Mutter
und den mütterlichen Verwandten zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet.
§. 1740. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 37, Bundesgesetzblatt
I 1969, S. 1243, Nr. 80, ausgegeben am 22. 08. 1969, in Kraft seit 01. 07. 1970
- NEhelG.
III. Ehelicherklärung auf Antrag des Kindes
§. 1740a. Ein nichteheliches Kind ist auf seinen Antrag vom Vormundschaftsgericht für ehelich zu erklären, wenn die Eltern des Kindes verlobt waren und das Verlöbnis durch Tod eines Elternteils aufgelöst worden ist. Die Ehelicherklärung ist zu versagen, wenn sie nicht dem Wohle des Kindes entspricht.
Die Vorschriften des § 1724, des § 1730, des § 1733 Abs. 1, 3 und des § 1735 gelten entsprechend.
§. 1740b. Zur Ehelicherklärung ist die Einwilligung des überlebenden Elternteils erforderlich. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn der überlebende Elternteil zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
Die Einwilligung ist dem Kinde oder dem Vormundschaftsgericht gegenüber zu erklären; sie ist unwiderruflich.
Die Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter erteilt werden. Ist der überlebende Elternteil in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zur Erteilung seiner Einwilligung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich.
§. 1740c. Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt ist, kann nur sein gesetzlicher Vertreter den Antrag stellen. Im übrigen kann das Kind den Antrag nur selbst stellen; es bedarf hierzu, falls es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
§. 1740d. Das Vormundschaftsgericht hat vor der Ehelicherklärung die Eltern des Verstorbenen und, falls der Vater des Kindes gestorben ist, auch die ehelichen Kinder des Vaters zu hören; es darf von der Anhörung einer Person nur absehen, wenn sie zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist. War der Verstorbene nichtehelich, so braucht sein Vater nicht gehört zu werden.
§. 1740e. Nach dem Tode des Vaters kann das Kind den Antrag auf Ehelicherklärung nur binnen Jahresfrist stellen. Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes und, falls die Vaterschaft nicht anerkannt ist, nicht vor ihrer rechtskräftigen Feststellung. Auf den Lauf der Frist sind die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechend anzuwenden.
War beim Tode des Vaters die Vaterschaft weder anerkannt noch rechtskräftig festgestellt und auch kein gerichtliches Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft anhängig, so kann das Kind den Antrag auf Ehelicherklärung nur stellen, wenn es die Feststellung der Vaterschaft binnen der Frist des § 1934c Abs. 1 Satz 2 begehrt hat.
§. 1740f. Das auf seinen Antrag für ehelich erklärte Kind steht einem Kinde gleich, das durch Eheschließung seiner Eltern ehelich geworden ist.
Das Kind erhält den Familiennamen des überlebenden Elternteils. Das Vormundschaftsgericht hat dem Kind auf seinen Antrag mit Zustimmung des überlebenden Elternteils den Familiennamen des verstorbenen Elternteils zu erteilen. Als Familienname gilt nicht der gemäß § 1355 Abs. 3 dem Ehenamen vorangestellte Name. Der Antrag kann nur in dem Verfahren über den Antrag auf Ehelicherklärung gestellt werden.
Führt das Kind den Familiennamen des überlebenden Elternteils und ändert sich dieser Name, so gilt § 1617 Abs. 2 bis 4 entsprechend.
§. 1740g. Im Falle des § 1740f Abs. 2 Satz 2 bis 4 hat das Vormundschaftsgericht dem überlebenden Elternteil auf dessen Antrag den Familiennamen des Kindes zu erteilen. Die Erteilung ist ausgeschlossen, wenn der überlebende Elternteil nach dem Tode des anderen Elternteils eine Ehe eingegangen ist.
Achter Titel. Annahme als Kind
I. Annahme Minderjähriger
§. 1741. Die Annahme als Kind ist zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, daß zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht.
Ein Ehepaar kann ein Kind gemeinschaftlich annehmen. Ein Ehegatte kann sein nichteheliches Kind oder ein Kind seines Ehegatten allein annehmen. Er kann ein Kind auch dann allein annehmen, wenn der andere Ehegatte ein Kind nicht annehmen kann, weil er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeil beschränkt ist.
Wer nicht verheiratet ist, kann ein Kind allein annehmen. Der Vater oder die Mutter eines nichtehelichen Kindes kann das Kind annehmen.
§. 1742. Ein angenommenes Kind kann, solange das Annahmeverhältnis besteht, bei Lebzeiten eines Annehmenden nur von dessen Ehegatten angenommen werden.
§. 1743. Bei der Annahme durch ein Ehepaar muß ein Ehegatte das fünfundzwanzigste Lebensjahr, der andere Ehegatte das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben.
Wer ein Kind allein annehmen will, muß das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben.
Wer sein nichteheliches Kind oder ein Kind seines Ehegatten annehmen will, muß das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben.
Der Annehmende muß unbeschränkt geschäftsfähig sein.
§. 1744. Die Annahme soll in der Regel erst ausgesprochen werden, wenn der Annehmende das Kind eine angemessene Zeit in Pflege gehabt hat.
§. 1745. Die Annahme darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegenstehen oder wenn zu befürchten ist, daß Interessen des Anzunehmenden durch Kinder des Annehmenden gefährdet werden. Vermögensrechtliche Interessen sollen nicht ausschlaggebend sein.
§. 1746. Zur Annahme ist die Einwilligung des Kindes erforderlich. Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt ist, kann nur sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen. Im übrigen kann das Kind die Einwilligung nur selbst erteilen; es bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Hat das Kind das vierzehnte Lebensjahr vollendet und ist es nicht geschäftsunfähig, so kann es die Einwilligung bis zum Wirksamwerden des Ausspruchs der Annahme gegenüber dem Vormundschaftsgericht widerrufen. Der Widerruf bedarf der öffentlichen Beurkundung. Eine Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ist nicht erforderlich.
Verweigert der Vormund oder Pfleger die Einwilligung oder Zustimmung ohne triftigen Grund, so kann das Vormundschaftsgericht sie ersetzen.
§. 1747. Zur Annahme eines ehelichen Kindes ist die Einwilligung der Eltern erforderlich.
Zur Annahme eines nichtehelichen Kindes ist die Einwilligung der Mutter erforderlich. Die Annahme eines nichtehelichen Kindes durch Dritte ist nicht auszusprechen, wenn der Vater die Ehelicherklärung oder die Annahme des Kindes beantragt hat; dies gilt nicht, wenn die Mutter ihr nichteheliches Kind annimmt. Der Vater des nichtehelichen Kindes kann darauf verzichten, diesen Antrag zu stellen. Die Verzichtserklärung bedarf der öffentlichen Beurkundung; sie ist unwiderruflich. § 1750 gilt sinngemäß mit Ausnahme von Absatz 4 Satz 1.
Die Einwilligung kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Sie ist auch dann wirksam, wenn der Einwilligende die schon feststehenden Annehmenden nicht kennt.
Die Einwilligung eines Elternteils ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§. 1748. Das Vormundschaftsgericht hat auf Antrag des Kindes die Einwilligung eines Elternteils zu ersetzen, wenn dieser seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich verletzt hat oder durch sein Verhalten gezeigt hat, daß ihm das Kind gleichgültig ist, und wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde. Die Einwilligung kann auch ersetzt werden, wenn die Pflichtverletzung zwar nicht anhaltend, aber besonders schwer ist und das Kind voraussichtlich dauernd nicht mehr der Obhut des Elternteils anvertraut werden kann.
Wegen Gleichgültigkeit, die nicht zugleich eine anhaltende gröbliche Pflichtverletzung ist, darf die Einwilligung nicht ersetzt werden, bevor der Elternteil vom Jugendamt über die Möglichkeit ihrer Ersetzung belehrt und nach § 51a Abs. 1 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt beraten worden ist und seit der Belehrung wenigstens drei Monate verstrichen sind; in der Belehrung ist auf die Frist hinzuweisen. Der Belehrung bedarf es nicht, wenn der Elternteil seinen Aufenthaltsort ohne Hinterlassung seiner neuen Anschrift gewechselt hat und der Aufenthaltsort vom Jugendamt während eines Zeitraums von drei Monaten trotz angemessener Nachforschungen nicht ermittelt werden konnte; in diesem Fall beginnt die Frist mit der ersten auf die Belehrung und Beratung oder auf die Ermittlung des Aufenthaltsorts gerichteten Handlung des Jugendamts. Die Fristen laufen frühestens fünf Monate nach der Geburt des Kindes ab.
Die Einwilligung eines Elternteils kann ferner ersetzt werden, wenn er wegen besonders schwerer geistiger Gebrechen zur Pflege und Erziehung des Kindes dauernd unfähig ist und wenn das Kind bei Unterbleiben der Annahme nicht in einer Familie aufwachsen könnte und dadurch in seiner Entwicklung schwer gefährdet wäre.
§. 1749. Zur Annahme eines Kindes durch einen Ehegatten allein ist die Einwilligung des anderen Ehegatten erforderlich. Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Annehmenden die Einwilligung ersetzen. Die Einwilligung darf nicht ersetzt werden, wenn berechtigte Interessen des anderen Ehegatten und der Familie der Annahme entgegenstehen.
Zur Annahme eines Verheirateten ist die Einwilligung seines Ehegatten erforderlich.
Die Einwilligung des Ehegatten ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe der Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§. 1750. Die Einwilligung nach §§ 1746, 1747 und 1749 ist dem Vormundschaftsgericht gegenüber zu erklären. Die Erklärung bedarf der notariellen Beurkundung. Die Einwilligung wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Vormundschaftsgericht zugeht.
Die Einwilligung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erteilt werden. Sie ist unwiderruflich; die Vorschrift des § 1746 Abs. 2 bleibt unberührt.
Die Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter erteilt werden. Ist der Einwilligende in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf seine Einwilligung nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Die Vorschriften des § 1746 Abs. 1 Satz 2, 3 bleiben unberührt.
Die Einwilligung verliert ihre Kraft, wenn der Antrag zurückgenommen oder die Annahme versagt wird. Die Einwilligung eines Elternteils verliert ferner ihre Kraft, wenn das Kind nicht innerhalb von drei Jahren seit dem Wirksamwerden der Einwilligung angenommen wird.
§. 1751. Mit der Einwilligung eines Elternteils in die Annahme ruht die elterliche Gewalt dieses Elternteils; die Befugnis zum persönlichen Umfang mit dem Kinde darf nicht ausgeübt werden. Das .Jugendamt wird Vormund; dies gilt nicht, wenn der andere Elternteil die elterliche Gewalt allein ausübt oder wenn bereits ein Vormund bestellt ist. Eine bestehende Pflegschaft bleibt unberührt. Das Vormundschaftsgericht hat dem Jugendamt unverzüglich eine Bescheinigung über den Eintritt der Vormundschaft zu erteilen; § 1791 ist nicht anzuwenden.
Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf einen Ehegatten, dessen Kind vom anderen Ehegatten angenommen wird.
Hat die Einwilligung eines Elternteils ihre Kraft verloren, so hat das Vormundschaftsgericht die elterliche Gewalt dem Elternteil zu übertragen, wenn und soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Der Annehmende ist dem Kind vor den Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet, sobald die Eltern des Kindes die erforderliche Einwilligung erteilt haben und das Kind in die Obhut des Annehmenden mit dem Ziel der Annahme aufgenommen ist. Will ein Ehegatte ein Kind seines Ehegatten annehmen, so sind die Ehegatten dem Kind vor den anderen Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet, sobald die erforderliche Einwilligung der Eltern des Kindes erteilt und das Kind in die Obhut der Ehegatten aufgenommen ist.
§. 1752. Die Annahme als Kind wird auf Antrag des Annehmenden vom Vormundschaftsgericht ausgesprochen.
Der Antrag kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung oder durch einen Vertreter gestellt werden. Er bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 1753. Der Ausspruch der Annahme kann nicht nach dem Tod des Kindes erfolgen.
Nach dem Tod des Annehmenden ist der Ausspruch nur zulässig, wenn der Annehmende den Antrag beim Vormundschaftsgericht eingereicht oder bei oder nach der notariellen Beurkundung des Antrags den Notar damit betraut hat, den Antrag einzureichen.
Wird die Annahme nach dem Tod des Annehmenden ausgesprochen, so hat sie die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem Tod erfolgt wäre.
§. 1754. Nimmt ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten.
In den anderen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden.
§. 1755. Mit der Annahme erlöschen das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten. Ansprüche des Kindes, die bis zur Annahme entstanden sind, insbesondere auf Renten, Waisengeld und andere entsprechende wiederkehrende Leistungen, werden durch die Annahme nicht berührt; dies gilt nicht für Unterhaltsansprüche.
Nimmt ein Ehegatte das nichteheliche Kind seines Ehegatten an, so tritt das Erlöschen nur im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten ein.
§. 1756. Sind die Annehmenden mit dem Kind im zweiten oder dritten Grad verwandt oder verschwägert, so erlöschen nur das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den Eltern des Kindes und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten.
Nimmt ein Ehegatte das eheliche Kind seines Ehegatten an, dessen frühere Ehe durch Tod aufgelöst ist, so tritt das Erlöschen nicht im Verhältnis zu den Verwandten des verstorbenen Elternteils ein.
§. 1757. Das Kind erhält als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden. Als Familienname gilt nicht der nach § 1355 Abs. 3 dem Ehenamen vorangestellte Name. Ist der frühere Geburtsname zum Ehenamen des Kindes geworden, so erstreckt sich die Namensänderung auf den Ehenamen nur dann, wenn der Ehegatte der Namensänderung bei der Einwilligung (§ 1749 Abs. 2) zugestimmt hat. § 1617 Abs. 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden; dies gilt auch, wenn sich der Familienname des Annehmenden ändert.
Das Vormundschaftsgericht kann auf Antrag des Annehmenden mit Einwilligung des Kindes mit dem Ausspruch der Annahme Vornamen des Kindes ändern, ihm einen neuen Vornamen beigeben oder seinem neuen Familiennamen den bisherigen Familiennamen hinzufügen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist. § 1746 Abs. 1 Satz 2, 3 ist entsprechend anzuwenden.
§. 1758. Tatsachen, die geeignet sind, die Annahme und ihre Umstände aufzudecken, dürfen ohne Zustimmung des Annehmenden und des Kindes nicht offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, daß besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern.
Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn die nach § 1747 erforderliche Einwilligung erteilt ist. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß die Wirkungen des Absatzes 1 eintreten, wenn ein Antrag auf Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils gestellt worden ist.
§. 1759. Das Annahmeverhältnis kann nur in den Fällen der §§ 1760, 1763 aufgehoben werden.
§. 1760. Das Annahmeverhältnis kann auf Antrag vom Vormundschaftsgericht aufgehoben werden, wenn es ohne Antrag des Annehmenden, ohne die Einwilligung des Kindes oder ohne die erforderliche Einwilligung eines Elternteils begründet worden ist.
Der Antrag oder eine Einwilligung ist nur dann unwirksam, wenn der Erklärende
a) zur Zeit der Erklärung sich im Zustand der Bewußtlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befand, wenn der Antragsteller geschäftsunfähig war oder das geschäftsunfähige oder noch nicht vierzehn Jahre alte Kind die Einwilligung selbst erteilt hat,
b) nicht gewußt hat, daß es sich um eine Annahme als Kind handelt, oder wenn er dies zwar gewußt hat, aber einen Annahmeantrag nicht hat stellen oder eine Einwilligung zur Annahme nicht hat abgeben wollen oder wenn sich der Annehmende in der Person des anzunehmenden Kindes oder wenn sich das anzunehmende Kind in der Person des Annehmenden geirrt hat,
c) durch arglistige Täuschung über wesentliche Umstände zur Erklärung bestimmt worden ist,
d) widerrechtlich durch Drohung zur Erklärung bestimmt worden ist,
e) die Einwilligung vor Ablauf der in § 1747 Abs. 3 Satz 1 bestimmten Frist erteilt hat.
Die Aufhebung ist ausgeschlossen, wenn der Erklärende nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit, der Bewußtlosigkeit, der Störung der Geistestätigkeit, der durch die Drohung bestimmten Zwangslage, nach der Entdeckung des Irrtums oder nach Ablauf der in § 1747 Abs. 3 Satz 1 bestimmten Frist den Antrag oder die Einwilligung nachgeholt oder sonst zu erkennen gegeben hat, daß das Annahmeverhältnis aufrechterhalten werden soll. Die Vorschriften des § 1746 Abs. 1 Satz 2, 3 und des § 1750 Abs. 3 Satz 1, 2 sind entsprechend anzuwenden.
Die Aufhebung wegen arglistiger Täuschung über wesentliche Umstände ist ferner ausgeschlossen, wenn über Vermögensverhältnisse des Annehmenden oder des Kindes getäuscht worden ist oder wenn die Täuschung ohne Wissen eines Antrags- oder Einwilligungsberechtigten von jemand verübt worden ist, der weder antrags- noch einwilligungsberechtigt noch zur Vermittlung der Annahme befugt war.
Ist beim Ausspruch der Annahme zu Unrecht angenommen worden, daß ein Elternteil zur Abgabe der Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt sei, so ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn der Elternteil die Einwilligung nachgeholt oder sonst zu erkennen gegeben hat, daß das Annahmeverhältnis aufrechterhalten werden soll. Die Vorschriften des § 1750 Abs. 3 Satz 1, 2 sind entsprechend anzuwenden.
§. 1761. Das Annahmeverhältnis kann nicht aufgehoben werden, weil eine erforderliche Einwilligung nicht eingeholt worden oder nach § 1760 Abs. 2 unwirksam ist, wenn die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung beim Ausspruch der Annahme vorgelegen haben oder wenn sie zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Aufhebungsantrag vorliegen; dabei ist es unschädlich, wenn eine Belehrung oder Beratung nach § 1748 Abs. 2 nicht erfolgt ist.
Das Annahmeverhältnis darf nicht aufgehoben werden, wenn dadurch das Wohl des Kindes erheblich gefährdet würde, es sei denn, daß überwiegende Interessen des Annehmenden die Aufhebung erfordern.
§. 1762. Antragsberechtigt ist nur derjenige, ohne dessen Antrag oder Einwilligung das Kind angenommen worden ist. Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht vierzehn Jahre alt ist, und für den Annehmenden, der geschäftsunfähig ist, können die gesetzlichen Vertreter den Antrag stellen. Im übrigen kann der Antrag nicht durch einen Vertreter gestellt werden. Ist der Antragsberechtigte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich.
Der Antrag kann nur innerhalb eines Jahres gestellt werden, wenn seit der Annahme noch keine drei Jahre verstrichen sind. Die Frist beginnt
a) in den Fällen des § 1760 Abs. 2 Buchstabe a mit dem Zeitpunkt, in dem der Erklärende zumindest die beschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hat oder in dem dem gesetzlichen Vertreter des geschäftsunfähigen Annehmenden oder des noch nicht vierzehn Jahre alten oder geschäftsunfähigen Kindes die Erklärung bekannt wird;
b) in den Fällen des § 1760 Abs. 2 Buchstaben b, c mit dem Zeitpunkt, in dem der Erklärende den Irrtum oder die Täuschung entdeckt;
c) in dem Fall des § 1760 Abs. 2 Buchstabe d mit dem Zeitpunkt, in dem die Zwangslage aufhört;
d) in dem Fall des § 1760 Abs. 2 Buchstabe e nach Ablauf der in § 1747 Abs. 3 Satz 1 bestimmten Frist;
e) in den Fällen des § 1760 Abs. 5 mit dem Zeitpunkt, in dem dem Elternteil bekannt wird, daß die Annahme ohne seine Einwilligung erfolgt ist. Die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 sind entsprechend anzuwenden.
Der Antrag bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 1763. Während der Minderjährigkeit des Kindes kann das Vormundschaftsgericht das Annahmeverhältnis von Amts wegen aufheben, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Ist das Kind von einem Ehepaar angenommen, so kann auch das zwischen dem Kind und einem Ehegatten bestehende Annahmeverhältnis aufgehoben werden.
Das Annahmeverhältnis darf nur aufgehoben werden,
a) wenn in dem Fall des Absatzes 2 der andere Ehegatte oder wenn ein leiblicher Elternteil bereit ist, die Pflege und Erziehung des Kindes zu übernehmen, und wenn die Ausübung der elterlichen Gewalt durch ihn dem Wohl des Kindes nicht widersprechen würde oder
b) wenn die Aufhebung eine erneute Annahme des Kindes ermöglichen soll.
§. 1764. Die Aufhebung wirkt nur für die Zukunft. Hebt das Vormundschaftsgericht das Annahmeverhältnis nach dem Tod des Annehmenden auf dessen Antrag oder nach dem Tod des Kindes auf dessen Antrag auf, so hat dies die gleiche Wirkung, wie wenn das Annahmeverhältnis vor dem Tod aufgehoben worden wäre.
Mit der Aufhebung der Annahme als Kind erlöschen das durch die Annahme begründete Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten.
Gleichzeitig leben das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den leiblichen Verwandten des Kindes und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten, mit Ausnahme der elterlichen Gewalt, wieder auf.
Das Vormundschaftsgericht hat den leiblichen Eltern die elterliche Gewalt zurückzuübertragen, wenn und soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht; andernfalls bestellt es einen Vormund oder Pfleger.
Besteht das Annahmeverhältnis zu einem Ehepaar und erfolgt die Aufhebung nur im Verhältnis zu einem Ehegatten, so treten die Wirkungen des Absatzes 2 nur zwischen dem Kind und seinen Abkömmlingen und diesem Ehegatten und dessen Verwandten ein; die Wirkungen des Absatzes 3 treten nicht ein.
§. 1765. Mit der Aufhebung der Annahme als Kind verliert das Kind das Recht, den Familiennamen des Annehmenden als Geburtsnamen zu führen. Für Abkömmlinge des Kindes gilt § 1617 Abs. 2 und 4 sinngemäß. Satz 1 ist in den Fällen des § 1754 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn das Annahmeverhältnis zu einem Ehegatten allein aufgehoben wird. Ist der Geburtsname zum Ehenamen des Kindes geworden, so bleibt dieser unberührt.
Auf Antrag des Kindes kann das Vormundschaftsgericht mit der Aufhebung anordnen, daß das Kind den Familiennamen behält, den es durch die Annahme erworben hat, wenn das Kind ein berechtigtes Interesse an der Führung dieses Namens hat. § 1746 Abs. 1 Satz 2, 3 ist entsprechend anzuwenden.
Ist der durch die Annahme erworbene Name zum Ehenamen geworden, so hat das Vormundschaftsgericht auf gemeinsamen Antrag der Ehegatten mit der Aufhebung anzuordnen, daß die Ehegatten als Ehenamen den Geburtsnamen führen, den das Kind vor der Annahme geführt hat. Für Abkömmlinge des Kindes gilt § 1617 Abs. 2 und 4 sinngemäß.
§. 1766. Schließt ein Annehmender mit dem Angenommenen oder einem seiner Abkömmlinge den eherechtlichen Vorschriften zuwider die Ehe, so wird mit der Eheschließung das durch die Annahme zwischen ihnen begründete Rechtsverhältnis aufgehoben. Das gilt auch dann, wenn die Ehe für nichtig erklärt wird. §§ 1764, 1765 sind nicht anzuwenden.
II. Annahme Volljähriger
§. 1767. Ein Volljähriger kann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist.
Für die Annahme Volljähriger gelten die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger sinngemäß, soweit sich aus den folgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.
§. 1768. Die Annahme eines Volljährigen wird auf Antrag des Annehmenden und des Anzunehmenden vom Vormundschaftsgericht ausgesprochen. §§ 1744, 1745, 1746 Abs. 1, 2, § 1747 sind nicht anzuwenden.
Für einen Anzunehmenden, der geschäftsunfähig ist, kann der Antrag nur von seinem gesetzlichen Vertreter gestellt werden. Ist der Anzunehmende in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so kann er den Antrag nur selbst stellen; er bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
§. 1769. Die Annahme eines Volljährigen darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegenstehen.
§. 1770. Die Wirkungen der Annahme eines Volljährigen erstrecken sich nicht auf die Verwandten des Annehmenden. Der Ehegatte des Annehmenden wird nicht mit dem Angenommenen, dessen Ehegatte wird nicht mit dem Annehmenden verschwägert.
Die Rechte und Pflichten aus dem Verwandtschaftsverhältnis des Angenommenen und seiner Abkömmlinge zu ihren Verwandten werden durch die Annahme nicht berührt, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt.
Der Annehmende ist dem Angenommenen und dessen Abkömmlingen vor den leiblichen Verwandten des Angenommenen zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet.
§. 1771. Das Vormundschaftsgericht kann das Annahmeverhältnis, das zu einem Volljährigen begründet worden ist, auf Antrag des Annehmenden und des Angenommenen aufheben, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Im übrigen kann das Annahmeverhältnis nur in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des § 1760 Abs. 1 bis 5 aufgehoben werden. An die Stelle der Einwilligung des Kindes tritt der Antrag des Anzunehmenden.
§. 1772. Das Vormundschaftsgericht kann beim Ausspruch der Annahme eines Volljährigen auf Antrag des Annehmenden und des Anzunehmenden bestimmen, daß sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen oder eines verwandten Minderjährigen richten (§§ 1754 bis 1756), wenn
a) ein minderjähriger Bruder oder eine minderjährige Schwester des Anzunehmenden von dem Annehmenden als Kind angenommen worden ist oder gleichzeitig angenommen wird oder
b) der Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden ist oder
c) der Annehmende sein nichteheliches Kind oder das Kind seines Ehegatten annimmt.
Das Annahmeverhältnis kann in einem solchen Fall nur in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des § 1760 Abs. 1 bis 5 aufgehoben werden. An die Stelle der Einwilligung des Kindes tritt der Antrag des Anzunehmenden.
Dritter Abschnitt.
Vormundschaft.
Erster Titel.
Vormundschaft über Minderjährige.
I. Begründung der Vormundschaft
§. 1773. Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter
elterlicher Gewalt steht oder wenn die Eltern weder in den die Person noch in
den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen
berechtigt sind.
Ein Minderjähriger erhält einen Vormund auch dann, wenn sein
Familienstand nicht zu ermitteln ist.
§. 1774. Das Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft von Amtswegen
anzuordnen. Ist anzunehmen, daß ein Kind mit seiner Geburt eines
Vormunds bedarf, so kann schon vor der Geburt des Kindes ein Vormund bestellt
werden; die Bestellung wird mit der Geburt des Kindes wirksam.
§. 1775. Das Vormundschaftsgericht soll, sofern nicht besondere Gründe
für die Bestellung mehrerer Vormünder vorliegen, für den Mündel und, wenn
mehrere Geschwister zu bevormunden sind, für alle Mündel nur einen Vormund
bestellen.
§. 1776. Als Vormund ist berufen, wer von den Eltern des Mündels als
Vormund benannt ist.
Haben der Vater und die Mutter verschiedene Personen benannt, so gilt
die Benennung durch den zuletzt verstorbenen Elternteil.
§. 1777. Die Eltern können einen Vormund nur benennen, wenn ihnen zur
Zeit ihres Todes die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes zusteht.
Der Vater kann für ein Kind, das erst nach seinem Tode geboren wird,
einen Vormund benennen, wenn er dazu berechtigt sein würde, falls das Kind vor
seinem Tode geboren wäre.
Der Vormund wird durch letztwillige Verfügung benannt.
§. 1778. Wer nach § 1776 als Vormund berufen ist, darf ohne seine Zustimmung nur
übergangen werden,
1.
wenn er nach den §§ 1780 bis 1784 nicht zum Vormund bestellt werden kann oder
soll;
2.
wenn er an der Übernahme der Vormundschaft verhindert ist;
4.
wenn seine Bestellung das Wohl des Mündels gefährden würde;
5.
wenn der Mündel, der das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, der Bestellung
widerspricht, es sei denn, der Mündel ist geschäftsunfähig.
Ist der Berufene nur vorübergehend verhindert, so hat ihn das
Vormundschaftsgericht nach dem Wegfall des Hindernisses auf seinen Antrag an
Stelle des bisherigen Vormundes zum Vormund zu bestellen.
Für einen minderjährigen Ehegatten darf der andere Ehegatte vor den nach
§ 1776 Berufenen zum Vormund bestellt werden.
Neben dem Berufenen darf nur mit dessen Zustimmung ein Mitvormund
bestellt werden.
§. 1779. Ist die Vormundschaft nicht einem nach §. 1776 Berufenen zu
übertragen, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Jugendamts den
Vormund auszuwählen.
Das Vormundschaftsgericht soll eine Person auswählen, die nach ihren
persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen
Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Bei der Auswahl ist auf
das religiöse Bekenntniß des Mündels Rücksicht zu nehmen. Verwandte und
Verschwägerte des Mündels sind zunächst zu berücksichtigen; ist der
Mündel nichtehelich, so steht es im Ermessen des Vormundschaftsgerichts, ob
sein Vater, dessen Verwandte und deren Ehegatten berücksichtigt werden sollen.
Das Vormundschaftsgericht soll bei der Auswahl des Vormunds
Verwandte oder Verschwägerte des Mündels hören, wenn dies ohne erhebliche
Verzögerung und ohne unverhältnismäßige Kosten geschehen kann. Die Verwandten
und Verschwägerten können von dem Mündel Ersatz ihrer Auslagen verlangen; der
Betrag der Auslagen wird von dem Vormundschaftsgericht festgesetzt.
§. 1780. Zum Vormunde kann nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig
oder wegen Geistesschwäche, Verschwendung, Trunksucht oder Rauschgiftsucht
entmündigt ist.
§. 1781. Zum Vormunde soll nicht bestellt werden:
1. wer minderjährig oder nach §. 1906 unter vorläufige Vormundschaft
gestellt ist;
2. wer nach §. 1910 zur Besorgung seiner
Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat;
3. wer in Konkurs gerathen ist, während der
Dauer des Konkurses.
§. 1782. Zum Vormund soll nicht bestellt werden, wer durch Anordnung der
Eltern des Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist. Haben die Eltern einander
widersprechende Anordnungen getroffen, so gilt die Anordnung des zuletzt
verstorbenen Elternteils.
Auf die Ausschließung sind die Vorschriften des § 1777 anzuwenden.
§. 1783. Anm.: Aufgehoben durch § 48, Reichsgesetzblatt I 1922, S. 633, Nr. 54, ausgegeben am 29. 07. 1922, in Kraft seit 01. 04. 1924.
§. 1784. Ein Beamter oder Religionsdiener, der nach den Landesgesetzen
einer besonderen Erlaubniß zur Uebernahme einer Vormundschaft bedarf, soll
nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß zum Vormunde bestellt werden.
Diese Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn ein wichtiger dienstlicher
Grund vorliegt.
§. 1785. Jeder Deutsche hat die Vormundschaft, für die er von dem
Vormundschaftsgericht ausgewählt wird, zu übernehmen, sofern nicht seiner
Bestellung zum Vormund einer der in den §§. 1780 bis 1784 bestimmten
Gründe entgegensteht.
§. 1786. Die Uebernahme der Vormundschaft kann ablehnen:
1. eine Frau, welche zwei und mehr noch nicht schulpflichtige Kinder
besitzt oder glaubhaft macht, daß die ihr obliegende Fürsorge für ihre Familie
die Ausübung des Amtes dauernd besonders erschwert;
2. wer das sechzigste Lebensjahr vollendet hat;
3. wem die Sorge für die Person oder das Vermögen von mehr
als drei minderjährigen Kindern zusteht.
4. wer durch Krankheit oder durch Gebrechen
verhindert ist, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu führen;
5. wer wegen Entfernung seines Wohnsitzes von
dem Sitze des Vormundschaftsgerichts die Vormundschaft nicht ohne besondere
Belästigung führen kann;
6. wer nach §. 1844 zur Sicherheitsleistung angehalten wird;
7. wer mit einem Anderen zur
gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft bestellt werden soll;
8. wer mehr als eine Vormundschaft oder
Pflegschaft führt; die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister
gilt nur als eine; die Führung von zwei Gegenvormundschaften steht der Führung
einer Vormundschaft gleich.
Das Ablehnungsrecht erlischt, wenn es nicht vor der Bestellung bei dem
Vormundschaftsgerichte geltend gemacht wird.
§. 1787. Wer die Uebernahme der Vormundschaft ohne Grund ablehnt, ist,
wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt, für den Schaden verantwortlich, der
dem Mündel dadurch entsteht, daß sich die Bestellung des Vormundes verzögert.
Erklärt das Vormundschaftsgericht die Ablehnung für unbegründet, so hat
der Ablehnende, unbeschadet der ihm zustehenden Rechtsmittel, die Vormundschaft
auf Erfordern des Vormundschaftsgerichts vorläufig zu übernehmen.
§. 1788. Das Vormundschaftsgericht kann den zum Vormund Ausgewählten
durch Festsetzung von Zwangsgeld zur Uebernahme der Vormundschaft anhalten.
Die Zwangsgelder dürfen nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche
festgesetzt werden. Mehr als drei Zwangsgelder dürfen nicht festgesetzt werden.
4
§. 1789. Der Vormund wird von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflichtung
zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft bestellt. Die
Verpflichtung soll mittelst Handschlags an Eidesstatt erfolgen.
§. 1790. Bei der Bestellung des Vormundes kann die Entlassung für den
Fall vorbehalten werden, daß ein bestimmtes Ereigniß eintritt oder nicht
eintritt.
§. 1791. Der Vormund erhält eine Bestallung.
Die Bestallung soll enthalten den Namen und die Zeit der Geburt des
Mündels, die Namen des Vormundes, des Gegenvormundes und der Mitvormünder sowie
im Falle der Theilung der Vormundschaft die Art der Theilung.
§. 1791a. Ein rechtsfähiger Verein kann zum Vormund bestellt
werden, wenn er vom Landesjugendamt hierzu für geeignet erklärt worden ist. Der
Verein darf nur zum Vormund bestellt werden, wenn eine als Einzelvormund
geeignete Person nicht vorhanden ist oder wenn er nach § 1776 als Vormund
berufen ist; die Bestellung bedarf der Einwilligung des Vereins.
Die Bestellung erfolgt durch schriftliche Verfügung des Vormundschaftsgerichts; die §§ 1789, 1791 sind nicht anzuwenden.
Der Verein bedient sich bei der Führung der Vormundschaft einzelner seiner Mitglieder; ein Mitglied, das den Mündel in einem Heim des Vereins als Erzieher betreut, darf die Aufgaben des Vormunds nicht ausüben. Für ein Verschulden des Mitglieds ist der Verein dem Mündel in gleicher Weise verantwortlich wie für ein Verschulden eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters.
Will das Vormundschaftsgericht neben dem Verein einen Mitvormund oder will es einen Gegenvormund bestellen, so soll es vor der Entscheidung den Verein hören.
§. 1791b. Ist eine als Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden, so kann auch das Jugendamt zum Vormund bestellt werden. Das Jugendamt kann von den Eltern des Mündels weder benannt noch ausgeschlossen werden.
Die Bestellung erfolgt durch schriftliche Verfügung des Vormundschaftsgerichts; die §§ 1789, 1791 sind nicht anzuwenden.
§. 1791c. Mit der Geburt eines nichtehelichen Kindes, das eines Vormunds bedarf, wird das Jugendamt Vormund; dies gilt nicht, wenn bereits vor der Geburt des Kindes ein Vormund bestellt ist. Ergibt sich erst später aus einer gerichtlichen. Entscheidung, daß das Kind nichtehelich ist, und bedarf das Kind eines Vormunds, so wird das Jugendamt in dem Zeitpunkt Vormund, in dem die Entscheidung rechtskräftig wird.
War das Jugendamt Pfleger eines nichtehelichen Kindes, endet die Pflegschaft kraft Gesetzes und bedarf das Kind eines Vormunds, so wird das Jugendamt Vormund, das bisher Pfleger war.
Das Vormundschaftsgericht hat dem Jugendamt unverzüglich eine Bescheinigung über den Eintritt der Vormundschaft zu erteilen; § 1791 ist nicht anzuwenden.
§. 1792. Neben dem Vormunde kann ein Gegenvormund bestellt werden. Ist
das Jugendamt Vormund, so kann kein Gegenvormund bestellt werden; das Jugendamt
kann Gegenvormund sein.
Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine
Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung nicht
erheblich oder daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich
zu führen ist.
Ist die Vormundschaft von mehreren Vormündern nicht gemeinschaftlich zu
führen, so kann der eine Vormund zum Gegenvormunde des anderen bestellt werden.
Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormunds sind die
für die Begründung der Vormundschaft geltenden Vorschriften anzuwenden.
II. Führung der Vormundschaft.
§. 1793. Der Vormund hat das Recht und die
Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere
den Mündel zu vertreten. § 1626 Abs. 2 gilt entsprechend.
§. 1794. Das Recht und die Pflicht des Vormundes, für die Person und das
Vermögen des Mündels zu sorgen, erstreckt sich nicht
auf Angelegenheiten des Mündels, für die ein Pfleger bestellt ist.
§. 1795. Der Vormund kann den Mündel nicht vertreten:
1. bei einem Rechtsgeschäfte zwischen seinem
Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem
Mündel andererseits, es sei denn, daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der
Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht;
2. bei einem Rechtsgeschäfte, das die
Uebertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek, Schiffshypothek
oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Mündels gegen den Vormund oder die
Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit zum Gegenstande hat oder die Verpflichtung
des Mündels zu einer solchen Uebertragung, Belastung, Aufhebung oder Minderung
begründet;
3. bei einem Rechtsstreite zwischen den in
Nr. 1 bezeichneten Personen sowie bei einem Rechtsstreit über eine
Angelegenheit der in Nr. 2 bezeichneten Art.
Die Vorschrift des §. 181 bleibt unberührt.
§. 1796. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde die Vertretung für
einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten
entziehen.
Die Entziehung soll nur erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem
Interesse des Vormundes oder eines von diesem vertretenen Dritten oder einer
der im §. 1795 Nr. 1 bezeichneten Personen in erheblichem Gegensatze steht.
§. 1797. Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich.
Bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern
nicht bei der Bestellung ein Anderes bestimmt wird.
Das Vormundschaftsgericht kann die Führung der Vormundschaft unter
mehrere Vormünder nach bestimmten Wirkungskreisen vertheilen. Innerhalb des ihm
überwiesenen Wirkungskreises führt jeder Vormund die Vormundschaft selbständig.
Bestimmungen, die der Vater oder die Mutter für die Entscheidung von
Meinungsverschiedenheiten zwischen den von ihnen benannten Vormündern und für
die Vertheilung der Geschäfte unter diese nach Maßgabe des §. 1777 getroffen
hat, sind von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen, sofern nicht ihre
Befolgung das Interesse des Mündels gefährden würde.
§. 1798. Steht die Sorge für die Person und die Sorge für das Vermögen
des Mündels verschiedenen Vormündern zu, so entscheidet bei einer
Meinungsverschiedenheit über die Vornahme einer sowohl die Person als das
Vermögen des Mündels betreffenden Handlung das Vormundschaftsgericht.
§. 1799. Der Gegenvormund hat darauf zu achten, daß der Vormund die
Vormundschaft pflichtmäßig führt. Er hat dem Vormundschaftsgerichte
Pflichtwidrigkeiten des Vormundes sowie jeden Fall unverzüglich anzuzeigen, in
welchem das Vormundschaftsgericht zum Einschreiten berufen ist, insbesondere
den Tod des Vormundes oder den Eintritt eines anderen Umstandes, in Folge
dessen das Amt des Vormundes endigt oder die Entlassung des Vormundes
erforderlich wird.
Der Vormund hat dem Gegenvormund auf Verlangen über die Führung der
Vormundschaft Auskunft zu ertheilen und die Einsicht der sich auf die
Vormundschaft beziehenden Papiere zu gestatten.
§. 1800. Das Recht und die Pflicht des Vormunds,
für die Person des Mündels zu sorgen, bestimmen sich nach §§ 1631 bis 1633.
§. 1801. Die Sorge für die religiöse Erziehung des Mündels kann dem
Einzelvormunde von dem Vormundschaftsgericht entzogen werden, wenn der Vormund
nicht dem Bekenntniß angehört, in dem der Mündel zu erziehen ist.
Hat das Jugendamt oder ein Verein als Vormund über die Unterbringung des
Mündels zu entscheiden, so ist hierbei auf das religiöse Bekenntnis oder die
Weltanschauung des Mündels und seiner Familie Rücksicht zu nehmen. 4
§. 1802. Der Vormund hat das Vermögen, das bei der Anordnung der
Vormundschaft vorhanden ist oder später dem Mündel zufällt, zu verzeichnen und
das Verzeichniß, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und
Vollständigkeit versehen hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Ist ein
Gegenvormund vorhanden, so hat ihn der Vormund bei der Aufnahme des
Verzeichnisses zuzuziehen; das Verzeichniß ist auch von dem Gegenvormunde mit
der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen.
Der Vormund kann sich bei der Aufnahme des Verzeichnisses der Hülfe
eines Beamten, eines Notars oder eines anderen Sachverständigen bedienen.
Ist das eingereichte Verzeichniß ungenügend, so kann das
Vormundschaftsgericht anordnen, daß das Verzeichniß durch eine zuständige
Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
§. 1803. Was der Mündel von Todeswegen erwirbt oder was ihm unter
Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, hat der Vormund nach
den Anordnungen des Erblassers oder des Dritten zu verwalten, wenn die
Anordnungen von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung, von dem Dritten bei
der Zuwendung getroffen worden sind.
Der Vormund darf mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts von den
Anordnungen abweichen, wenn ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährden
würde.
Zu einer Abweichung von den Anordnungen, die ein Dritter bei einer
Zuwendung unter Lebenden getroffen hat, ist, solange er lebt, seine Zustimmung
erforderlich und genügend. Die Zustimmung des Dritten kann durch das
Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn der Dritte zur Abgabe einer
Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§. 1804. Der Vormund kann nicht in Vertretung des Mündels Schenkungen
machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder
einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§. 1805. Der Vormund darf Vermögen des Mündels weder für sich noch für
den Gegenvormund verwenden. Ist das Jugendamt Vormund oder Gegenvormund, so ist
die Anlegung von Mündelgeld gemäß § 1807 auch bei der Körperschaft zulässig,
bei der das Jugendamt errichtet ist.
§. 1806. Der Vormund hat das zum Vermögen des Mündels gehörende Geld
verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereit zu
halten ist.
§. 1807. Die im §. 1806 vorgeschriebene Anlegung von Mündelgeld soll nur
erfolgen:
1. in Forderungen, für die eine sichere
Hypothek an einem inländischen Grundstücke besteht, oder in sicheren
Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken;
2. in verbrieften Forderungen gegen das Reich
oder einen Bundesstaat sowie in Forderungen, die in das Reichsschuldbuch oder
in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaats eingetragen sind;
3. in verbrieften Forderungen, deren
Verzinsung von dem Reiche oder einem Bundesstaate gewährleistet ist;
4. in Werthpapieren, insbesondere
Pfandbriefen, sowie in verbrieften Forderungen jeder Art gegen eine inländische
kommunale Körperschaft oder die Kreditanstalt einer solchen Körperschaft,
sofern die Werthpapiere oder die Forderungen von der Bundesregierung mit Zustimmung
des Bundesrats zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind;
5. bei einer inländischen öffentlichen
Sparkasse, wenn sie von der zuständigen Behörde des Bundesstaats, in welchem
sie ihren Sitz hat, zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt ist.
Die Landesgesetze können für die innerhalb ihres Geltungsbereichs
belegenen Grundstücke die Grundsätze bestimmen, nach denen die Sicherheit einer
Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld festzustellen ist.
§. 1808. Kann die Anlegung den Umständen nach nicht in der im §. 1807
bezeichneten Weise erfolgen, so ist das Geld bei der Reichsbank, bei der
Deutschen Zentralgenossenschaftskasse oder bei der Deutschen Girozentrale
(Deutschen Kommunalbank), bei einer Staatsbank oder bei einer anderen durch
Landesgesetz dazu für geeignet erklärten inländischen Bank oder bei einer
Hinterlegungsstelle anzulegen.
§. 1809. Der Vormund soll Mündelgeld nach §. 1807 Abs. 1 Nr. 5 oder nach
§. 1808 nur mit der Bestimmung anlegen, daß zur Erhebung des Geldes die Genehmigung
des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist.
§. 1810. Der Vormund soll die in den §§. 1806 bis 1808 vorgeschriebene
Anlegung nur mit Genehmigung des Gegenvormundes bewirken; die Genehmigung des
Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, so soll die Anlegung nur mit Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts erfolgen, sofern nicht die Vormundschaft von
mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird.
§. 1811. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormund eine andere Anlegung
als die in den §§ 1807, 1808 vorgeschriebene gestatten. Die Erlaubnis soll nur
verweigert werden, wenn die beabsichtigte Art der Anlegung nach Lage des Falles
den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderlaufen würde.
§. 1812. Der Vormund kann über eine Forderung oder über ein anderes
Recht, kraft dessen der Mündel eine Leistung verlangen kann, sowie über ein
Werthpapier des Mündels nur mit Genehmigung des Gegenvormundes verfügen, sofern
nicht nach den §§. 1819 bis 1822 die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erforderlich ist. Das Gleiche gilt von der Eingehung der Verpflichtung zu einer
solchen Verfügung.
Die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Ist ein Gegenvormund nicht vorhanden, so tritt an die Stelle der
Genehmigung des Gegenvormundes die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts,
sofern nicht die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt
wird.
§. 1813. Der Vormund bedarf nicht der Genehmigung des Gegenvormundes zur
Annahme einer geschuldeten Leistung:
1. wenn der Gegenstand der Leistung nicht in Geld oder Werthpapieren
besteht;
2. wenn der Anspruch nicht mehr als dreihundert Deutsche Mark beträgt;
3. wenn Geld zurückgezahlt wird, das der Vormund angelegt hat;
4. wenn der Anspruch zu den Nutzungen des Mündelvermögens gehört;
5. wenn der Anspruch auf Erstattung von
Kosten der Kündigung oder der Rechtsverfolgung oder auf sonstige Nebenleistungen
gerichtet ist.
Die Befreiung nach Abs. 1 Nr. 2, 3 erstreckt sich nicht auf die Erhebung
von Geld, bei dessen Anlegung ein Anderes bestimmt worden ist. Die Befreiung
nach Abs. 1 Nr. 3 gilt auch nicht für die Erhebung von Geld, das nach §. 1807
Abs. 1 Nr. 1 bis 4 angelegt ist.
§. 1814. Der Vormund hat die zu dem Vermögen des Mündels gehörenden
Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer Hinterlegungsstelle oder
bei der Reichsbank, bei der Deutschen Zentralgenossenschaftskasse oder bei der
Deutschen Girozentrale (Deutschen Kommunalbank) mit der Bestimmung zu
hinterlegen, daß die Herausgabe der Papiere nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts verlangt werden kann. Die Hinterlegung von
Inhaberpapieren, die nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von
Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen ist nicht erforderlich. Den
Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen
sind.
§. 1815. Der Vormund kann die Inhaberpapiere, statt sie nach §. 1814 zu
hinterlegen, auf den Namen des Mündels mit der Bestimmung umschreiben lassen,
daß er über sie nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen kann.
Sind die Papiere von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgestellt, so kann er
sie mit der gleichen Bestimmung in Buchforderungen gegen das Reich oder den
Bundesstaat umwandeln lassen.
Sind Inhaberpapiere zu hinterlegen, die in Buchforderungen gegen das
Reich oder einen Bundesstaat umgewandelt werden können, so kann das
Vormundschaftsgericht anordnen, daß sie nach Abs. 1 in Buchforderungen
umgewandelt werden.
§. 1816. Gehören Buchforderungen gegen das Reich oder gegen einen
Bundesstaat bei der Anordnung der Vormundschaft zu dem Vermögen des Mündels
oder erwirbt der Mündel später solche Forderungen, so hat der Vormund in das
Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, daß er über die Forderungen nur mit
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen kann.
§. 1817. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen den
Vormund von den ihm nach den §§. 1814, 1816 obliegenden Verpflichtungen
entbinden.
§. 1818. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen anordnen,
daß der Vormund auch solche zu dem Vermögen des Mündels gehörende Werthpapiere,
zu deren Hinterlegung er nach §. 1814 nicht verpflichtet ist, sowie
Kostbarkeiten des Mündels in der im §. 1814 bezeichneten
Weise zu hinterlegen hat; auf Antrag des Vormundes kann die Hinterlegung von
Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen angeordnet werden, auch wenn ein
besonderer Grund nicht vorliegt.
§. 1819. Solange die nach §. 1814 oder nach §. 1818 hinterlegten
Werthpapiere oder Kostbarkeiten nicht zurückgenommen sind, bedarf der Vormund
zu einer Verfügung über sie und, wenn Hypotheken-, Grundschuld- oder
Rentenschuldbriefe hinterlegt sind, zu einer Verfügung über die
Hypothekenforderung, die Grundschuld oder die Rentenschuld der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt von der Eingehung der Verpflichtung zu
einer solchen Verfügung.
§. 1820. Sind Inhaberpapiere nach §. 1815 auf den Namen des Mündels
umgeschrieben oder in Buchforderungen umgewandelt, so bedarf der Vormund auch
zur Eingehung der Verpflichtung zu einer Verfügung über die sich aus der
Umschreibung oder der Umwandlung ergebenden Stammforderungen der Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts.
Das Gleiche gilt, wenn bei einer Buchforderung des Mündels der im §.
1816 bezeichnete Vermerk eingetragen ist.
§. 1821. Der Vormund bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
1. zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem
Grundstück;
2. zur Verfügung über eine Forderung, die auf Übertragung des Eigentums
an einem Grundstück oder auf Begründung oder Übertragung eines Rechts an einem
Grundstück oder auf Befreiung eines Grundstücks von einem solchen Recht
gerichtet ist;
3. zur Verfügung über ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk oder
über eine Forderung, die auf Übertragung des Eigentums an einem eingetragenen
Schiff oder Schiffsbauwerk gerichtet ist;
4. zur Eingehung einer Verpflichtung zu einer der in den Nrn. 1 bis 3
bezeichneten Verfügungen;
5. zu einem Vertrage, der auf den entgeltlichen Erwerb eines
Grundstücks, eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks oder eines Rechts
an einem Grundstück gerichtet ist.
Zu den Rechten an einem Grundstück im Sinne dieser Vorschriften gehören
nicht Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden.
§. 1822. Der Vormund bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts:
1. zu einem Rechtsgeschäfte, durch das der
Mündel zu einer Verfügung über sein Vermögen im Ganzen oder über eine ihm
angefallene Erbschaft oder über seinen künftigen gesetzlichen Erbtheil oder
seinen künftigen Pflichttheil verpflichtet wird, sowie zu einer Verfügung über
den Antheil des Mündels an einer Erbschaft;
2. zur Ausschlagung einer Erbschaft oder eines
Vermächtnisses, zum Verzicht auf einen Pflichttheil sowie zu einem
Erbtheilungsvertrage;
3. zu einem Vertrage, der auf den
entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist,
sowie zu einem Gesellschaftsvertrage, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts
eingegangen wird;
4. zu einem Pachtvertrag über ein Landgut oder einen gewerblichen
Betrieb;
5. zu einem
Miet- oder Pachtvertrag oder einem anderen Vertrage, durch den der Mündel zu
wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, wenn das Vertragsverhältnis
länger als ein Jahr nach dem Eintritt der Volljährigkeit des Mündels fortdauern
soll;
6. zu einem Lehrvertrage, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen
wird;
7. zu einem auf die Eingehung eines Dienst-
oder Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrage, wenn der Mündel zu persönlichen
Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet werden soll;
8. zur Aufnahme von Geld auf den Kredit des Mündels;
9. zur Ausstellung einer Schuldverschreibung auf
den Inhaber oder zur Eingehung einer Verbindlichkeit aus einem Wechsel oder
einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann;
10. zur Uebernahme einer fremden
Verbindlichkeit, insbesondere zur Eingehung einer Bürgschaft;
11. zur Ertheilung einer Prokura;
12. zu einem Vergleich oder einem
Schiedsvertrag, es sei denn, daß der Gegenstand des Streites oder der
Ungewißheit in Geld schätzbar ist und den Werth von dreihundert Deutsche Mark
nicht übersteigt;
13. zu einem Rechtsgeschäfte, durch das die
für eine Forderung des Mündels bestehende Sicherheit aufgehoben oder gemindert
oder die Verpflichtung dazu begründet wird.
§. 1823. Der Vormund soll nicht ohne Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im Namen des Mündels beginnen
oder ein bestehendes Erwerbsgeschäft des Mündels auflösen.
§. 1824. Der Vormund kann Gegenstände, zu deren Veräußerung die
Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts erforderlich
ist, dem Mündel nicht ohne diese Genehmigung zur Erfüllung eines von diesem
geschlossenen Vertrags oder zu freier Verfügung überlassen.
§. 1825. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde zu
Rechtsgeschäften, zu denen nach §. 1812 die Genehmigung des Gegenvormundes
erforderlich ist, sowie zu den im §. 1822 Nr. 8 bis 10 bezeichneten
Rechtsgeschäften eine allgemeine Ermächtigung ertheilen.
Die Ermächtigung soll nur ertheilt werden, wenn sie zum Zwecke der
Vermögensverwaltung, insbesondere zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts,
erforderlich ist.
§. 1826. Das Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die zu
einer Handlung des Vormundes erforderliche Genehmigung den Gegenvormund hören,
sofern ein solcher vorhanden und die Anhörung thunlich ist.
§. 1827. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 50, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1828. Das Vormundschaftsgericht kann die Genehmigung zu einem
Rechtsgeschäfte nur dem Vormunde gegenüber erklären.
§. 1829. Schließt der Vormund einen Vertrag ohne die erforderliche
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags
von der nachträglichen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ab. Die
Genehmigung sowie deren Verweigerung wird dem anderen
Theile gegenüber erst wirksam, wenn sie ihm durch den Vormund mitgetheilt wird.
Fordert der andere Theil den Vormund zur Mittheilung darüber auf, ob die
Genehmigung ertheilt sei, so kann die Mittheilung der Genehmigung nur bis zum
Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erfolgen; erfolgt
sie nicht, so gilt die Genehmigung als verweigert.
Ist der Mündel volljährig geworden, so tritt seine Genehmigung an die
Stelle der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
§. 1830. Hat der Vormund dem anderen Theile gegenüber der Wahrheit
zuwider die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts behauptet, so ist der andere
Theil bis zur Mittheilung der nachträglichen Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts zum Widerrufe berechtigt, es sei denn, daß ihm das
Fehlen der Genehmigung bei dem Abschlusse des Vertrags bekannt war.
§. 1831. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Vormund ohne die
erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornimmt, ist unwirksam.
Nimmt der Vormund mit dieser Genehmigung ein solches Rechtsgeschäft einem
Anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Vormund
die Genehmigung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der Andere das
Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
§. 1832. Soweit der Vormund zu einem Rechtsgeschäfte der Genehmigung des
Gegenvormundes bedarf, finden die Vorschriften der §§. 1828 bis 1831
entsprechende Anwendung.
§. 1833. Der Vormund ist dem Mündel für den aus einer Pflichtverletzung
entstehenden Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt.
Das Gleiche gilt von dem Gegenvormunde.
Sind für den Schaden Mehrere neben einander verantwortlich, so haften
sie als Gesammtschuldner. Ist neben dem Vormunde für den von diesem
verursachten Schaden der Gegenvormund oder ein Mitvormund nur wegen Verletzung
seiner Aufsichtspflicht verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu
einander der Vormund allein verpflichtet.
§. 1834. Verwendet der Vormund Geld des Mündels für sich, so hat er es
von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§. 1835. Macht der Vormund zum Zwecke der Führung der Vormundschaft
Aufwendungen, so kann er nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der
§§. 669, 670 von dem Mündel Vorschuß oder Ersatz verlangen. Das gleiche Recht
steht dem Gegenvormunde zu.
Als Aufwendungen gelten auch solche Dienste des Vormundes oder des
Gegenvormundes, die zu seinem Gewerbe oder seinem Berufe gehören.
Ist der Mündel mittellos, so kann der Vormund Vorschuß und Ersatz aus
der Staatskasse verlangen. Die Vorschriften über das Verfahren bei der
Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen gelten sinngemäß.
Das Jugendamt oder ein Verein kann als Vormund oder Gegenvormund für
Aufwendungen keinen Vorschuß und Ersatz nur insoweit verlangen, als das
Vermögen des Mündels ausreicht. Allgemeine Verwaltungskosten werden nicht
ersetzt. 4
§. 1836. Die Vormundschaft wird unentgeltlich geführt. Das
Vormundschaftsgericht kann jedoch dem Vormund und aus besonderen Gründen auch
dem Gegenvormund eine angemessene Vergütung bewilligen. Die Bewilligung soll
nur erfolgen, wenn das Vermögen des Mündels sowie der Umfang und die Bedeutung
der vormundschaftlichen Geschäfte es rechtfertigen. Die Vergütung kann
jederzeit für die Zukunft geändert oder entzogen werden.
Vor der Bewilligung, Aenderung oder Entziehung soll der Vormund und,
wenn ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen ist, auch dieser gehört
werden.
Dem Jugendamt oder einem Verein kann keine Vergütung bewilligt werden. 4
III. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts.
§. 1837. Das Vormundschaftsgericht hat über die gesammte Thätigkeit des
Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen und gegen
Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten.
Das Vormundschaftsgericht kann den Vormund und den Gegenvormund zur
Befolgung seiner Anordnungen durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten. Gegen
das Jugendamt oder einen Verein wird kein Zwangsgeld festgesetzt. §§ 1666, 1666a, 1667 Abs. 1, 5 und § 1696 gelten
entsprechend. 4 5
§. 1838. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Mündel zum
Zwecke der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer
Erziehungsanstalt untergebracht wird. Hierbei ist auf das religiöse Bekenntnis
oder die Weltanschauung des Mündels und seiner Familie Rücksicht zu nehmen.
Steht dem Vater oder der Mutter die Sorge für die Person des Mündels zu, so ist
eine solche Anordnung nur unter den Voraussetzungen der
§§ 1666, 1666a zulässig. 4
§. 1839. Der Vormund sowie der Gegenvormund hat dem
Vormundschaftsgericht auf Verlangen jederzeit über die Führung der
Vormundschaft und über die persönlichen Verhältnisse des Mündels Auskunft zu
ertheilen.
§. 1840. Der Vormund hat über seine Vermögensverwaltung dem
Vormundschaftsgerichte Rechnung zu legen.
Die Rechnung ist jährlich zu legen. Das Rechnungsjahr wird von dem
Vormundschaftsgerichte bestimmt.
Ist die Verwaltung von geringem Umfange, so kann das
Vormundschaftsgericht, nachdem die Rechnung für das erste Jahr gelegt worden
ist, anordnen, daß die Rechnung für längere, höchstens dreijährige
Zeitabschnitte zu legen ist.
§. 1841. Die Rechnung soll eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen
und Ausgaben enthalten, über den Ab- und Zugang des Vermögens Auskunft geben
und, soweit Belege ertheilt zu werden pflegen, mit Belegen versehen sein.
Wird ein Erwerbsgeschäft mit kaufmännischer Buchführung betrieben, so
genügt als Rechnung eine aus den Büchern gezogene Bilanz. Das
Vormundschaftsgericht kann jedoch die Vorlegung der Bücher und sonstigen Belege
verlangen.
§. 1842. Ist ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm
der Vormund die Rechnung unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen.
Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die
Prüfung ihm Anlaß giebt.
§. 1843. Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und
sachlich zu prüfen und, soweit erforderlich, ihre Berichtigung und Ergänzung
herbeizuführen.
Ansprüche, die zwischen dem Vormund und dem Mündel streitig bleiben,
können schon vor der Beendigung des Vormundschaftsverhältnisses im Rechtswege
geltend gemacht werden.
§. 1844. Das Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen den
Einzelvormund anhalten, für das seiner Verwaltung unterliegende Vermögen
Sicherheit zu leisten. Die Art und den Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt
das Vormundschaftsgericht nach seinem Ermessen. Das Vormundschaftsgericht kann,
solange das Amt des Vormundes dauert, jederzeit die Erhöhung, Minderung oder
Aufhebung der Sicherheit anordnen.
Bei der Bestellung, Aenderung oder Aufhebung der Sicherheit wird die
Mitwirkung des Mündels durch die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Die Kosten der Sicherheitsleistung sowie der Aenderung oder der
Aufhebung fallen dem Mündel zur Last. 4
§. 1845. Will der zum Vormunde bestellte Vater oder die zum Vormunde
bestellte Mutter des Mündels eine Ehe eingehen, so gilt § 1683 entsprechend.
§. 1846. Ist ein Vormund noch nicht bestellt oder ist der Vormund an der
Erfüllung seiner Pflichten verhindert, so hat das Vormundschaftsgericht die im
Interesse des Mündels erforderlichen Maßregeln zu treffen.
§. 1847. Das Vormundschaftsgericht soll in wichtigen Angelegenheiten
Verwandte oder Verschwägerte des Mündels hören, wenn dies ohne erhebliche
Verzögerung und ohne unverhältnismäßige Kosten geschehen kann. § 1779 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.
§. 1848. Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 42, Bundesgesetzblatt
I 1976, S. 1421, Nr. 67, ausgegeben am 15. 06. 1976, in Kraft seit 01. 07. 1976
– 1. EheRG.
IV. Mitwirkung des Jugendamts
§. 1849. Das Jugendamt hat dem Vormundschaftsgerichte die Personen
vorzuschlagen, die sich im einzelnen Falle zum Vormund
oder Gegenvormund eignen.
§. 1850. Das Jugendamt hat in Unterstützung des Vormundschaftsgerichts
darüber zu wachen, daß die Vormünder für die Person der Mündel, insbesondere
für ihre Erziehung und ihre körperliche Pflege, pflichtmäßig Sorge tragen. Es
hat dem Vormundschaftsgericht Mängel und Pflichtwidrigkeiten anzuzeigen und auf
Erfordern über das persönliche Ergehen und das Verhalten eines Mündels Auskunft
zu erteilen.
Erlangt das Jugendamt Kenntnis von einer Gefährdung des Vermögens eines
Mündels, so hat es dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen.
§. 1851. Das Vormundschaftsgericht hat dem Jugendamt die Anordnung der
Vormundschaft unter Bezeichnung des Vormunds und des Gegenvormunds sowie einen
Wechsel in der Person und die Beendigung der Vormundschaft mitzuteilen.
Wird der gewöhnliche Aufenthalt eines Mündels in den Bezirk eines
anderen Jugendamts verlegt, so hat der Vormund dem Jugendamt des bisherigen
gewöhnlichen Aufenthalts und dieses dem Jugendamt des neuen gewöhnlichen
Aufenthalts die Verlegung mitzuteilen.
§. 1851a. Ist ein Verein Vormund, so sind die Vorschriften der §§ 1850,
1851 nicht anzuwenden.
V. Befreite Vormundschaft.
§. 1852. Der Vater kann, wenn er einen Vormund benennt, die Bestellung
eines Gegenvormundes ausschließen.
Der Vater kann anordnen, daß der von ihm benannte Vormund bei der
Anlegung von Geld den in den §§. 1809, 1810 bestimmten Beschränkungen nicht
unterliegen und zu den im §. 1812 bezeichneten Rechtsgeschäften der Genehmigung
des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts nicht bedürfen soll. Diese
Anordnungen sind als getroffen anzusehen, wenn der Vater die Bestellung eines
Gegenvormundes ausgeschlossen hat.
§. 1853. Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von der
Verpflichtung entbinden, Inhaber- und Orderpapiere zu hinterlegen und den im §.
1816 bezeichneten Vermerk in das Reichsschuldbuch oder das Staatsschuldbuch
eintragen zu lassen.
§. 1854. Der Vater kann den von ihm benannten Vormund von der
Verpflichtung entbinden, während der Dauer seines Amtes Rechnung zu legen.
Der Vormund hat in einem solchen Falle nach dem Ablaufe von je zwei
Jahren eine Uebersicht über den Bestand des seiner Verwaltung unterliegenden
Vermögens dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Das Vormundschaftsgericht
kann anordnen, daß die Uebersicht in längeren, höchstens fünfjährigen
Zwischenräumen einzureichen ist.
Ist ein Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm der Vormund
die Uebersicht unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen. Der
Gegenvormund hat die Uebersicht mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die
Prüfung ihm Anlaß giebt.
§. 1855. Benennt die Mutter einen Vormund, so kann sie die gleichen Anordnungen
treffen wie nach den §§. 1852 bis 1854 der Vater.
§. 1856. Auf die nach den §§ 1852 bis 1855 zulässigen Anordnungen sind
die Vorschriften des § 1777 anzuwenden. Haben die Eltern denselben Vormund
benannt, aber einander widersprechende Anordnungen getroffen, so gelten die
Anordnungen des zuletzt verstorbenen Elternteils.
§. 1857. Die Anordnungen des Vaters oder der Mutter können von dem
Vormundschaftsgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung das
Interesse des Mündels gefährden würde.
§. 1857a. Dem Jugendamt und einem Verein als Vormund stehen die nach §
1852 Abs. 2, §§ 1853, 1854 zulässigen Befreiungen zu.
VI. Familienrath.
§. 1858. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1859. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1860. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1861. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1862. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1863. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1864. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1865. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1866. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1867. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1868. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1869. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1870. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1871. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1872. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1873. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1874. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1875. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1876. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1877. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1878. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1879. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1880. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1881. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 55, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
VII. Beendigung der Vormundschaft.
§. 1882. Die Vormundschaft endigt mit dem Wegfalle der im §. 1773 für
die Begründung der Vormundschaft bestimmten Voraussetzungen.
§. 1883. Wird der Mündel durch nachfolgende Ehe seiner Eltern ehelich,
so endigt die Vormundschaft erst dann, wenn ihre Aufhebung von dem
Vormundschaftsgericht angeordnet wird.
§. 1884. Ist der Mündel verschollen, so endigt die Vormundschaft erst
mit der Aufhebung durch das Vormundschaftsgericht. Das Vormundschaftsgericht hat
die Vormundschaft aufzuheben, wenn ihm der Tod des Mündels bekannt wird.
Wird der Mündel für tot erklärt oder wird seine Todeszeit nach den
Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, so endigt die
Vormundschaft mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Todeserklärung oder
die Feststellung der Todeszeit.
§. 1885. Das Amt des Vormundes endigt mit seiner Entmündigung.
§. 1886. Das Vormundschaftsgericht hat den Einzelvormund zu entlassen,
wenn die Fortführung des Amtes, insbesondere wegen pflichtwidrigen Verhaltens
des Vormundes, das Interesse des Mündels gefährden würde oder wenn in der
Person des Vormundes einer der im §. 1781 bestimmten Gründe
vorliegt. 4
§. 1887. Das Vormundschaftsgericht hat das Jugendamt oder den Verein als
Vormund zu entlassen und einen anderen Vormund zu bestellen, wenn dies dem
Wohle des Mündels dient und eine andere als Vormund geeignete Person vorhanden
ist.
Die Entscheidung ergeht von Amts wegen oder auf
Antrag. Zum Antrag ist berechtigt der Mündel, der das
vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, sowie jeder, der ein berechtigtes
Interesse des Mündels geltend macht. Das Jugendamt oder der Verein sollen den
Antrag stellen, sobald sie erfahren, daß die Voraussetzungen des Absatzes 1
vorliegen.
Das Vormundschaftsgericht soll vor seiner
Entscheidung auch das Jugendamt oder den Verein hören.
§. 1888. Ist ein Beamter oder ein Religionsdiener zum Vormunde bestellt,
so hat ihn das Vormundschaftsgericht zu entlassen, wenn die Erlaubniß, die nach
den Landesgesetzen zur Uebernahme der Vormundschaft oder zur Fortführung der
vor dem Eintritt in das Amts- oder Dienstverhältniß übernommenen Vormundschaft
erforderlich ist, versagt oder zurückgenommen wird oder wenn die nach den
Landesgesetzen zulässige Untersagung der Fortführung der Vormundschaft erfolgt.
§. 1889. Das Vormundschaftsgericht hat den Einzelvormund auf seinen
Antrag zu entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein wichtiger Grund ist
insbesondere der Eintritt eines Umstandes, der den Vormund nach §. 1786 Abs. 1
Nr. 2 bis 7 berechtigen würde, die Uebernahme der Vormundschaft abzulehnen.
Das Vormundschaftsgericht hat das Jugendamt oder den Verein als Vormund
auf seinen Antrag zu entlassen, wenn eine andere als Vormund geeignete Person
vorhanden ist und das Wohl des Mündels dieser Maßnahme nicht entgegensteht. Ein
Verein ist auf seinen Antrag ferner zu entlassen, wenn ein wichtiger Grund
vorliegt.
§. 1890. Der Vormund hat nach der Beendigung seines Amtes dem Mündel das
verwaltete Vermögen herauszugeben und über die Verwaltung Rechenschaft
abzulegen. Soweit er dem Vormundschaftsgerichte Rechnung gelegt hat, genügt die
Bezugnahme auf diese Rechnung.
§. 1891. Ist ein Gegenvormund vorhanden, so hat ihm der Vormund die
Rechnung vorzulegen. Der Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu
versehen, zu denen die Prüfung ihm Anlaß giebt.
Der Gegenvormund hat über die Führung der Gegenvormundschaft und, soweit
er dazu im Stande ist, über das von dem Vormunde verwaltete Vermögen auf
Verlangen Auskunft zu ertheilen.
§. 1892. Der Vormund hat die Rechnung, nachdem er sie dem Gegenvormunde
vorgelegt hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen.
Das Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich
zu prüfen und deren Abnahme durch Verhandlung mit den Betheiligten unter
Zuziehung des Gegenvormundes zu vermitteln. Soweit die Rechnung als richtig
anerkannt wird, hat das Vormundschaftsgericht das Anerkenntniß zu beurkunden.
§. 1893. Im Falle der Beendigung der Vormundschaft oder des
vormundschaftlichen Amtes finden die Vorschriften der §§ 1698a, 1698b
entsprechende Anwendung.
Der Vormund hat nach Beendigung seines Amtes die Bestallung dem
Vormundschaftsgericht zurückzugeben. In den Fällen der §§ 1791a, 1791b ist die
schriftliche Verfügung des Vormundschaftsgerichts, im Falle des § 1791c die
Bescheinigung über den Eintritt der Vormundschaft zurückzugeben.
§. 1894. Den Tod des Vormundes hat dessen Erbe dem Vormundschaftsgericht
unverzüglich anzuzeigen.
Den Tod des Gegenvormundes oder eines Mitvormundes hat der Vormund
unverzüglich anzuzeigen.
§. 1895. Die Vorschriften der §§. 1885 bis 1889, 1893, 1894 finden auf
den Gegenvormund entsprechende Anwendung.
Zweiter Titel.
Vormundschaft über Volljährige.
§. 1896. Ein Volljähriger erhält einen Vormund, wenn er entmündigt ist.
§. 1897. Auf die Vormundschaft über einen Volljährigen finden die für
die Vormundschaft über einen Minderjährigen geltenden Vorschriften Anwendung,
soweit sich nicht aus den §§. 1898 bis 1908 ein Anderes ergiebt. Die Landesregierungen können durch
Rechtsverordnung bestimmen, daß andere Behörden an die Stelle des Jugendamts
und des Landesjugendamts treten.
§. 1898. Der Vater und die Mutter des Mündels sind nicht berechtigt,
einen Vormund zu benennen oder Jemand von der Vormundschaft auszuschließen.
§. 1899. Als Vormund sind die Eltern des Mündels berufen; § 1779 Abs. 2
gilt entsprechend.
Die Eltern sind nicht berufen, wenn der Mündel von einer anderen
Person als seinem Vater oder seiner Mutter oder deren Ehegatten als Kind
angenommen ist.
§ 1778 Abs. 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, daß
der Mündel der Bestellung eines Elternteils zum Vormund nicht widersprechen
kann.
§. 1900. Der Ehegatte des Mündels darf vor den Eltern zum Vormund
bestellt werden.
§. 1901. Der Vormund hat für die Person des Mündels nur insoweit zu sorgen,
als der Zweck der Vormundschaft es erfordert.
Ist oder war der Mündel verheiratet, so gilt die in
§ 1633 bestimmte Beschränkung nicht.
§. 1902. Der Vormund kann eine Ausstattung aus dem Vermögen des Mündels
nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts versprechen oder gewähren.
Zu einem Mieth- oder Pachtvertrage sowie zu einem anderen Vertrage,
durch den der Mündel zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, bedarf
der Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn das
Vertragsverhältniß länger als vier Jahre dauern soll. Die Vorschrift des §.
1822 Nr. 4 bleibt unberührt.
§. 1903. Wird der Vater oder die Mutter des Mündels zum Vormund
bestellt, so wird ein Gegenvormund nicht bestellt. Dem Vater oder der Mutter
stehen die Befreiungen zu, die nach den §§ 1852 bis 1854 angeordnet werden
können. Das Vormundschaftsgericht kann die Befreiung außer Kraft setzen, wenn
sie das Interesse des Mündels gefährden.
Diese Vorschriften sind nicht anzuwenden, wenn der Vater oder die Mutter
im Falle der Minderjährigkeit des Mündels zur Vermögensverwaltung nicht
berechtigt wäre.
§. 1904. Dem Vater oder der Mutter ist ein Gegenvormund zu bestellen,
wenn sie dies beantragen. Wird ein Gegenvormund bestellt, so stehen dem Vater
oder der Mutter die in § 1852 bezeichneten Befreiungen nicht zu.
Das Vormundschaftsgericht soll die Bestellung des Gegenvormundes nur mit
Zustimmung des Elternteils, dem der Gegenvormund bestellt ist, aufheben.
§. 1905. Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 59, Bundesgesetzblatt I 1979, S. 1061, Nr. 42,
ausgegeben am 24. 07. 1979, in Kraft seit 01. 01. 1980.
§. 1906. Ein Volljähriger, dessen Entmündigung beantragt ist, kann unter
vorläufige Vormundschaft gestellt werden, wenn das Vormundschaftsgericht es zur
Abwendung einer erheblichen Gefährdung der Person oder des Vermögens des
Volljährigen für erforderlich erachtet.
§. 1907. Die Vorschriften über die Berufung zur Vormundschaft gelten
nicht für die vorläufige Vormundschaft.
§. 1908. Die vorläufige Vormundschaft endigt mit der Rücknahme oder der
rechtskräftigen Abweisung des Antrags auf Entmündigung.
Erfolgt die Entmündigung, so endigt die vorläufige Vormundschaft, wenn
auf Grund der Entmündigung ein Vormund bestellt wird.
Die vorläufige Vormundschaft ist von dem Vormundschaftsgericht
aufzuheben, wenn der Mündel des vorläufigen vormundschaftlichen Schutzes nicht
mehr bedürftig ist.
Dritter Titel.
Pflegschaft.
§. 1909. Wer unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht,
erhält für Angelegenheiten, an deren Besorgung die Eltern oder der Vormund
verhindert sind, einen Pfleger. Er erhält insbesondere einen Pfleger zur
Verwaltung des Vermögens, das er von Todes wegen erwirbt oder das ihm unter
Lebenden unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige
Verfügung, der Zuwendende bei der Zuwendung bestimmt hat, daß die Eltern oder
der Vormund das Vermögen nicht verwalten sollen.
Wird eine Pflegschaft erforderlich, so haben die Eltern oder der Vormund
dies dem Vormundschaftsgericht unverzüglich anzuzeigen.
Die Pflegschaft ist auch dann anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für
die Anordnung einer Vormundschaft vorliegen, ein Vormund aber noch nicht
bestellt ist.
§. 1910. Ein Volljähriger, der nicht unter Vormundschaft steht, kann
einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen erhalten, wenn er in Folge
körperlicher Gebrechen, insbesondere weil er taub, blind oder stumm ist, seine
Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag.
Vermag ein Volljähriger, der nicht unter Vormundschaft steht, in Folge
geistiger oder körperlicher Gebrechen einzelne seiner Angelegenheiten oder
einen bestimmten Kreis seiner Angelegenheiten, insbesondere seine Vermögensangelegenheiten,
nicht zu besorgen, so kann er für diese Angelegenheiten einen Pfleger erhalten.
Die Pflegschaft darf nur mit Einwilligung des Gebrechlichen angeordnet
werden, es sei denn, daß eine Verständigung mit ihm nicht möglich ist.
§. 1911. Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist,
erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen,
einen Abwesenheitspfleger. Ein solcher Pfleger ist ihm insbesondere auch dann
zu bestellen, wenn er durch Ertheilung eines Auftrags oder einer Vollmacht
Fürsorge getroffen hat, aber Umstände eingetreten sind, die zum Widerrufe des
Auftrags oder der Vollmacht Anlaß geben.
Das Gleiche gilt von einem Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt, der
aber an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten
verhindert ist.
§. 1912. Eine
Leibesfrucht erhält zur Wahrung ihrer künftigen Rechte, soweit diese einer
Fürsorge bedürfen, einen Pfleger. Auch ohne diese Voraussetzungen kann für eine
Leibesfrucht auf Antrag des Jugendamts oder der werdenden Mutter ein Pfleger
bestellt werden, wenn anzunehmen ist, daß das Kind nichtehelich geboren werden
wird.
Die
Fürsorge steht jedoch den Eltern insoweit zu, als ihnen die elterliche Gewalt
zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre.
§. 1913. Ist unbekannt oder ungewiß, wer bei einer Angelegenheit der
Betheiligte ist, so kann dem Betheiligten für diese Angelegenheit, soweit eine
Fürsorge erforderlich ist, ein Pfleger bestellt werden. Insbesondere kann einem
Nacherben, der noch nicht erzeugt ist oder dessen Persönlichkeit erst durch ein
künftiges Ereigniß bestimmt wird, für die Zeit bis zum Eintritte der
Nacherbfolge ein Pfleger bestellt werden.
§. 1914. Ist durch öffentliche Sammlung Vermögen für einen vorübergehenden
Zweck zusammengebracht worden, so kann zum Zwecke der Verwaltung und Verwendung
des Vermögens ein Pfleger bestellt werden, wenn die zu der Verwaltung und
Verwendung berufenen Personen weggefallen sind.
§. 1915. Auf die Pflegschaft finden die für die
Vormundschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit sich nicht
aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
Die Bestellung eines Gegenvormundes ist nicht erforderlich.
§. 1916. Für die nach §. 1909 anzuordnende
Pflegschaft gelten die Vorschriften über die Berufung zur Vormundschaft nicht.
§. 1917. Wird die Anordnung einer Pflegschaft nach § 1909 Abs. 1 Satz 2
erforderlich, so ist als Pfleger berufen, wer durch letztwillige Verfügung oder
bei der Zuwendung benannt worden ist; die Vorschriften des § 1778 sind
entsprechend anzuwenden.
Für den benannten Pfleger können durch letztwillige Verfügungen oder bei
der Zuwendung die in den §§ 1852 bis 1854 bezeichneten Befreiungen angeordnet
werden. Das Vormundschaftsgericht kann die Anordnungen außer Kraft setzen, wenn
sie das Interesse des Pfleglings gefährden.
Zu einer Abweichung von den Anordnungen des Zuwendenden ist, solange er
lebt, seine Zustimmung erforderlich und genügend. Ist er zur Abgabe einer
Erklärung dauernd außerstande oder ist sein Aufenthalt dauernd unbekannt, so
kann das Vormundschaftsgericht die Zustimmung ersetzen.
§. 1918. Die Pflegschaft für eine unter elterlicher Gewalt oder unter
Vormundschaft stehende Person endigt mit der Beendigung der elterlichen Gewalt
oder der Vormundschaft.
Die Pflegschaft für eine Leibesfrucht endigt mit der Geburt des Kindes.
Die Pflegschaft zur Besorgung einer einzelnen Angelegenheit endigt mit
deren Erledigung.
§. 1919. Die Pflegschaft ist von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben,
wenn der Grund für die Anordnung der Pflegschaft weggefallen ist.
§. 1920. Eine nach §. 1910 angeordnete Pflegschaft ist von dem
Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Pflegebefohlene die Aufhebung
beantragt.
§. 1921. Die Pflegschaft für einen Abwesenden ist von dem Vormundschaftsgericht
aufzuheben, wenn der Abwesende an der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten
nicht mehr verhindert ist.
Stirbt der Abwesende, so endigt die Pflegschaft erst mit der Aufhebung
durch das Vormundschaftsgericht. Das Vormundschaftsgericht hat die Pflegschaft
aufzuheben, wenn ihm der Tod des Abwesenden bekannt wird.
Wird der Abwesende für tot erklärt oder wird seine Todeszeit nach den
Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, so endigt die
Pflegeschaft mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Todeserklärung oder
die Feststellung der Todeszeit.
Fünftes Buch.
Erbrecht.
Erster Abschnitt.
Erbfolge.
§. 1922. Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen
(Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.
Auf den Antheil eines Miterben (Erbtheil) finden die sich auf die
Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung.
§. 1923. Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt.
Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits erzeugt war,
gilt als vor dem Erbfalle geboren.
§. 1924. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des
Erblassers.
Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit
dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden
Abkömmlinges treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge
(Erbfolge nach Stämmen).
Kinder erben zu gleichen Theilen.
§. 1925. Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers
und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein und zu
gleichen Theilen.
Lebt zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter nicht mehr, so
treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge nach den für die
Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften. Sind Abkömmlinge nicht
vorhanden, so erbt der überlebende Theil allein.
In den Fällen des § 1756 sind das angenommene Kind und die
Abkömmlinge der leiblichen Eltern oder des anderen Elternteils des Kindes im
Verhältnis zueinander nicht Erben der zweiten Ordnung.
§. 1926. Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des
Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls die Großeltern, so erben sie allein und zu
gleichen Theilen.
Lebt zur Zeit des Erbfalls von einem Großelternpaar der Großvater oder
die Großmutter nicht mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen
Abkömmlinge. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so fällt der Antheil des
Verstorbenen dem anderen Theile des Großelternpaars und, wenn dieser nicht mehr
lebt, dessen Abkömmlingen zu.
Lebt zur Zeit des Erbfalls ein Großelternpaar nicht mehr und sind
Abkömmlinge der Verstorbenen nicht vorhanden, so erben die anderen Großeltern
oder ihre Abkömmlinge allein.
Soweit Abkömmlinge an die Stelle ihrer Eltern oder ihrer Voreltern
treten, finden die für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden
Vorschriften Anwendung.
§. 1927. Wer in der ersten, der zweiten oder der dritten Ordnung
verschiedenen Stämmen angehört, erhält den in jedem dieser Stämme ihm
zufallenden Antheil. Jeder Antheil gilt als besonderer Erbtheil.
§. 1928. Gesetzliche Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des
Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern, so erben sie allein; mehrere
erben zu gleichen Theilen, ohne Unterschied, ob sie derselben Linie oder
verschiedenen Linien angehören.
Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern nicht mehr, so erbt von ihren
Abkömmlingen derjenige, welcher mit dem Erblasser dem Grade nach am nächsten
verwandt ist; mehrere gleich nahe Verwandte erben zu gleichen Theilen.
§. 1929. Gesetzliche Erben der fünften Ordnung und der ferneren
Ordnungen sind die entfernteren Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Die Vorschriften des §. 1928 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§. 1930. Ein
Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer
vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, auch wenn diesem nur ein
Erbersatzanspruch zusteht.
§. 1931. Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten
der ersten Ordnung zu einem Viertheile, neben Verwandten der zweiten Ordnung
oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen.
Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der
Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Antheil, der nach §. 1926 den
Abkömmlingen zufallen würde.
Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern
vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
Die Vorschriften des § 1371 bleiben unberührt.
Bestand
beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem
überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben
der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen; § 1924 Abs. 3 gilt
auch in diesem Falle.
§. 1932. Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der zweiten
Ordnung oder neben Großeltern gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer dem
Erbteil die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör
eines Grundstücks sind, und die Hochzeitsgeschenke als Voraus. Ist der
überlebende Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so
gebühren ihm diese Gegenstände, soweit er sie zur Führung eines angemessenen
Haushalts benötigt.
Auf den Voraus sind die für Vermächtnisse
geltenden Vorschriften anzuwenden.
§. 1933. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den
Voraus ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die
Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die
Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Das gleiche gilt, wenn der
Erblasser auf Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben
hatte. In diesen Fällen ist der Ehegatte nach Maßgabe der §§ 1569 bis 1586b
unterhaltsberechtigt.
§. 1934. Gehört der überlebende Ehegatte zu den erbberechtigten
Verwandten, so erbt er zugleich als Verwandter. Der Erbtheil, der ihm auf Grund
der Verwandtschaft zufällt, gilt als besonderer Erbtheil.
§. 1934a.
Einem nichtehelichen Kinde und seinen Abkömmlingen steht beim Tode des Vaters
des Kindes sowie beim Tode von väterlichen Verwandten neben ehelichen
Abkömmlingen des Erblassers und neben dem überlebenden Ehegatten des Erblassers
an Stelle des gesetzlichen Erbteils ein Erbersatzanspruch gegen den Erben in
Höhe des Wertes des Erbteils zu.
Beim Tode
eines nichtehelichen Kindes steht dem Vater und seinen Abkömmlingen neben der
Mutter und ihren ehelichen Abkömmlingen an Stelle des gesetzlichen Erbteils der
im Absatz 1 bezeichnete Erbersatzanspruch zu.
Beim Tode
eines nichtehelichen Kindes sowie beim Tode eines Kindes des nichtehelichen
Kindes steht dem Vater des nichtehelichen Kindes und seinen Verwandten neben
dem überlebenden Ehegatten des Erblassers an Stelle des gesetzlichen Erbteils
der im Absatz 1 bezeichnete Erbersatzanspruch zu.
Soweit es
nach den Absätzen 1 und 2 für die Entstehung eines Erbersatzanspruchs darauf
ankommt, ob eheliche Abkömmlinge vorhanden sind, steht ein nichteheliches Kind
im Verhältnis zu seiner Mutter einem ehelichen Kinde gleich.
§. 1934b.
Der Berechnung des Erbersatzanspruchs wird der Bestand und der Wert des
Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt. Der Wert ist, soweit erforderlich,
durch Schätzung zu ermitteln. § 2049 gilt entsprechend.
Auf den
Erbersatzanspruch sind die für den Pflichtteil geltenden Vorschriften mit
Ausnahme der §§ 2303 bis 2312, 2315, 2316, 2318, 2322 bis 2331, 2332 bis 2338a
sowie die für die Annahme und die Ausschlagung eines Vermächtnisses geltenden
Vorschriften sinngemäß anzuwenden. Der Erbersatzanspruch verjährt in drei
Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Erbersatzberechtigte von dem Eintritt
des Erbfalls und den Umständen, aus denen sich das Bestehen des Anspruchs
ergibt, Kenntnis erlangt, spätestens in dreißig Jahren von dem Eintritt des
Erbfalls an.
Auf den
Erbersatzanspruch eines Abkömmlings des Erblassers sind auch die Vorschriften
über die Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen, die als gesetzliche Erben zur
Erbfolge gelangen, entsprechend anzuwenden.
§. 1934c.
War beim Tode des Vaters eines nichtehelichen Kindes die Vaterschaft weder
anerkannt noch rechtskräftig festgestellt, so steht dem Kinde ein gesetzliches
Erbrecht oder ein Erbersatzanspruch nur zu, wenn das gerichtliche Verfahren zur
Feststellung der Vaterschaft bereits zur Zeit des Erbfalls anhängig war. Ist
der Vater gestorben, bevor das Kind geboren oder sechs Monate alt war, so
genügt es, wenn der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft binnen sechs
Monaten gestellt wird; die Frist beginnt mit dem Erbfall, jedoch nicht vor der
Geburt des Kindes.
Im Falle
des Todes eines Verwandten des Vaters gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend.
§. 1934d.
Ein nichteheliches Kind, welches das einundzwanzigste, aber noch nicht das
siebenundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, ist berechtigt, von seinem Vater
einen vorzeitigen Erbausgleich in Geld zu verlangen.
Der
Ausgleichsbetrag beläuft sich auf das Dreifache des Unterhalts, den der Vater
dem Kinde im Durchschnitt der letzten fünf Jahre, in denen es voll
unterhaltsbedürftig war, jährlich zu leisten hatte. Ist nach den Erwerbs- und
Vermögensverhältnissen des Vaters unter Berücksichtigung seiner anderen
Verpflichtungen eine Zahlung in dieser Höhe entweder dem Vater nicht zuzumuten
oder für das Kind als Erbausgleich unangemessen gering, so beläuft sich der
Ausgleichsbetrag auf das den Umständen nach Angemessene, jedoch auf mindestens
das Einfache, höchstens das Zwölffache des in Satz 1 bezeichneten Unterhalts.
Der
Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem das Kind das
siebenundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat.
Eine
Vereinbarung, die zwischen dem Kinde und dem Vater über den Erbausgleich
getroffen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. Bevor eine Vereinbarung
beurkundet oder über den Erbausgleich rechtskräftig entschieden ist, kann das
Kind das Ausgleichsverlangen ohne Einwilligung des Vaters zurücknehmen. Kommt
ein Erbausgleich nicht zustande, so gelten für Zahlungen, die der Vater dem
Kinde im Hinblick auf den Erbausgleich geleistet und nicht zurückgefordert hat,
die Vorschriften des § 2050 Abs. 1, des § 2051 Abs. 1 und des § 2315
entsprechend.
Der Vater
kann Stundung des Ausgleichsbetrages verlangen, wenn er dem Kinde laufenden Unterhalt
zu gewähren hat und soweit ihm die Zahlung neben der Gewährung des Unterhalts
nicht zugemutet werden kann. In anderen Fällen kann der Vater Stundung
verlangen, wenn ihn die sofortige Zahlung des gesamten Ausgleichsbetrages
besonders hart treffen würde und dem Kinde eine Stundung zugemutet werden kann.
Die Vorschriften des § 1382 gelten entsprechend.
§. 1934e.
Ist über den Erbausgleich eine wirksame Vereinbarung getroffen oder ist er
durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt, so sind beim Tode des Vaters sowie beim
Tode väterlicher Verwandter das Kind und dessen Abkömmlinge, beim Tode des
Kindes sowie beim Tode von Abkömmlingen des Kindes der Vater und dessen
Verwandte nicht gesetzliche Erben und nicht pflichtteilsberechtigt.
§. 1935. Fällt ein gesetzlicher Erbe vor oder nach dem Erbfalle weg und
erhöht sich in Folge dessen der Erbtheil eines anderen gesetzlichen Erben, so
gilt der Theil, um welchen sich der Erbtheil erhöht, in Ansehung der
Vermächtnisse und Auflagen, mit denen dieser Erbe oder der wegfallende Erbe
beschwert ist, sowie in Ansehung der Ausgleichungspflicht als besonderer
Erbtheil.
§. 1936. Ist zur Zeit des Erbfalls weder ein Verwandter noch ein
Ehegatte des Erblassers vorhanden, so ist der Fiskus des Bundesstaats, dem der
Erblasser zur Zeit des Todes angehört hat, gesetzlicher Erbe. Hat der Erblasser
mehreren Bundesstaaten angehört, so ist der Fiskus eines jeden dieser Staaten
zu gleichem Antheile zur Erbfolge berufen.
War der Erblasser ein Deutscher, der keinem Bundesstaat angehörte, so
ist der Reichsfiskus gesetzlicher Erbe.
§. 1937. Der Erblasser kann durch einseitige Verfügung von Todeswegen
(Testament, letztwillige Verfügung) den Erben bestimmen.
§. 1938. Der Erblasser kann durch Testament einen Verwandten oder den
Ehegatten von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben
einzusetzen.
§. 1939. Der Erblasser kann durch Testament einem Anderen, ohne ihn als
Erben einzusetzen, einen Vermögensvortheil zuwenden (Vermächtniß).
§. 1940. Der Erblasser kann durch Testament den Erben oder einen
Vermächtnißnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne einem Anderen ein Recht
auf die Leistung zuzuwenden (Auflage).
§. 1941. Der Erblasser kann durch Vertrag einen Erben einsetzen sowie
Vermächtnisse und Auflagen anordnen (Erbvertrag).
Als Erbe (Vertragserbe) oder als Vermächtnißnehmer kann sowohl der
andere Vertragschließende als ein Dritter bedacht werden.
Zweiter Abschnitt.
Rechtliche Stellung des Erben.
Erster Titel.
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft. Fürsorge des Nachlaßgerichts.
§. 1942. Die Erbschaft geht auf den berufenen Erben unbeschadet des
Rechtes über, sie auszuschlagen (Anfall der Erbschaft).
Der Fiskus kann die ihm als gesetzlichem Erben angefallene Erbschaft
nicht ausschlagen.
§. 1943. Der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie
angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist
verstrichen ist; mit dem Ablaufe der Frist gilt die Erbschaft als angenommen.
§. 1944. Die Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall
und dem Grunde der Berufung Kenntniß erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von
Todeswegen berufen, so beginnt die Frist nicht vor der Verkündung der
Verfügung. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden
Vorschriften der §§. 203, 206 entsprechende Anwendung.
Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten
Wohnsitz nur im Auslande gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginne der
Frist im Ausland aufhält.
§. 1945. Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
Nachlaßgerichte; die Erklärung ist zur Niederschrift des Nachlaßgerichts oder
in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Die Niederschrift des Nachlaßgerichts wird nach den Vorschriften des
Beurkundungsgesetzes errichtet.
Ein Bevollmächtigter bedarf einer öffentlich beglaubigten Vollmacht. Die
Vollmacht muß der Erklärung beigefügt oder innerhalb der Ausschlagungsfrist
nachgebracht werden.
§. 1946. Der Erbe kann die Erbschaft annehmen oder ausschlagen, sobald
der Erbfall eingetreten ist.
§. 1947. Die Annahme und die Ausschlagung können nicht unter einer
Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
§. 1948. Wer durch Verfügung von Todeswegen als Erbe berufen ist, kann,
wenn er ohne die Verfügung als gesetzlicher Erbe berufen sein würde, die
Erbschaft als eingesetzter Erbe ausschlagen und als gesetzlicher Erbe annehmen.
Wer durch Testament und durch Erbvertrag als Erbe berufen ist, kann die
Erbschaft aus dem einen Berufungsgrund annehmen und aus dem anderen
ausschlagen.
§. 1949. Die Annahme gilt als nicht erfolgt, wenn der Erbe über den
Berufungsgrund im Irrthume war.
Die Ausschlagung erstreckt sich im Zweifel auf alle Berufungsgründe, die
dem Erben zur Zeit der Erklärung bekannt sind.
§. 1950. Die Annahme und die Ausschlagung können nicht auf einen Theil
der Erbschaft beschränkt werden. Die Annahme oder Ausschlagung eines Theiles
ist unwirksam.
§. 1951. Wer zu mehreren Erbtheilen berufen ist, kann, wenn die Berufung
auf verschiedenen Gründen beruht, den einen Erbtheil annehmen und den anderen
ausschlagen.
Beruht die Berufung auf demselben Grunde, so gilt die Annahme oder
Ausschlagung des einen Erbtheils auch für den anderen, selbst wenn der andere
erst später anfällt. Die Berufung beruht auf demselben Grunde auch dann, wenn
sie in verschiedenen Testamenten oder vertragsmäßig in verschiedenen zwischen
denselben Personen geschlossenen Erbverträgen angeordnet ist.
Setzt der Erblasser einen Erben auf mehrere Erbtheile ein, so kann er
ihm durch Verfügung von Todeswegen gestatten, den einen Erbtheil anzunehmen und
den anderen auszuschlagen.
§. 1952. Das Recht des Erben, die Erbschaft auszuschlagen, ist
vererblich.
Stirbt der Erbe vor dem Ablaufe der Ausschlagungsfrist, so endigt die
Frist nicht vor dem Ablaufe der für die Erbschaft des Erben vorgeschriebenen
Ausschlagungsfrist.
Von mehreren Erben des Erben kann jeder den seinem Erbtheil
entsprechenden Theil der Erbschaft ausschlagen.
§. 1953. Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den
Ausschlagenden als nicht erfolgt.
Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der
Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit
dem Erbfall erfolgt.
Das Nachlaßgericht soll die Ausschlagung demjenigen mittheilen, welchem
die Erbschaft in Folge der Ausschlagung angefallen ist. Es hat die Einsicht der
Erklärung Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§. 1954. Ist die Annahme oder die Ausschlagung anfechtbar, so kann die
Anfechtung nur binnen sechs Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem
Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört, in den übrigen Fällen mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde
Kenntniß erlangt. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung
geltenden Vorschriften der §§. 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten
Wohnsitz nur im Auslande gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginne der
Frist im Ausland aufhält.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Annahme oder der
Ausschlagung dreißig Jahre verstrichen sind.
§. 1955. Die Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung erfolgt durch
Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Für die Erklärung gelten die
Vorschriften des §. 1945.
§. 1956. Die Versäumung der Ausschlagungsfrist kann in gleicher Weise
wie die Annahme angefochten werden.
§. 1957. Die Anfechtung der Annahme gilt als Ausschlagung, die Anfechtung
der Ausschlagung gilt als Annahme.
Das Nachlaßgericht soll die Anfechtung der Ausschlagung demjenigen
mittheilen, welchem die Erbschaft in Folge der Ausschlagung angefallen war. Die
Vorschrift des §. 1953 Abs. 3 Satz 2 findet Anwendung.
§. 1958. Vor der Annahme der Erbschaft kann ein Anspruch, der sich gegen
den Nachlaß richtet, nicht gegen den Erben gerichtlich geltend gemacht werden.
§. 1959. Besorgt der Erbe vor der Ausschlagung erbschaftliche Geschäfte,
so ist er demjenigen gegenüber, welcher Erbe wird, wie ein Geschäftsführer ohne
Auftrag berechtigt und verpflichtet.
Verfügt der Erbe vor der Ausschlagung über einen Nachlaßgegenstand, so
wird die Wirksamkeit der Verfügung durch die Ausschlagung nicht berührt, wenn
die Verfügung nicht ohne Nachtheil für den Nachlaß verschoben werden konnte.
Ein Rechtsgeschäft, das gegenüber dem Erben als solchem vorgenommen
werden muß, bleibt, wenn es vor der Ausschlagung dem Ausschlagenden gegenüber
vorgenommen wird, auch nach der Ausschlagung wirksam.
§. 1960. Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlaßgericht für die
Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein
Bedürfniß besteht. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiß
ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.
Das Nachlaßgericht kann insbesondere die Anlegung von Siegeln, die
Hinterlegung von Geld, Werthpapieren und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines
Nachlaßverzeichnisses anordnen und für denjenigen, welcher Erbe wird, einen
Pfleger (Nachlaßpfleger) bestellen.
Die Vorschrift des §. 1958 findet auf den Nachlaßpfleger keine
Anwendung.
§. 1961. Das Nachlaßgericht hat in den Fällen des §. 1960 Abs. 1 einen
Nachlaßpfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen
Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlaß richtet, von dem
Berechtigten beantragt wird.
§. 1962. Für die Nachlaßpflegschaft tritt an die Stelle des
Vormundschaftsgerichts das Nachlaßgericht.
§. 1963. Ist zur Zeit des Erbfalls die Geburt eines Erben zu erwarten,
so kann die Mutter, falls sie außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, bis
zur Entbindung angemessenen Unterhalt aus dem Nachlaß oder, wenn noch andere
Personen als Erben berufen sind, aus dem Erbtheile des Kindes verlangen. Bei
der Bemessung des Erbtheils ist anzunehmen, daß nur ein Kind geboren wird.
§. 1964. Wird der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen
entsprechenden Frist ermittelt, so hat das Nachlaßgericht festzustellen, daß
ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist.
Die Feststellung begründet die Vermuthung, daß der Fiskus gesetzlicher
Erbe sei.
§. 1965. Der Feststellung hat eine öffentliche Aufforderung zur
Anmeldung der Erbrechte unter Bestimmung einer Anmeldungsfrist vorauszugehen;
die Art der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldungsfrist bestimmen sich
nach den für das Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften. Die Aufforderung
darf unterbleiben, wenn die Kosten dem Bestande des Nachlasses gegenüber
unverhältnißmäßig groß sind.
Ein Erbrecht bleibt unberücksichtigt, wenn nicht dem Nachlaßgerichte
binnen drei Monaten nach dem Ablaufe der Anmeldungsfrist nachgewiesen wird, daß
das Erbrecht besteht oder daß es gegen den Fiskus im Wege der Klage geltend
gemacht ist. Ist eine öffentliche Aufforderung nicht ergangen, so beginnt die
dreimonatige Frist mit der gerichtlichen Aufforderung, das Erbrecht oder die
Erhebung der Klage nachzuweisen.
§. 1966. Von dem Fiskus als gesetzlichem Erben und gegen den Fiskus als
gesetzlichen Erben kann ein Recht erst geltend gemacht werden, nachdem von dem
Nachlaßgerichte festgestellt worden ist, daß ein anderer Erbe nicht vorhanden
ist.
Zweiter Titel.
Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten.
I. Nachlaßverbindlichkeiten.
§. 1967. Der Erbe haftet für die Nachlaßverbindlichkeiten.
Zu den Nachlaßverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser
herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten,
insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und
Auflagen.
§. 1968. Der Erbe trägt die Kosten der standesmäßigen Beerdigung des
Erblassers.
§. 1969. Der Erbe ist verpflichtet, Familienangehörigen des Erblassers,
die zur Zeit des Todes des Erblassers zu dessen Hausstande gehört und von ihm
Unterhalt bezogen haben, in den ersten dreißig Tagen nach dem Eintritte des
Erbfalls in demselben Umfange, wie der Erblasser es gethan hat, Unterhalt zu
gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu
gestatten. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung eine abweichende
Anordnung treffen.
Die Vorschriften über Vermächtnisse finden entsprechende Anwendung.
II. Aufgebot der Nachlaßgläubiger.
§. 1970. Die Nachlaßgläubiger können im Wege des Aufgebotsverfahrens zur
Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden.
§. 1971. Pfandgläubiger und Gläubiger, die im Konkurse den
Pfandgläubigern gleichstehen, sowie Gläubiger, die bei der Zwangsvollstreckung
in das unbewegliche Vermögen ein Recht auf Befriedigung aus diesem Vermögen
haben, werden, soweit es sich um die Befriedigung aus den ihnen haftenden
Gegenständen handelt, durch das Aufgebot nicht betroffen. Das Gleiche gilt von
Gläubigern, deren Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert sind oder denen im
Konkurs ein Aussonderungsrecht zusteht, in Ansehung des Gegenstandes ihres
Rechtes.
§. 1972. Pflichttheilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen werden durch
das Aufgebot nicht betroffen, unbeschadet der Vorschrift des §. 2060 Nr. 1.
§. 1973. Der Erbe kann die Befriedigung eines im Aufgebotsverfahren
ausgeschlossenen Nachlaßgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlaß durch die
Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird. Der Erbe hat
jedoch den ausgeschlossenen Gläubiger vor den Verbindlichkeiten aus
Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen zu befriedigen, es sei denn,
daß der Gläubiger seine Forderung erst nach der Berichtigung dieser
Verbindlichkeiten geltend macht.
Einen Ueberschuß hat der Erbe zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers
im Wege der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Er kann die Herausgabe der noch
vorhandenen Nachlaßgegenstände durch Zahlung des Werthes abwenden. Die
rechtskräftige Verurtheilung des Erben zur Befriedigung eines ausgeschlossenen
Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.
§. 1974. Ein Nachlaßgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre
nach dem Erbfalle dem Erben gegenüber geltend macht, steht einem
ausgeschlossenen Gläubiger gleich, es sei denn, daß die Forderung dem Erben vor
dem Ablaufe der fünf Jahre bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren
angemeldet worden ist. Wird der Erblasser für tot erklärt oder wird seine
Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt, so
beginnt die Frist nicht vor dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über
die Todeserklärung oder die Feststellung der Todeszeit.
Die dem Erben nach §. 1973 Abs. 1 Satz 2 obliegende Verpflichtung tritt
im Verhältnisse von Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen
und Auflagen zu einander nur insoweit ein, als der Gläubiger im Falle des
Nachlaßkonkurses im Range vorgehen würde.
Soweit ein Gläubiger nach §. 1971 von dem Aufgebote nicht betroffen
wird, finden die Vorschriften des Abs. 1 auf ihn keine Anwendung.
III. Beschränkung der Haftung des Erben.
§. 1975. Die Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten
beschränkt sich auf den Nachlaß, wenn eine Nachlaßpflegschaft zum Zwecke der
Befriedigung der Nachlaßgläubiger (Nachlaßverwaltung) angeordnet oder der
Nachlaßkonkurs eröffnet ist.
§. 1976. Ist die Nachlaßverwaltung angeordnet oder der Nachlaßkonkurs
eröffnet, so gelten die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und
Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als
nicht erloschen.
§. 1977. Hat ein Nachlaßgläubiger vor der Anordnung der
Nachlaßverwaltung oder vor der Eröffnung des Nachlaßkonkurses seine Forderung
gegen eine nicht zum Nachlasse gehörende Forderung des Erben ohne dessen
Zustimmung aufgerechnet, so ist nach der Anordnung der Nachlaßverwaltung oder
der Eröffnung des Nachlaßkonkurses die Aufrechnung als nicht erfolgt anzusehen.
Das Gleiche gilt, wenn ein Gläubiger, der nicht Nachlaßgläubiger ist,
die ihm gegen den Erben zustehende Forderung gegen eine zum Nachlasse gehörende
Forderung aufgerechnet hat.
§. 1978. Ist die Nachlaßverwaltung angeordnet oder der Nachlaßkonkurs
eröffnet, so ist der Erbe den Nachlaßgläubigern für die bisherige Verwaltung
des Nachlasses so verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an
die Verwaltung für sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte. Auf die vor der
Annahme der Erbschaft von dem Erben besorgten erbschaftlichen Geschäfte finden
die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechende
Anwendung.
Die den Nachlaßgläubigern nach Abs. 1 zustehenden Ansprüche gelten als
zum Nachlasse gehörend.
Aufwendungen sind dem Erben aus dem Nachlasse zu ersetzen, soweit er
nach den Vorschriften über den Auftrag oder über die Geschäftsführung ohne
Auftrag Ersatz verlangen könnte.
§. 1979. Die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit durch den Erben
müssen die Nachlaßgläubiger als für Rechnung des Nachlasses erfolgt gelten
lassen, wenn der Erbe den Umständen nach annehmen durfte, daß der Nachlaß zur
Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten ausreiche.
§. 1980. Hat der Erbe von der Überschuldung des Nachlasses Kenntnis
erlangt, so hat er unverzüglich die Eröffnung des Konkursverfahrens oder,
sofern nach § 113 der Vergleichsordnung ein solcher Antrag zulässig ist, die
Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens über den Nachlaß zu
beantragen. Verletzt er diese Pflicht, so ist er den Gläubigern für den daraus
entstehenden Schaden verantwortlich. Bei der Bemessung der Zulänglichkeit des
Nachlasses bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen außer
Betracht.
Der Kenntniß der Ueberschuldung steht die auf Fahrlässigkeit beruhende
Unkenntniß gleich. Als Fahrlässigkeit gilt es insbesondere, wenn der Erbe das
Aufgebot der Nachlaßgläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund hat, das Vorhandensein
unbekannter Nachlaßverbindlichkeiten anzunehmen; das Aufgebot ist nicht
erforderlich, wenn die Kosten des Verfahrens dem Bestande des Nachlasses
gegenüber unverhältnißmäßig groß sind.
§. 1981. Die Nachlaßverwaltung ist von dem Nachlaßgericht anzuordnen,
wenn der Erbe die Anordnung beantragt.
Auf Antrag eines Nachlaßgläubigers ist die Nachlaßverwaltung anzuordnen,
wenn Grund zu der Annahme besteht, daß die Befriedigung der Nachlaßgläubiger
aus dem Nachlasse durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben
gefährdet wird. Der Antrag kann nicht mehr gestellt werden, wenn seit der
Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind.
Die Vorschriften des §. 1785 finden keine
Anwendung.
§. 1982. Die Anordnung der Nachlaßverwaltung kann abgelehnt werden, wenn
eine den Kosten entsprechende Masse nicht vorhanden ist.
§. 1983. Das Nachlaßgericht hat die Anordnung der Nachlaßverwaltung
durch das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
§. 1984. Mit der Anordnung der Nachlaßverwaltung verliert der Erbe die
Befugniß, den Nachlaß zu verwalten und über ihn zu verfügen. Die Vorschriften
der §§ 7, 8 der Konkursordnung finden entsprechende Anwendung. Ein Anspruch,
der sich gegen den Nachlaß richtet, kann nur gegen den Nachlaßverwalter geltend
gemacht werden.
Zwangsvollstreckungen und Arreste in den Nachlaß zu Gunsten eines
Gläubigers, der nicht Nachlaßgläubiger ist, sind ausgeschlossen.
§. 1985. Der Nachlaßverwalter hat den Nachlaß zu verwalten und die
Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Nachlasse zu berichtigen.
Der Nachlaßverwalter ist für die Verwaltung des Nachlasses auch den
Nachlaßgläubigern verantwortlich. Die Vorschriften des §. 1978 Abs. 2 und der
§§. 1979, 1980 finden entsprechende Anwendung.
§. 1986. Der Nachlaßverwalter darf den Nachlaß dem Erben erst
ausantworten, wenn die bekannten Nachlaßverbindlichkeiten berichtigt sind.
Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit
nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, so darf die
Ausantwortung des Nachlasses nur erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit
geleistet wird. Für eine bedingte Forderung ist Sicherheitsleistung nicht
erforderlich, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung eine so
entfernte ist, daß die Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat.
§. 1987. Der Nachlaßverwalter kann für die Führung seines Amtes eine
angemessene Vergütung verlangen.
§. 1988. Die Nachlaßverwaltung endigt mit der Eröffnung des
Nachlaßkonkurses.
Die Nachlaßverwaltung kann aufgehoben werden, wenn sich ergiebt, daß eine
den Kosten entsprechende Masse nicht vorhanden ist.
§. 1989. Ist der Nachlaßkonkurs durch Vertheilung der Masse oder durch
Zwangsvergleich beendigt, so finden auf die Haftung des Erben die Vorschriften
des §. 1973 entsprechende Anwendung.
§. 1990. Ist die Anordnung der Nachlaßverwaltung oder die Eröffnung des
Nachlaßkonkurses wegen Mangels einer den Kosten entsprechenden Masse nicht
thunlich oder wird aus diesem Grunde die Nachlaßverwaltung aufgehoben oder das
Konkursverfahren eingestellt, so kann der Erbe die Befriedigung eines
Nachlaßgläubigers insoweit verweigern, als der Nachlaß nicht ausreicht. Der
Erbe ist in diesem Falle verpflichtet, den Nachlaß zum Zwecke der Befriedigung
des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben.
Das Recht des Erben wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gläubiger
nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung ein Pfandrecht oder eine Hypothek oder im Wege der
einstweiligen Verfügung eine Vormerkung erlangt hat.
§. 1991. Macht der Erbe von dem ihm nach §. 1990 zustehenden Rechte
Gebrauch, so finden auf seine Verantwortlichkeit und den Ersatz seiner
Aufwendungen die Vorschriften der §§. 1978, 1979 Anwendung.
Die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und
Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse
gelten im Verhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem Erben als nicht
erloschen.
Die rechtskräftige Verurtheilung des Erben zur Befriedigung eines
Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.
Die Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und
Auflagen hat der Erbe so zu berichtigen, wie sie im Falle des Konkurses zur
Berichtigung kommen würden.
§. 1992. Beruht die Ueberschuldung des Nachlasses auf Vermächtnissen und
Auflagen, so ist der Erbe, auch wenn die Voraussetzungen des §. 1990 nicht
vorliegen, berechtigt, die Berichtigung dieser Verbindlichkeiten nach den
Vorschriften der §§. 1990, 1991 zu bewirken. Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen
Nachlaßgegenstände durch Zahlung des Werthes abwenden.
IV. Inventarerrichtung. Unbeschränkte Haftung des Erben.
§. 1993. Der Erbe ist berechtigt, ein Verzeichniß des Nachlasses
(Inventar) bei dem Nachlaßgericht einzureichen (Inventarerrichtung).
§. 1994. Das Nachlaßgericht hat dem Erben auf Antrag eines
Nachlaßgläubigers zur Errichtung des Inventars eine Frist (Inventarfrist) zu
bestimmen. Nach dem Ablaufe der Frist haftet der Erbe für die
Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt, wenn nicht vorher das Inventar errichtet
wird.
Der Antragsteller hat seine Forderung glaubhaft zu machen. Auf die
Wirksamkeit der Fristbestimmung ist es ohne Einfluß, wenn die Forderung nicht
besteht.
§. 1995. Die Inventarfrist soll mindestens einen Monat, höchstens drei Monate
betragen. Sie beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, durch den die Frist
bestimmt wird.
Wird die Frist vor der Annahme der Erbschaft bestimmt, so beginnt sie
erst mit der Annahme der Erbschaft.
Auf Antrag des Erben kann das Nachlaßgericht die Frist nach seinem
Ermessen verlängern.
§. 1996. Ist der Erbe durch höhere Gewalt verhindert worden, das
Inventar rechtzeitig zu errichten oder die nach den Umständen gerechtfertigte
Verlängerung der Inventarfrist zu beantragen, so hat ihm auf seinen Antrag das
Nachlaßgericht eine neue Inventarfrist zu bestimmen. Das Gleiche gilt, wenn der
Erbe von der Zustellung des Beschlusses, durch den die Inventarfrist bestimmt
worden ist, ohne sein Verschulden Kenntniß nicht erlangt hat.
Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses
und spätestens vor dem Ablauf eines Jahres nach dem Ende der zuerst bestimmten
Frist gestellt werden.
Vor der Entscheidung soll der Nachlaßgläubiger, auf dessen Antrag die
erste Frist bestimmt worden ist, wenn thunlich gehört werden.
§. 1997. Auf den Lauf der Inventarfrist und der im §. 1996 Abs. 2
bestimmten Frist von zwei Wochen finden die für die Verjährung geltenden
Vorschriften des §. 203 Abs. 1 und des §. 206 entsprechende
Anwendung.
§. 1998. Stirbt der Erbe vor dem Ablaufe der Inventarfrist oder der im
§. 1996 Abs. 2 bestimmten Frist von zwei Wochen, so endigt die Frist nicht vor
dem Ablaufe der für die Erbschaft des Erben vorgeschriebenen
Ausschlagungsfrist.
§. 1999. Steht der Erbe unter elterlicher Gewalt oder unter
Vormundschaft, so soll das Nachlaßgericht dem Vormundschaftsgerichte von der
Bestimmung der Inventarfrist Mittheilung machen.
§. 2000. Die Bestimmung einer Inventarfrist wird unwirksam, wenn eine
Nachlaßverwaltung angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet wird. Während der
Dauer der Nachlaßverwaltung oder des Nachlaßkonkurses kann eine Inventarfrist
nicht bestimmt werden. Ist der Nachlaßkonkurs durch Vertheilung der Masse oder
durch Zwangsvergleich beendigt, so bedarf es zur Abwendung der unbeschränkten
Haftung der Inventarerrichtung nicht.
§. 2001. In dem Inventar sollen die bei dem Eintritte des Erbfalls
vorhandenen Nachlaßgegenstände und die Nachlaßverbindlichkeiten vollständig
angegeben werden.
Das Inventar soll außerdem eine Beschreibung der Nachlaßgegenstände,
soweit eine solche zur Bestimmung des Werthes erforderlich ist, und die Angabe
des Werthes enthalten.
§. 2002. Der Erbe muß zu der Aufnahme des Inventars eine zuständige
Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar zuziehen.
§. 2003. Auf Antrag des Erben hat das Nachlaßgericht entweder das
Inventar selbst aufzunehmen oder die Aufnahme einer zuständigen Behörde oder
einem zuständigen Beamten oder Notar zu übertragen. Durch die Stellung des
Antrags wird die Inventarfrist gewahrt.
Der Erbe ist verpflichtet, die zur Aufnahme des Inventars erforderliche
Auskunft zu ertheilen.
Das Inventar ist von der Behörde, dem Beamten oder dem Notar bei dem
Nachlaßgericht einzureichen.
§. 2004. Befindet sich bei dem Nachlaßgerichte schon ein den Vorschriften
der §§. 2002, 2003 entsprechendes Inventar, so genügt es, wenn der Erbe vor dem
Ablaufe der Inventarfrist dem Nachlaßgerichte gegenüber erklärt, daß das
Inventar als von ihm eingereicht gelten soll.
§. 2005. Führt der Erbe absichtlich eine erhebliche Unvollständigkeit
der im Inventar enthaltenen Angabe der Nachlaßgegenstände herbei oder bewirkt
er in der Absicht, die Nachlaßgläubiger zu benachtheiligen, die Aufnahme einer
nicht bestehenden Nachlaßverbindlichkeit, so haftet er für die Nachlaßverbindlichkeiten
unbeschränkt. Das Gleiche gilt, wenn er im Falle des §. 2003 die Ertheilung der
Auskunft verweigert oder absichtlich in erheblichem Maße verzögert.
Ist die Angabe der Nachlaßgegenstände unvollständig, ohne daß ein Fall
des Abs. 1 vorliegt, so kann dem Erben zur Ergänzung eine neue Inventarfrist
bestimmt werden.
§. 2006. Der Erbe hat auf Verlangen eines Nachlaßgläubigers zu Protokoll
des Nachlaßgerichts an Eides Statt zu versichern:
daß er nach bestem Wissen die Nachlaßgegenstände so vollständig
angegeben habe, als er dazu im Stande sei.
Der Erbe kann vor der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung das
Inventar vervollständigen.
Verweigert der Erbe die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, so
haftet er dem Gläubiger, der den Antrag gestellt hat, unbeschränkt. Das Gleiche
gilt, wenn er weder in dem Termine noch in einem auf Antrag des Gläubigers
bestimmten neuen Termin erscheint, es sei denn, daß ein Grund vorliegt, durch
den das Nichterscheinen in diesem Termine genügend entschuldigt wird.
Eine wiederholte Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kann derselbe
Gläubiger oder ein anderer Gläubiger nur verlangen, wenn Grund zu der Annahme
besteht, daß dem Erben nach der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
weitere Nachlaßgegenstände bekannt geworden sind.
§. 2007. Ist ein Erbe zu mehreren Erbtheilen berufen, so bestimmt sich
seine Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten in Ansehung eines jeden der
Erbtheile so, wie wenn die Erbtheile verschiedenen Erben gehörten. In den
Fällen der Anwachsung und des §. 1935 gilt dies nur dann, wenn die Erbtheile
verschieden beschwert sind.
§. 2008. Ist ein in Gütergemeinschaft lebender Ehegatte Erbe und gehört
die Erbschaft zum Gesamtgut, so ist die Bestimmung der Inventarfrist nur
wirksam, wenn sie auch dem anderen Ehegatten gegenüber erfolgt, sofern dieser
das Gesamtgut allein oder mit seinem Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet.
Solange die Frist diesem gegenüber nicht verstrichen ist, endet sie auch nicht
dem Ehegatten gegenüber, der Erbe ist. Die Errichtung des Inventars durch den
anderen Ehegatten kommt dem Ehegatten, der Erbe ist, zustatten.
Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten auch nach der Beendigung der
Gütergemeinschaft.
§. 2009. Ist das Inventar rechtzeitig errichtet worden, so wird im
Verhältnisse zwischen dem Erben und den Nachlaßgläubigern vermuthet, daß zur
Zeit des Erbfalls weitere Nachlaßgegenstände als die angegebenen nicht
vorhanden gewesen seien.
§. 2010. Das Nachlaßgericht hat die Einsicht des Inventars Jedem zu
gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§. 2011. Dem Fiskus als gesetzlichen Erben kann eine Inventarfrist nicht
bestimmt werden. Der Fiskus ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet,
über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen.
§. 2012. Einem nach den §§. 1960, 1961 bestellten
Nachlaßpfleger kann eine Inventarfrist nicht bestimmt werden. Der
Nachlaßpfleger ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über den
Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen. Der Nachlaßpfleger kann nicht auf
die Beschränkung der Haftung des Erben verzichten.
Diese Vorschriften gelten auch für den Nachlaßverwalter.
§. 2013. Haftet der Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt,
so finden die Vorschriften der §§. 1973 bis 1975, 1977 bis 1980, 1989 bis 1992
keine Anwendung; der Erbe ist nicht berechtigt, die Anordnung einer
Nachlaßverwaltung zu beantragen. Auf eine nach §. 1973 oder nach §. 1974
eingetretene Beschränkung der Haftung kann sich der Erbe jedoch berufen, wenn
später der Fall des §. 1994 Abs. 1 Satz 2 oder des §. 2005 Abs. 1 eintritt.
Die Vorschriften der §§. 1977 bis 1980 und das Recht des Erben, die
Anordnung einer Nachlaßverwaltung zu beantragen, werden nicht dadurch
ausgeschlossen, daß der Erbe einzelnen Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt
haftet.
V. Aufschiebende Einreden.
§. 2014. Der Erbe ist berechtigt, die Berichtigung einer
Nachlaßverbindlichkeit bis zum Ablaufe der ersten drei Monate nach der Annahme
der Erbschaft, jedoch nicht über die Errichtung des Inventars hinaus, zu
verweigern.
§. 2015. Hat der Erbe den Antrag auf Erlassung des Aufgebots der
Nachlaßgläubiger innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Erbschaft gestellt
und ist der Antrag zugelassen, so ist der Erbe berechtigt, die Berichtigung
einer Nachlaßverbindlichkeit bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu
verweigern.
Der Beendigung des Aufgebotsverfahrens steht es gleich, wenn der Erbe in
dem Aufgebotstermine nicht erschienen ist und nicht binnen zwei Wochen die
Bestimmung eines neuen Termins beantragt oder wenn er auch in dem neuen Termine nicht erscheint.
Wird das Ausschlußurtheil erlassen oder der Antrag auf Erlassung des
Urtheils zurückgewiesen, so ist das Verfahren nicht vor dem Ablauf einer mit
der Verkündung der Entscheidung beginnenden Frist von
zwei Wochen und nicht vor der Erledigung einer rechtzeitig eingelegten
Beschwerde als beendigt anzusehen.
§. 2016. Die Vorschriften der §§. 2014, 2015 finden
keine Anwendung, wenn der Erbe unbeschränkt haftet.
Das Gleiche gilt, soweit ein Gläubiger nach §. 1971 von dem Aufgebote
der Nachlaßgläubiger nicht betroffen wird, mit der Maßgabe, daß ein erst nach
dem Eintritte des Erbfalls im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung erlangtes Recht sowie eine erst nach diesem Zeitpunkt im Wege
der einstweiligen Verfügung erlangte Vormerkung außer Betracht bleibt.
§. 2017. Wird vor der Annahme der Erbschaft zur Verwaltung des
Nachlasses ein Nachlaßpfleger bestellt, so beginnen die im §. 2014 und im §.
2015 Abs. 1 bestimmten Fristen mit der Bestellung.
Dritter Titel.
Erbschaftsanspruch.
§. 2018. Der Erbe kann von Jedem, der auf Grund eines ihm in
Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat
(Erbschaftsbesitzer), die Herausgabe des Erlangten verlangen.
§. 2019. Als aus der Erbschaft erlangt gilt auch, was der
Erbschaftsbesitzer durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt.
Die Zugehörigkeit einer in solcher Weise erworbenen Forderung zur
Erbschaft hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von
der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden
entsprechende Anwendung.
§. 2020. Der Erbschaftsbesitzer hat dem Erben die gezogenen Nutzungen
herauszugeben; die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf
Früchte, an denen er das Eigenthum erworben hat.
§. 2021. Soweit der Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außer Stande ist,
bestimmt sich seine Verpflichtung nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung.
§. 2022. Der Erbschaftsbesitzer ist zur Herausgabe der zur Erbschaft
gehörenden Sachen nur gegen Ersatz aller Verwendungen verpflichtet, soweit
nicht die Verwendungen durch Anrechnung auf die nach §. 2021 herauszugebende
Bereicherung gedeckt werden. Die für den Eigenthumsanspruch geltenden
Vorschriften der §§. 1000 bis 1003 finden Anwendung.
Zu den Verwendungen gehören auch die Aufwendungen, die der
Erbschaftsbesitzer zur Bestreitung von Lasten der Erbschaft oder zur
Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten macht.
Soweit der Erbe für Aufwendungen, die nicht auf einzelne Sachen gemacht
worden sind, insbesondere für die im Abs. 2 bezeichneten Aufwendungen, nach den
allgemeinen Vorschriften in weiterem Umfang Ersatz zu leisten hat, bleibt der
Anspruch des Erbschaftsbesitzers unberührt.
§. 2023. Hat der Erbschaftsbesitzer zur Erbschaft gehörende Sachen
herauszugeben, so bestimmt sich von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an der
Anspruch des Erben auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges oder
einer aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe nach
den Vorschriften, die für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem
Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an
gelten.
Das Gleiche gilt von dem Anspruche des Erben auf Herausgabe oder
Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruche des Erbschaftsbesitzers auf
Ersatz von Verwendungen.
§. 2024. Ist der Erbschaftsbesitzer bei dem Beginne des
Erbschaftsbesitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er so, wie wenn der
Anspruch des Erben zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. Erfährt der
Erbschaftsbesitzer später, daß er nicht Erbe ist, so haftet er in gleicher
Weise von der Erlangung der Kenntniß an. Eine weitergehende Haftung wegen
Verzugs bleibt unberührt.
§. 2025. Hat der Erbschaftsbesitzer einen Erbschaftsgegenstand durch
eine Straftat oder eine zur Erbschaft gehörende Sache durch verbotene
Eigenmacht erlangt, so haftet er nach den Vorschriften über den Schadensersatz
wegen unerlaubter Handlungen. Ein gutgläubiger Erbschaftsbesitzer haftet jedoch
wegen verbotener Eigenmacht nach diesen Vorschriften nur, wenn der Erbe den
Besitz der Sache bereits thatsächlich ergriffen hatte.
§. 2026. Der Erbschaftsbesitzer kann sich dem Erben gegenüber, solange
nicht der Erbschaftsanspruch verjährt ist, nicht auf die Ersitzung einer Sache
berufen, die er als zur Erbschaft gehörend im Besitze hat.
§. 2027. Der Erbschaftsbesitzer ist verpflichtet, dem Erben über den
Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft
zu ertheilen.
Die gleiche Verpflichtung hat, wer, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein,
eine Sache aus dem Nachlaß in Besitz nimmt, bevor der Erbe den Besitz
thatsächlich ergriffen hat.
§. 2028. Wer sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher
Gemeinschaft befunden hat, ist verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft
darüber zu ertheilen, welche erbschaftliche Geschäfte er geführt hat und was
ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist.
Besteht Grund zu der Annahme, daß die Auskunft nicht mit der
erforderlichen Sorgfalt ertheilt worden ist, so hat der Verpflichtete auf
Verlangen des Erben Protokoll an Eides Statt zu versichern:
daß er seine Angaben nach bestem Wissen so vollständig gemacht habe, als
er dazu im Stande sei.
Die Vorschriften des §. 259 Abs. 3 und des §. 261 finden Anwendung.
§. 2029. Die Haftung des Erbschaftsbesitzers bestimmt sich auch
gegenüber den Ansprüchen, die dem Erben in Ansehung der einzelnen
Erbschaftsgegenstände zustehen, nach den Vorschriften über den
Erbschaftsanspruch.
§. 2030. Wer die Erbschaft durch Vertrag von einem Erbschaftsbesitzer
erwirbt, steht im Verhältnisse zu dem Erben einem Erbschaftsbesitzer gleich.
§. 2031. Überlebt eine Person, die für tot erklärt oder deren Todeszeit
nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt ist, den
Zeitpunkt, der als Zeitpunkt ihres Todes gilt, so kann sie die Herausgabe ihres
Vermögens nach den für den Erbschaftsanspruch geltenden Vorschriften verlangen.
Solange sie noch lebt, wird die Verjährung ihres Anspruchs nicht vor dem Ablauf
eines Jahres nach dem Zeitpunkt vollendet, in welchem sie von der
Todeserklärung oder der Feststellung der Todeszeit Kenntnis erlangt.
Das gleiche gilt, wenn der Tod einer Person ohne Todeserklärung oder Feststellung
der Todeszeit mit Unrecht angenommen worden ist.
Vierter Titel.
Mehrheit von Erben.
I. Rechtsverhältniß der Erben unter einander.
§. 2032. Hinterläßt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlaß
gemeinschaftliches Vermögen der Erben.
Bis zur Auseinandersetzung gelten die Vorschriften der §§. 2033 bis
2041.
§. 2033. Jeder Miterbe kann über seinen Antheil an dem Nachlasse
verfügen. Der Vertrag, durch den ein Miterbe über seinen Antheil verfügt,
bedarf der notariellen Beurkundung.
Ueber seinen Antheil an den einzelnen Nachlaßgegenständen kann ein
Miterbe nicht verfügen.
§. 2034. Verkauft ein Miterbe seinen Antheil an einen Dritten, so sind
die übrigen Miterben zum Vorkaufe berechtigt.
Die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts beträgt zwei Monate. Das
Vorkaufsrecht ist vererblich.
§. 2035. Ist der verkaufte Antheil auf den Käufer übertragen, so können
die Miterben das ihnen nach §. 2034 dem Verkäufer gegenüber zustehende
Vorkaufsrecht dem Käufer gegenüber ausüben. Dem Verkäufer gegenüber erlischt
das Vorkaufsrecht mit der Uebertragung des Antheils.
Der Verkäufer hat die Miterben von der Uebertragung unverzüglich zu
benachrichtigen.
§. 2036. Mit der Uebertragung des Antheils auf die Miterben wird der
Käufer von der Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten frei. Seine Haftung
bleibt jedoch bestehen, soweit er den Nachlaßgläubigern nach den §§. 1978 bis
1980 verantwortlich ist; die Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden
entsprechende Anwendung.
§. 2037. Ueberträgt der Käufer den Antheil auf einen Anderen, so finden
die Vorschriften der §§. 2033, 2035, 2036 entsprechende Anwendung.
§. 2038. Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben gemeinschaftlich
zu. Jeder Miterbe ist den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln
mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur
Erhaltung nothwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen
treffen.
Die Vorschriften der §§. 743, 745, 746, 748 finden Anwendung. Die
Theilung der Früchte erfolgt erst bei der Auseinandersetzung. Ist die
Auseinandersetzung auf längere Zeit als ein Jahr ausgeschlossen, so kann jeder
Miterbe am Schlusse jedes Jahres die Theilung des Reinertrags verlangen.
§. 2039. Gehört ein Anspruch zum Nachlasse, so kann der Verpflichtete
nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung
an alle Erben fordern. Jeder Miterbe kann verlangen, daß der Verpflichtete die
zu leistende Sache für alle Erben hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur
Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
§. 2040. Die Erben können über einen Nachlaßgegenstand nur
gemeinschaftlich verfügen.
Gegen eine zum Nachlasse gehörende Forderung kann der Schuldner nicht
eine ihm gegen einen einzelnen Miterben zustehende Forderung aufrechnen.
§. 2041. Was auf Grund eines zum Nachlasse gehörenden Rechtes oder als
Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines
Nachlaßgegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf
den Nachlaß bezieht, gehört zum Nachlasse. Auf eine durch ein solches
Rechtsgeschäft erworbene Forderung findet die Vorschrift des §. 2019 Abs. 2
Anwendung.
§. 2042. Jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen,
soweit sich nicht aus den §§. 2043 bis 2045 ein Anderes ergiebt.
Die Vorschriften des §. 749 Abs. 2, 3 und der §§. 750 bis 758 finden
Anwendung.
§. 2043. Soweit die Erbtheile wegen der zu erwartenden Geburt eines
Miterben noch unbestimmt sind, ist die Auseinandersetzung bis zur Hebung der
Unbestimmtheit ausgeschlossen.
Das gleiche gilt, soweit die Erbteile deshalb noch unbestimmt sind, weil
die Entscheidung über eine Ehelicherklärung, über einen Antrag auf Annahme als
Kind, über die Aufhebung des Annahmeverhältnisses oder über die Genehmigung
einer vom Erblasser errichteten Stiftung noch aussteht.
§. 2044. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung die
Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses oder einzelner Nachlaßgegenstände
ausschließen oder von der Einhaltung einer Kündigungsfrist abhängig machen. Die
Vorschriften des §. 749 Abs. 2, 3, der §§. 750, 751 und des §. 1010 Abs. 1
finden entsprechende Anwendung.
Die Verfügung wird unwirksam, wenn dreißig Jahre seit dem Eintritte des
Erbfalls verstrichen sind. Der Erblasser kann jedoch anordnen, daß die
Verfügung bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses in der Person eines
Miterben oder, falls er eine Nacherbfolge oder ein Vermächtniß anordnet, bis
zum Eintritte der Nacherbfolge oder bis zum Anfalle des Vermächtnisses gelten
soll. Ist der Miterbe, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, eine
juristische Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
§. 2045. Jeder Miterbe kann verlangen, daß die Auseinandersetzung bis
zur Beendigung des nach §. 1970 zulässigen Aufgebotsverfahrens oder bis zum
Ablaufe der im §. 2061 bestimmten Anmeldungsfrist aufgeschoben wird. Ist das
Aufgebot noch nicht beantragt oder die öffentliche Aufforderung nach §. 2061
noch nicht erlassen, so kann der Aufschub nur verlangt werden, wenn
unverzüglich der Antrag gestellt oder die Aufforderung erlassen wird.
§. 2046. Aus dem Nachlasse sind zunächst die Nachlaßverbindlichkeiten zu
berichtigen. Ist eine Nachlaßverbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie
streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten.
Fällt eine Nachlaßverbindlichkeit nur einigen Miterben zur Last, so
können diese die Berichtigung nur aus dem verlangen, was ihnen bei der
Auseinandersetzung zukommt.
Zur Berichtigung ist der Nachlaß, soweit erforderlich, in Geld
umzusetzen.
§. 2047. Der nach der Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten
verbleibende Ueberschuß gebührt den Erben nach dem Verhältnisse der Erbtheile.
Schriftstücke, die sich auf die persönlichen Verhältnisse des
Erblassers, auf dessen Familie oder auf den ganzen Nachlaß beziehen, bleiben
gemeinschaftlich.
§. 2048. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung Anordnungen für
die Auseinandersetzung treffen. Er kann insbesondere anordnen, daß die
Auseinandersetzung nach dem billigen Ermessen eines Dritten erfolgen soll. Die
von dem Dritten auf Grund der Anordnung getroffene Bestimmung ist für die Erben
nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; die Bestimmung erfolgt in
diesem Falle durch Urtheil.
§. 2049. Hat der Erblasser angeordnet, daß einer der Miterben das Recht
haben soll, ein zum Nachlasse gehörendes Landgut zu übernehmen, so ist im
Zweifel anzunehmen, daß das Landgut zu dem Ertragswerth angesetzt werden soll.
Der Ertragswerth bestimmt sich nach dem Reinertrage, den das Landgut
nach seiner bisherigen wirthschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger
Bewirthschaftung nachhaltig gewähren kann.
§. 2050. Abkömmlinge, die als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen,
sind verpflichtet, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als
Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung unter einander zur
Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein
Anderes angeordnet hat.
Zuschüsse, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte
verwendet zu werden, sowie Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Berufe sind
insoweit zur Ausgleichung zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen
des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben.
Andere Zuwendungen unter Lebenden sind zur Ausgleichung zu bringen, wenn
der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
§. 2051. Fällt ein Abkömmling, der als Erbe zur Ausgleichung
verpflichtet sein würde, vor oder nach dem Erbfalle weg, so ist wegen der ihm
gemachten Zuwendungen der an seine Stelle tretende Abkömmling zur Ausgleichung
verpflichtet.
Hat der Erblasser für den wegfallenden Abkömmling einen Ersatzerben
eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dieser nicht mehr erhalten soll,
als der Abkömmling unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht erhalten
würde.
§. 2052. Hat der Erblasser die Abkömmlinge auf dasjenige als Erben
eingesetzt, was sie als gesetzliche Erben erhalten würden, oder hat er ihre
Erbtheile so bestimmt, daß sie zu einander in demselben Verhältnisse stehen wie
die gesetzlichen Erbtheile, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Abkömmlinge
nach den §§. 2050, 2051 zur Ausgleichung verpflichtet sein sollen.
§. 2053. Eine Zuwendung, die ein entfernterer Abkömmling vor dem
Wegfalle des ihn von der Erbfolge ausschließenden näheren Abkömmlinges oder ein
an die Stelle eines Abkömmlinges als Ersatzerbe tretender Abkömmling von dem
Erblasser erhalten hat, ist nicht zur Ausgleichung zu bringen, es sei denn, daß
der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
Das Gleiche gilt, wenn ein Abkömmling, bevor er die rechtliche Stellung
eines solchen erlangt hatte, eine Zuwendung von dem Erblasser erhalten hat.
§. 2054. Eine Zuwendung, die aus dem Gesamtgut der Gütergemeinschaft
erfolgt, gilt als von jedem der Ehegatten zur Hälfte gemacht. Die Zuwendung
gilt jedoch, wenn sie an einen Abkömmling erfolgt, der nur von einem der
Ehegatten abstammt, oder wenn einer der Ehegatten wegen der Zuwendung zu dem
Gesamtgut Ersatz zu leisten hat, als von diesem Ehegatten gemacht.
Diese Vorschriften sind auf eine Zuwendung aus dem Gesamtgut der
fortgesetzten Gütergemeinschaft entsprechend anzuwenden.
§. 2055. Bei der Auseinandersetzung wird jedem Miterben der Werth der
Zuwendung, die er zur Ausgleichung zu bringen hat, auf seinen Erbtheil angerechnet.
Der Werth der sämmtlichen Zuwendungen, die zur Ausgleichung zu bringen sind,
wird dem Nachlasse hinzugerechnet, soweit dieser den Miterben zukommt, unter
denen die Ausgleichung stattfindet.
Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu der die Zuwendung erfolgt ist.
§. 2056. Hat ein Miterbe durch die Zuwendung mehr erhalten, als ihm bei
der Auseinandersetzung zukommen würde, so ist er zur Herauszahlung des
Mehrbetrags nicht verpflichtet. Der Nachlaß wird in einem solchen Falle unter
die übrigen Erben in der Weise getheilt, daß der Werth
der Zuwendung und der Erbtheil des Miterben außer Ansatz bleiben.
§. 2057. Jeder Miterbe ist verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen
Auskunft über die Zuwendungen zu ertheilen, die er nach den §§. 2050 bis 2053
zur Ausgleichung zu bringen hat. Die Vorschriften der §§. 260, 261 über die
Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung finden entsprechende
Anwendung.
§. 2057a. Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder
Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen
oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, daß das Vermögen
des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung
eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche
Erben zur Erbfolge gelangen; § 2052 gilt entsprechend. Dies gilt auch für einen
Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser während
längerer Zeit gepflegt hat.
Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen
ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem
Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrunde
zusteht. Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen
nach den §§ 1619, 1620 erbracht worden sind.
Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer
und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit
entspricht.
Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des
ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. Sämtliche
Ausgleichungsbeträge werden vom Wert des Nachlasses abgezogen, soweit dieser
den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet.
II. Rechtsverhältniß zwischen den Erben und den Nachlaßgläubigern.
§. 2058. Die Erben haften für die gemeinschaftlichen
Nachlaßverbindlichkeiten als Gesammtschuldner.
§. 2059. Bis zur Theilung des Nachlasses kann jeder Miterbe die
Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten aus dem Vermögen, das er außer seinem
Antheil an dem Nachlasse hat, verweigern. Haftet er für eine
Nachlaßverbindlichkeit unbeschränkt, so steht ihm dieses Recht in Ansehung des
seinem Erbtheil entsprechenden Theiles der Verbindlichkeit nicht zu.
Das Recht der Nachlaßgläubiger, die Befriedigung aus dem ungetheilten
Nachlasse von sämmtlichen Miterben zu verlangen, bleibt unberührt.
§. 2060. Nach der Theilung des Nachlasses haftet jeder Miterbe nur für
den seinem Erbtheil entsprechenden Theil einer Nachlaßverbindlichkeit:
1. wenn der Gläubiger im Aufgebotsverfahren
ausgeschlossen ist; das Aufgebot erstreckt sich insoweit auch auf die im §.
1972 bezeichneten Gläubiger sowie auf die Gläubiger, denen der Miterbe
unbeschränkt haftet;
2. wenn der Gläubiger seine Forderung später
als fünf Jahre nach dem im §. 1974 Abs. 1 bestimmten Zeitpunkte geltend macht,
es sei denn, daß die Forderung vor dem Ablaufe der fünf Jahre dem Miterben
bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist; die
Vorschrift findet keine Anwendung, soweit der Gläubiger nach §. 1971 von dem
Aufgebote nicht betroffen wird;
3. wenn der Nachlaßkonkurs eröffnet und durch
Vertheilung der Masse oder durch Zwangsvergleich beendigt worden ist.
§. 2061. Jeder Miterbe kann die Nachlaßgläubiger öffentlich auffordern,
ihre Forderungen binnen sechs Monaten bei ihm oder bei dem Nachlaßgericht
anzumelden. Ist die Aufforderung erfolgt, so haftet nach der Theilung jeder
Miterbe nur für den seinem Erbtheil entsprechenden Theil einer Forderung,
soweit nicht vor dem Ablaufe der Frist die Anmeldung erfolgt oder die Forderung
ihm zur Zeit der Theilung bekannt ist.
Die Aufforderung ist durch den Deutschen Reichsanzeiger und durch das
für die Bekanntmachungen des Nachlaßgerichts bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
Die Frist beginnt mit der letzten Einrückung. Die Kosten fallen dem Erben zur
Last, der die Aufforderung erläßt.
§. 2062. Die Anordnung einer Nachlaßverwaltung kann von den Erben nur gemeinschaftlich
beantragt werden; sie ist ausgeschlossen, wenn der Nachlaß getheilt ist.
§. 2063. Die Errichtung des Inventars durch einen Miterben kommt auch
den übrigen Erben zu Statten, soweit nicht ihre Haftung für die
Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt ist.
Ein Miterbe kann sich den übrigen Erben gegenüber auf die Beschränkung
seiner Haftung auch dann berufen, wenn er den anderen Nachlaßgläubigern
gegenüber unbeschränkt haftet.
Dritter Abschnitt.
Testament.
Erster Titel.
Allgemeine Vorschriften.
§. 2064. Der Erblasser kann ein Testament nur persönlich errichten.
§. 2065. Der Erblasser kann eine letztwillige Verfügung nicht in der
Weise treffen, daß ein Anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten oder nicht
gelten soll.
Der Erblasser kann die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung
erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung nicht einem
Anderen überlassen.
