Schütterle, Juliane, Kumpel, Kader und Genossen. Arbeiten und Leben im Uranbergbau der DDR. Die Wismut-AG (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2010. 297 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Lutz Niethammer betreute, im Dezember 2007 von der philosophischen Fakultät der Universität Jena angenommene, von der Wismut GmbH in Chemnitz und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur finanziell geförderte Dissertation der Verfasserin. Sie betrifft ein von Geheimdienstoffizieren Josef Stalins im Erzgebirge gegründetes Unternehmen, das ab 1947 mit mehr als 40000 Beschäftigten mehr als 40 Jahre Uranerz für Atomwaffen der Sowjetunion gefördert hatte. Als Folge der deutschen Einheit wurde es unter persönlichen Abfindungen von 20000 bis 20000 Mark in ein bundeseigenes Unternehmen umgewandelt, das mit einem Zehntel der bisherigen Belegschaft Abwicklung, Sanierung und Stilllegung des Uranerzbergbaus betrieb.

 

Gegenstand der Untersuchung ist der Mikrokosmos Wismut mit den Facetten Organisations- und Arbeitergeschichte, Geschichte der Arbeiter im Staatssozialismus und Sozialgeschichte eines besonderen Betriebs. Dementsprechend gliedert sich die Untersuchung außer in Einleitung (Fragen, Forschungsstand, Quellen) und Resümee in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Entwicklung des Uranerzbergbaus in der SBZ/DDR, die Arbeitsbeziehungen im Uranerzbergbau, die Sozialpolitik, die gesellschaftliche Einordnung und den Betriebsalltag.

 

Insgesamt kann die Verfasserin überzeugend zeigen, wie das Zehntausenden Arbeit und Tausenden Tod bringende, als drittgrößter Uranhersteller der Welt 230000 Tonnen reinen Urans gewinnende Unternehmen  sich (aus einer Art Straflager) zu einem Staat im Staate und zu einem der am besten ausgestatteten Industriezweige entwickelte. Da die Bediensteten zahlreiche Vorteile genossen, stiftete die Zugehörigkeit zu Wismut Identität und Loyalität zu Staat und Partei, so dass die politische Bewegung des Herbstes des Jahres 1989 weitgehend ohne Beteiligung der Unternehmensmitarbeiter stattfand. Durch ihre sorgfältige, mit Tabellen und Bildern bereicherte Untersuchung schließt die Verfasserin gelungen eine bisher bestehende Lücke.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler