Scheifele, Angelika, Zivilprozessrecht in Baden 1803-1864 (Elektronische Ressource. Entwicklung des Zivilprozessrechts und der Stellung des Zivilrichters im Verfahren - Darstellung und Erklärungsansätze. Diss. jur. Konstanz 2008. urn:nbn:de:bsz:352-opus-73317).  Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Hans-Wolfgang Strätz betreute, am 10. Juli 2008 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie betrifft einen wichtigen Ausschnitt aus der partikularen deutschen Zivilprozessrechtsgeschichte des 19. Jahrhunderts. Für sie hatte sich früh ein ausgezeichneter Sachkenner interessiert, der aber nach Kenntnis der Veröffentlichungsart die weitere Kenntnisnahme unterließ, so dass der Herausgeber auf Grund eines ausgeliehenen Ausdrucks mit einigen Worten auf die Studie hinweisen darf.

 

Die Verfasserin gliedert ihre anerkennenswerte Arbeit in vier Teile und ein Literaturverzeichnis. Nach Schilderung des Forschungsstands beschreibt sie knapp und klar den historischen Kontext von Staat, Verwaltung, Gerichtsorganisation und Zivilprozess. Im Hauptteil untersucht sie  sorgfältig die Entwicklung der Prozessgesetze (1752, 1803, 1831, 1851, 1864) in Bezug auf Zuständigkeit, Gerichtsverfassung, Prozessgrundsätze, Verfahrensgestaltung, Beweisverfahren, Beweismittel, Beweisregeln, Beweiswürdigung, Urteil und Rechtsmittel.

 

Im Ergebnis stellt sie einleuchtend fest, dass sich das Prozessrecht im 19. Jahrhundert in allgemeinen Merkmalen und einzelnen Details vom gemeinrechtlichen zum modernen Prozess entwickelte. Hinsichtlich der Erklärung entscheidet sie sich gegen eine politische Deutung und für eine systemtheoretische Deutung. Dabei nimmt sie abschließend an, dass in einer Zeit gesellschaftsstrukturellen Umbruchs die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten der Gesetzgeber auf den Prozess und das Rechtssystem im Einzelnen geringer waren als die Wechselwirkungen des gesetzten Rechtes mit einem sich ausdifferenzierenden Rechtssystem.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler