Original Ergebnisseite.

Kleibert, Kristin, Die juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin im Umbruch - die Jahre 1948 bis 1951 (= Berliner juristische Universitätsschriften. Reihe Grundlagen des Rechts 50) Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2010. 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Kleibert, Kristin, Die juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin im Umbruch - die Jahre 1948 bis 1951 (= Berliner juristische Universitätsschriften. Reihe Grundlagen des Rechts 50). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2010. 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Rainer Schröder nachdrücklich geförderte, im Sommersemester 2010 von der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität angenommene Dissertation der 1983 geborenen, von 2008 bis 2010 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich abgesehen von Einleitung, Zusammenfassung, Anhang, Quellen- und Literaturverzeichnis und Register in insgesamt vier Teile, welche die Veränderung des Lehrkörpers in den Jahren 1948 bis 1951, Studium und Studenten im Umbruch der Jahre 1948 bis 1951, Forschung und Wissenschaft 1948 bis 1951 sowie die Gründe für den Umbruch an der Fakultät betreffen. Sie behandelt eine wichtige Frage unter Verwendung von Akten und 14 Interviews und schließt damit eine bisherige Lücke der neueren Rechtswissenschaftsgeschichte.

 

Die 1810 mit Savigny gegründete Berliner juristische Fakultät war nach dem ersten Weltkrieg die größte juristische Fakultät des Reiches, an der viele bekannte Juristen wirkten. Von ihnen wurde beispielsweise Carl Schmitt (Plettenberg 11. 7. 1888, 1. 10. 1933 Universität Berlin) im Dezember 1946 entlassen, starb Eduard Kohlrausch (Darmstadt 4. 2. 1874, 1898 Promotion Univ. Greifswald, 1902 Habilitation Heidelberg, 1903 Königsberg, 1906 Straßburg, 1919 Berlin) am 22. 1. 1948 und ging Heinrich Mitteis (Prag 26. 11. 1899-München 23. 07. 1952, 1913 Promotion Univ. Leipzig, 1919 Habilitation Univ. Halle, 1920 Univ. Köln, 1924 Heidelberg, 1934 München, 1935 Wien, 1940 Rostock, 1946 Berlin, 1. 4. 1948 München, 1952 Zürich) baldmöglichst nach München. Danach umfasste die Professorenschaft 1948 zehn Professoren (teils nur der neuen Kategorie mit Lehrauftrag, teils mit vollem Lehrauftrag [außerordentliche Professoren], teils mit Lehrstuhl [ordentliche Professoren]), für welche die Verfasserin leider unter Verzicht auf eine ausführlichere Darstellung der Vorgeschichte der Schließung der Universität am Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und der Neueröffnung im Januar 1946 unter sowjetischer Herrschaft (mit der Deutschen Verwaltung für Volksbildung als wichtigem Verwaltungsorgan) kurze Lebensbilder erstellt und dabei erst in der Zusammenfassung darauf hinweist, dass Peters, Dersch und Kohlrausch die einzigen Professoren waren, die schon vor 1946 an der Fakultät gelehrt hatten.

 

