Westermann, Ekkehard/Denzel, Markus A., Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548 (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 215). Steiner, Stuttgart 2011. 526 S., 1 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Am Ende der 1980er Jahre machte der bekannte Wirtschaftshistoriker Hermann Kellenbenz (1913-1990, zuletzt in Erlangen-Nürnberg) den in Trachenberg in Schlesien 1940 geborenen, an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe tätigen Montanhistoriker Ekkehard Westermann auf eine Handschrift in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufmerksam, die er auf Grund seiner Erfahrung als für die oberdeutsche und internationale Wirtschaftsgeschichte sehr bedeutsam einstufte, aber selbst nicht mehr bearbeiten konnte. Um 1995 kam es daraufhin zu einem Kontakt mit dem 1967 geborenen Leipziger Sozial- und Wirtschaftshistoriker Markus A. Denzel. Gemeinsam wurde 1998 die Herausgabe des anonym verfassten Kaufmannsnotizbuchs mit einer kurzen Einleitung in einem auf zwei Jahre angelegten Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft beschlossen, dessen Ergebnis 12 Jahre später im Manuskript vorgelegt werden konnte.
In der Einleitung beschreiben die Bearbeiter nach der Wiedergabe einer der berühmtesten, wohl nach 1560 angefertigten, Jakob Fugger den Reichen mit seinem Hauptbuchhalter Matthäus Schwarz in der Gulden Schreibstube um 1520 zeigenden Abbildungen der europäischen Handelsgeschichte die Entstehung ihrer Vermutung, dass es sich bei dem rechten großen Buch auf der vorderen Tischhälfte des gezeigten Raumes um die von ihnen ausgewertete Wiener Handschrift CVP 10720 handeln könnte. Danach erörtern sie den Forschungsstand und ihre methodischen und editorischen Vorüberlegungen. In deren Mittelpunkt steht die Vermutung, dass die Handschrift den Kern aller Informationen über die Engagements der Fugger in der Tiroler und Kärntner Montanwirtschaft zwischen 1520 und 1550 enthält und dass der Hauptbuchhalter Matthäus Schwarz (1497-1574) der Verfasser gewesen sein dürfte.
Auf dieser Grundlage behandeln die Bearbeiter sehr ausführlich und gründlich die Regionen, Produktionsstätten und Handelsplätze von Venedig bis Danzig, von Portugal bis England und von Frankreich bis Polen. Besondere Aufmerksamkeit schenken sie danach den Montanunternehmungen der Fugger in Tirol, Ungarn und im Reichensteiner Goldbergbau. Durch die anschließende, überzeugende Edition des Kaufmannsnotizbuchs wird die bislang zu wenig beachtete zentrale interne Datensammlung Anton Fuggers für die spätere Entwicklung des montanen Geschäftsbereichs der Öffentlichkeit in gelungener, auf dem Umschlag Hall in Tirol zeigender Form zur Verfügung gestellt.
Innsbruck Gerhard Köbler