§. 2066. Hat der Erblasser seine gesetzlichen Erben ohne nähere
Bestimmung bedacht, so sind diejenigen, welche zur Zeit des Erbfalls seine
gesetzlichen Erben sein würden, nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen
Erbtheile bedacht. Ist die Zuwendung unter einer aufschiebenden Bedingung oder
unter Bestimmung eines Anfangstermins gemacht und tritt die Bedingung oder der
Termin erst nach dem Erbfall ein, so sind im Zweifel diejenigen als bedacht
anzusehen, welche die gesetzlichen Erben sein würden, wenn der Erblasser zur
Zeit des Eintritts der Bedingung oder des Termins gestorben wäre.
§. 2067. Hat der Erblasser seine Verwandten oder seine nächsten
Verwandten ohne nähere Bestimmung bedacht, so sind im Zweifel diejenigen
Verwandten, welche zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben sein würden,
als nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen Erbtheile bedacht anzusehen. Die
Vorschrift des §. 2066 Satz 2 findet Anwendung.
§. 2068. Hat der Erblasser seine Kinder ohne nähere Bestimmung bedacht
und ist ein Kind vor der Errichtung des Testaments mit Hinterlassung von
Abkömmlingen gestorben, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Abkömmlinge insoweit
bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an die Stelle des Kindes
treten würden.
§. 2069. Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht und fällt
dieser nach der Errichtung des Testaments weg, so ist im Zweifel anzunehmen,
daß dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen
Erbfolge an dessen Stelle treten würden.
§. 2070. Hat der Erblasser die Abkömmlinge eines Dritten ohne nähere
Bestimmung bedacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß diejenigen Abkömmlinge
nicht bedacht sind, welche zur Zeit des Erbfalls oder, wenn die Zuwendung unter
einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins
gemacht ist und die Bedingung oder der Termin erst nach dem Erbfall eintritt,
zur Zeit des Eintritts der Bedingung oder des Termins noch nicht erzeugt sind.
§. 2071. Hat der Erblasser ohne nähere Bestimmung eine Klasse von
Personen oder Personen bedacht, die zu ihm in einem Dienst- oder
Geschäftsverhältnisse stehen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß diejenigen bedacht
sind, welche zur Zeit des Erbfalls der bezeichneten Klasse angehören oder in
dem bezeichneten Verhältnisse stehen.
§. 2072. Hat der Erblasser die Armen ohne nähere Bestimmung bedacht, so
ist im Zweifel anzunehmen, daß die öffentliche Armenkasse der Gemeinde, in
deren Bezirk er seinen letzten Wohnsitz gehabt hat, unter der Auflage bedacht
ist, das Zugewendete unter Arme zu vertheilen.
§. 2073. Hat der Erblasser den Bedachten in einer Weise bezeichnet, die
auf mehrere Personen paßt, und läßt sich nicht ermitteln, wer von ihnen bedacht
werden sollte, so gelten sie als zu gleichen Theilen bedacht.
§. 2074. Hat der Erblasser eine letztwillige Zuwendung unter einer
aufschiebenden Bedingung gemacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
Zuwendung nur gelten soll, wenn der Bedachte den Eintritt der Bedingung erlebt.
§. 2075. Hat der Erblasser eine letztwillige Zuwendung unter der
Bedingung gemacht, daß der Bedachte während eines Zeitraums von unbestimmter
Dauer etwas unterläßt oder fortgesetzt thut, so ist, wenn das Unterlassen oder
das Thun lediglich in der Willkür des Bedachten liegt, im Zweifel anzunehmen,
daß die Zuwendung von der auflösenden Bedingung abhängig sein soll, daß der
Bedachte die Handlung vornimmt oder das Thun unterläßt.
§. 2076. Bezweckt die Bedingung, unter der eine letztwillige Zuwendung
gemacht ist, den Vortheil eines Dritten, so gilt sie im Zweifel als
eingetreten, wenn der Dritte die zum Eintritte der Bedingung erforderliche
Mitwirkung verweigert.
§. 2077. Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen
Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn die Ehe nichtig oder wenn sie vor
dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist. Der Auflösung der Ehe steht es
gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die
Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder
ihr zugestimmt hatte. Das gleiche gilt, wenn der Erblasser zur Zeit seines
Todes auf Aufhebung der Ehe zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben
hatte.
Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Verlobten
bedacht hat, ist unwirksam, wenn das Verlöbniß vor dem Tode des Erblassers
aufgelöst worden ist.
Die Verfügung ist nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, daß der
Erblasser sie auch für einen solchen Fall getroffen haben würde.
§. 2078. Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der
Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrthume war oder eine Erklärung
dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, daß er die
Erklärung bei Kenntniß der Sachlage nicht abgegeben haben würde.
Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige
Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes oder
widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.
Die Vorschriften des §. 122 finden keine Anwendung.
§. 2079. Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, wenn der
Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichttheilsberechtigten übergangen
hat, dessen Vorhandensein ihm bei der Errichtung der Verfügung nicht bekannt
war oder der erst nach der Errichtung geboren oder pflichttheilsberechtigt
geworden ist. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, soweit anzunehmen ist, daß der
Erblasser auch bei Kenntniß der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde.
§. 2080. Zur Anfechtung ist derjenige berechtigt, welchem die Aufhebung
der letztwilligen Verfügung unmittelbar zu Statten kommen würde.
Bezieht sich in den Fällen des §. 2078 der Irrthum nur auf eine
bestimmte Person und ist diese anfechtungsberechtigt oder würde sie
anfechtungsberechtigt sein, wenn sie zur Zeit des Erbfalls gelebt hätte, so ist
ein Anderer zur Anfechtung nicht berechtigt.
Im Falle des §. 2079 steht das Anfechtungsrecht nur dem
Pflichttheilsberechtigten zu.
§. 2081. Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein
Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen, ein
Testamentsvollstrecker ernannt oder eine Verfügung solcher Art aufgehoben wird,
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte.
Das Nachlaßgericht soll die Anfechtungserklärung demjenigen mittheilen,
welchem die angefochtene Verfügung unmittelbar zu Statten kommt. Es hat die
Einsicht der Erklärung Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse
glaubhaft macht.
Die Vorschrift des Abs. 1 gilt auch für die Anfechtung einer
letztwilligen Verfügung, durch die ein Recht für einen Anderen nicht begründet
wird, insbesondere für die Anfechtung einer Auflage.
§. 2082. Die Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der
Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt. Auf den Lauf
der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§. 203,
206, 207 entsprechende Anwendung.
Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfalle dreißig Jahre
verstrichen sind.
§. 2083. Ist eine letztwillige Verfügung, durch die eine Verpflichtung
zu einer Leistung begründet wird, anfechtbar, so kann der Beschwerte die
Leistung verweigern, auch wenn die Anfechtung nach §. 2082 ausgeschlossen ist.
§. 2084. Läßt der Inhalt einer letztwilligen Verfügung verschiedene
Auslegungen zu, so ist im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher
die Verfügung Erfolg haben kann.
§. 2085. Die Unwirksamkeit einer von mehreren in einem Testament
enthaltenen Verfügungen hat die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen nur zur
Folge, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser diese ohne die unwirksame
Verfügung nicht getroffen haben würde.
§. 2086. Ist einer letztwilligen Verfügung der Vorbehalt einer Ergänzung
beigefügt, die Ergänzung aber unterblieben, so ist die Verfügung wirksam,
sofern nicht anzunehmen ist, daß die Wirksamkeit von der Ergänzung abhängig
sein sollte.
Zweiter Titel.
Erbeinsetzung.
§. 2087. Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchtheil seines
Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung als Erbeinsetzung
anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist.
Sind dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im
Zweifel nicht anzunehmen, daß er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe
bezeichnet ist.
§. 2088. Hat der Erblasser nur einen Erben eingesetzt und die Einsetzung
auf einen Bruchtheil der Erbschaft beschränkt, so tritt in Ansehung des übrigen
Theiles die gesetzliche Erbfolge ein.
Das Gleiche gilt, wenn der Erblasser mehrere Erben unter Beschränkung
eines jeden auf einen Bruchtheil eingesetzt hat und die Bruchtheile das Ganze
nicht erschöpfen.
§. 2089. Sollen die eingesetzten Erben nach dem Willen des Erblassers
die alleinigen Erben sein, so tritt, wenn jeder von ihnen auf einen Bruchtheil
der Erbschaft eingesetzt ist und die Bruchtheile das Ganze nicht erschöpfen,
eine verhältnißmäßige Erhöhung der Bruchtheile ein.
§. 2090. Ist jeder der eingesetzten Erben auf einen Bruchtheil der
Erbschaft eingesetzt und übersteigen die Bruchtheile das Ganze, so tritt eine
verhältnißmäßige Minderung der Bruchtheile ein.
§. 2091. Sind mehrere Erben eingesetzt, ohne daß die Erbtheile bestimmt
sind, so sind sie zu gleichen Theilen eingesetzt, soweit sich nicht aus den §§.
2066 bis 2069 ein Anderes ergiebt.
§. 2092. Sind von mehreren Erben die einen auf Bruchtheile, die anderen
ohne Bruchtheile eingesetzt, so erhalten die letzteren den freigebliebenen
Theil der Erbschaft.
Erschöpfen die bestimmten Bruchtheile die Erbschaft, so tritt eine
verhältnißmäßige Minderung der Bruchtheile in der Weise ein, daß jeder der ohne
Bruchtheile eingesetzten Erben so viel erhält wie der mit dem geringsten
Bruchtheile bedachte Erbe.
§. 2093. Sind einige von mehreren Erben auf einen und denselben
Bruchtheil der Erbschaft eingesetzt (gemeinschaftlicher Erbtheil), so finden in
Ansehung des gemeinschaftlichen Erbtheils die Vorschriften der §§. 2089 bis
2092 entsprechende Anwendung.
§. 2094. Sind mehrere Erben in der Weise eingesetzt, daß sie die
gesetzliche Erbfolge ausschließen, und fällt einer der Erben vor oder nach dem
Eintritte des Erbfalls weg, so wächst dessen Erbtheil den übrigen Erben nach
dem Verhältniß ihrer Erbtheile an. Sind einige der Erben auf einen
gemeinschaftlichen Erbtheil eingesetzt, so tritt die Anwachsung zunächst unter
ihnen ein.
Ist durch die Erbeinsetzung nur über einen Theil der Erbschaft verfügt
und findet in Ansehung des übrigen Theiles die gesetzliche Erbfolge statt, so
tritt die Anwachsung unter den eingesetzten Erben nur ein, soweit sie auf einen
gemeinschaftlichen Erbtheil eingesetzt sind.
Der Erblasser kann die Anwachsung ausschließen.
§. 2095. Der durch Anwachsung einem Erben anfallende Erbtheil gilt in
Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit denen dieser Erbe oder der
wegfallende Erbe beschwert ist, sowie in Ansehung der Ausgleichungspflicht als
besonderer Erbtheil.
§. 2096. Der Erblasser kann für den Fall, daß ein Erbe vor oder nach dem
Eintritte des Erbfalls wegfällt, einen Anderen als Erben einsetzen
(Ersatzerbe).
§. 2097. Ist Jemand für den Fall, daß der zunächst berufene Erbe nicht
Erbe sein kann, oder für den Fall, daß er nicht Erbe sein will, als Ersatzerbe
eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er für beide Fälle eingesetzt
ist.
§. 2098. Sind die Erben gegenseitig oder sind für einen von ihnen die
übrigen als Ersatzerben eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach
dem Verhältniß ihrer Erbtheile als Ersatzerben eingesetzt sind.
Sind die Erben gegenseitig als Ersatzerben eingesetzt, so gehen Erben,
die auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil eingesetzt sind, im Zweifel als
Ersatzerben für diesen Erbtheil den anderen vor.
§. 2099. Das Recht des Ersatzerben geht dem Anwachsungsrechte vor.
Dritter Titel.
Einsetzung eines Nacherben.
§. 2100. Der Erblasser kann einen Erben in der Weise einsetzen, daß
dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein Anderer Erbe geworden ist
(Nacherbe).
§. 2101. Ist eine zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugte Person als
Erbe eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie als Nacherbe eingesetzt
ist. Entspricht es nicht dem Willen des Erblassers, daß der Eingesetzte
Nacherbe werden soll, so ist die Einsetzung unwirksam.
Das Gleiche gilt von der Einsetzung einer juristischen Person, die erst
nach dem Erbfalle zur Entstehung gelangt; die Vorschrift des §. 84 bleibt
unberührt.
§. 2102. Die Einsetzung als Nacherbe enthält im Zweifel auch die
Einsetzung als Ersatzerbe.
Ist zweifelhaft, ob Jemand als Ersatzerbe oder als Nacherbe eingesetzt
ist, so gilt er als Ersatzerbe.
§. 2103. Hat der Erblasser angeordnet, daß der Erbe mit dem Eintritt
eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses die Erbschaft einem Anderen
herausgeben soll, so ist anzunehmen, daß der Andere als Nacherbe eingesetzt
ist.
§. 2104. Hat der Erblasser angeordnet, daß der Erbe nur bis zu dem
Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses Erbe sein soll, ohne zu
bestimmen, wer alsdann die Erbschaft erhalten soll, so ist anzunehmen, daß als
Nacherben diejenigen eingesetzt sind, welche die gesetzlichen Erben des
Erblassers sein würden, wenn er zur Zeit des Eintritts des Zeitpunkts oder des
Ereignisses gestorben wäre. Der Fiskus gehört nicht zu den gesetzlichen Erben
im Sinne dieser Vorschrift.
§. 2105. Hat der Erblasser angeordnet, daß der eingesetzte Erbe die
Erbschaft erst mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses
erhalten soll, ohne zu bestimmen, wer bis dahin Erbe sein soll, so sind die
gesetzlichen Erben des Erblassers die Vorerben.
Das Gleiche gilt, wenn die Persönlichkeit des Erben durch ein erst nach
dem Erbfall eintretendes Ereigniß bestimmt werden soll oder wenn die Einsetzung
einer zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugten Person oder einer zu dieser
Zeit noch nicht entstandenen juristischen Person als Erbe nach §. 2101 als
Nacherbeinsetzung anzusehen ist.
§. 2106. Hat der Erblasser einen Nacherben eingesetzt, ohne den
Zeitpunkt oder das Ereigniß zu bestimmen, mit dem die Nacherbfolge eintreten
soll, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tode des Vorerben an.
Ist die Einsetzung einer noch nicht erzeugten Person als Erbe nach §.
2101 Abs. 1 als Nacherbeinsetzung anzusehen, so fällt die Erbschaft dem
Nacherben mit dessen Geburt an. Im Falle des §. 2101 Abs. 2 tritt der Anfall
mit der Entstehung der juristischen Person ein.
§. 2107. Hat der Erblasser einem Abkömmlinge, der zur Zeit der
Errichtung der letztwilligen Verfügung keinen Abkömmling hat oder von dem der
Erblasser zu dieser Zeit nicht weiß, daß er einen Abkömmling hat, für die Zeit
nach dessen Tode einen Nacherben bestimmt, so ist anzunehmen, daß der Nacherbe
nur für den Fall eingesetzt ist, daß der Abkömmling ohne Nachkommenschaft
stirbt.
§. 2108. Die Vorschriften des §. 1923 finden auf die Nacherbfolge
entsprechende Anwendung.
Stirbt der eingesetzte Nacherbe vor dem Eintritte des Falles der
Nacherbfolge, aber nach dem Eintritte des Erbfalls, so geht sein Recht auf
seine Erben über, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
Ist der Nacherbe unter einer aufschiebenden Bedingung eingesetzt, so bewendet
es bei der Vorschrift des §. 2074.
§. 2109. Die Einsetzung eines Nacherben wird mit dem Ablaufe von dreißig
Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Fall der Nacherbfolge
eingetreten ist. Sie bleibt auch nach dieser Zeit wirksam:
1. wenn die Nacherbfolge für den Fall
angeordnet ist, daß in der Person des Vorerben oder des Nacherben ein
bestimmtes Ereigniß eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereigniß
eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls lebt;
2. wenn dem Vorerben oder einem Nacherben für
den Fall, daß ihm ein Bruder oder eine Schwester geboren wird, der Bruder oder
die Schwester als Nacherbe bestimmt ist.
Ist der Vorerbe oder
der Nacherbe, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, eine juristische
Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
§. 2110. Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel auf einen Erbtheil,
der dem Vorerben in Folge des Wegfalls eines Miterben anfällt.
Das Recht des Nacherben erstreckt sich im Zweifel nicht auf ein dem
Vorerben zugewendetes Vorausvermächtniß.
§. 2111. Zur Erbschaft gehört, was der Vorerbe auf Grund eines zur
Erbschaft gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung
oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit
Mitteln der Erbschaft erwirbt, sofern nicht der Erwerb ihm als Nutzung gebührt.
Die Zugehörigkeit einer durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zur Erbschaft
hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der
Zugehörigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden
entsprechende Anwendung.
Zur Erbschaft gehört auch, was der Vorerbe dem Inventar eines
erbschaftlichen Grundstücks einverleibt.
§. 2112. Der Vorerbe kann über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände
verfügen, soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§. 2113 bis 2115 ein
Anderes ergiebt.
§. 2113. Die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes
Grundstück oder Recht an einem Grundstück oder über ein zur Erbschaft
gehörendes eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk ist im Fall des Eintritts
der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln
oder beeinträchtigen würde.
Das Gleiche gilt von der Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die
unentgeltlich oder zum Zwecke der Erfüllung eines von dem Vorerben ertheilten
Schenkungsversprechens erfolgt. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer
sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht
entsprochen wird.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem
Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 2114. Gehört zur Erbschaft eine Hypothekenforderung, eine
Grundschuld, eine Rentenschuld oder eine Schiffshypothekenforderung, so steht die Kündigung und die Einziehung dem Vorerben zu. Der
Vorerbe kann jedoch nur verlangen, daß das Kapital an ihn nach Beibringung der
Einwilligung des Nacherben gezahlt oder daß es für ihn und den Nacherben
hinterlegt wird. Auf andere Verfügungen über die Hypothekenforderung, die
Grundschuld, die Rentenschuld oder die Schiffshypothekenforderung finden die
Vorschriften des § 2113 Anwendung.
§. 2115. Eine Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die im Wege der
Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter
erfolgt, ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als
sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Die Verfügung
ist unbeschränkt wirksam, wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder ein an
einem Erbschaftsgegenstande bestehendes Recht geltend gemacht wird, das im
Falle des Eintritts der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber wirksam ist.
§. 2116. Der Vorerbe hat auf Verlangen des Nacherben die zur Erbschaft
gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer
Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank, bei der Deutschen
Zentralgenossenschaftskasse oder bei der Deutschen Girozentrale (Deutschen
Kommunalbank) mit der Bestimmung zu hinterlegen, daß die Herausgabe nur mit
Zustimmung des Nacherben verlangt werden kann. Die Hinterlegung von
Inhaberpapieren, die nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von
Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen kann nicht verlangt werden. Den
Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen
sind.
Ueber die hinterlegten Papiere kann der Vorerbe nur mit Zustimmung des
Nacherben verfügen.
§. 2117. Der Vorerbe kann die Inhaberpapiere, statt sie nach §. 2116 zu
hinterlegen, auf seinen Namen mit der Bestimmung umschreiben lassen, daß er
über sie nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen kann. Sind die Papiere von
dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgestellt, so kann er sie mit der gleichen
Bestimmung in Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundesstaat umwandeln
lassen.
§. 2118. Gehören zur Erbschaft Buchforderungen gegen das Reich oder
einen Bundesstaat, so ist der Vorerbe auf Verlangen des Nacherben verpflichtet,
in das Schuldbuch den Vermerk eintragen zu lassen, daß er über die Forderungen
nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen kann.
§. 2119. Geld, das nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
dauernd anzulegen ist, darf der Vorerbe nur nach den für die Anlegung von
Mündelgeld geltenden Vorschriften anlegen.
§. 2120. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung, insbesondere zur
Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten, eine Verfügung erforderlich, die der
Vorerbe nicht mit Wirkung gegen den Nacherben vornehmen kann, so ist der
Nacherbe dem Vorerben gegenüber verpflichtet, seine Einwilligung zu der
Verfügung zu ertheilen. Die Einwilligung ist auf Verlangen in öffentlich
beglaubigter Form zu erklären. Die Kosten der Beglaubigung fallen dem Vorerben
zur Last.
§. 2121. Der Vorerbe hat dem Nacherben auf Verlangen ein Verzeichniß der
zur Erbschaft gehörenden Gegenstände mitzutheilen. Das Verzeichniß ist mit der
Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Vorerben zu
unterzeichnen; der Vorerbe hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich
beglaubigen zu lassen.
Der Nacherbe kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des Verzeichnisses
zugezogen wird.
Der Vorerbe ist berechtigt und auf Verlangen des Nacherben verpflichtet,
das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen
Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.
Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen der Erbschaft zur
Last.
§. 2122. Der Vorerbe kann den Zustand der zur Erbschaft gehörenden
Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen. Das gleiche
Recht steht dem Nacherben zu.
§. 2123. Gehört ein Wald zur Erbschaft, so kann sowohl der Vorerbe als
der Nacherbe verlangen, daß das Maß der Nutzung und die Art der
wirthschaftlichen Behandlung durch einen Wirthschaftsplan festgestellt werden.
Tritt eine erhebliche Aenderung der Umstände ein, so kann jeder Theil eine
entsprechende Aenderung des Wirthschaftsplans verlangen. Die Kosten fallen der
Erbschaft zur Last.
Das Gleiche gilt, wenn ein Bergwerk oder eine andere auf Gewinnung von
Bodenbestandtheilen gerichtete Anlage zur Erbschaft gehört.
§. 2124. Der Vorerbe trägt dem Nacherben gegenüber die gewöhnlichen
Erhaltungskosten.
Andere Aufwendungen, die der Vorerbe zum Zwecke der Erhaltung von Erbschaftsgegenständen
den Umständen nach für erforderlich halten darf, kann er aus der Erbschaft
bestreiten. Bestreitet er sie aus seinem Vermögen, so ist der Nacherbe im Falle
des Eintritts der Nacherbfolge zum Ersatze verpflichtet.
§. 2125. Macht der Vorerbe Verwendungen auf die Erbschaft, die nicht
unter die Vorschrift des §. 2124 fallen, so ist der Nacherbe im Falle des
Eintritts der Nacherbfolge nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne
Auftrag zum Ersatze verpflichtet.
Der Vorerbe ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er eine zur
Erbschaft gehörende Sache versehen hat, wegzunehmen.
§. 2126. Der Vorerbe hat im Verhältnisse zu dem Nacherben nicht die
außerordentlichen Lasten zu tragen, die als auf den Stammwerth der
Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind. Auf diese Lasten finden die
Vorschriften des §. 2124 Abs. 2 Anwendung.
§. 2127. Der Nacherbe ist berechtigt, von dem Vorerben Auskunft über den
Bestand der Erbschaft zu verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß der
Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt.
§. 2128. Wird durch das Verhalten des Vorerben oder durch seine
ungünstige Vermögenslage die Besorgniß einer erheblichen Verletzung der Rechte des
Nacherben begründet, so kann der Nacherbe Sicherheitsleistung verlangen.
Die für die Verpflichtung des Nießbrauchers zur Sicherheitsleistung
geltenden Vorschriften des §. 1052 finden entsprechende Anwendung.
§. 2129. Wird dem Vorerben die Verwaltung nach den Vorschriften des §.
1052 entzogen, so verliert er das Recht, über Erbschaftsgegenstände zu
verfügen.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem
Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. Für die zur
Erbschaft gehörenden Forderungen ist die Entziehung der Verwaltung dem
Schuldner gegenüber erst wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung
Kenntniß erlangt oder wenn ihm eine Mittheilung von der Anordnung zugestellt
wird. Das Gleiche gilt von der Aufhebung der Entziehung.
§. 2130. Der Vorerbe ist nach dem Eintritte der Nacherbfolge
verpflichtet, dem Nacherben die Erbschaft in dem Zustande herauszugeben, der
sich bei einer bis zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Verwaltung
ergiebt. Auf die Herausgabe eines landwirthschaftlichen Grundstücks findet die
Vorschrift des §. 592, auf die Herausgabe eines Landguts finden die
Vorschriften der §§. 592, 593 entsprechende Anwendung.
Der Vorerbe hat auf Verlangen Rechenschaft abzulegen.
§. 2131. Der Vorerbe hat dem Nacherben gegenüber in Ansehung der
Verwaltung nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen
Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§. 2132. Veränderungen oder Verschlechterungen von Erbschaftssachen, die
durch ordnungsmäßige Benutzung herbeigeführt werden, hat der Vorerbe nicht zu
vertreten.
§. 2133. Zieht der Vorerbe Früchte den Regeln einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft zuwider oder zieht er Früchte deshalb im Uebermaße, weil dies in
Folge eines besonderen Ereignisses nothwendig geworden ist, so gebührt ihm der
Werth der Früchte nur insoweit, als durch den ordnungswidrigen oder den
übermäßigen Fruchtbezug die ihm gebührenden Nutzungen beeinträchtigt werden und
nicht der Werth der Früchte nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
zur Wiederherstellung der Sache zu verwenden ist.
§. 2134. Hat der Vorerbe einen Erbschaftsgegenstand für sich verwendet,
so ist er nach dem Eintritte der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber zum
Ersatze des Werthes verpflichtet. Eine weitergehende Haftung wegen Verschuldens
bleibt unberührt.
§. 2135. Hat der Vorerbe ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder
eingetragenes Schiff vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn das Mieth-
oder Pachtverhältniß bei dem Eintritte der Nacherbfolge noch besteht, die
Vorschriften des §. 1056 entsprechende Anwendung.
§. 2136. Der Erblasser kann den Vorerben von den Beschränkungen und
Verpflichtungen des §. 2113 Abs. 1 und der §§. 2114, 2116 bis 2119, 2123, 2127
bis 2131, 2133, 2134 befreien.
§. 2137. Hat der Erblasser den Nacherben auf dasjenige eingesetzt, was
von der Erbschaft bei dem Eintritte der Nacherbfolge übrig sein wird, so gilt
die Befreiung von allen im §. 2136 bezeichneten Beschränkungen und
Verpflichtungen als angeordnet.
Das Gleiche ist im Zweifel anzunehmen, wenn der Erblasser bestimmt hat,
daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt sein soll.
§. 2138. Die Herausgabepflicht des Vorerben beschränkt sich in den
Fällen des §. 2137 auf die bei ihm noch vorhandenen Erbschaftsgegenstände. Für
Verwendungen auf Gegenstände, die er in Folge dieser Beschränkung nicht
herauszugeben hat, kann er nicht Ersatz verlangen.
Hat der Vorerbe der Vorschrift des §. 2113 Abs. 2 zuwider über einen
Erbschaftsgegenstand verfügt oder hat er die Erbschaft in der Absicht, den
Nacherben zu benachtheiligen, vermindert, so ist er dem Nacherben zum
Schadensersatze verpflichtet.
§. 2139. Mit dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge hört der Vorerbe
auf, Erbe zu sein, und fällt die Erbschaft dem Nacherben an.
§. 2140. Der Vorerbe ist auch nach dem Eintritte des Falles der
Nacherbfolge zur Verfügung über Nachlaßgegenstände in dem gleichen Umfange wie
vorher berechtigt, bis er von dem Eintritte Kenntniß erlangt oder ihn kennen
muß. Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er bei
der Vornahme eines Rechtsgeschäfts den Eintritt kennt oder kennen muß.
§. 2141. Ist bei dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge die Geburt
eines Nacherben zu erwarten, so finden auf den Unterhaltsanspruch der Mutter
die Vorschriften des §. 1963 entsprechende Anwendung.
§. 2142. Der Nacherbe kann die Erbschaft ausschlagen, sobald der Erbfall
eingetreten ist.
Schlägt der Nacherbe die Erbschaft aus, so verbleibt sie dem Vorerben, soweit nicht der Erblasser ein Anderes
bestimmt hat.
§. 2143. Tritt die Nacherbfolge ein, so gelten die in Folge des Erbfalls
durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung
erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen.
§. 2144. Die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Erben
für die Nachlaßverbindlichkeiten gelten auch für den Nacherben; an die Stelle
des Nachlasses tritt dasjenige, was der Nacherbe aus der Erbschaft erlangt, mit
Einschluß der ihm gegen den Vorerben als solchen zustehenden Ansprüche.
Das von dem Vorerben errichtete Inventar kommt auch dem Nacherben zu
Statten.
Der Nacherbe kann sich dem Vorerben gegenüber auf die Beschränkung
seiner Haftung auch dann berufen, wenn er den übrigen Nachlaßgläubigern
gegenüber unbeschränkt haftet.
§. 2145. Der Vorerbe haftet nach dem Eintritte der Nacherbfolge für die
Nachlaßverbindlichkeiten noch insoweit, als der Nacherbe nicht haftet. Die
Haftung bleibt auch für diejenigen Nachlaßverbindlichkeiten bestehen, welche im
Verhältnisse zwischen dem Vorerben und dem Nacherben dem Vorerben zur Last
fallen.
Der Vorerbe kann nach dem Eintritte der Nacherbfolge die Berichtigung
der Nachlaßverbindlichkeiten, sofern nicht seine Haftung unbeschränkt ist,
insoweit verweigern, als dasjenige nicht ausreicht, was ihm von der Erbschaft gebührt.
Die Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden entsprechende Anwendung.
§. 2146. Der Vorerbe ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet,
den Eintritt der Nacherbfolge unverzüglich dem Nachlaßgericht anzuzeigen. Die
Anzeige des Vorerben wird durch die Anzeige des Nacherben ersetzt.
Das Nachlaßgericht hat die Einsicht der Anzeige Jedem zu gestatten, der
ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
Vierter Titel.
Vermächtniß.
§. 2147. Mit einem Vermächtnisse kann der Erbe oder ein Vermächtnißnehmer
beschwert werden. Soweit nicht der Erblasser ein Anderes bestimmt hat, ist der
Erbe beschwert.
§. 2148. Sind mehrere Erben oder mehrere Vermächtnißnehmer mit demselben
Vermächtnisse beschwert, so sind im Zweifel die Erben nach dem Verhältnisse der
Erbtheile, die Vermächtnißnehmer nach dem Verhältnisse des Werthes der
Vermächtnisse beschwert.
§. 2149. Hat der Erblasser bestimmt, daß dem eingesetzten Erben ein
Erbschaftsgegenstand nicht zufallen soll, so gilt der Gegenstand als den
gesetzlichen Erben vermacht.
Der Fiskus gehört nicht zu den gesetzlichen Erben im Sinne dieser
Vorschrift.
§. 2150. Das einem Erben zugewendete Vermächtniß (Vorausvermächtniß)
gilt als Vermächtniß auch insoweit, als der Erbe selbst beschwert ist.
§. 2151. Der Erblasser kann Mehrere mit einem
Vermächtniß in der Weise bedenken, daß der Beschwerte oder ein Dritter zu
bestimmen hat, wer von den Mehreren das Vermächtniß erhalten soll.
Die Bestimmung des Beschwerten erfolgt durch Erklärung gegenüber
demjenigen, welcher das Vermächtniß erhalten soll; die Bestimmung des Dritten
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.
Kann der Beschwerte oder der Dritte die Bestimmung nicht treffen, so
sind die Bedachten Gesammtgläubiger. Das Gleiche gilt, wenn das Nachlaßgericht
dem Beschwerten oder dem Dritten auf Antrag eines der Betheiligten eine Frist
zur Abgabe der Erklärung bestimmt hat und die Frist verstrichen ist, sofern
nicht vorher die Erklärung erfolgt. Der Bedachte, der das Vermächtniß erhält,
ist im Zweifel nicht zur Theilung verpflichtet.
§. 2152. Hat der Erblasser Mehrere mit einem
Vermächtniß in der Weise bedacht, daß nur der Eine oder der Andere das
Vermächtniß erhalten soll, so ist anzunehmen, daß der Beschwerte bestimmen
soll, wer von ihnen das Vermächtniß erhält.
§. 2153. Der Erblasser kann Mehrere mit einem
Vermächtniß in der Weise bedenken, daß der Beschwerte oder ein Dritter zu
bestimmen hat, was jeder von dem vermachten Gegenstand erhalten soll. Die
Bestimmung erfolgt nach §. 2151 Abs. 2.
Kann der Beschwerte oder der Dritte die Bestimmung nicht treffen, so
sind die Bedachten zu gleichen Theilen berechtigt. Die Vorschrift des §. 2151
Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.
§. 2154. Der Erblasser kann ein Vermächtniß in
der Art anordnen, daß der Bedachte von mehreren Gegenständen nur den einen oder
den anderen erhalten soll. Ist in einem solchen Falle die Wahl einem Dritten
übertragen, so erfolgt sie durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.
Kann der Dritte die Wahl nicht treffen, so geht das Wahlrecht auf den
Beschwerten über. Die Vorschrift des §. 2151 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende
Anwendung.
§. 2155. Hat der Erblasser die vermachte Sache nur der Gattung nach
bestimmt, so ist eine den Verhältnissen des Bedachten entsprechende Sache zu
leisten.
Ist die Bestimmung der Sache dem Bedachten oder einem Dritten
übertragen, so finden die nach §. 2154 für die Wahl des Dritten geltenden
Vorschriften Anwendung.
Entspricht die von dem Bedachten oder dem Dritten getroffene Bestimmung
den Verhältnissen des Bedachten offenbar nicht, so hat der Beschwerte so zu
leisten, wie wenn der Erblasser über die Bestimmung der Sache keine Anordnung
getroffen hätte.
§. 2156. Der Erblasser kann bei der Anordnung eines Vermächtnisses,
dessen Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Leistung dem billigen Ermessen
des Beschwerten oder eines Dritten überlassen. Auf ein solches Vermächtniß
finden die Vorschriften der §§. 315 bis 319 entsprechende Anwendung.
§. 2157. Ist Mehreren derselbe Gegenstand vermacht, so finden die
Vorschriften der §§. 2089 bis 2093 entsprechende Anwendung.
§. 2158. Ist Mehreren derselbe Gegenstand vermacht, so wächst, wenn
einer von ihnen vor oder nach dem Erbfalle wegfällt, dessen Antheil den übrigen
Bedachten nach dem Verhältniß ihrer Antheile an. Dies gilt auch dann, wenn der
Erblasser die Antheile der Bedachten bestimmt hat. Sind einige der Bedachten zu
demselben Antheile berufen, so tritt die Anwachsung zunächst unter ihnen ein.
Der Erblasser kann die Anwachsung ausschließen.
§. 2159. Der durch Anwachsung einem Vermächtnißnehmer anfallende Antheil
gilt in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen, mit denen dieser oder der
wegfallende Vermächtnißnehmer beschwert ist, als besonderes Vermächtniß.
§. 2160. Ein Vermächtniß ist unwirksam, wenn der Bedachte zur Zeit des
Erbfalls nicht mehr lebt.
§. 2161. Ein Vermächtniß bleibt, sofern nicht ein anderer Wille des
Erblassers anzunehmen ist, wirksam, wenn der Beschwerte nicht Erbe oder
Vermächtnißnehmer wird. Beschwert ist in diesem Falle derjenige, welchem der
Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten kommt.
§. 2162. Ein Vermächtniß, das unter einer aufschiebenden Bedingung oder
unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet ist, wird mit dem Ablaufe von
dreißig Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher die Bedingung oder
der Termin eingetreten ist.
Ist der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugt oder wird
seine Persönlichkeit durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß
bestimmt, so wird das Vermächtniß mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem
Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher der Bedachte erzeugt oder das Ereigniß
eingetreten ist, durch das seine Persönlichkeit bestimmt wird.
§. 2163. Das Vermächtniß bleibt in den Fällen des §. 2162 auch nach dem
Ablaufe von dreißig Jahren wirksam:
1. wenn es für den Fall angeordnet ist, daß
in der Person des Beschwerten oder des Bedachten ein bestimmtes Ereigniß
eintritt, und derjenige, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, zur Zeit
des Erbfalls lebt;
2. wenn ein Erbe, ein Nacherbe oder ein
Vermächtnißnehmer für den Fall, daß ihm ein Bruder oder eine Schwester geboren
wird, mit einem Vermächtnisse zu Gunsten des Bruders oder der Schwester
beschwert ist.
Ist der Beschwerte oder
der Bedachte, in dessen Person das Ereigniß eintreten soll, eine juristische
Person, so bewendet es bei der dreißigjährigen Frist.
§. 2164. Das Vermächtniß einer Sache erstreckt sich im Zweifel auf das
zur Zeit des Erbfalls vorhandene Zubehör.
Hat der Erblasser wegen einer nach der Anordnung des Vermächtnisses
erfolgten Beschädigung der Sache einen Anspruch auf Ersatz der Minderung des
Werthes, so erstreckt sich im Zweifel das Vermächtniß
auf diesen Anspruch.
§. 2165. Ist ein zur Erbschaft gehörender Gegenstand vermacht, so kann
der Vermächtnißnehmer im Zweifel nicht die Beseitigung der Rechte verlangen,
mit denen der Gegenstand belastet ist. Steht dem Erblasser ein Anspruch auf die
Beseitigung zu, so erstreckt sich im Zweifel das Vermächtniß auf diesen
Anspruch.
Ruht auf einem vermachten Grundstück eine Hypothek, Grundschuld oder
Rentenschuld, die dem Erblasser selbst zusteht, so ist aus den Umständen zu
entnehmen, ob die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld als mitvermacht zu
gelten hat.
§. 2166. Ist ein vermachtes Grundstück, das zur Erbschaft gehört, mit
einer Hypothek für eine Schuld des Erblassers oder für eine Schuld belastet, zu
deren Berichtigung der Erblasser dem Schuldner gegenüber verpflichtet ist, so
ist der Vermächtnißnehmer im Zweifel dem Erben gegenüber zur rechtzeitigen
Befriedigung des Gläubigers insoweit verpflichtet, als die Schuld durch den
Werth des Grundstücks gedeckt wird. Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu
welcher das Eigenthum auf den Vermächtnißnehmer übergeht; er wird unter Abzug
der Belastungen berechnet, die der Hypothek im Range vorgehen.
Ist dem Erblasser gegenüber ein Dritter zur Berichtigung der Schuld
verpflichtet, so besteht die Verpflichtung des Vermächtnißnehmers im Zweifel
nur insoweit, als der Erbe die Berichtigung nicht von dem Dritten erlangen
kann.
Auf eine Hypothek der im §. 1190 bezeichneten Art finden diese
Vorschriften keine Anwendung.
§. 2167. Sind neben dem vermachten Grundstück andere zur Erbschaft
gehörende Grundstücke mit der Hypothek belastet, so beschränkt sich die im §.
2166 bestimmte Verpflichtung des Vermächtnißnehmers im Zweifel auf den Theil
der Schuld, der dem Verhältnisse des Werthes des vermachten Grundstücks zu dem
Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht. Der Werth wird nach §. 2166 Abs.
1 Satz 2 berechnet.
§. 2168. Besteht an mehreren zur Erbschaft gehörenden Grundstücken eine
Gesammtgrundschuld oder eine Gesammtrentenschuld und ist eines dieser
Grundstücke vermacht, so ist der Vermächtnißnehmer im Zweifel dem Erben
gegenüber zur Befriedigung des Gläubigers in Höhe des Theiles der Grundschuld
oder der Rentenschuld verpflichtet, der dem Verhältnisse des Werthes des
vermachten Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht.
Der Werth wird nach §. 2166 Abs. 1 Satz 2 berechnet.
Ist neben dem vermachten Grundstück ein nicht zur Erbschaft gehörendes
Grundstück mit einer Gesammtgrundschuld oder einer Gesammtrentenschuld
belastet, so finden, wenn der Erblasser zur Zeit des Erbfalls gegenüber dem
Eigenthümer des anderen Grundstücks oder einem Rechtsvorgänger des Eigenthümers
zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet ist, die Vorschriften des §. 2166
Abs. 1 und des §. 2167 entsprechende Anwendung.
§. 2168a. § 2165 Abs. 2, §§ 2166, 2167 gelten sinngemäß für eingetragene
Schiffe und Schiffsbauwerke und für Schiffshypotheken.
§. 2169. Das Vermächtniß eines bestimmten Gegenstandes ist unwirksam,
soweit der Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, es sei
denn, daß der Gegenstand dem Bedachten auch für den Fall zugewendet sein soll,
daß er nicht zur Erbschaft gehört.
Hat der Erblasser nur den Besitz der vermachten Sache, so gilt im
Zweifel der Besitz als vermacht, es sei denn, daß er dem Bedachten keinen
rechtlichen Vortheil gewährt.
Steht dem Erblasser ein Anspruch auf Leistung des vermachten
Gegenstandes oder, falls der Gegenstand nach der Anordnung des Vermächtnisses
untergegangen oder dem Erblasser entzogen worden ist, ein Anspruch auf Ersatz
des Werthes zu, so gilt im Zweifel der Anspruch als vermacht.
Zur Erbschaft gehört im Sinne des Abs. 1 ein Gegenstand nicht, wenn der
Erblasser zu dessen Veräußerung verpflichtet ist.
§. 2170. Ist das Vermächtniß eines Gegenstandes, der zur Zeit des
Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, nach §. 2169 Abs. 1 wirksam, so hat der
Beschwerte den Gegenstand dem Bedachten zu verschaffen.
Ist der Beschwerte zur Verschaffung außer Stande, so hat er den Werth zu
entrichten. Ist die Verschaffung nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen
möglich, so kann sich der Beschwerte durch Entrichtung des Werthes befreien.
§. 2171. Ein Vermächtniß, das auf eine zur Zeit des Erbfalls unmögliche
Leistung gerichtet ist oder gegen ein zu dieser Zeit bestehendes gesetzliches
Verbot verstößt, ist unwirksam. Die Vorschriften des §. 308 finden
entsprechende Anwendung.
§. 2172. Die Leistung einer vermachten Sache gilt auch dann als
unmöglich, wenn die Sache mit einer anderen Sache in solcher Weise verbunden,
vermischt oder vermengt worden ist, daß nach den §§. 946 bis 948 das Eigenthum
an der anderen Sache sich auf sie erstreckt oder das Miteigenthum eingetreten
ist, oder wenn sie in solcher Weise verarbeitet oder umgebildet worden ist, daß
nach §. 950 derjenige, welcher die neue Sache hergestellt hat, Eigenthümer
geworden ist.
Ist die Verbindung, Vermischung oder Vermengung durch einen Anderen als
den Erblasser erfolgt und hat der Erblasser dadurch Miteigenthum erworben, so
gilt im Zweifel das Miteigenthum als vermacht; steht dem Erblasser ein Recht
zur Wegnahme der verbundenen Sache zu, so gilt im Zweifel dieses Recht als
vermacht. Im Falle der Verarbeitung oder Umbildung durch einen Anderen als den
Erblasser bewendet es bei der Vorschrift des §. 2169 Abs. 3.
§. 2173. Hat der Erblasser eine ihm zustehende Forderung vermacht, so
ist, wenn vor dem Erbfalle die Leistung erfolgt und der geleistete Gegenstand
noch in der Erbschaft vorhanden ist, im Zweifel anzunehmen, daß dem Bedachten
dieser Gegenstand zugewendet sein soll. War die Forderung auf die Zahlung einer
Geldsumme gerichtet, so gilt im Zweifel die entsprechende Geldsumme als vermacht,
auch wenn sich eine solche in der Erbschaft nicht vorfindet.
§. 2174. Durch das Vermächtniß wird für den
Bedachten das Recht begründet, von dem Beschwerten die Leistung des vermachten
Gegenstandes zu fordern.
§. 2175. Hat der Erblasser eine ihm gegen den Erben zustehende Forderung
oder hat er ein Recht vermacht, mit dem eine Sache oder ein Recht des Erben
belastet ist, so gelten die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht
und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse
in Ansehung des Vermächtnisses als nicht erloschen.
§. 2176. Die Forderung des Vermächtnißnehmers kommt, unbeschadet des
Rechtes, das Vermächtniß auszuschlagen, zur Entstehung
(Anfall des Vermächtnisses) mit dem Erbfalle.
§. 2177. Ist das Vermächtniß unter einer aufschiebenden Bedingung oder
unter Bestimmung eines Anfangstermins angeordnet und tritt die Bedingung oder
der Termin erst nach dem Erbfall ein, so erfolgt der Anfall des Vermächtnisses
mit dem Eintritte der Bedingung oder des Termins.
§. 2178. Ist der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugt oder
wird seine Persönlichkeit durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß
bestimmt, so erfolgt der Anfall des Vermächtnisses im ersteren Falle mit der
Geburt, im letzteren Falle mit dem Eintritte des Ereignisses.
§. 2179. Für die Zeit zwischen dem Erbfall und dem Anfalle des
Vermächtnisses finden in den Fällen der §§. 2177, 2178 die Vorschriften
Anwendung, die für den Fall gelten, daß eine Leistung unter einer
aufschiebenden Bedingung geschuldet wird.
§. 2180. Der Vermächtnißnehmer kann das
Vermächtniß nicht mehr ausschlagen, wenn er es angenommen hat.
Die Annahme sowie die Ausschlagung des Vermächtnisses erfolgt durch
Erklärung gegenüber dem Beschwerten. Die Erklärung kann erst nach dem Eintritte
des Erbfalls abgegeben werden; sie ist unwirksam, wenn sie unter einer
Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.
Die für die Annahme und die Ausschlagung einer Erbschaft geltenden
Vorschriften des §. 1950, des §. 1952 Abs. 1, 3 und des §. 1953 Abs. 1, 2
finden entsprechende Anwendung.
§. 2181. Ist die Zeit der Erfüllung eines Vermächtnisses dem freien
Belieben des Beschwerten überlassen, so wird die Leistung im Zweifel mit dem
Tode des Beschwerten fällig.
§. 2182. Ist eine nur der Gattung nach bestimmte Sache vermacht, so hat
der Beschwerte die gleichen Verpflichtungen wie ein Verkäufer nach den
Vorschriften des §. 433 Abs. 1, der §§. 434 bis 437, des §. 440 Abs. 2 bis 4
und der §§. 441 bis 444.
Dasselbe gilt im Zweifel, wenn ein bestimmter nicht zur Erbschaft
gehörender Gegenstand vermacht ist, unbeschadet der sich aus dem §. 2170 ergebenden Beschränkung der Haftung.
Ist ein Grundstück Gegenstand des Vermächtnisses, so haftet der
Beschwerte im Zweifel nicht für die Freiheit des Grundstücks von
Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Reallasten.
§. 2183. Ist eine nur der Gattung nach bestimmte Sache vermacht, so kann
der Vermächtnißnehmer, wenn die geleistete Sache mangelhaft ist, verlangen, daß
ihm an Stelle der mangelhaften Sache eine mangelfreie geliefert wird.
Hat der Beschwerte einen Fehler arglistig verschwiegen, so kann der
Vermächtnißnehmer statt der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz
wegen Nichterfüllung verlangen. Auf diese Ansprüche finden
die für die Gewährleistung wegen Mängel einer verkauften Sache geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
§. 2184. Ist ein bestimmter zur Erbschaft gehörender Gegenstand
vermacht, so hat der Beschwerte dem Vermächtnißnehmer auch die seit dem Anfalle
des Vermächtnisses gezogenen Früchte sowie das sonst auf Grund des vermachten
Rechtes Erlangte herauszugeben. Für Nutzungen, die nicht zu den Früchten
gehören, hat der Beschwerte nicht Ersatz zu leisten.
§. 2185. Ist eine bestimmte zur Erbschaft gehörende Sache vermacht, so
kann der Beschwerte für die nach dem Erbfall auf die Sache gemachten
Verwendungen sowie für Aufwendungen, die er nach dem Erbfalle zur Bestreitung
von Lasten der Sache gemacht hat, Ersatz nach den Vorschriften verlangen, die für
das Verhältniß zwischen dem Besitzer und dem Eigenthümer gelten.
§. 2186. Ist ein Vermächtnißnehmer mit einem Vermächtniß oder einer
Auflage beschwert, so ist er zur Erfüllung erst dann verpflichtet, wenn er die
Erfüllung des ihm zugewendeten Vermächtnisses zu verlangen berechtigt ist.
§. 2187. Ein Vermächtnißnehmer, der mit einem Vermächtniß oder einer
Auflage beschwert ist, kann die Erfüllung auch nach der Annahme des ihm
zugewendeten Vermächtnisses insoweit verweigern, als dasjenige, was er aus dem
Vermächtniß erhält, zur Erfüllung nicht ausreicht.
Tritt nach §. 2161 ein Anderer an die Stelle des beschwerten
Vermächtnißnehmers, so haftet er nicht weiter, als der Vermächtnißnehmer haften
würde.
Die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften des §. 1992 finden
entsprechende Anwendung.
§. 2188. Wird die einem Vermächtnißnehmer gebührende Leistung auf Grund
der Beschränkung der Haftung des Erben, wegen eines Pflichttheilsanspruchs oder
in Gemäßheit des §. 2187 gekürzt, so kann der Vermächtnißnehmer, sofern nicht
ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, die ihm auferlegten
Beschwerungen verhältnißmäßig kürzen.
§. 2189. Der Erblasser kann für den Fall, daß die dem Erben oder einem
Vermächtnißnehmer auferlegten Vermächtnisse und Auflagen auf Grund der
Beschränkung der Haftung des Erben, wegen eines Pflichttheilsanspruchs oder in
Gemäßheit der §§. 2187, 2188 gekürzt werden, durch Verfügung von Todeswegen
anordnen, daß ein Vermächtniß oder eine Auflage den Vorrang vor den übrigen
Beschwerungen haben soll.
§. 2190. Hat der Erblasser für den Fall, daß der zunächst Bedachte das
Vermächtniß nicht erwirbt, den Gegenstand des Vermächtnisses einem Anderen
zugewendet, so finden die für die Einsetzung eines Ersatzerben geltenden
Vorschriften der §§. 2097 bis 2099 entsprechende Anwendung.
§. 2191. Hat der Erblasser den vermachten Gegenstand von einem nach dem
Anfalle des Vermächtnisses eintretenden bestimmten Zeitpunkt oder Ereigniß an
einem Dritten zugewendet, so gilt der erste Vermächtnißnehmer als beschwert.
Auf das Vermächtniß finden die für die Einsetzung eines Nacherben
geltenden Vorschriften des §. 2102, des §. 2106 Abs. 1, des §. 2107 und des §.
2110 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Auflage.
§. 2192. Auf eine Auflage finden die für letztwillige Zuwendungen
geltenden Vorschriften der §§. 2065, 2147, 2148, 2154 bis 2156, 2161, 2171,
2181 entsprechende Anwendung.
§. 2193. Der Erblasser kann bei der Anordnung einer Auflage, deren Zweck
er bestimmt hat, die Bestimmung der Person, an welche die Leistung erfolgen
soll, dem Beschwerten oder einem Dritten überlassen.
Steht die Bestimmung dem Beschwerten zu, so kann ihm, wenn er zur
Vollziehung der Auflage rechtskräftig verurtheilt ist, von dem Kläger eine
angemessene Frist zur Vollziehung bestimmt werden; nach dem Ablaufe der Frist
ist der Kläger berechtigt, die Bestimmung zu treffen, wenn nicht die
Vollziehung rechtzeitig erfolgt.
Steht die Bestimmung einem Dritten zu, so erfolgt sie durch Erklärung
gegenüber dem Beschwerten. Kann der Dritte die Bestimmung nicht treffen, so
geht das Bestimmungsrecht auf den Beschwerten über. Die Vorschrift des §. 2151
Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung; zu den Betheiligten im Sinne
dieser Vorschrift gehören der Beschwerte und diejenigen, welche die Vollziehung
der Auflage zu verlangen berechtigt sind.
§. 2194. Die Vollziehung einer Auflage können der Erbe, der Miterbe und
derjenige verlangen, welchem der Wegfall des mit der Auflage zunächst Beschwerten
unmittelbar zu Statten kommen würde. Liegt die Vollziehung im öffentlichen
Interesse, so kann auch die zuständige Behörde die Vollziehung verlangen.
§. 2195. Die Unwirksamkeit einer Auflage hat die Unwirksamkeit der unter
der Auflage gemachten Zuwendung nur zur Folge, wenn anzunehmen ist, daß der
Erblasser die Zuwendung nicht ohne die Auflage gemacht haben würde.
§. 2196. Wird die Vollziehung einer Auflage in Folge eines von dem
Beschwerten zu vertretenden Umstandes unmöglich, so kann derjenige, welchem der
Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten kommen würde, die
Herausgabe der Zuwendung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung insoweit fordern, als die Zuwendung zur
Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen.
Das Gleiche gilt, wenn der Beschwerte zur Vollziehung einer Auflage, die
nicht durch einen Dritten vollzogen werden kann, rechtskräftig verurtheilt ist
und die zulässigen Zwangsmittel erfolglos gegen ihn angewendet worden sind.
Sechster Titel.
Testamentsvollstrecker.
§. 2197. Der Erblasser kann durch Testament einen oder mehrere
Testamentsvollstrecker ernennen.
Der Erblasser kann für den Fall, daß der ernannte Testamentsvollstrecker
vor oder nach der Annahme des Amtes wegfällt, einen anderen
Testamentsvollstrecker ernennen.
§. 2198. Der Erblasser kann die Bestimmung der Person des
Testamentsvollstreckers einem Dritten überlassen. Die Bestimmung erfolgt durch
Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte; die Erklärung ist in öffentlich
beglaubigter Form abzugeben.
Das Bestimmungsrecht des Dritten erlischt mit dem Ablauf einer ihm auf
Antrag eines der Betheiligten von dem Nachlaßgerichte bestimmten Frist.
§. 2199. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker ermächtigen,
einen oder mehrere Mitvollstrecker zu ernennen.
Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker ermächtigen, einen
Nachfolger zu ernennen.
Die Ernennung erfolgt nach §. 2198 Abs. 1 Satz 2.
§. 2200. Hat der Erblasser in dem Testamente das Nachlaßgericht ersucht,
einen Testamentsvollstrecker zu ernennen, so kann das Nachlaßgericht die
Ernennung vornehmen.
Das Nachlaßgericht soll vor der Ernennung die Betheiligten hören, wenn
es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen
kann.
§. 2201. Die Ernennung des Testamentsvollstreckers ist unwirksam, wenn
er zu der Zeit, zu welcher er das Amt anzutreten hat, geschäftsunfähig oder in
der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist oder nach §. 1910 zur Besorgung seiner
Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat.
§. 2202. Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt mit dem Zeitpunkt,
in welchem der Ernannte das Amt annimmt.
Die Annahme sowie die Ablehnung des Amtes erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem Nachlaßgerichte. Die Erklärung kann erst nach dem Eintritte des
Erbfalls abgegeben werden; sie ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung
oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.
Das Nachlaßgericht kann dem Ernannten auf Antrag eines der Betheiligten
eine Frist zur Erklärung über die Annahme bestimmen. Mit dem Ablaufe der Frist
gilt das Amt als abgelehnt, wenn nicht die Annahme vorher erklärt wird.
§. 2203. Der Testamentsvollstrecker hat die letztwilligen Verfügungen
des Erblassers zur Ausführung zu bringen.
§. 2204. Der Testamentsvollstrecker hat, wenn mehrere Erben vorhanden
sind, die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§. 2042 bis 2056 zu
bewirken.
Der Testamentsvollstrecker hat die Erben über den
Auseinandersetzungsplan vor der Ausführung zu hören.
§. 2205. Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlaß zu verwalten. Er ist
insbesondere berechtigt, den Nachlaß in Besitz zu nehmen und über die
Nachlaßgegenstände zu verfügen. Zu unentgeltlichen Verfügungen ist er nur
berechtigt, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu
nehmenden Rücksicht entsprechen.
§. 2206. Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt, Verbindlichkeiten
für den Nachlaß einzugehen, soweit die Eingehung zur ordnungsmäßigen Verwaltung
erforderlich ist. Die Verbindlichkeit zu einer Verfügung über einen Nachlaßgegenstand
kann der Testamentsvollstrecker für den Nachlaß auch dann eingehen, wenn er zu
der Verfügung berechtigt ist.
Der Erbe ist verpflichtet, zur Eingehung solcher Verbindlichkeiten seine
Einwilligung zu ertheilen, unbeschadet des Rechtes, die Beschränkung seiner
Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten geltend zu machen.
§. 2207. Der Erblasser kann anordnen, daß der Testamentsvollstrecker in
der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß nicht beschränkt sein soll.
Der Testamentsvollstrecker ist auch in einem solchen Falle zu einem
Schenkungsversprechen nur nach Maßgabe des §. 2205 Satz 3 berechtigt.
§. 2208. Der Testamentsvollstrecker hat die in den §§. 2203 bis 2206
bestimmten Rechte nicht, soweit anzunehmen ist, daß sie ihm nach dem Willen des
Erblassers nicht zustehen sollen. Unterliegen der Verwaltung des
Testamentsvollstreckers nur einzelne Nachlaßgegenstände, so stehen ihm die im
§. 2205 Satz 2 bestimmten Befugnisse nur in Ansehung dieser Gegenstände zu.
Hat der Testamentsvollstrecker Verfügungen des Erblassers nicht selbst
zur Ausführung zu bringen, so kann er die Ausführung von dem Erben verlangen,
sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
§. 2209. Der Erblasser kann einem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des
Nachlasses übertragen, ohne ihm andere Aufgaben als die Verwaltung zuzuweisen;
er kann auch anordnen, daß der Testamentsvollstrecker die Verwaltung nach der
Erledigung der ihm sonst zugewiesenen Aufgaben fortzuführen hat. Im Zweifel ist
anzunehmen, daß einem solchen Testamentsvollstrecker die im §. 2207 bezeichnete
Ermächtigung ertheilt ist.
§. 2210. Eine nach §. 2209 getroffene Anordnung wird unwirksam, wenn
seit dem Erbfalle dreißig Jahre verstrichen sind. Der Erblasser kann jedoch
anordnen, daß die Verwaltung bis zum Tode des Erben oder des
Testamentsvollstreckers oder bis zum Eintritt eines anderen Ereignisses in der
Person des einen oder des anderen fortdauern soll. Die Vorschrift des §. 2163
Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
§. 2211. Ueber einen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers
unterliegenden Nachlaßgegenstand kann der Erbe nicht verfügen.
Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem
Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
§. 2212. Ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes
Recht kann nur von dem Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht
werden.
§. 2213. Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, kann sowohl
gegen den Erben als gegen den Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend
gemacht werden. Steht dem Testamentsvollstrecker nicht die Verwaltung des
Nachlasses zu, so ist die Geltendmachung nur gegen den Erben zulässig. Ein
Pflichttheilsanspruch kann, auch wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung
des Nachlasses zusteht, nur gegen den Erben geltend gemacht werden.
Die Vorschrift des §. 1958 findet auf den Testamentsvollstrecker keine
Anwendung.
Ein Nachlaßgläubiger, der seinen Anspruch gegen den Erben geltend macht,
kann den Anspruch auch gegen den Testamentsvollstrecker dahin geltend machen,
daß dieser die Zwangsvollstreckung in die seiner Verwaltung unterliegenden
Nachlaßgegenstände dulde.
§. 2214. Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlaßgläubigern
gehören, können sich nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers
unterliegenden Nachlaßgegenstände halten.
§. 2215. Der Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich nach der
Annahme des Amtes ein Verzeichniß der seiner Verwaltung unterliegenden
Nachlaßgegenstände und der bekannten Nachlaßverbindlichkeiten mitzutheilen und
ihm die zur Aufnahme des Inventars sonst erforderliche Beihülfe zu leisten.
Das Verzeichniß ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen
und von dem Testamentsvollstrecker zu unterzeichnen; der Testamentsvollstrecker
hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.
Der Erbe kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des Verzeichnisses
zugezogen wird.
Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt und auf Verlangen des Erben
verpflichtet, das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen
zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen.
Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen dem Nachlasse zur
Last.
§. 2216. Der Testamentsvollstrecker ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung
des Nachlasses verpflichtet.
Anordnungen, die der Erblasser für die Verwaltung durch letztwillige
Verfügung getroffen hat, sind von dem Testamentsvollstrecker zu befolgen. Sie
können jedoch auf Antrag des Testamentsvollstreckers oder eines anderen
Betheiligten von dem Nachlaßgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre
Befolgung den Nachlaß erheblich gefährden würde. Das Gericht soll vor der
Entscheidung soweit thunlich die Betheiligten hören.
§. 2217. Der Testamentsvollstrecker hat Nachlaßgegenstände, deren er zur
Erfüllung seiner Obliegenheiten offenbar nicht bedarf, dem Erben auf Verlangen
zur freien Verfügung zu überlassen. Mit der Ueberlassung erlischt sein Recht
zur Verwaltung der Gegenstände.
Wegen Nachlaßverbindlichkeiten, die nicht auf einem Vermächtniß oder
einer Auflage beruhen, sowie wegen bedingter und betagter Vermächtnisse oder
Auflagen kann der Testamentsvollstrecker die Ueberlassung der Gegenstände nicht
verweigern, wenn der Erbe für die Berichtigung der Verbindlichkeiten oder für
die Vollziehung der Vermächtnisse oder Auflagen Sicherheit leistet.
§. 2218. Auf das Rechtsverhältniß zwischen dem Testamentsvollstrecker
und dem Erben finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§. 664,
666 bis 668, 670, des §. 673 Satz 2 und des §. 674 entsprechende
Anwendung.
Bei einer länger dauernden Verwaltung kann der Erbe jährlich
Rechnungslegung verlangen.
§. 2219. Verletzt der Testamentsvollstrecker die ihm obliegenden
Verpflichtungen, so ist er, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt, für den
daraus entstehenden Schaden dem Erben und, soweit ein Vermächtniß zu vollziehen
ist, auch dem Vermächtnißnehmer verantwortlich.
Mehrere Testamentsvollstrecker, denen ein Verschulden zur Last fällt,
haften als Gesammtschuldner.
§. 2220. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker nicht von den ihm
nach den §§. 2215, 2216, 2218, 2219 obliegenden Verpflichtungen befreien.
§. 2221. Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amtes
eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein Anderes bestimmt
hat.
§. 2222. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker auch zu dem
Zwecke ernennen, daß dieser bis zu dem Eintritt einer angeordneten Nacherbfolge
die Rechte des Nacherben ausübt und dessen Pflichten erfüllt.
§. 2223. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker auch zu dem
Zwecke ernennen, daß dieser für die Ausführung der einem Vermächtnißnehmer
auferlegten Beschwerungen sorgt.
§. 2224. Mehrere Testamentsvollstrecker führen das Amt gemeinschaftlich;
bei einer Meinungsverschiedenheit entscheidet das Nachlaßgericht. Fällt einer
von ihnen weg, so führen die übrigen das Amt allein. Der Erblasser kann
abweichende Anordnungen treffen.
Jeder Testamentsvollstrecker ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen
Testamentsvollstrecker diejenigen Maßregeln zu treffen, welche zur Erhaltung
eines der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstandes
nothwendig sind.
§. 2225. Das Amt des Testamentsvollstreckers erlischt, wenn er stirbt
oder wenn ein Fall eintritt, in welchem die Ernennung nach §. 2201 unwirksam
sein würde.
§. 2226. Der Testamentsvollstrecker kann das Amt jederzeit kündigen. Die
Kündigung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Die
Vorschriften des §. 671 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§. 2227. Das Nachlaßgericht kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag
eines der Betheiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein
solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur
ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Der Testamentsvollstrecker soll vor der Entlassung wenn thunlich gehört
werden.
§. 2228. Das Nachlaßgericht hat die Einsicht der nach §. 2198 Abs. 1
Satz 2, §. 2199 Abs. 3, §. 2202 Abs. 2, §. 2226 Satz 2 abgegebenen Erklärungen
Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
Siebenter Titel.
Errichtung und Aufhebung eines Testaments.
§. 2229. Ein Minderjähriger kann ein Testament erst errichten, wenn er
das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat.
Der Minderjährige oder ein unter vorläufige Vormundschaft gestellter
Volljähriger bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters.
Wer entmündigt ist, kann ein Testament nicht errichten. Die Unfähigkeit
tritt schon mit der Stellung des Antrags ein, auf Grund dessen die Entmündigung
ausgesprochen wird.
Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen
Geistesschwäche oder wegen Bewußtseinsstörung nicht in der Lage ist, die
Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser
Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten.
§. 2230. Hat ein Entmündigter ein Testament errichtet, bevor der
Entmündigungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, so steht die Entmündigung der
Gültigkeit des Testaments nicht entgegen, wenn der Entmündigte noch vor dem
Eintritt der Unanfechtbarkeit stirbt.
Hat ein Entmündigter nach der Stellung des Antrags auf Wiederaufhebung
der Entmündigung ein Testament errichtet, so steht die Entmündigung der
Gültigkeit des Testaments nicht entgegen, wenn die Entmündigung auf Grund des
Antrags wieder aufgehoben wird.
§. 2231. Ein Testament kann in ordentlicher Form errichtet werden
1. zur Niederschrift eines Notars;
2. durch eine vom Erblasser nach § 2247 abgegebene Erklärung.
§. 2232. Zur Niederschrift eines Notars wird ein Testament errichtet,
indem der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt oder ihm
eine Schrift mit der Erklärung übergibt, daß die Schrift seinen letzten Willen
enthalte. Der Erblasser kann die Schrift offen oder verschlossen übergeben; sie
braucht nicht von ihm geschrieben zu sein.
§. 2233. Ist der Erblasser minderjährig, so kann er das Testament nur
durch mündliche Erklärung oder durch Übergabe einer offenen Schrift errichten.
Ist der Erblasser nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des
Notars nicht imstande, Geschriebenes zu lesen, so kann er das Testament nur
durch mündliche Erklärung errichten.
Vermag der Erblasser nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des
Notars nicht hinreichend zu sprechen, so kann er das Testament nur durch
Übergabe einer Schrift errichten.
§. 2234. Anm.: Aufgehoben durch § 57,
Z. 8, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1513, Nr. 89, ausgegeben am 03. 09. 1969, in
Kraft seit 01. 01. 1970 - BeurkG.
§. 2235. Anm.: Aufgehoben durch § 57,
Z. 8, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1513, Nr. 89, ausgegeben am 03. 09. 1969, in
Kraft seit 01. 01. 1970 - BeurkG.
§. 2236. Anm.: Aufgehoben durch § 57,
Z. 8, Bundesgesetzblatt I 1969, S. 1513, Nr. 89, ausgegeben am 03. 09. 1969, in
Kraft seit 01. 01. 1970 - BeurkG.
§. 2237. Als Zeuge soll bei der Errichtung des Testaments nicht
mitwirken:
1. ein Minderjähriger;
2. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für
verlustig erklärt ist, während der Zeit, für welche die Ehrenrechte aberkannt
sind;
3. wer nach den gesetzlichen Vorschriften
wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung unfähig ist, als Zeuge eidlich
vernommen zu werden;
4. wer geisteskrank, geistesschwach, taub,
blind oder stumm ist oder nicht schreiben kann;
5. wer die deutsche Sprache nicht versteht; dies
gilt nicht im Falle des § 2245;
6. wer als Hausangestellter oder Gehilfe im
Dienste des Richters oder des beurkundenden Notars steht.
§. 2238. Das Testament wird in der Weise errichtet, daß der Erblasser
dem Richter oder dem Notar seinen letzten Willen mündlich erklärt oder eine
Schrift mit der mündlichen Erklärung übergibt, daß die Schrift seinen letzten
Willen enthalte.
Der Erblasser kann die Schrift offen oder verschlossen übergeben. Die
Schrift kann von dem Erblasser oder von einer anderen Person geschrieben sein.
Der Richter oder der Notar soll von dem Inhalt der offen übergebenen Schrift
Kenntnis nehmen.
Wer minderjährig ist, kann das Testament nur durch mündliche Erklärung
oder durch Übergabe einer offenen Schrift errichten.
Ist der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder des Notars
nicht imstande, Geschriebenes zu lesen, so kann er das Testament nur durch
mündliche Erklärung errichten.
§. 2239. Die bei der Errichtung des Testaments mitwirkenden Personen
müssen, soweit sich aus § 2242 Abs. 2, 3 nichts anderes ergibt, während der
ganzen Verhandlung zugegen sein.
§. 2240. Über die Errichtung des Testaments muß eine Niederschrift in
deutscher Sprache aufgenommen werden.
§. 2241. Die Niederschrift muß enthalten:
1. den Tag der Verhandlung;
2. die Bezeichnung des Erblassers und der
mitwirkenden Personen;
3. die nach § 2238 erforderlichen Erklärungen
des Erblassers und im Falle der Übergabe einer Schrift die Feststellung der
Übergabe.
Die Niederschrift soll ferner den Ort der
Verhandlung enthalten.
Das Fehlen einer Angabe über den Tag der
Verhandlung steht der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen, wenn diese
Angabe aus dem vom Richter oder Notar nach § 2246 auf den Testamentsumschlag
gesetzten Vermerk hervorgeht.
Das Testament ist nicht schon deshalb
ungültig, weil die Angabe über den Tag der Verhandlung unrichtig ist.
§. 2241a. Kennt der Richter oder der Notar
den Erblasser, so soll er dies in der Niederschrift feststellen. Kennt er ihn
nicht, so soll er angeben, wie er sich Gewißheit über seine Person verschafft
hat.
Kann sich der Richter oder der Notar über die
Person des Erblassers keine volle Gewißheit verschaffen, wird aber gleichwohl
die Aufnahme der Verhandlung verlangt, so soll er dies in der Niederschrift
unter Anführung des Sachverhalts und der zur Feststellung der Person
beigebrachten Unterlagen angeben.
Der Richter oder der Notar soll sich davon
überzeugen, daß der Erblasser testierfähig ist (§ 2229). Er soll seine
Wahrnehmungen über die Testierfähigkeit in der Niederschrift angeben.
§. 2241b. Der Richter oder der Notar soll den
Erblasser auf Bedenken gegen den Inhalt seiner mündlichen Erklärung oder der
offen übergebenen Schrift hinweisen.
Bestehen Zweifel an der Gültigkeit des
beabsichtigten Testaments, so sollen die Zweifel dem Erblasser mitgeteilt und
der Inhalt der Mitteilung und die hierauf vom Erblasser abgegebenen Erklärungen
in der Niederschrift festgestellt werden.
§. 2242. Die Niederschrift muß vorgelesen, vom Erblasser genehmigt und
von ihm eigenhändig unterschrieben werden. In der Niederschrift soll
festgestellt werden, daß dies geschehen ist. Hat der Erblasser die
Niederschrift eigenhändig unterschrieben, so wird vermutet, daß sie vorgelesen
und von ihm genehmigt ist. Die Niederschrift soll dem Erblasser auf Verlangen
auch zur Durchsicht vorgelegt werden.
Ist der Erblasser taub, so soll ihm die Niederschrift zur Durchsicht
vorgelegt werden, auch wenn er dies nicht verlangt; in der Niederschrift soll
festgestellt werden, daß dies geschehen ist. Kann der taube Erblasser Geschriebenes
nicht lesen, so soll bei dem Vorlesen eine Vertrauensperson zugezogen werden,
die sich mit ihm zu verständigen vermag; in der Niederschrift soll die
Zuziehung festgestellt werden.
Kann der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder des Notars
nicht schreiben, so wird die Unterschrift des Erblassers durch die Feststellung
dieser Überzeugung in der Niederschrift ersetzt. In einem solchen Falle muß der
Richter oder der Notar bei dem Vorlesen und der Genehmigung einen Zeugen
zuziehen; der Zuziehung des Zeugen bedarf es nicht, wenn der Richter oder Notar
gemäß § 2233 oder nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift einen
Urkundsbeamten der Geschäftstelle oder einen zweiten Notar oder zwei Zeugen
zuzieht.
Die Niederschrift muß von den mitwirkenden Personen unterschrieben
werden.
§. 2243. Wer nach der Überzeugung des Richters oder des Notars stumm
oder sonst am Sprechen verhindert ist, kann das Testament nur durch Übergabe
einer Schrift errichten. Er muß die Erklärung, daß die Schrift seinen letzten
Willen enthalte, bei der Verhandlung eigenhändig in die Niederschrift oder auf
ein besonderes Blatt schreiben, das der Niederschrift als Anlage beigefügt
werden muß.
Das eigenhändige Niederschreiben der Erklärung sowie die Überzeugung des
Richters oder des Notars, daß der Erblasser am Sprechen verhindert ist, sollen
in der Niederschrift festgestellt werden. Die Niederschrift braucht von dem
Erblasser nicht besonders genehmigt zu werden.
§. 2244. Ist der Erblasser nach der Überzeugung des Richters oder des
Notars der deutschen Sprache nicht mächtig, so muß bei der Errichtung des
Testaments ein beeidigter Dolmetscher zugezogen werden. Auf den Dolmetscher
sind die nach den §§ 2234 bis 2237 für einen Zeugen geltenden Vorschriften
entsprechend anzuwenden.
Die Niederschrift muß in die Sprache, in der sich der Erblasser erklärt,
übersetzt werden. Die Übersetzung muß von dem Dolmetscher angefertigt oder
beglaubigt und vorgelesen werden; die Übersetzung muß der Niederschrift als
Anlage beigefügt werden.
In der Niederschrift soll die Überzeugung des Richters oder des Notars,
daß der Erblasser der deutschen Sprache nicht mächtig sei, festgestellt werden.
Die Niederschrift muß den Namen des Dolmetschers und die Feststellung
enthalten, daß der Dolmetscher die Übersetzung angefertigt oder beglaubigt und
sie vorgelesen hat. Der Dolmetscher muß die Niederschrift unterschreiben.
§. 2245. Sind sämtliche mitwirkenden Personen nach der Überzeugung des
Richters oder des Notars der Sprache, in der sich der Erblasser erklärt,
mächtig, so ist die Zuziehung eines Dolmetschers nicht erforderlich.
Unterbleibt die Zuziehung eines Dolmetschers, so muß die Niederschrift
in der fremden Sprache aufgenommen werden und die Überzeugung des Richters oder
des Notars feststellen, daß die mitwirkenden Personen der fremden Sprache
mächtig seien. In der Niederschrift soll die Überzeugung des Richters oder des
Notars, daß der Erblasser der deutschen Sprache nicht mächtig sei, festgestellt
werden. Eine deutsche Übersetzung der Niederschrift soll als Anlage beigefügt
werden.
§. 2246. Der Richter oder der Notar soll die Niederschrift über die
Errichtung des Testaments mit den Anlagen, insbesondere im Falle der Errichtung
durch Übergabe einer Schrift mit dieser Schrift, in Gegenwart der übrigen mitwirkenden
Personen und des Erblassers in einen Umschlag nehmen und diesen mit dem
Amtssiegel verschließen. Der Richter oder der Notar soll das Testament auf dem
Umschlag nach der Person des Erblassers sowie nach der Zeit der Errichtung
näher bezeichnen und diese Aufschrift unterschreiben.
Der Richter oder der Notar soll veranlassen, daß das verschlossene
Testament unverzüglich in besondere amtliche Verwahrung gebracht wird (§§
2258a, 2258b). Dem Erblasser soll über das in Verwahrung genommene Testament ein
Hinterlegungsschein erteilt werden.
§. 2247. Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig
geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.
Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat
und Jahr) und an welchem Ort er sie niedergeschrieben hat.
Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers
enthalten. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese
Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit
seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des
Testaments nicht entgegen.
Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein
Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten.
Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe über die
Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so
ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen
Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweitig treffen lassen.
Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den Ort der
Errichtung enthält.
§. 2248. Ein nach den Vorschriften des § 2247 errichtetes Testament ist
auf Verlangen des Erblassers in besondere amtliche Verwahrung zu nehmen (§§
2258a, 2258b). Dem Erblasser soll über das in Verwahrung genommene Testament
ein Hinterlegungsschein erteilt werden.
§. 2249. Ist zu besorgen, daß der Erblasser früher sterben werde, als
die Errichtung eines Testaments vor einem Notar möglich ist, so kann er das
Testament zur Niederschrift des Bürgermeisters der Gemeinde, in der er sich
aufhält, errichten. Der Bürgermeister muß zu der Beurkundung zwei Zeugen
zuziehen. Als Zeuge kann nicht zugezogen werden, wer in dem zu beurkundenden
Testament bedacht oder zum Testamentsvollstrecker ernannt wird; die
Vorschriften der §§ 7, 27 des Beurkundungsgesetzes gelten entsprechend. Für die
Errichtung gelten die Vorschriften der §§ 2232, 2233 sowie die Vorschriften der
§§ 2, 4, 5 Abs. 1, §§ 6 bis 10, 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 13 Abs. 1, 3, §§
16, 17, 23, 24, 26 Abs. 1 Nr. 3, 4, Abs. 2, §§ 27, 28, 30 bis 32, 34, 35 des
Beurkundungsgesetzes; der Bürgermeister tritt an die Stelle des Notars. Die
Niederschrift muß auch von den Zeugen unterschrieben werden. Vermag der
Erblasser nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des Bürgermeisters
seinen Namen nicht zu schreiben, so wird die Unterschrift des Erblassers durch
die Feststellung dieser Angabe oder Überzeugung in der Niederschrift ersetzt.
Die Besorgnis, daß die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht
mehr möglich sein werde, soll in der Niederschrift festgestellt werden. Der
Gültigkeit des Testaments steht nicht entgegen, daß die Besorgnis nicht
begründet war.
Der Bürgermeister soll den Erblasser darauf hinweisen, daß das Testament
seine Gültigkeit verliert, wenn der Erblasser den Ablauf der im § 2252 Abs. 1,
2 vorgesehenen Frist überlebt. Er soll in der Niederschrift feststellen, daß
dieser Hinweis gegeben ist.
Für die Anwendung der vorstehenden Vorschriften steht der Vorsteher
eines Gutsbezirks dem Bürgermeister einer Gemeinde gleich.
Das Testament kann auch vor demjenigen errichtet werden, der nach den
gesetzlichen Vorschriften zur Vertretung des Bürgermeisters oder des
Gutsvorstehers befugt ist. Der Vertreter soll in der Niederschrift angeben,
worauf sich seine Vertretungsbefugnis stützt.
Sind bei Abfassung der Niederschrift über die Errichtung des in den
vorstehenden Absätzen vorgesehenen Testaments Formfehler unterlaufen, ist aber
dennoch mit Sicherheit anzunehmen, daß das Testament eine zuverlässige
Wiedergabe der Erklärung des Erblassers enthält, so steht der Formverstoß der
Wirksamkeit der Beurkundung nicht entgegen.
§. 2250. Wer sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher
Umstände dergestalt abgesperrt ist, daß die Errichtung eines Testaments vor
einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann das Testament in
der durch § 2249 bestimmten Form oder durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen
errichten.
Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, daß voraussichtlich auch die
Errichtung eines Testaments nach § 2249 nicht mehr möglich ist, kann das
Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.
Wird das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichtet,
so muß hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden. Auf die Zeugen sind die
Vorschriften der § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, §§ 7, 26 Abs. 2 Nr. 2 bis 5, § 27 des
Beurkundungsgesetzes, auf die Niederschrift sind die Vorschriften der §§ 8 bis
10, 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 13 Abs. 1, 3 Satz 1, §§ 23, 28 des
Beurkundungsgesetzes sowie die Vorschriften des § 2249 Abs. 1 Satz 5, 6, Abs.
2, 6 entsprechend anzuwenden. Die Niederschrift kann außer in der deutschen
auch in einer anderen Sprache aufgenommen werden. Der Erblasser und die Zeugen
müssen der Sprache der Niederschrift hinreichend kundig sein; dies soll in der
Niederschrift festgestellt werden, wenn sie in einer anderen als der deutschen
Sprache aufgenommen wird.
§. 2251. Wer sich während einer Seereise an Bord eines deutschen
Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens befindet, kann ein Testament durch
mündliche Erklärung vor drei Zeugen nach § 2250 Abs. 3 errichten.
§. 2252. Ein nach § 2249, § 2250 oder § 2251 errichtetes Testament gilt
als nicht errichtet, wenn seit der Errichtung drei Monate verstrichen sind und
der Erblasser noch lebt.
Beginn und Lauf der Frist sind gehemmt, solange der Erblasser
außerstande ist, ein Testament vor einem Notar zu errichten.
Tritt im Falle des § 2251 der Erblasser vor dem Ablauf der Frist eine
neue Seereise an, so wird die Frist mit der Wirkung unterbrochen, daß nach
Beendigung der neuen Reise die volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
Wird der Erblasser nach dem Ablauf der Frist für tot erklärt oder wird
seine Todeszeit nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes
festgestellt, so behält das Testament seine Kraft, wenn die Frist zu der Zeit,
zu welcher der Erblasser nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, noch
nicht verstrichen war.
§. 2253. Der Erblasser kann ein Testament sowie eine einzelne in einem
Testament enthaltene Verfügung jederzeit widerrufen.
Die Entmündigung des Erblassers wegen Geistesschwäche, Verschwendung,
Trunksucht oder Rauschgiftsucht steht dem Widerruf eines vor der Entmündigung
errichteten Testaments nicht entgegen.
§. 2254. Der Widerruf erfolgt durch Testament.
§. 2255. Ein Testament kann auch dadurch widerrufen werden, daß
der Erblasser in der Absicht, es aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet
oder an ihr Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche
Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt. Hat der Erblasser
die Testamentsurkunde vernichtet oder in der bezeichneten Weise verändert, so
wird vermutet, daß er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt habe.
§. 2256. Ein vor einem Notar oder nach § 2249 errichtetes Testament gilt
als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser
zurückgegeben wird. Die zurückgebende Stelle soll dem Erblasser über die im Satz
1 vorgesehene Folge der Rückgabe belehren, dies auf der Urkunde vermerken und
aktenkundig machen, daß beides geschehen ist.
Der Erblasser kann die Rückgabe jederzeit verlangen. Das Testament darf
nur an den Erblasser persönlich zurückgegeben werden.
Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch für ein nach § 2248
hinterlegtes Testament; die Rückgabe ist auf die Wirksamkeit des Testaments
ohne Einfluß.
§. 2257. Wird der durch Testament erfolgte Widerruf einer letztwilligen
Verfügung widerrufen, so ist im Zweifel die Verfügung wirksam, wie wenn sie
nicht widerrufen worden wäre.
§. 2258. Durch die Errichtung eines Testaments wird ein früheres
Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in
Widerspruch steht.
Wird das spätere Testament widerrufen, so ist im Zweifel das frühere
Testament in gleicher Weise wirksam, wie wenn es nicht aufgehoben worden wäre.
§. 2258a. Für die besondere amtliche Verwahrung der Testamente sind die
Amtsgerichte zuständig.
Örtlich zuständig ist:
1. wenn das Testament vor einem Notar errichtet ist, das Amtsgericht, in
dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat;
2. wenn das Testament vor dem Bürgermeister der Gemeinde oder dem
Vorsteher eines Gutsbezirks errichtet ist, das Amtsgericht, zu dessen Bezirk
die Gemeinde oder der Gutsbezirk gehört;
3. wenn das Testament nach § 2247 errichtet ist, jedes Amtsgericht.
Der Erblasser kann jederzeit die Verwahrung bei einem anderen
Amtsgericht verlangen.
§. 2258b. Die Annahme zur Verwahrung sowie die Herausgabe des Testaments
ist von dem Richter anzuordnen und von ihm und dem Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle.
Dem Erblasser soll über das in Verwahrung genommene Testament ein
Hinterlegungsschein erteilt werden. Der Hinterlegungsschein ist von dem Richter
und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem
Dienstsiegel zu versehen.
§. 2259. Wer ein Testament, das nicht in besondere amtliche Verwahrung
gebracht ist, im Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von
dem Tode des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das Nachlaßgericht
abzuliefern.
Befindet sich ein Testament bei einer anderen Behörde als einem Gericht
in amtlicher Verwahrung, so ist es nach dem Tode des Erblassers an das
Nachlaßgericht abzuliefern. Das Nachlaßgericht hat, wenn es von dem Testament
Kenntnis erlangt, die Ablieferung zu veranlassen.
§. 2260. Das Nachlaßgericht hat, sobald es von dem Tode des Erblassers
Kenntnis erlangt, zur Eröffnung eines in seiner Verwahrung befindlichen
Testaments einen Termin zu bestimmen. Zu dem Termin sollen die gesetzlichen
Erben des Erblassers und die sonstigen Beteiligten, soweit tunlich, geladen
werden.
In dem Termin ist das Testament zu öffnen, den Beteiligten zu verkünden
und ihnen auf Verlangen vorzulegen. Die Verkündung darf im Falle der Vorlegung
unterbleiben. Die Verkündung unterbleibt ferner, wenn im Termin keiner der
Beteiligten erscheint.
Über die Eröffnung ist eine Niederschrift aufzunehmen. War das Testament
verschlossen, so ist in der Niederschrift festzustellen, ob der Verschluß
unversehrt war.
§. 2261. Hat ein anderes Gericht als das Nachlaßgericht das Testament in
amtlicher Verwahrung, so liegt dem anderen Gericht die Eröffnung des Testaments
ob. Das Testament ist nebst einer beglaubigten Abschrift der über die Eröffnung
aufgenommenen Niederschrift dem Nachlaßgericht zu übersenden; eine beglaubigte
Abschrift des Testaments ist zurückzubehalten.
§. 2262. Das Nachlaßgericht hat die Beteiligten, welche bei der
Eröffnung des Testaments nicht zugegen gewesen sind, von dem sie betreffenden
Inhalt des Testaments in Kenntnis zu setzen.
§. 2263. Eine Anordnung des Erblassers, durch die er verbietet, das
Testament alsbald nach seinem Tode zu eröffnen, ist nichtig.
§. 2263a. Befindet sich ein Testament seit mehr als dreißig Jahren in
amtlicher Verwahrung, so hat die verwahrende Stelle von Amts wegen, soweit
tunlich, Ermittlungen darüber anzustellen, ob der Erblasser noch lebt. Führen
die Ermittlungen nicht zu der Feststellung des Fortlebens des Erblassers, so
ist das Testament zu eröffnen. Die Vorschriften der §§ 2260 bis 2262 sind
entsprechend anzuwenden.
§. 2264. Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt,
ein eröffnetes Testament einzusehen sowie eine Abschrift des Testaments oder
einzelner Teile zu fordern; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
Achter Titel.
Gemeinschaftliches Testament.
§. 2265. Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten
errichtet werden.
§. 2266. Ein gemeinschaftliches Testament kann nach den §§ 2249, 2250
auch dann errichtet werden, wenn die dort vorgesehenen Voraussetzungen nur bei
einem der Ehegatten vorliegen.
§. 2267. Zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments nach § 2247
genügt es, wenn einer der Ehegatten das Testament in der dort vorgeschriebenen Form
errichtet und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig
mitunterzeichnet. Der mitunterzeichnende Ehegatte soll hierbei angeben, zu
welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er seine Unterschrift
beigefügt hat.
§. 2268. Ein gemeinschaftliches Testament ist in den Fällen des §. 2077
seinem ganzen Inhalte nach unwirksam.
Wird die Ehe vor dem Tode eines der Ehegatten aufgelöst oder liegen die
Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 Satz 2 oder 3 vor, so bleiben die Verfügungen
insoweit wirksam, als anzunehmen ist, daß sie auch für diesen Fall getroffen
sein würden.
§. 2269. Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testamente,
durch das sie sich gegenseitig als Erben einsetzen, bestimmt, daß nach dem Tode
des Ueberlebenden der beiderseitige Nachlaß an einen Dritten fallen soll, so
ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte für den gesammten Nachlaß als Erbe
des zuletzt versterbenden Ehegatten eingesetzt ist.
Haben die Ehegatten in einem solchen Testament ein Vermächtniß angeordnet,
das nach dem Tode des Ueberlebenden erfüllt werden soll, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß das Vermächtniß dem Bedachten erst mit dem Tode des
Ueberlebenden anfallen soll.
§. 2270. Haben die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testamente
Verfügungen getroffen, von denen anzunehmen ist, daß die Verfügung des einen
nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde, so hat die
Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen
zur Folge.
Ein solches Verhältniß der Verfügungen zu einander ist im Zweifel
anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen
Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des
Ueberlebens des Bedachten eine Verfügung zu Gunsten einer Person getroffen
wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.
Auf andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen
findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung.
§. 2271. Der Widerruf einer Verfügung, die mit einer Verfügung des
anderen Ehegatten in dem im §. 2270 bezeichneten Verhältnisse steht, erfolgt
bei Lebzeiten der Ehegatten nach den für den Rücktritt von einem Erbvertrage
geltenden Vorschriften des §. 2296. Durch eine neue Verfügung von Todeswegen
kann ein Ehegatte bei Lebzeiten des anderen seine Verfügung nicht einseitig
aufheben.
Das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode des anderen Ehegatten; der
Ueberlebende kann jedoch seine Verfügung aufheben, wenn er das ihm Zugewendete
ausschlägt. Auch nach der Annahme der Zuwendung ist der Ueberlebende zur
Aufhebung nach Maßgabe des §. 2294 und des §. 2336 berechtigt.
Ist ein pflichttheilsberechtigter Abkömmling der Ehegatten oder eines
der Ehegatten bedacht, so findet die Vorschrift des §. 2289 Abs. 2
entsprechende Anwendung.
§. 2272. Ein gemeinschaftliches Testament kann nach § 2256 nur von
beiden Ehegatten zurückgenommen werden.
§. 2273. Bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments sind die
Verfügungen des überlebenden Ehegatten, soweit sie sich sondern lassen, weder
zu verkünden noch sonst zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen.
Von den Verfügungen des verstorbenen Ehegatten ist eine beglaubigte
Abschrift anzufertigen. Das Testament ist wieder zu verschließen und in die
besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen.
Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten nicht, wenn das Testament nur
Anordnungen enthält, die sich auf den Erbfall beziehen, der mit dem Tode des
erstversterbenden Ehegatten eintritt, insbesondere wenn das Testament sich auf
die Erklärung beschränkt, daß die Ehegatten sich gegenseitig zu Erben
einsetzen.
Vierter Abschnitt.
Erbvertrag.
§. 2274. Der Erblasser kann einen Erbvertrag nur persönlich schließen.
§. 2275. Einen Erbvertrag kann als Erblasser nur schließen, wer
unbeschränkt geschäftsfähig ist.
Ein Ehegatte kann als Erblasser mit seinem Ehegatten einen Erbvertrag
schließen, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Er bedarf in
diesem Falle der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters; ist der gesetzliche
Vertreter ein Vormund, so ist auch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erforderlich.
Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch für Verlobte.
§. 2276. Ein Erbvertrag kann nur zur Niederschrift eines Notars bei
gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden. Die Vorschriften
der § 2231 Nr. 1, §§ 2232, 2233 sind anzuwenden; was nach diesen Vorschriften
für den Erblasser gilt, gilt für jeden der Vertragschließenden.
Für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten oder zwischen Verlobten, der mit
einem Ehevertrag in derselben Urkunde verbunden wird, genügt die für den
Ehevertrag vorgeschriebene Form.
§. 2277. Wird ein Erbvertrag in besondere amtliche Verwahrung genommen,
so soll jedem der Vertragschließenden ein Hinterlegungsschein erteilt werden.
§. 2278. In einem Erbvertrage kann jeder der Vertragschließenden
vertragsmäßige Verfügungen von Todeswegen treffen.
Andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen
können vertragsmäßig nicht getroffen werden.
§. 2279. Auf vertragsmäßige Zuwendungen und Auflagen finden
die für letztwillige Zuwendungen und Auflagen geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften des §. 2077 gelten für einen Erbvertrag zwischen
Ehegatten oder Verlobten auch insoweit, als ein Dritter bedacht ist.
§. 2280. Haben Ehegatten in einem Erbvertrage, durch den sie sich
gegenseitig als Erben einsetzen, bestimmt, daß nach dem Tode des Ueberlebenden
der beiderseitige Nachlaß an einen Dritten fallen soll, oder ein Vermächtniß
angeordnet, das nach dem Tode des Ueberlebenden zu erfüllen ist, so finden die
Vorschriften des §. 2269 entsprechende Anwendung.
§. 2281. Der Erbvertrag kann auf Grund der §§. 2078, 2079 auch von dem
Erblasser angefochten werden; zur Anfechtung auf Grund des §. 2079 ist
erforderlich, daß der Pflichttheilsberechtigte zur Zeit der Anfechtung
vorhanden ist.
Soll nach dem Tode des anderen Vertragschließenden eine zu Gunsten eines
Dritten getroffene Verfügung von dem Erblasser angefochten werden, so ist die
Anfechtung dem Nachlaßgerichte gegenüber zu erklären. Das Nachlaßgericht soll
die Erklärung dem Dritten mittheilen.
§. 2282. Die Anfechtung kann nicht durch einen Vertreter des Erblassers
erfolgen. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er
zur Anfechtung nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Für einen geschäftsunfähigen Erblasser kann sein gesetzlicher Vertreter
mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den Erbvertrag anfechten.
Die Anfechtungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 2283. Die Anfechtung durch den Erblasser kann nur binnen Jahresfrist
erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem
Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört, in den übrigen Fällen mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt.
Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der
§§. 203, 206 entsprechende Anwendung.
Hat im Falle des §. 2282 Abs. 2 der gesetzliche Vertreter den Erbvertrag
nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfalle der
Geschäftsunfähigkeit der Erblasser selbst den Erbvertrag in gleicher Weise
anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.
§. 2284. Die Bestätigung eines anfechtbaren Erbvertrags kann nur durch
den Erblasser persönlich erfolgen. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt, so ist die Bestätigung ausgeschlossen.
§. 2285. Die im §. 2080 bezeichneten Personen können den Erbvertrag auf
Grund der §§. 2078, 2079 nicht mehr anfechten, wenn das Anfechtungsrecht des
Erblassers zur Zeit des Erbfalls erloschen ist.
§. 2286. Durch den Erbvertrag wird das Recht des Erblassers, über sein
Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, nicht beschränkt.
§. 2287. Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu
beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm
die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes
nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
fordern.
Der Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Anfalle der Erbschaft an.
§. 2288. Hat der Erblasser den Gegenstand eines vertragsmäßig
angeordneten Vermächtnisses in der Absicht, den Bedachten zu beeinträchtigen,
zerstört, bei Seite geschafft oder beschädigt, so tritt, soweit der Erbe
dadurch außer Stand gesetzt ist, die Leistung zu bewirken, an die Stelle des
Gegenstandes der Werth.
Hat der Erblasser den Gegenstand in der Absicht, den Bedachten zu
beeinträchtigen, veräußert oder belastet, so ist der Erbe verpflichtet, dem
Bedachten den Gegenstand zu verschaffen oder die Belastung zu beseitigen; auf
diese Verpflichtung finden die Vorschriften des §. 2170 Abs. 2 entsprechende
Anwendung. Ist die Veräußerung oder die Belastung schenkweise erfolgt, so steht
dem Bedachten, soweit er Ersatz nicht von dem Erben erlangen kann, der im §.
2287 bestimmte Anspruch gegen den Beschenkten zu.
§. 2289. Durch den Erbvertrag wird eine frühere letztwillige Verfügung
des Erblassers aufgehoben, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten
beeinträchtigen würde. In dem gleichen Umfang ist eine spätere Verfügung von
Todeswegen unwirksam, unbeschadet der Vorschrift des §. 2297.
Ist der Bedachte ein pflichttheilsberechtigter Abkömmling des
Erblassers, so kann der Erblasser durch eine spätere letztwillige Verfügung die
nach §. 2338 zulässigen Anordnungen treffen.
§. 2290. Ein Erbvertrag sowie eine einzelne vertragsmäßige Verfügung
kann durch Vertrag von den Personen aufgehoben werden, die den Erbvertrag
geschlossen haben. Nach dem Tode einer dieser Personen kann die Aufhebung nicht
mehr erfolgen.
Der Erblasser kann den Vertrag nur persönlich schließen. Ist er in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters.
Steht der andere Theil unter Vormundschaft, so ist die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn er unter
elterlicher Gewalt steht, es sei denn, daß der Vertrag unter Ehegatten oder
unter Verlobten geschlossen wird.
Der Vertrag bedarf der im §. 2276 für den Erbvertrag vorgeschriebenen
Form.
§. 2291. Eine vertragsmäßige Verfügung, durch die ein Vermächtniß oder
eine Auflage angeordnet ist, kann von dem Erblasser durch Testament aufgehoben
werden. Zur Wirksamkeit der Aufhebung ist die Zustimmung des anderen
Vertragschließenden erforderlich; die Vorschriften des §. 2290 Abs. 3 finden Anwendung.
Die Zustimmungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung; die
Zustimmung ist unwiderruflich.
§. 2292. Ein zwischen Ehegatten geschlossener Erbvertrag kann auch durch
ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten aufgehoben werden; die
Vorschriften des §. 2290 Abs. 3 finden Anwendung.
§. 2293. Der Erblasser kann von dem Erbvertrage zurücktreten, wenn er
sich den Rücktritt im Vertrage vorbehalten hat.
§. 2294. Der Erblasser kann von einer vertragsmäßigen Verfügung
zurücktreten, wenn sich der Bedachte einer Verfehlung schuldig macht, die den
Erblasser zur Entziehung des Pflichttheils berechtigt oder, falls der Bedachte
nicht zu den Pflichttheilsberechtigten gehört, zu der Entziehung berechtigen
würde, wenn der Bedachte ein Abkömmling des Erblassers wäre.
§. 2295. Der Erblasser kann von einer vertragsmäßigen Verfügung
zurücktreten, wenn die Verfügung mit Rücksicht auf eine rechtsgeschäftliche
Verpflichtung des Bedachten, dem Erblasser für dessen Lebenszeit wiederkehrende
Leistungen zu entrichten, insbesondere Unterhalt zu gewähren, getroffen ist und
die Verpflichtung vor dem Tode des Erblassers aufgehoben wird.
§. 2296. Der Rücktritt kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist
der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertragschließenden.
Die Erklärung bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 2297. Soweit der Erblasser zum Rücktritte berechtigt ist, kann er
nach dem Tode des anderen Vertragschließenden die vertragsmäßige Verfügung
durch Testament aufheben. In den Fällen des §. 2294 finden die Vorschriften des
§. 2336 Abs. 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
§. 2298. Sind in einem Erbvertrage von beiden Theilen vertragsmäßige
Verfügungen getroffen, so hat die Nichtigkeit einer dieser Verfügungen die
Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge.
Ist in einem solchen Vertrage der Rücktritt vorbehalten, so wird durch
den Rücktritt eines der Vertragschließenden der ganze Vertrag aufgehoben. Das
Rücktrittsrecht erlischt mit dem Tode des anderen Vertragschließenden. Der
Ueberlebende kann jedoch, wenn er das ihm durch den Vertrag Zugewendete
ausschlägt, seine Verfügung durch Testament aufheben.
Die Vorschriften des Abs. 1 und des Abs. 2 Satz 1, 2 finden keine
Anwendung, wenn ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist.
§. 2299. Jeder der Vertragschließenden kann in dem Erbvertrag einseitig
jede Verfügung treffen, die durch Testament getroffen werden kann.
Für eine Verfügung dieser Art gilt das Gleiche, wie wenn sie durch
Testament getroffen worden wäre. Die Verfügung kann auch in einem Vertrag
aufgehoben werden, durch den eine vertragsmäßige Verfügung aufgehoben wird.
Wird der Erbvertrag durch Ausübung des Rücktrittsrechts oder durch
Vertrag aufgehoben, so tritt die Verfügung außer Kraft, sofern nicht ein
anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
§. 2300. Die für die amtliche Verwahrung und die Eröffnung eines
Testaments geltenden Vorschriften der §§ 2258a bis 2263, 2273 sind auf den
Erbvertrag entsprechend anzuwenden, die Vorschriften des § 2273 Abs. 2, 3
jedoch nur dann, wenn sich der Erbvertrag in besonderer amtlicher Verwahrung
befindet.
§. 2300a. Befindet sich ein Erbvertrag seit mehr als fünfzig Jahren in
amtlicher Verwahrung, so ist § 2263a entsprechend anzuwenden.
§. 2301. Auf ein Schenkungsversprechen, welches unter der Bedingung
ertheilt wird, daß der Beschenkte den Schenker überlebt, finden die
Vorschriften über Verfügungen von Todeswegen Anwendung. Das Gleiche gilt für
ein schenkweise unter dieser Bedingung ertheiltes Schuldversprechen oder
Schuldanerkenntniß der in den §§. 780, 781 bezeichneten Art.
Vollzieht der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten
Gegenstandes, so finden die Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden
Anwendung.
§. 2302. Ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, eine Verfügung
von Todeswegen zu errichten oder nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht
aufzuheben, ist nichtig.
Fünfter Abschnitt.
Pflichttheil.
§. 2303. Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von
Todeswegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den
Pflichttheil verlangen. Der Pflichttheil besteht in der Hälfte des Werthes des
gesetzlichen Erbtheils.
Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu,
wenn sie durch Verfügung von Todeswegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind.
Die Vorschriften des § 1371 bleiben unberührt.
§. 2304. Die Zuwendung des Pflichttheils ist im Zweifel nicht als
Erbeinsetzung anzusehen.
§. 2305. Ist einem Pflichttheilsberechtigten ein Erbtheil hinterlassen,
der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbtheils, so kann der
Pflichttheilsberechtigte von den Miterben als Pflichttheil den Werth des an der
Hälfte fehlenden Theiles verlangen.
§. 2306. Ist ein als Erbe berufener Pflichttheilsberechtigter durch die
Einsetzung eines Nacherben, die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder
eine Theilungsanordnung beschränkt oder ist er mit einem Vermächtniß oder einer
Auflage beschwert, so gilt die Beschränkung oder die Beschwerung als nicht
angeordnet, wenn der ihm hinterlassene Erbtheil die Hälfte des gesetzlichen
Erbtheils nicht übersteigt. Ist der hinterlassene Erbtheil größer, so kann der
Pflichttheilsberechtigte den Pflichttheil verlangen, wenn er den Erbtheil
ausschlägt; die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der
Pflichttheilsberechtigte von der Beschränkung oder der Beschwerung Kenntniß
erlangt.
Einer Beschränkung der Erbeinsetzung steht es gleich, wenn der
Pflichttheilsberechtigte als Nacherbe eingesetzt ist.
§. 2307. Ist ein Pflichttheilsberechtigter mit einem Vermächtnisse
bedacht, so kann er den Pflichttheil verlangen, wenn er das
Vermächtniß ausschlägt. Schlägt er nicht aus, so steht ihm ein Recht auf den
Pflichttheil nicht zu, soweit der Werth des Vermächtnisses reicht; bei der
Berechnung des Werthes bleiben Beschränkungen und Beschwerungen der im §. 2306 bezeichneten Art außer Betracht.
Der mit dem Vermächtnisse beschwerte Erbe kann den
Pflichttheilsberechtigten unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur
Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses auffordern. Mit dem Ablaufe der
Frist gilt das Vermächtniß als ausgeschlagen, wenn nicht vorher die Annahme
erklärt wird.
§. 2308. Hat ein Pflichttheilsberechtigter, der als Erbe oder als
Vermächtnißnehmer in der im §. 2306 bezeichneten Art beschränkt oder beschwert
ist, die Erbschaft oder das Vermächtniß ausgeschlagen, so kann er die
Ausschlagung anfechten, wenn die Beschränkung oder die Beschwerung zur Zeit der
Ausschlagung weggefallen und der Wegfall ihm nicht bekannt war.
Auf die Anfechtung der Ausschlagung eines Vermächtnisses finden die für die Anfechtung der Ausschlagung einer
Erbschaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Die Anfechtung
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten.
§. 2309. Entferntere Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers sind
insoweit nicht pflichttheilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle
der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichttheil verlangen kann
oder das ihm Hinterlassene annimmt.
§. 2310. Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichttheils
maßgebenden Erbtheils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige
Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen
haben oder für erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der
gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.
§. 2311. Der Berechnung des Pflichttheils wird
der Bestand und der Werth des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zu Grunde
gelegt. Bei der Berechnung des Pflichtteils eines Abkömmlings und der Eltern
des Erblassers bleibt der dem überlebenden Ehegatten
gebührende Voraus außer Ansatz.
Der Werth ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Eine
vom Erblasser getroffene Werthbestimmung ist nicht maßgebend.
§. 2312. Hat der Erblasser angeordnet oder ist nach §. 2049 anzunehmen,
daß einer von mehreren Erben das Recht haben soll, ein zum Nachlasse gehörendes
Landgut zu dem Ertragswerthe zu übernehmen, so ist, wenn von dem Rechte
Gebrauch gemacht wird, der Ertragswerth auch für die Berechnung des
Pflichttheils maßgebend. Hat der Erblasser einen anderen Uebernahmepreis
bestimmt, so ist dieser maßgebend, wenn er den Ertragswerth erreicht und den
Schätzungswerth nicht übersteigt.
Hinterläßt der Erblasser nur einen Erben, so kann er anordnen, daß der
Berechnung des Pflichttheils der Ertragswerth oder ein nach Abs. 1 Satz 2
bestimmter Werth zu Grunde gelegt werden soll.
Diese Vorschriften finden nur Anwendung, wenn der Erbe, der das Landgut
erwirbt, zu den im §. 2303 bezeichneten pflichttheilsberechtigten Personen
gehört.
§. 2313. Bei der Feststellung des Werthes des Nachlasses bleiben Rechte
und Verbindlichkeiten, die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind,
außer Ansatz. Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer auflösenden Bedingung
abhängig sind, kommen als unbedingte in Ansatz. Tritt die Bedingung ein, so hat
die der veränderten Rechtslage entsprechende Ausgleichung zu erfolgen.
Für ungewisse oder unsichere Rechte sowie für zweifelhafte
Verbindlichkeiten gilt das Gleiche wie für Rechte und Verbindlichkeiten, die
von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind. Der Erbe ist dem
Pflichttheilsberechtigten gegenüber verpflichtet, für die Feststellung eines
ungewissen und für die Verfolgung eines unsicheren Rechtes zu sorgen, soweit es
einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht.
§. 2314. Ist der Pflichttheilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der
Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen. Der
Pflichttheilsberechtigte kann verlangen, daß er bei der Aufnahme des ihm nach
§. 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlaßgegenstände zugezogen und daß
der Werth der Nachlaßgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, daß
das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen
Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Die Kosten fallen dem Nachlasse zur Last.
§. 2315. Der Pflichttheilsberechtigte hat sich auf den Pflichttheil
anrechnen zu lassen, was ihm von dem Erblasser durch Rechtsgeschäft unter
Lebenden mit der Bestimmung zugewendet worden ist, daß es auf den Pflichttheil
angerechnet werden soll.
Der Werth der Zuwendung wird bei der Bestimmung des Pflichttheils dem
Nachlasse hinzugerechnet. Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher die
Zuwendung erfolgt ist.
Ist der Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des Erblassers, so findet
die Vorschrift des §. 2051 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§. 2316. Der Pflichtteil eines Abkömmlings bestimmt sich, wenn mehrere
Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge
eine Zuwendung des Erblassers oder Leistungen der in § 2057a bezeichneten Art
zur Ausgleichung zu bringen sein würden, nach demjenigen, was auf den
gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflichten bei der
Teilung entfallen würde. Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen
Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.
Ist der Pflichttheilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichttheil nach
Abs. 1 mehr als der Werth des hinterlassenen Erbtheils, so kann der
Pflichttheilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichttheil
verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbtheil die Hälfte des gesetzlichen
Erbtheils erreicht oder übersteigt.
Eine Zuwendung der im §. 2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser
nicht zum Nachtheil eines Pflichttheilsberechtigten von der Berücksichtigung
ausschließen.
Ist eine nach Abs. 1 zu berücksichtigende Zuwendung zugleich nach §.
2315 auf den Pflichttheil anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit der
Hälfte des Werthes zur Anrechnung.
§. 2317. Der Anspruch auf den Pflichttheil entsteht mit dem Erbfalle.
Der Anspruch ist vererblich und übertragbar.
§. 2318. Der Erbe kann die Erfüllung eines ihm auferlegten
Vermächtnisses soweit verweigern, daß die Pflichttheilslast von ihm und dem
Vermächtnißnehmer verhältnißmäßig getragen wird. Das Gleiche gilt von einer
Auflage.
Einem pflichttheilsberechtigten Vermächtnißnehmer gegenüber ist die
Kürzung nur soweit zulässig, daß ihm der Pflichttheil verbleibt.
Ist der Erbe selbst pflichttheilsberechtigt, so kann er wegen der
Pflichttheilslast das Vermächtniß und die Auflage soweit kürzen, daß ihm sein
eigener Pflichttheil verbleibt.
§. 2319. Ist einer von mehreren Erben selbst pflichttheilsberechtigt, so
kann er nach der Theilung die Befriedigung eines anderen Pflichttheilsberechtigten
soweit verweigern, daß ihm sein eigener Pflichttheil verbleibt. Für den Ausfall
haften die übrigen Erben.
§. 2320. Wer an Stelle des Pflichttheilsberechtigten gesetzlicher Erbe
wird, hat im Verhältnisse zu Miterben die Pflichttheilslast und, wenn der
Pflichttheilsberechtigte ein ihm zugewendetes Vermächtniß annimmt, das
Vermächtniß in Höhe des erlangten Vortheils zu tragen.
Das Gleiche gilt im Zweifel von demjenigen, welchem der Erblasser den
Erbtheil des Pflichttheilsberechtigten durch Verfügung von Todeswegen
zugewendet hat.
§. 2321. Schlägt der Pflichttheilsberechtigte ein ihm zugewendetes
Vermächtniß aus, so hat im Verhältnisse der Erben und der Vermächtnißnehmer zu
einander derjenige, welchem die Ausschlagung zu Statten kommt, die Pflichttheilslast
in Höhe des erlangten Vortheils zu tragen.
§. 2322. Ist eine von dem Pflichttheilsberechtigten ausgeschlagene
Erbschaft oder ein von ihm ausgeschlagenes Vermächtniß mit einem Vermächtniß
oder einer Auflage beschwert, so kann derjenige, welchem die Ausschlagung zu
Statten kommt, das Vermächtniß oder die Auflage soweit kürzen, daß ihm der zur
Deckung der Pflichttheilslast erforderliche Betrag verbleibt.
§. 2323. Der Erbe kann die Erfüllung eines Vermächtnisses oder einer
Auflage auf Grund des §. 2318 Abs. 1 insoweit nicht verweigern, als er die
Pflichttheilslast nach den §§. 2320 bis 2322 nicht zu tragen hat.
§. 2324. Der Erblasser kann durch Verfügung von Todeswegen die
Pflichttheilslast im Verhältnisse der Erben zu einander einzelnen Erben auferlegen
und von den Vorschriften des §. 2318 Abs. 1 und der §§. 2320 bis 2323
abweichende Anordnungen treffen.
§. 2325. Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann
der Pflichttheilsberechtigte als Ergänzung des Pflichttheils den Betrag verlangen,
um den sich der Pflichttheil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem
Nachlasse hinzugerechnet wird.
Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werthe in Ansatz, den sie zur
Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werthe in Ansatz,
den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen
geringeren Werth, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.
Die Schenkung bleibt unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn
Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen sind; ist die
Schenkung an den Ehegatten des Erblassers erfolgt, so beginnt die Frist nicht
vor der Auflösung der Ehe.
§. 2326. Der Pflichttheilsberechtigte kann die Ergänzung des
Pflichttheils auch dann verlangen, wenn ihm die Hälfte des gesetzlichen
Erbtheils hinterlassen ist. Ist dem Pflichttheilsberechtigten mehr als die
Hälfte hinterlassen, so ist der Anspruch ausgeschlossen, soweit der Werth des
mehr Hinterlassenen reicht.
§. 2327. Hat der Pflichttheilsberechtigte selbst ein Geschenk von dem
Erblasser erhalten, so ist das Geschenk in gleicher Weise wie das dem Dritten
gemachte Geschenk dem Nachlasse hinzuzurechnen und zugleich dem
Pflichttheilsberechtigten auf die Ergänzung anzurechnen. Ein nach §. 2315
anzurechnendes Geschenk ist auf den Gesammtbetrag des Pflichttheils und der
Ergänzung anzurechnen.
Ist der Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des Erblassers, so
findet die Vorschrift des §. 2051 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§. 2328. Ist der Erbe selbst pflichttheilsberechtigt, so kann er die
Ergänzung des Pflichttheils soweit verweigern, daß ihm sein eigener
Pflichttheil mit Einschluß dessen verbleibt, was ihm zur Ergänzung des
Pflichttheils gebühren würde.
§. 2329. Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichttheils nicht
verpflichtet ist, kann der Pflichttheilsberechtigte von dem Beschenkten die
Herausgabe des Geschenkes zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden
Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung fordern. Ist der Pflichttheilsberechtigte der alleinige Erbe, so
steht ihm das gleiche Recht zu.
Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags
abwenden.
Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit,
als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.
§. 2330. Die Vorschriften der §§. 2325 bis 2329 finden
keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer
auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§. 2331. Eine Zuwendung, die aus dem Gesamtgut der Gütergemeinschaft
erfolgt, gilt als von jedem der Ehegatten zur Hälfte gemacht. Die Zuwendung
gilt jedoch, wenn sie an einen Abkömmling, der nur von einem der Ehegatten
abstammt, oder an eine Person, von der nur einer der Ehegatten abstammt,
erfolgt, oder wenn einer der Ehegatten wegen der Zuwendung zu dem Gesamtgut
Ersatz zu leisten hat, als von diesem Ehegatten gemacht.
Diese Vorschriften sind auf eine Zuwendung aus dem Gesamtgut der
fortgesetzten Gütergemeinschaft entsprechend anzuwenden.
§. 2331a. Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, so kann er
Stundung des Pflichtteilsanspruchs verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des
gesamten Anspruchs den Erben wegen der Art der Nachlaßgegenstände ungewöhnlich
hart treffen, insbesondere wenn sie ihn zur Aufgabe seiner Familienwohnung oder
zur Veräußerung eines Wirtschaftsgutes zwingen würde, das für den Erben und
seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet. Stundung kann nur
verlangt werden, soweit sie dem Pflichtteilsberechtigten bei Abwägung der
Interessen beider Teile zugemutet werden kann.
Für die Entscheidung über eine Stundung ist, wenn der Anspruch nicht
bestritten wird, das Nachlaßgericht zuständig. § 1382 Abs. 2 bis 6 gilt
entsprechend; an die Stelle des Familiengerichts tritt das Nachlaßgericht.
§. 2332. Der Pflichttheilsanspruch verjährt in drei Jahren von dem
Zeitpunkt an, in welchem der Pflichttheilsberechtigte von dem Eintritte des
Erbfalls und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntniß erlangt, ohne
Rücksicht auf diese Kenntniß in dreißig Jahren von dem Eintritte des Erbfalls
an.
Der nach §. 2329 dem Pflichttheilsberechtigten gegen den Beschenkten
zustehende Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Eintritte des Erbfalls an.
Die Verjährung wird nicht dadurch gehemmt, daß die Ansprüche erst nach
der Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses geltend gemacht werden
können.
§. 2333. Der Erblasser kann einem Abkömmlinge
den Pflichttheil entziehen:
1. wenn der Abkömmling dem Erblasser, dem
Ehegatten oder einem anderen Abkömmlinge des Erblassers nach dem Leben
trachtet;
2. wenn der Abkömmling sich einer
vorsätzlichen körperlichen Mißhandlung des Erblassers oder des Ehegatten des
Erblassers schuldig macht, im Falle der Mißhandlung des Ehegatten jedoch nur,
wenn der Abkömmling von diesem abstammt;
3. wenn der Abkömmling sich eines Verbrechens
oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen
Ehegatten schuldig macht;
4. wenn der Abkömmling die ihm dem Erblasser
gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt;
5. wenn der Abkömmling einen ehrlosen oder
unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt.
§. 2334. Der Erblasser kann dem Vater den Pflichttheil entziehen, wenn
dieser sich einer der im §. 2333 Nr. 1, 3, 4 bezeichneten Verfehlungen schuldig
macht. Das gleiche Recht steht dem Erblasser der Mutter gegenüber zu, wenn
diese sich einer solchen Verfehlung schuldig macht.
§. 2335. Der Erblasser kann dem Ehegatten den Pflichtteil entziehen:
1. wenn der Ehegatte dem Erblasser oder einem Abkömmling des Erblassers
nach dem Leben trachtet;
2. wenn der Ehegatte sich einer vorsätzlichen körperlichen Mißhandlung
des Erblassers schuldig macht;
3. wenn der Ehegatte sich eines Verbrechens oder eines schweren
vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser schuldig macht;
4. wenn der Ehegatte die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich
obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt.
§. 2336. Die Entziehung des Pflichttheils erfolgt durch letztwillige
Verfügung.
Der Grund der Entziehung muß zur Zeit der Errichtung bestehen und in der
Verfügung angegeben werden.
Der Beweis des Grundes liegt demjenigen ob, welcher die Entziehung
geltend macht.
Im Falle des §. 2333 Nr. 5 ist die Entziehung unwirksam, wenn sich der
Abkömmling zur Zeit des Erbfalls von dem ehrlosen oder unsittlichen
Lebenswandel dauernd abgewendet hat.
§. 2337. Das Recht zur Entziehung des Pflichttheils erlischt durch
Verzeihung. Eine Verfügung, durch die der Erblasser die Entziehung angeordnet
hat, wird durch die Verzeihung unwirksam.
§. 2338. Hat sich ein Abkömmling in solchem Maße der Verschwendung
ergeben oder ist er in solchem Maße überschuldet, daß sein späterer Erwerb
erheblich gefährdet wird, so kann der Erblasser das Pflichttheilsrecht des
Abkömmlinges durch die Anordnung beschränken, daß nach dem Tode des
Abkömmlinges dessen gesetzliche Erben das ihm Hinterlassene oder den ihm
gebührenden Pflichttheil als Nacherben oder als Nachvermächtnißnehmer nach dem
Verhältniß ihrer gesetzlichen Erbtheile erhalten sollen. Der Erblasser kann
auch für die Lebenszeit des Abkömmlinges die Verwaltung einem
Testamentsvollstrecker übertragen; der Abkömmling hat in einem solchen Falle
Anspruch auf den jährlichen Reinertrag.
Auf Anordnungen dieser Art finden die Vorschriften des §. 2336 Abs. 1
bis 3 entsprechende Anwendung. Die Anordnungen sind unwirksam, wenn zur Zeit
des Erbfalls der Abkömmling sich dauernd von dem verschwenderischen Leben
abgewendet hat oder die den Grund der Anordnung bildende Ueberschuldung nicht
mehr besteht.
§. 2338a. Pflichtteilsberechtigt ist ein Abkömmling oder der Vater des
Erblassers auch dann, wenn ihm der Erbersatzanspruch durch Verfügung von Todes
wegen entzogen worden ist. Im Sinne der Vorschriften dieses Abschnitts steht
der Erbersatzanspruch dem gesetzlichen Erbteil gleich.
Sechster Abschnitt.
Erbunwürdigkeit.
§. 2339. Erbunwürdig ist:
1. wer den Erblasser vorsätzlich und
widerrechtlich getödtet oder zu tödten versucht oder in einen Zustand versetzt
hat, in Folge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine
Verfügung von Todeswegen zu errichten oder aufzuheben;
2. wer den Erblasser vorsätzlich und
widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder
aufzuheben;
3. wer den Erblasser durch arglistige
Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von
Todeswegen zu errichten oder aufzuheben;
4. wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen
einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 des Strafgesetzbuches schuldig
gemacht hat.
Die Erbunwürdigkeit tritt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 3, 4 nicht ein,
wenn vor dem Eintritte des Erbfalls die Verfügung, zu deren Errichtung der
Erblasser bestimmt oder in Ansehung deren die Straftat begangen worden ist,
unwirksam geworden ist, oder die Verfügung, zu deren Aufhebung er bestimmt
worden ist, unwirksam geworden sein würde.
§. 2340. Die Erbunwürdigkeit wird durch Anfechtung des
Erbschaftserwerbes geltend gemacht.
Die Anfechtung ist erst nach dem Anfalle der Erbschaft zulässig. Einem
Nacherben gegenüber kann die Anfechtung erfolgen, sobald die Erbschaft dem
Vorerben angefallen ist.
Die Anfechtung kann nur innerhalb der im §. 2082 bestimmten Fristen
erfolgen.
§. 2341. Anfechtungsberechtigt ist Jeder, dem der Wegfall des Erbunwürdigen,
sei es auch nur bei dem Wegfall eines Anderen, zu Statten kommt.
§. 2342. Die Anfechtung erfolgt durch Erhebung der Anfechtungsklage. Die
Klage ist darauf zu richten, daß der Erbe für erbunwürdig erklärt wird.
Die Wirkung der Anfechtung tritt erst mit der Rechtskraft des Urtheils
ein.
§. 2343. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser dem
Erbunwürdigen verziehen hat.
§. 2344. Ist ein Erbe für erbunwürdig erklärt, so gilt der Anfall an ihn
als nicht erfolgt.
Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der
Erbunwürdige zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit
dem Eintritte des Erbfalls erfolgt.
§. 2345. Hat sich ein Vermächtnißnehmer einer der im §. 2339 Abs. 1
bezeichneten Verfehlungen schuldig gemacht, so ist der Anspruch aus dem
Vermächtniß anfechtbar. Die Vorschriften der §§. 2082, 2083, des §. 2339 Abs. 2
und der §§. 2341, 2343 finden Anwendung.
Das Gleiche gilt für einen Pflichttheilsanspruch, wenn der Pflichttheilsberechtigte
sich einer solchen Verfehlung schuldig gemacht hat.
Siebenter Abschnitt.
Erbverzicht.
§. 2346. Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können durch
Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende
ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des
Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflichttheilsrecht.
Der Verzicht kann auf das Pflichttheilsrecht beschränkt werden.
§. 2347. Zu dem Erbverzicht ist, wenn der Verzichtende unter
Vormundschaft steht, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich;
steht er unter elterlicher Gewalt, so gilt das Gleiche, sofern nicht der
Vertrag unter Ehegatten oder unter Verlobten geschlossen wird.
Der Erblasser kann den Vertrag nur persönlich schließen; ist er in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters. Ist der Erblasser geschäftsunfähig, so kann der
Vertrag durch den gesetzlichen Vertreter geschlossen werden; die Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts ist in gleichem Umfange wie nach Abs. 1
erforderlich.
§. 2348. Der Erbverzichtsvertrag bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 2349. Verzichtet ein Abkömmling oder ein Seitenverwandter des
Erblassers auf das gesetzliche Erbrecht, so erstreckt sich die Wirkung des
Verzichts auf seine Abkömmlinge, sofern nicht ein Anderes bestimmt wird.
§. 2350. Verzichtet Jemand zu Gunsten eines Anderen auf das gesetzliche
Erbrecht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Verzicht nur für den Fall
gelten soll, daß der Andere Erbe wird.
Verzichtet ein Abkömmling des Erblassers auf das gesetzliche Erbrecht,
so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Verzicht nur zu Gunsten der anderen
Abkömmlinge und des Ehegatten des Erblassers gelten soll.
§. 2351. Auf einen Vertrag, durch den ein Erbverzicht aufgehoben wird,
findet die Vorschrift des §. 2348 und in Ansehung des Erblassers auch die
Vorschrift des §. 2347 Abs. 2 Anwendung.
§. 2352. Wer durch Testament als Erbe eingesetzt oder mit einem
Vermächtnisse bedacht ist, kann durch Vertrag mit dem Erblasser auf die
Zuwendung verzichten. Das Gleiche gilt für eine Zuwendung, die in einem
Erbvertrag einem Dritten gemacht ist. Die Vorschriften der §§. 2347, 2348
finden Anwendung.
Achter Abschnitt.
Erbschein.
§. 2353. Das Nachlaßgericht hat dem Erben auf Antrag ein Zeugniß über
sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Theile der Erbschaft berufen ist, über
die Größe des Erbtheils zu ertheilen (Erbschein).
§. 2354. Wer die Ertheilung des Erbscheins als gesetzlicher Erbe beantragt,
hat anzugeben:
1. die Zeit des Todes des Erblassers;
2. das Verhältniß, auf dem sein Erbrecht beruht;
3. ob und welche Personen vorhanden sind oder
vorhanden waren, durch die er von der Erbfolge ausgeschlossen oder sein
Erbtheil gemindert werden würde;
4. ob und welche Verfügungen des Erblassers von Todeswegen vorhanden
sind;
5. ob ein Rechtsstreit über sein Erbrecht anhängig ist.
Ist eine Person weggefallen, durch die der Antragsteller von der
Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbtheil gemindert werden würde, so hat der
Antragsteller anzugeben, in welcher Weise die Person weggefallen ist.
§. 2355. Wer die Ertheilung des Erbscheins auf Grund einer Verfügung von
Todeswegen beantragt, hat die Verfügung zu bezeichnen, auf der sein Erbrecht
beruht, anzugeben, ob und welche sonstigen Verfügungen des Erblassers von
Todeswegen vorhanden sind, und die im §. 2354 Abs. 1 Nr. 1, 5, Abs. 2
vorgeschriebenen Angaben zu machen.
§. 2356. Der Antragsteller hat die Richtigkeit der in Gemäßheit des §.
2354 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2 gemachten Angaben durch öffentliche Urkunden
nachzuweisen und im Falle des §. 2355 die Urkunde vorzulegen, auf der sein
Erbrecht beruht. Sind die Urkunden nicht oder nur mit unverhältnißmäßigen
Schwierigkeiten zu beschaffen, so genügt die Angabe anderer Beweismittel.
Zum Nachweise, daß der Erblasser zur Zeit seines Todes im Güterstand der
Zugewinngemeinschaft gelebt hat, und in Ansehung der übrigen nach den §§ 2354,
2355 erforderlichen Angaben hat der Antragsteller vor Gericht oder vor einem Notar
an Eides Statt zu versichern, daß ihm nichts bekannt sei, was der Richtigkeit
seiner Angaben entgegensteht. Das Nachlaßgericht kann die Versicherung
erlassen, wenn es sie für nicht erforderlich erachtet.
Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit die Thatsachen bei dem
Nachlaßgericht offenkundig sind.
§. 2357. Sind mehrere Erben vorhanden, so ist auf Antrag ein
gemeinschaftlicher Erbschein zu ertheilen. Der Antrag kann von jedem der Erben
gestellt werden.
In dem Antrage sind die Erben und ihre Erbtheile anzugeben.
Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so hat er die Angabe zu
enthalten, daß die übrigen Erben die Erbschaft angenommen haben. Die
Vorschriften des §. 2356 gelten auch für die sich auf die übrigen Erben
beziehenden Angaben des Antragstellers.
Die Versicherung an Eidesstatt ist von allen Erben abzugeben, sofern
nicht das Nachlaßgericht die Versicherung eines oder einiger von ihnen für
ausreichend erachtet.
§. 2358. Das Nachlaßgericht hat unter Benutzung der von dem
Antragsteller angegebenen Beweismittel von Amtswegen die zur Feststellung der
Thatsachen erforderlichen Ermittelungen zu veranstalten und die geeignet
erscheinenden Beweise aufzunehmen.
Das Nachlaßgericht kann eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der
anderen Personen zustehenden Erbrechte erlassen; die Art der Bekanntmachung und
die Dauer der Anmeldungsfrist bestimmen sich nach den für das
Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften.
§. 2359. Der Erbschein ist nur zu ertheilen, wenn das Nachlaßgericht die
zur Begründung des Antrags erforderlichen Thatsachen für festgestellt erachtet.
§. 2360. Ist ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig, so soll vor
der Ertheilung des Erbscheins der Gegner des Antragstellers gehört werden.
Ist die Verfügung, auf der das Erbrecht beruht, nicht in einer dem
Nachlaßgerichte vorliegenden öffentlichen Urkunde enthalten, so soll vor der
Ertheilung des Erbscheins derjenige über die Gültigkeit der Verfügung gehört
werden, welcher im Falle der Unwirksamkeit der Verfügung Erbe sein würde.
Die Anhörung ist nicht erforderlich, wenn sie unthunlich ist.
§. 2361. Ergiebt sich, daß der ertheilte Erbschein unrichtig ist, so hat
ihn das Nachlaßgericht einzuziehen. Mit der Einziehung wird der Erbschein kraftlos.
Kann der Erbschein nicht sofort erlangt werden, so hat ihn das
Nachlaßgericht durch Beschluß für kraftlos zu erklären. Der Beschluß ist nach
den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vorschriften der
Zivilprozeßordnung bekannt zu machen. Mit dem Ablauf eines Monats nach der
letzten Einrückung des Beschlusses in die öffentlichen Blätter wird die
Kraftloserklärung wirksam.
Das Nachlaßgericht kann von Amtswegen über die Richtigkeit eines
ertheilten Erbscheins Ermittelungen veranstalten.
§. 2362. Der wirkliche Erbe kann von dem Besitzer eines unrichtigen
Erbscheins die Herausgabe an das Nachlaßgericht verlangen.
Derjenige, welchem ein unrichtiger Erbschein ertheilt worden ist, hat
dem wirklichen Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der
Erbschaftsgegenstände Auskunft zu ertheilen.
§. 2363. In dem Erbscheine, der einem Vorerben
ertheilt wird, ist anzugeben, daß eine Nacherbfolge angeordnet ist, unter
welchen Voraussetzungen sie eintritt und wer der Nacherbe ist. Hat der
Erblasser den Nacherben auf dasjenige eingesetzt, was von der Erbschaft bei dem
Eintritte der Nacherbfolge übrig sein wird, oder hat er bestimmt, daß der
Vorerbe zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt sein soll, so ist
auch dies anzugeben.
Dem Nacherben steht das im §. 2362 Abs. 1 bestimmte Recht zu.
§. 2364. Hat der Erblasser einen Testamentsvollstrecker ernannt, so ist
die Ernennung in dem Erbschein anzugeben.
Dem Testamentsvollstrecker steht das im §. 2362 Abs. 1 bestimmte Recht
zu.
§. 2365. Es wird vermuthet, daß demjenigen, welcher in dem Erbschein als
Erbe bezeichnet ist, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht zustehe und daß
er nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt sei.
§. 2366. Erwirbt Jemand von demjenigen, welcher in einem Erbschein als
Erbe bezeichnet ist, durch Rechtsgeschäft einen Erbschaftsgegenstand, ein Recht
an einem solchen Gegenstand oder die Befreiung von einem zur Erbschaft
gehörenden Rechte, so gilt zu seinen Gunsten der Inhalt des Erbscheins, soweit
die Vermuthung des §. 2365 reicht, als richtig, es sei denn, daß er die
Unrichtigkeit kennt oder weiß, daß das Nachlaßgericht die Rückgabe des
Erbscheins wegen Unrichtigkeit verlangt hat.
§. 2367. Die Vorschriften des §. 2366 finden entsprechende Anwendung,
wenn an denjenigen, welcher in einem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, auf
Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes eine Leistung bewirkt oder wenn
zwischen ihm und einem Anderen in Ansehung eines solchen Rechtes ein nicht
unter die Vorschrift des §. 2366 fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das
eine Verfügung über das Recht enthält.
§. 2368. Einem Testamentsvollstrecker hat das Nachlaßgericht auf Antrag ein Zeugniß über die Ernennung zu ertheilen. Ist der
Testamentsvollstrecker in der Verwaltung des Nachlasses beschränkt oder hat der
Erblasser angeordnet, daß der Testamentsvollstrecker in der Eingehung von
Verbindlichkeiten für den Nachlaß nicht beschränkt sein soll, so ist dies in
dem Zeugniß anzugeben.
Ist die Ernennung nicht in einer dem Nachlaßgerichte vorliegenden
öffentlichen Urkunde enthalten, so soll vor der Ertheilung des Zeugnisses der
Erbe wenn thunlich über die Gültigkeit der Ernennung gehört werden.
Die Vorschriften über den Erbschein finden auf das
Zeugniß entsprechende Anwendung; mit der Beendigung des Amtes des
Testamentsvollstreckers wird das Zeugniß kraftlos.
§. 2369. Gehören zu einer Erbschaft, für die es an einem zur Ertheilung
des Erbscheins zuständigen deutschen Nachlaßgerichte fehlt, Gegenstände, die
sich im Inlande befinden, so kann die Ertheilung eines Erbscheins für diese
Gegenstände verlangt werden.
Ein Gegenstand, für den von einer deutschen Behörde ein zur Eintragung
des Berechtigten bestimmtes Buch oder Register geführt wird, gilt als im
Inlande befindlich. Ein Anspruch gilt als im Inlande befindlich, wenn für die
Klage ein deutsches Gericht zuständig ist.
§. 2370. Hat eine Person, die für tot erklärt oder deren Todeszeit nach
den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes festgestellt ist, den Zeitpunkt
überlebt, der als Zeitpunkt ihres Todes gilt, oder ist sie vor diesem Zeitpunkt
gestorben, so gilt derjenige, welcher auf Grund der Todeserklärung oder der
Feststellung der Todeszeit Erbe sein würde, in Ansehung der in den §§ 2366,
2367 bezeichneten Rechtsgeschäfte zu Gunsten des Dritten auch ohne Erteilung
eines Erbscheins als Erbe, es sei denn, daß der Dritte die Unrichtigkeit der
Todeserklärung oder der Feststellung der Todeszeit kennt oder weiß, daß sie
aufgehoben worden sind.
Ist ein Erbschein erteilt worden, so stehen demjenigen, der für tot
erklärt oder dessen Todeszeit nach den Vorschriften des
Verschollenheitsgesetzes festgestellt ist, wenn er noch lebt, die im § 2362
bestimmten Rechte zu. Die gleichen Rechte hat eine Person, deren Tod ohne
Todeserklärung oder Feststellung der Todeszeit mit Unrecht angenommen worden
ist.
Neunter Abschnitt.
Erbschaftskauf.
§. 2371. Ein Vertrag, durch den der Erbe die ihm angefallene Erbschaft
verkauft, bedarf der notariellen Beurkundung.
§. 2372. Die Vortheile, welche sich aus dem Wegfall eines Vermächtnisses
oder einer Auflage oder aus der Ausgleichungspflicht eines Miterben ergeben,
gebühren dem Käufer.
§. 2373. Ein Erbtheil, der dem Verkäufer nach dem Abschlusse des Kaufes
durch Nacherbfolge oder in Folge des Wegfalls eines Miterben anfällt, sowie ein
dem Verkäufer zugewendetes Vorausvermächtniß ist im Zweifel nicht als
mitverkauft anzusehen. Das Gleiche gilt von Familienpapieren und
Familienbildern.
§. 2374. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die zur Zeit des
Verkaufs vorhandenen Erbschaftsgegenstände mit Einschluß dessen herauszugeben,
was er vor dem Verkauf auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes oder
als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes
oder durch ein Rechtsgeschäft erlangt hat, das sich auf die Erbschaft bezog.
§. 2375. Hat der Verkäufer vor dem Verkauf einen Erbschaftsgegenstand
verbraucht, unentgeltlich veräußert oder unentgeltlich belastet, so ist er
verpflichtet, dem Käufer den Werth des verbrauchten oder veräußerten
Gegenstandes, im Falle der Belastung die Werthminderung zu ersetzen. Die
Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Käufer den Verbrauch oder die
unentgeltliche Verfügung bei dem Abschlusse des Kaufes kennt.
Im Uebrigen kann der Käufer wegen Verschlechterung, Unterganges oder
einer aus einem anderen Grunde eingetretenen Unmöglichkeit der Herausgabe eines
Erbschaftsgegenstandes nicht Ersatz verlangen.
§. 2376. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen eines
Mangels im Rechte beschränkt sich auf die Haftung dafür, daß ihm das Erbrecht
zusteht, daß es nicht durch das Recht eines Nacherben oder durch die Ernennung
eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist, daß nicht Vermächtnisse,
Auflagen, Pflichttheilslasten, Ausgleichungspflichten oder Theilungsanordnungen
bestehen und daß nicht unbeschränkte Haftung gegenüber den Nachlaßgläubigern
oder einzelnen von ihnen eingetreten ist.
Fehler einer zur Erbschaft gehörenden Sache hat der Verkäufer nicht zu
vertreten.
§. 2377. Die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und
Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse
gelten im Verhältnisse zwischen dem Käufer und dem Verkäufer als nicht
erloschen. Erforderlichen Falles ist ein solches Rechtsverhältniß
wiederherzustellen.
§. 2378. Der Käufer ist dem Verkäufer gegenüber verpflichtet, die
Nachlaßverbindlichkeiten zu erfüllen, soweit nicht der Verkäufer nach §. 2376
dafür haftet, daß sie nicht bestehen.
Hat der Verkäufer vor dem Verkauf eine Nachlaßverbindlichkeit erfüllt,
so kann er von dem Käufer Ersatz verlangen.
§. 2379. Dem Verkäufer verbleiben die auf die Zeit vor dem Verkaufe
fallenden Nutzungen. Er trägt für diese Zeit die Lasten, mit Einschluß der
Zinsen der Nachlaßverbindlichkeiten. Den Käufer treffen jedoch die von der
Erbschaft zu entrichtenden Abgaben sowie die außerordentlichen Lasten, welche
als auf den Stammwerth der Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind.
§. 2380. Der Käufer trägt von dem Abschlusse des Kaufes an die Gefahr
des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Verschlechterung der
Erbschaftsgegenstände. Von diesem Zeitpunkt an gebühren ihm die Nutzungen und
trägt er die Lasten.
§. 2381. Der Käufer hat dem Verkäufer die nothwendigen Verwendungen zu
ersetzen, die der Verkäufer vor dem Verkauf auf die Erbschaft gemacht hat.
Für andere vor dem Verkaufe gemachte Aufwendungen hat der Käufer
insoweit Ersatz zu leisten, als durch sie der Werth der Erbschaft zur Zeit des
Verkaufs erhöht ist.
§. 2382. Der Käufer haftet von dem Abschlusse des Kaufes an den
Nachlaßgläubigern, unbeschadet der Fortdauer der Haftung des Verkäufers. Dies
gilt auch von den Verbindlichkeiten, zu deren Erfüllung der Käufer dem
Verkäufer gegenüber nach den §§. 2378, 2379 nicht verpflichtet ist.
Die Haftung des Käufers den Gläubigern gegenüber kann nicht durch
Vereinbarung zwischen dem Käufer und dem Verkäufer ausgeschlossen oder
beschränkt werden.
§. 2383. Für die Haftung des Käufers gelten die Vorschriften über die
Beschränkung der Haftung des Erben. Er haftet unbeschränkt, soweit der
Verkäufer zur Zeit des Verkaufs unbeschränkt haftet. Beschränkt sich die
Haftung des Käufers auf die Erbschaft, so gelten seine Ansprüche aus dem Kaufe
als zur Erbschaft gehörend.
Die Errichtung des Inventars durch den Verkäufer oder den Käufer kommt
auch dem anderen Theile zu Statten, es sei denn, daß dieser unbeschränkt
haftet.
§. 2384. Der Verkäufer ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet,
den Verkauf der Erbschaft und den Namen des Käufers unverzüglich dem
Nachlaßgericht anzuzeigen. Die Anzeige des Verkäufers wird durch die Anzeige
des Käufers ersetzt.
Das Nachlaßgericht hat die Einsicht der Anzeige Jedem zu gestatten, der
ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§. 2385. Die Vorschriften über den Erbschaftskauf finden entsprechende
Anwendung auf den Kauf einer von dem Verkäufer durch Vertrag erworbenen
Erbschaft sowie auf andere Verträge, die auf die Veräußerung einer dem Veräußerer angefallenen oder anderweit von ihm
erworbenen Erbschaft gerichtet sind.
Im Falle einer Schenkung ist der Schenker nicht verpflichtet, für die
vor der Schenkung verbrauchten oder unentgeltlich veräußerten
Erbschaftsgegenstände oder für eine vor der Schenkung unentgeltlich
vorgenommene Belastung dieser Gegenstände Ersatz zu leisten. Die im §. 2376
bestimmte Verpflichtung zur Gewährleistung wegen eines Mangels im Rechte trifft
den Schenker nicht; hat der Schenker den Mangel arglistig verschwiegen, so ist
er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und
beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 18. August 1896.
Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe.
1 Entfallen
2 Entfallen
3 Entfallen
4 Beachte § 33, Reichsgesetzblatt I 1922, S. 633, Nr. 54, ausgegeben am 29. 07. 1922, in Kraft seit 01. 04. 1924:
„Auf die Amtsvormundschaft finden die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit folgender Maßgabe Anwendung. Ein Gegenvormund wird nicht bestellt; dem Amtsvormund stehen die nach §§ 1852 bis 1854 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässigen Befreiungen zu. Von der Anwendung ausgeschlossen sind die §§ 1788, 1801, 1835, 1836 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2, 1837 Abs. 2, 1838, 1844 und 1886.“
5 Entfallen
6 Entfallen
7 Entfallen
8 Entfallen
9 Entfallen
10 Entfallen
11 Beachte WiGBl 1948, S. 67, ausgegeben am 26. 07. 1948, in Kraft seit 26. 07. 1948:
Bei der Übernahme von Sicherheitsleistungen sind nach § 3 SchuldenverwaltungsG 1948 die §§ 2-5, 45, 35 Reichsschuldenordnung sinngemäß anzuwenden.
12 Beachte Art. 129, Bundesgesetzblatt 1949, S. 1, Nr. 1, ausgegeben am 23. 05. 1949, in Kraft seit 24. 05. 1949 - Grundgesetz:
„Soweit in Rechtsvorschriften, die als Bundesrecht fortgelten, eine Ermächtigung zum Erlasse von Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften sowie zur Vornahme von Verwaltungsakten enthalten ist, geht sie auf die nunmehr sachlich zuständigen Stellen über. In Zweifelsfällen entscheidet die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Bundesrate; die Entscheidung ist zu veröffentlichen.“
13 Beachte Art. 34, Bundesgesetzblatt 1949, S. 1, Nr. 1, ausgegeben am 23. 05. 1949, in Kraft seit 24. 05. 1949 - Grundgesetz:
„Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadenersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.“
14 Beachte § 2, Bundesgesetzblatt 1950, S. 1, Nr. 1, ausgegeben am 05. 01. 1950, in Kraft seit 01. 10. 1949:
„Die Schuldenverwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes wird unter der Bezeichnung „Bundesschuldenverwaltung“ in die Verwaltung des Bundes überführt.“
15 Entfallen
16 Beachte § 1, Bundesgesetzblatt I 1951, S. 218, Nr. 15, ausgegeben am 31. 03. 1951, in Kraft seit 01. 04. 1951:
„Die in Reichsgesetzen und reichsrechtlichen Verordnungen enthaltenen Vorschriften, die sich auf Schuldurkunden des Reichs sowie auf Reichsschuldbuchforderungen beziehen, gelten sinngemäß auch für die Schuldurkunden der Bundesrepublik Deutschland sowie für die in das Bundesschuldbuch eingetragenen Forderungen.“
17 Entfallen
18 Beachte Bundesgesetzblatt I 1975, S. 3171,
Nr. 148, ausgegeben am 31. 12. 1975, in Kraft seit 01. 01. 1976:
Nach § 17
GenossenschaftsbankG gelten die Vorschriften, welche die Hinterlegung von
Wertpapieren bei der Deutschen Zentralgenossenschaftskasse betreffen, auch für
die Deutsche Genossenschaftsbank.