Hans Peters (Berlin 5. 9. 1896-Köln 16. 1. 1966, Mitglied des Zentrums und später der CDU) wurde nach dem Studium der Mathematik in Münster, der Weltkriegsteilnahme und dem Studium der Rechtswissenschaft in Münster, Berlin und Wien, der Promotion in Münster (1921) und der Habilitation in Breslau (1925) 1928 als Nachfolger Bornhaks beamteter außerordentlicher Professor und am 29. 1. 1946 ordentlicher Professor in Berlin, wechselte aber zum 1. 10. 1949 nach Köln. Hermann Dersch (Offenbach 19. 3. 1883-Berlin 14. 6. 1961) wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Heidelberg und Gießen 1905 in Gießen promoviert, nach praktischen Tätigkeiten im Reichsversicherungsamt 1928 außerordentlicher Professor für Arbeitsrecht und Sozialversicherung, 1931 ordentlicher Professor, trotz Mitarbeit in der Akademie für deutsches Recht jedoch am 23. 9. 1937 als „jüdischer Mischling“ in den Ruhestand versetzt, im Juni 1945 aber wieder in die Liste der Ordinarien aufgenommen, trotz kritischer Stimmen im Januar 1946 mit dem Lehrstuhl für Arbeitsrecht betraut und 1951 ohne Antrag emeritiert, worauf er die Deutsche Demokratische Republik verließ und in Köln ziemlich kümmerlich lebte. Günter Brandt (Berlin 11. 10. 1894-29. 6. 1968) wurde nach dem Studium in Berlin und Marburg, der Promotion in Greifswald Richter in Zivilsachen in Berlin, aber am 20. 7. 1933 als „Mischling ersten Grades“ ohne Ruhegehalt in den Ruhestand versetzt, schlug sich als Repetitor durch, wurde aber nach Gesprächen zwischen Kohlrausch, Mitteis, Dersch und Peters am 25. 9. 1946 zum Professor mit Lehrauftrag und am 12. 4. 1948 zum Professor mit vollem Lehrauftrag ernannt, wechselte jedoch zum Jahresende 1949 an die Freie Universität, die ihn nur als Honorarprofessor aufnahm. Artur Kanger (Walk/Livland/Russland 17. 4. 1875-1960, als unpolitisch, herzensgut und skurril bezeichnet) wurde nach dem Studium an der pharmazeutischen Abteilung der medizinischen Fakultät der Universität Dorpat 1902 mit einer Arbeit zur Pharmakologie der Preisselbeere (!) zum Magister der Pharmakologie promoviert, 1911 zum Privatdozenten ernannt, bekleidete ab 1916 Lehrstühle für Pharmazie und Pharmakognosie und für pharmazeutische und gerichtliche Chemie in Odessa, wechselte 1923 nach Riga, wo er 1923 auch Privatdozent für Kriminaltechnik an der juristischen Fakultät wurde, wurde 1939 als Baltendeutscher in das Deutsche Reich umgesiedelt, 1940 pensioniert, im Mai 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht wohl auf Grund seiner Erfahrungen im Gerichtsbetrieb und seiner Russischkenntnisse als Präsident des neu errichteten Stadtgerichts und im Oktober 1945 (bis 15. 1. 1946) als Präsident des daraus gebildeten Kammergerichts eingesetzt, erhielt nach Scheitern einer Einigung des bisherigen Lehrbeauftragten Max Hagemann mit der Fakultät im Sommersemester 1946 auf Bemühen Eduard Kohlrauschs einen Lehrauftrag für Kriminalistik an der Universität Berlin und wurde am 6. 12. 1946 Professor für Kriminalpsychologie und Kriminalistik sowie zum 1. 10. 1952 Professor mit vollem Lehrauftrag für das Fach Kriminalistik, bis er im Alter von fast 80 Jahren auf eigenen Wunsch zum 1. 1. 1955 emeritiert wurde. Walther Neye (Arnsberg/Westfalen 24. 7. 1901-Berlin 12. 8. 1898, als unpolitisch bezeichnet) wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Berlin 1928 Rechtsanwalt, trat im Mai 1933 der NSDAP und dem Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund bei, wechselte 1940 in das Reichsluftfahrtministerium, wurde Ende Juni 1945 vom Präsidenten des Stadtgerichts zu Berlin wieder vorläufig als Rechtsanwalt zugelassen, bekam unter eidesstattlicher Erklärung, nie Mitglied der NSDAP gewesen zu sein, infolge Unterstützung durch Hans Peters und unter Bezugnahme auf eine langjährige Tätigkeit als privater Repetitor für das Wintersemester 1946/1947 einen Lehrauftrag für bürgerliches Recht und wurde (ohne Habilitation) im Oktober 1947 Professor mit vollem Lehrauftrag für bürgerliches Recht und am 20. 10. 1948 ordentlicher Professor sowie von 1952 bis 1957 Rektor mit besonderer Loyalität zur Deutschen Demokratischen Republik (zum 1. 9. 1966 emeritiert). Der aus deutsch-tschechischen Verhältnissen stammende Peter Steiniger (Berlin 4. 12. 1904-Berlin 27. 5. 1980, teilweise als unangenehm und scharfmacherisch, teilweise als fair und hochintellektuell beschrieben) wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Berlin, Marburg und Bonn (Carl Schmitt) 1928 in Berlin unter in der Bewertung wechselnden Betreuung durch Albert Hensel und gegen anfänglichen Widerstand Carl Schmitts mit ausreichend promoviert, wurde zu Anfang 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft oder seiner politischen Verbindungen zur Gruppe Revolutionärer Pazifisten und zur Roten Hilfe als Rechtsreferendar zunächst beurlaubt und dann entlassen, arbeitete dann als Repetitor und seit 1939 als Rechtsberater in einem jüdischen Bankhaus, floh am Ende des Jahres 1944 nach Krummhübel im Riesengebirge, trat nach dem Einmarsch der Roten Armee in die KPD ein, wurde Bürgermeister Krummhübels, erhielt auf Grund eines Antrags an Dekan Kohlrausch und Unterstützung durch Hans Peters im Sommer 1946 einen Lehrauftrag, habilitierte sich als Assistent Hans Peters’ und als Mitarbeiter der Deutschen Verwaltung für Volksbildung (Schlüsselfigur im Berufungsgeschehen) am 22. 10. 1947 mit der binnen vier Monaten verfassten Schrift Das Blocksystem, wurde am 26. 11. 1947 Professor mit vollem Lehrauftrag und (zugleich mit Neye und Brandt) am 20. 10. 1948 ordentlicher Professor (für öffentliches Recht, mit Karl Polak Verfasser der ersten Verfassung der DDR, am 1. 9. 1970 emeritiert). Walter Erdmann (Ehrenbreitstein 1. 7. 1882-Berlin 27. 1. 1955) wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Marburg, Bonn, Berlin und Jena 1908 in Jena bei August Thon über die Entwicklung der Testierfreiheit im römischen Recht promoviert, arbeitete nach dem abschlusslosen Ausscheiden aus dem Referendardienst als Privatgelehrter in Meran 20 Jahre an einer für Innsbruck vom dortigen Dekan Woess in Aussicht genommenen Habilitationsschrift, die an den Druckkosten gescheitert sein soll, wechselte 1928 nach Berlin zum Index Interpolationum Ernst Levys und Ernst Rabels, vollendete 1934 eine preisgekrönte Studie über die Ehe im alten Griechenland, kam danach als Bearbeiter zum Vocabularium Iurisprudentiae Romanae, betreute als Verwalter einer wissenschaftlichen Assistentenstelle die Bibliothek des juristischen Seminars der Universität als stellvertretender Direktor, bot im August 1945 die Abhaltung von Lehrveranstaltungen an, erhielt für das Sommersemester 1946 einen Lehrauftrag für Vorlesungen über römisches Recht, wurde 1947 mit dem 1934 erschienenen Werk auf Grund Gutachten von Heinrich Mitteis und Erich Genzmer (1893-1970, Hamburg) habilitiert, am 25. 2. 1948 zum Professor für römisches Recht ernannt und am 19. 3. 1948 berufen und nach Scheitern von Übernahmebemühungen an die Freie Universität Berlin und Ablehnung eines von ihm gestellten Antrags auf Berufung zum Professor mit vollem Lehrauftrag (durch Peter Steiniger) zum 1. 3. 1952 emeritiert. Wilhelm August Wengler (Wiesbaden 12. 6. 1907-Berlin 31. 7. 1995, als trocken beurteilt) wurde nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Frankfurt am Main und den Promotionen zum Dr. jur. (Hans Lewald) und zum Dr. rer. pol. (1931) schon als Referendar im Mai 1933 Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, musste nach einer Denunziation wegen antinationalsozialistischer Äußerungen während des Referendarlagers in Jüterbog auf eine Beamtenlaufbahn und eine Habilitation verzichten, wurde 1943 von der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft entlassen und verlor auch einem im früher erteilten Lehrauftrag, arbeitete nach seiner Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft am 31. 7. 1945 als stellvertretender Leiter der Rechtsabteilung in der Zentralverwaltung für Verkehr der sowjetischen Besatzungszone, wurde am 11. 2. 1948 habilitiert und danach zum Professor mit Lehrauftrag, am 20. 10. 1948 zum Professor mit vollem Lehrauftrag für Völkerrecht und internationales Privatrecht ernannt und am 4. 11. 1948 berufen, wechselte aber bereits im April 1949 an die Freie Universität Berlin, an der er 1975 emeritiert wurde.. Arthur Baumgarten (Königsberg 31. 3. 1894-Berlin 27. 11. 1966) wurde nach den Studium der Rechtswissenschaft in Genf, Tübingen, Leipzig und Berlin und der 1909 in Berlin bei Franz von Liszt erfolgten Promotion mit 25 Jahren noch im gleichen Jahr ohne Habilitation außerordentlicher Professor für deutsches Strafrecht in Genf, wurde 1920 nach Köln, 1923 nach Basel und 1930 nach Frankfurt am Main berufen, verließ (vielleicht auch unfreiwillig) wegen Ablehnung des Nationalsozialismus 1933 das Deutsche Reich, lebte danach als Honorarprofessor in Basel, besuchte 1935 die Sowjetunion, machte 1946 Vortragsreisen durch die französische Besatzungszone, wohl nicht ohne die Erwartung, von Frankfurt am Main wieder zurückberufen zu werden, hielt im Wintersemester 1946/1947 Gastvorlesungen in Leipzig und Berlin und wurde trotz besonderer Ansprüche (z. B. auf einen Dienstwagen mit Chauffeur) und trotz Beibehaltung der Schweizer Staatsbürgerschaft ab April 1948 Ordinarius für Rechtsphilosophie in Berlin, wo die zweite Auflage seiner Geschichte der abendländischen Philosophie rasch der Zensur (Peter Steinigers) unterfiel und er trotz Ernennung zum Präsidenten der Deutschen Verwaltungsakademie Walter Ulbricht zum 31. 8. 1953 auf eigenen Antrag emeritiert wurde. Eduard Reimer (Berlin 8. 12. 1896-Nizza 5. 6. 1957) wurde nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg und dem Studium der Rechtswissenschaft in Berlin (1921) und der Promotion in Breslau (1922) über Staatshaftung 1924 Rechtsanwalt, erwarb trotz seiner Einstufung als „Mischling ersten Grades“ Anerkennung im Patentrecht und Wettbewerbsrecht, wurde im Herbst 1945 Oberamtsrichter in Blankenburg im bzw. am Harz, 1946 wieder Rechtsanwalt, erhielt im Sommersemester 1947 einen Lehrauftrag in Berlin, wurde am 27. 9. 1948 Honorarprofessor, wechselte aber zum Sommersemester 1949 an die Freie Universität Berlin und zum 1. 10. 1949 als Präsident an das Deutsche Patentamt in München, in dessen Dienst er während einer Konferenz in Nizza starb.

