Köbler, Gerhard

 

Die Häufigkeit der zur Darstellung des Altniederfränkischen verwendeten Buchstaben

 

Das Altniederfränkische ist eine aus dem Germanischen erwachsene und damit germanistische Sprache. Innerhalb des Germanistischen läßt es sich als deutsche Sprache bezeichnen, weil es in dem Teil des fränkischen Reiches beheimatet ist, in dem nicht romanisch sondern diotisk/thiadisk (zu ahd. diot/and. thiad/thiod Volk) gesprochen wird. Innerhalb des (in sich uneinheitlichen) Altdeutschen lässt sich das Altniederfränkische wegen des Fehlens der zweiten sogenannten althochdeutschen Lautverschiebung von p, t und k zu pf, z und hh zusammen mit dem ihm westlich (z. B. Essen) benachbarten Altsächsischen als Altniederdeutsch zusammenfassen und dem südlich (z. B. Köln) gelegenen Althochdeutschen (Altmittelfränkischen, Altalemannischen, Altbayerischen) gegenüberstellen.

 

Das Altdeutsche steht dann wiederum innerhalb des Germanistischen (bzw. Germanischen) dem nördlich angrenzenden Altfriesischen, dem sich nordwestlich anschließenden Altenglischen, dem in Norden gelegenen Altnordischen sowie dem im Zuge der Völkerwanderung von der Ostsee an Donau und ins römische Reich gelangten, vor allem durch die Bibelübersetzung Wulfilas (340-380 n. Chr.) bezeugten Gotischen gegenüber.

 

Dem Sprachgebiet des Altniederfränkischen sind damit bereits ziemlich enge Grenzen gezogen. Innerhalb dieser Grenzen ist die Überlieferung insgesamt nicht sehr umfangreich. Sie besteht nur aus wenigen meist Althochdeutsches nur in Altniederfränkisches umsetzenden Texten und einigen Glossen.

Als niederfränkischen Texte im weitesten Sinn können wegen kennzeichnender oder vereinzelter altniederfränkischer Sprachmerkmale in alphabetischer Reihenfolge folgende (3 bzw. 6) Texte bezeichnet werden:

Einhardi Vita Karoli, Monats- und Windbezeichnungen (der Handschrift London, British Library Cotton Tiberius C. XI),

(Ludwigslied),

Leidener Williram (der Handschrift Leiden, Universitätsbibliothek/Bibliotheek der Rijksuniversiteit B. P. L. 130 [f. 12b-100a]),

(Alt-)Mittelfränkische und (alt )niederfränkische Psalmen (der Handschriften Berlin, Deutsche Staatsbibliothek Ms. Diez. C. quart. 90 [Ps. 53,7-64,13 von Schreiber a, Ps. 64,14-73,9 von Schreiber b, vielleicht Fragment der Kopie des Lipsius der Handschrift Wachtendoncks], Mylius, A. van der, Lingua Belgica, Leiden 1612 [S. 152 ff. Ps. 18 mit lateinischem Text und niederländischer Übersetzung], Leeuwarden, Provinciale en BUMA bibliotheek Ms. 149 [Ps. 1,1-3,6, am Rand Verbesserungen des Schreibers], Leiden, Universitätsbibliothek/Bibliothek der Rijksuniverisiteit Ms. Lips. 53 [etwa 877 Auszüge - sog. Glossen] s. Leiden, Lipsius I., Epistolarum selectarum centuria tertia ad Belgas, 1602, 41ff. [Brief des Iustus Lipsius an Henricus Schottius mit etwa 670 Auszügen - sog. Glossen]) s. Schottius. (Altmittelfränkische Psalmenhandschrift [Ps. 1,1-3,6] ist dabei die Handschrift Leeuwarden [Leeuwarden, Provinciale en BUMA bibliotheek Ms. 149],  altniederfränkische Psalmenhandschriften sind Mylius [Mylius, A. van der, Lingua Belgica, Leiden 1612, Psalm 18] und Berlin [Berlin, Deutsche Staatsbibliothek Ms. Diez. C. quart. 90, Psalmen 53,7-73,9], Auszugshandschriften (sog. Glossenhandschriften) die Leidener Handschrift [= Leiden] und Lipsius' Brief an Henricus Schottius vom 19. 12. 1548 [= Schottius] sowie die Randnotizen von Lipsius in der Leidener Handschrift [= Lipsius], Glossenhandschrift ist die Handschrift Roth, F., Privatbesitz (Verbleib unbekannt) mit den (7) von Steinmeyer/Sievers veröffent-lichten Glossen (= Gl). Von daher gibt es (für die altniederfränkischen Teile) die (insgesamt 11) Überlieferungsmöglichkeiten: nur Mylius (Psalm 18), nur Berlin (Psalm 53,7-73,9), nur Leiden, nur Schottius, Mylius = Leiden = Schottius, Berlin = Leiden, Berlin = Gl, Leiden = Schottius, Leiden = Schottius = Lipsius, Berlin = Leiden = Schottius, Berlin = Leiden = Schottius = Lipsius. Dabei kann das altniederfränkische Wort in allen Handschriften, in denen es überliefert ist gleichlautend oder in Varianten überliefert sein [z. B. gleichlautend in beiden Handschriften ādro diliculo 45, 6 Leiden = Schottius = MNPsA Nr. 4 (van Helten) = S. 58, 4 (van Helten) = MNPsA Nr. 313 (Quak)], [z. B. in Varianten überliefert afterthinsinde detrahentes 70, 13 Berlin = MNPsA afterthinsindi detrahentes 70, 13 Leiden = MNPsA Nr. 5 (van Helten) = S. 58, 5 (van Helten) = MNPsA Nr. 425 (Q) = aftrithunsundi detrahentes 70, 13 Schottius]. Die Handschriften werden in folgender Reihenfolge aufgeführt: erst Mylius bzw. Berlin, dann Leiden, Schottius, Lipsius und dann die Glossen.)

(Pariser Gespräche

sowie Würzburger Beichte).

(Vermutet wurden im übrigen gelegentlich auch eine altniederfränkische Vorstufe der Handschrift C des Heliand und altniederfränkischer Einfluss in der sog. Beda-Predigt.)

Altniederfränkische Glossen (in einer Gesamtzahl von möglicherweise etwa 100) enthalten die (7) Handschriften Boulogne-sur-Mer, Bibliothèque Municipale 126, Brügge, Stadsbibliotheek 302, Leiden, Universitätsbibliothek (Bibliothek der Rijksuniversiteit Ms. Lips. 7, Roth F., Privatbesitz (Verbleib unbekannt), Saint Omer, Bibliothèque Municipale 150, Saint Omer, Bibliothèque Municipale 717 sowie Sankt Petersburg, Russische Nationalbibliothek F. v. I. Nr. 9.

Weiter ist noch hinzuweisen auf altniederfränkische Personennamen und Ortsnamen in meist lateinischen Texten. Sie sind zusammenfassend bisher nicht untersucht. Für Gent hat die Personennamen Joseph Mansion, Oud-Gentsche naamkunde, 1924, zusammengetragen, für Xanten Heinrich Tiefenbach (Xanten-Essen-Köln, 1984, 48ff.)

Einzelne Wörter lassen sich außerdem aus dem Gesamtgefüge der Überlieferung erschließen.

 

In den 2434 erfassten Ansätzen und Verweisen sind 16054 Zeichen enthalten. Daraus errechnet sich eine durchschnittliche Ansatzlänge von 6,5957 Zeichen. Zur Darstellung des Altniederfränkischen ist grundsätzlich das Buchstabensystem (Alphabet) des klassischen Lateinischen verwendet, das aber in bestimmten Hinsichten auf Besonderheiten des Altniederfränkischen angepasst werden muss.

 

Ausgangspunkt sind also die 24 Zeichen des lateinischen Alphabets (a, b, c, d, e. f, g, h, i, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v, x, y, z), wobei das q aber nicht verwendet wird. Hinzu kommen als altniederfränkische Zusatzzeichen j und w. Hieraus ergibt sich eine Gesamtzeichenzahl von 25 (23 + 2) Zeichen.

 

Die Häufigkeit ihrer Verwendung hat mich schon von Beginn meiner Beschäftigung mit dieser Sprache besonders interessiert. Ich habe aber in der Literatur hierzu bislang keine besonderen genauen Angaben vorgefunden. Deswegen habe ich sie mit Hilfe eines von Josef Schönegger freundlicherweise für mich entwickelten Sortierprogramms selbst ermittelt.

 

Dieses gelangt unter der in der elektronischen Datenverarbeitung selbverständlichen Vereinzelung aller 25 Buchstaben (z. B. a, b, c, d usw.) und 47 Buchstabenvarianten (z. B. a, á, à usw.) zu folgenden Erkenntnissen:

 

Asc

Hex

Zeichen

Häufigkeit

97

61

a

1375

65

41

A

4

257

101

ā

149

98

62

b

315

66

42

B

3

99

63

c

41

100

64

d

648

68

44

D

1

101

65

e

1288

69

45

E

3

275

113

ē

95

102

66

f

370

70

46

F

1

103

67

g

683

71

47

G

1

104

68

h

733

105

69

i

1553

73

49

I

4

299

012B

ī

214

106

006A

j

9

74

004A

J

3

107

006B

k

490

75

004B

K

2

108

006C

l

711

76

004C

L

3

109

006D

m

357

77

004D

M

3

110

006E

n

1672

78

004E

N

1

111

006F

o

804

333

014D

ō

153

112

70

p

135

114

72

r

1093

82

52

R

1

115

73

s

794

83

53

S

5

116

74

t

1043

84

54

T

4

117

75

u

593

363

016B

ū

82

118

76

v

157

119

77

w

430

87

57

W

5

120

78

x

1

121

79

y

2

122

007A

z

19

90

005A

Z

1

Hieraus lassen sich folgende Häufigkeiten ermitteln:

Zeichen

Varianten

Häufigkeit

Prozent

A

a A ā

1528

9,50%

B

b B

318

2,00%

C

c

41

0,30%

D

d D

649

4,00%

E

e E ē

1386

8,60%

F

f F

371

2,30%

G

g G

684

4,30%

H

h

733

4,60%

I

i I ī

1771

11,00%

J

j J

12

0,10%

K

k K

492

3,10%

L

l L

714

4,40%

M

m M

360

2,20%

N

n N

1673

10,40%

O

o ō

957

6,00%

P

p

135

0,80%

R

r R

1094

6,80%

S

s S

799

5,00%

T

t T

1047

6,50%

U

u ū

675

4,20%

V

v

157

1,00%

W

w W

435

2,70%

X

x

1

0,00%

Y

y

2

0,00%

Z

z Z

20

0,10%

Summe

16054

100,00%

Ordnet man die Buchstaben nach ihren Häufigkeiten, so entsteht folgende Reihung:

I

i I ī

1771

11,00%

N

n N

1673

10,40%

A

a A ā

1528

9,50%

E

e E ē

1386

8,60%

R

r R

1094

6,80%

T

t T

1047

6,50%

O

o ō

957

6,00%

S

s S

799

5,00%

H

h

733

4,60%

L

l L

714

4,40%

G

g G

684

4,30%

U

u ū

675

4,20%

D

d D

649

4,00%

K

k K

492

3,10%

W

w W

435

2,70%

F

f F

371

2,30%

M

m M

360

2,20%

B

b B

318

2,00%

V

v

157

1,00%

P

p

135

0,80%

C

c

41

0,30%

Z

z Z

20

0,10%

J

j J

12

0,10%

Y

y

2

0,00%

X

x

1

0,00%