Wunderlich, Steffen, Über die Begründung von Urteilen am Reichskammergericht im frühen 16. Jahrhundert (= Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung 38). Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V., Wetzlar 2010. 44 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das mit der Titelseite des in Innsbruck aufbewahrten Protokollbuchs Mathias Albers geschmückte Heft bietet die ergänzte und erweiterte Fassung des Vortrags des mit dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte verbundenen Verfassers im Stadthaus am Dom zu Wetzlar vom 11. März 2010. Es behandelt eine interessante prozessrechtsgeschichtliche Frage vor allem an Hand zweier einzelner Fälle hauptsächlich an Hand der Protokollbücher von Assessoren. Dabei geht es um den Fall des Klosters Fulda gegen die Riedesel und den Fall des Haimeran Zenger gegen Justina Sintzenhoverin.
Der Verfasser stellt überzeugend fest, dass am Reichskammergericht Urteile rational begründet wurden, wobei die Assessoren, die bereits nach 1530 (fast) alle rechtsgelehrt waren, die betroffenen Fragen in Auslegung und Anwendung des geltenden Rechtes beurteilten. Dabei wurden frühere Entscheidungen berücksichtigt. Für sie nimmt der Verfasser an, dass bereits früh Urteilsregister bestanden, in welche die Entscheidungen und abweichende Voten eingetragen wurden, die aber für die Zeit vor 1684 verloren sind.
Die Begründungen wurden freilich den streitenden Parteien nicht mitgeteilt. Damit sollte vermieden werden, dass Parteien und Vollstreckungsbehörden die Richtigkeit der Entscheidung in Zweifel ziehen konnten. Aus diesem Grunde lehnte das Reichskammergericht nach Ansicht des Verfassers sogar eine von Mathias Alber ausgearbeitete Lösung ab und entschied sich für eine Entscheidung, die für alle Seiten ohne Bekanntgabe der Gründe nachvollziehbarer und annehmbarer erschien, obwohl sie nach Einschätzung des Verfassers weniger gerecht war.
Innsbruck Gerhard Köbler