 

Dementsprechend kann die Verfasserin für das Jahr 1948 noch eine politische Pluralität zwischen Marxisten (Baumgarten, Steiniger [SED]) und Bürgerlichen (Peters) feststellen. Von zehn Professoren des Jahresendes 1948 (aus den Geburtsjahrgängen 1896, 1883, 1894, 1875, 1901, 1904, 1882, 1907, 1894 und 1896 und damit im Alter zwischen 41 und 73), von denen zumindest Dersch, Brandt, Steiniger, Baumgarten, Wengler und Reimer durch die nationalsozialistische Herrschaft Schäden erlitten hatten, waren fünf Ordinarien (Peters, Dersch, Neye, Steiniger, Baumgarten, nicht Brandt, Kanger, Erdmann, Wengler und Reimer) und vier (nach 1945) habilitiert (Peters 1925, Erdmann 1947, Steiniger 1947, Wengler 1948, Löffler, nicht Dersch, Kanger, Baumgarten, Neye, Brandt, Reimer). Versuche, auswärtige Professoren (Ludwig Raiser, Erich Genzmer) zu berufen, scheiterten mit Ausnahme Arthur Baumgartens und die Fakultät berief sieben neue unbekannte Dozenten (Brandt, Neye, Steiniger, Erdmann, Kanger, Reimer und Wengler) überwiegend ungewöhnlichen Werdegangs.

 

1949 wechselten Wilhelm Wengler und Eduard Reimer sowie der Gastprofessor Richard Lange an die Freie Universität Berlin, Hans Peters nach Köln. Berufen wurden Dietrich Lang (Breslau 11. 3. 1902, Studium in Breslau, Promotion Breslau 1926, Fakultätsassistent 1929 Breslau, 1933 wegen nichtarischer Abstammung entlassen, 1940 Wechsel nach Brasilien, Studium von Philosophie und Geschichte, Lehre von Philosophie, Volkswirtschaft und Wirtschaftsgeschichte, seit 1946 Versuche der Rückkehr, infolge Unterstützung durch Dekan Peters ohne Habilitation 11. 6. 1949 Professor mit vollem Lehrauftrag) und Carl Steinhoff (Herford/Westfalen 24. 11. 1892, Studium in Marburg, Heidelberg, München, Königsberg, Berlin und Erlangen, 1917 Promotion Erlangen, Verwaltungslaufbahn, 1923 SPD, 1932 aus politischen Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt, 1933 entlassen, Privatier, 1940 Rechtsberater, 1945 auf Empfehlung eines Abgesandten der Gruppe Ulbricht Präsident der Provinzialverwaltung der Mark Brandenburg, Ministerpräsident, Mitglied der SED, 1947 Lehraufträge, im Sommer 1949 auf Antrag des Dekans Dersch Professor mit Lehrauftrag, 2. 9. 1949 ernannt, 12. 10. 1949 Innenminister der Deutschen Demokratischen Republik, seit 1950 als zu wenig fortschrittlich beurteilt, 9. 5. 1952 als Innenminister aus gesundheitlichen Gründen entlassen, ab Juni 1953 faktisch nicht mehr an der juristischen Fakultät tätig). Dementsprechend waren am Ende des Jahres 1949 von neun Professoren drei Marxisten oder Sozialisten und waren nur Steiniger und Erdmann habilitiert.

 

1950 ging Brandt an die Freie Universität, Lang nach Bamberg. Damit bestand die Fakultät nur noch aus sieben Professoren. Durch den Weggang Langs sank die Zahl der bürgerlichen Professoren (wieder weiter).

 

1951 verließ (nach dem Weggang von Mitteis, Peters, Brandt, Wengler, Reimer sowie Lang) mit Dersch der letzte aus der Zeit vor 1945 verbliebene Professor die Fakultät. Neu kamen die als Helene Golodetz aus einer jüdischen Familie in Hamburg geborene Lola Zahn (1910-1998) als Professorin mit Lehrauftrag für politische Ökonomie und und Günter Scheele (1905-1982) als Professor mit Lehrauftrag für Grundlagen des Marxismus-Leninismus. Damit waren unter den 8 Professoren drei Ordinarien (Neye, Steiniger, Baumgarten), fünf Mitglieder der SED (Steiniger, Baumgarten, Steinhoff, Zahn, Scheele) und drei Nichtjuristen (Kanger, Zahn und Scheele), womit binnen sechser Jahre der vollständige Austausch des Lehrkörpers vollzogen war.

 

Im Anschluss hieran untersucht die Verfasserin Studium und Studenten im Umbruch der Jahre von 1948 und 1951. Dabei kann sie zeigen, wie vor allem seit dem Wintersemester 1949/1950 das Stuium in Studienplänen vom 22. 8. 1949, 27. 1. 1950 und 1. 8. 1951 zu Lasten der Geschichte und zu Gunsten der Grundlagen des Marxismus-Leninismus geändert wurde. Bewusst wurde auch die Zusammensetzung der Studentenschaft durch Förderung von Studenten aus Arbeiterfamilien und Bauernfamilien beeinflusst. Seit 1951 wurden die Promotionen politisiert und passten sich etwa gleichzeitig die Lehrenden in ihren Arbeiten dem neuen politischen System an.

 

Am Ende geht die Verfasserin in ihrer durch einen Anhang mit Tabellen, 12 Fotografien, Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Register abgerundeten Studie auf die Gründe für den Umbruch in der Fakultät ein. Dabei behandelt sie im Rahmen des neuen politischen Systems ausführlich die Währungsreform vom 21. 6. 1948 bzw. 23. 6. 1948 und ihre Auswirkungen in den Jahren 1948 und 1949, die Gründung der Freien Universität Berlin (Gründungsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 11. 5. 1948) und die Errichtung der Deutschen Demokratischen Republik (7. 10. 1948). Als einen Hauptgrund sieht sie zutreffend den Weggang der bürgerlichen Professoren, der auf dem Druck der Währungsreform und der Sowjetisierung der gesamten Verhältnisse von außen wie innen beruhte. Letztlich gründet er darauf, dass im menschlichen Leben oft Drücker, sobald sie in irgendeiner Weise in den Besitz der Macht gelangt sind, nur aalzu gern ohne Rücksicht auf Recht, ihre eigenen Vorstellungen von Allgemeinwohl mit allen Mitteln durchdrücken.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler