Patka, Marcus G., Österreichische Freimaurer im Nationalsozialismus. Treue und Verrat. Böhlau, Wien 2011. 221 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Wien 1966 geborene, als Germanist und Kulturhistoriker ausgebildete, seit 1998 als Kurator im Jüdischen Museum Wien tätige Verfasser ist seit 1997 durch eine Reihe von Werken hervorgetreten. Sie betreffen etwa Egon Erwin Kisch - Streitbare Stationen im Leben eines streitbaren Mannes, Zu nahe der Sonne - deutsche Schriftsteller im Exil in Mexiko, Die Welt des Karl Farkas, Displaced - Paul Celan, Mexiko 1938-1947, Feuilletons zu Theodor Herzl, Hans Gál, Egon Wellesz, Manès Sperber, jüdische Sportler in Wien oder Friedrich Torberg, vielfach in enger Beziehung zu Ausstellungen. Am Beginn seines Interesses am Thema des vorliegenden Buches stand die Erkenntnis, dass die österreichischen Freimaurer in der Zwischenkriegszeit mehrheitlich jüdischer Herkunft waren, während in Deutschland die Freimaurerei überwiegend deutsch-national geprägt war. Den eigentlichen Anlass gab der Fund der Aktien der SS-Razzia gegen die Großloge von Wien im März 1938 im Deutschen Bundesarchiv Berlin Lichterfelde mit Dokumenten über die Zusammenarbeit des vormaligen Hochgradmaurers Dr. Kurt Reichl mit der SS ab 1935.

 

Gegliedert ist das Werk in drei Teile, von denen der erste Teil die Zerschlagung der Großloge von Wien betrifft und Dr. Kurt Reichl ausführlich behandelt. Teil zwei befasst sich mit österreichischen Freimaurern im Exil (Prag, Paris, Zürich, Budapest, London, Sydney, Schanghai, Israel, Buenos Aires, New York und Los Angeles) und den dortigen unterschiedlichen Bedingungen. Teil drei schildert den schwierigen Neubeginn in Wien zwischen 1945 und 1955.

 

Überzeugend betont der Verfasser die proeuropäische Orientierung der österreichischen Freimaurer der Zwischenkriegszeit. Neben der Verfolgung und Vernichtung sowie der Möglichkeit der Anpassung für nichtjüdische Freimaurer kann er auch vereinzelt Widerstand ermitteln. Die Rückkehr nach Wien ist vor allem amerikanischer Unterstützung zu verdanken.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler