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Sturm, Beate, ,wat ich schuldich war’ Privatkredit im frühneuzeitlichen Hannover (1550-1750) (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 208). Steiner, Stuttgart 2009. 336 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

Sturm, Beate, ,wat ich schuldich war’ Privatkredit im frühneuzeitlichen Hannover (1550-1750) (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 208). Steiner, Stuttgart 2009. 336 S.

 

Die Arbeit ist die dem Ratsmann (1598) Jacob Lange in Hannover gewidmete, von Karl Heinz Schneider vom historischen Seminar der Universität Hannover betreute und von der Gerda Henkel Stiftung durch ein volles Stipendium geförderte Dissertation der Verfasserin. Sie geht von dem konkreten Stadtverweis Langes wegen Verletzung von Zahlungsverpflichtungen aus. Erst nachdem Lange im Winter 1597/1598 17 Wochen außerhalb der Stadt verbracht hatte, wurde ihm die Rückkehr nach Hannover gestattet, wo die Gläubiger aus dem Verkauf von Gütern bezahlt wurden.

 

Die damit an der Rechtswirklichkeit orientierte, ihre vielfältigen Erkenntnisse mit zahlreichen Graphiken veranschaulichende Untersuchung beginnt mit der Beschreibung der sehr guten Quellenlage, der noch eine Forschungslücke erweisenden Literatur und der mittels einer Datenbank verwirklichten Methodik. Danach behandelt die Verfasserin die rechtlichen Grundlagen (Schuld, Forderung, Kreditwesen, Kreditinstrumente und Normierungsversuche). Ausführlich legt sie in 17 Einheiten von Immobilien (73,33 %) bis zu Verschiedenem (2,95 %) ihre ermittelten Ursachen von Kredit dar, wobei Kredite geringen Umfangs (bis 50 Taler) häufiger auftreten als die relativ seltenen Kredite großen Umfangs (mehr als 1000 Taler).

 

Bei den Akteuren unterscheidet sie Schuldner und Gläubiger, Frauen und Juden, Bürgen und Zeugen sowie Stadt und Kirche. Danach untersucht sie den Kredit als soziale Praxis, die Kreditverwaltung als Herausforderung, den Kredit in persönlichen Beziehungen, die bei Kreditgeschäften entstehenden Schuldkonflikte, den Aktionsradius in Kreditbeziehungen (Stadt, über die Stadtgrenze hinaus) und den Kredit als gesellschaftliches Phänomen. Am Ende bietet sie eine kurze Schlussbetrachtung.

 

Im Ergebnis kann sie überzeugend zeigen, dass Verschuldung in der frühen Neuzeit für Männer und Frauen zumindest der Oberschicht und der Mittelschicht Hannovers vor allem bei Nachbarn, Freunden und Verwandten (91,89 % der Schuldner und 85,45 % der Gläubiger Privatpersonen) etwas Alltägliches war. Aufgenommen wurden Schulden hauptsächlich für Investitionen und zur Überbrückung finanzieller Engpässe. Insgesamt zeigt sich mit dem Kreditwesen ein modernes Element frühneuzeitlicher Gesellschaft.

 

Dabei nahmen trotz der stark überwiegenden Beteiligung der Männer (85,22 % der Schuldner, 88,06 % der Gläubiger) auch zahlreiche Frauen am Kreditwesen teil, vergaben Darlehen, liehen sich Geld, kauften Waren auf Kredit und übernahmen Bürgschaften. Allerdings kamen Schuldnerinnen und Gläubigerinnen überwiegend aus der Oberschicht und waren zumeist verwitwet. Juden waren nur 0,73 % der Schuldner und 3,36 % der Gläubiger.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler