Wiede, Wiebke, Rasse im Buch. Antisemitische und rassistische Publikationen in Verlagsprogrammen der Weimarer Republik (= Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit 34). Oldenbourg, München 2011. 328 S., 7 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die rasch auf das Interesse eines Sachkenners stoßende, mangels Lieferung eines Rezensionsexemplars aber vom Herausgeber mit wenigen Zeilen anzuzeigende Arbeit ist die von Lutz Raphael betreute, 2008 am Fachbereich III der Universität Trier angenommene Dissertation der 1974 geborenen, als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätigenVerfasserin in einer leicht überarbeiteten Fassung. Sie betrifft eine vor allem wegen der nachfolgenden nationalsozialistischen Herrschaft sehr interessanten Gegenstand. Sie beruht außer auf einer breiten Literaturgrundlage auf der Verwertung der vor allem von Betroffenen zugänglich gemachten privaten Archivalien.
Sie ist überzeugend klar gegliedert. Nach einer kurzen Einleitung zu Forschungsstand und Forschungsinteresse, Quellen, Methoden und den begrifflichen Ausgangspunkten Verlagsbuchhandel, Rassismus und Antisemitismus sowie Absatz stellt die Verfasserin die Frage, wie deutsch der deutsche Buchmarkt der Weimarer Republik war. Danach untersucht sie exemplarisch den Georg Westermann Verlag mit Werken von Adolf Bartels, Otto Hauser, Ewald Banse und Werner Jansen, den auf dem Umschlag als Georg Fischer Verlag benannten Gustav Fischer Verlag mit Werken zu Wirtschaft und Gesellschaft, Medizin und Naturwissenschaften vor allem an Hand Herman Lundborgs und den Verlag Vandenhoeck & Ruprecht mit Werken zu Wissenschaft und Glauben vor allem an Hand Max Maurenbrechers Heiland der Deutschen.
Insgesamt kann die Verfasserin zeigen, dass rassistische und antisemitische Bücher auch außerhalb einschlägig ausgerichteter Verlage erscheinen konnten. Sie stellt aber zugleich fest, dass rassistische und antisemitische Veröffentlichungen in der Weimarer Republik kein wirklich lukratives Unterfangen waren. Dennoch erlangten Emanzipation und Gleichberechtigung in der Weimarer Zeit nach den ansprechenden Erkenntnissen der Verfasserin keinen hinlänglichen „Wert“ auf einem „überforderten Buchmarkt“, so dass die Autorin die notwendigerweise von ihren Erlösen lebenden Verleger überzeugend weniger als willfährige Vollstrecker ideologischer Missionen einstuft und mehr als Sachwalter kontingenter Absatzmärkte.
Innsbruck Gerhard Köbler