Palmowski, Jan. Inventing a Socialist Nation. Heimat and the Politics of Everyday Life in the GDR, 1945-1990. Cambridge University Press. Cambridge 2009. 341 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Verfasser wurde nach dem Studium von Geschichte und Wirtschaft an der Universität York 1995 in Oxford promoviert. Er ist bereits durch Werke über moderne europäische Geschichte hervorgetreten. So hat er sich beispielsweise mit dem städtischen Liberalismus im zweiten Deutschen Reich am Beispiel Frankfurts am Main (1999) intensiv befasst. Als Leiter der School of Arts and Humanities am King’s College London ist er bestens geeignet, von außen ein Bild der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu entwerfen, für das er zahlreiche archivalische Quellen und persönliche Interviews verwendet..

 

Ausgangspunkt ist auch für ihn der schwer zu erklärende, sich mit unerwarteterGeschwindigkeit vollziehende Zusammenbruch des 1949 geschaffenenen und allgemein als recht stabil angesehenen sozialistischen deutschen Staates. Zur Erklrärung des überraschenden Geschehens behandelt der Verfasser die anregende Frage, wie die sozialistische deutsche Nation nach 1945 entstehen und bis 1990 bestehen konnte. Veranschaulicht wird dieser Vorgang in der Form eines blühenden Straußes in der Hand Erich Honeckers inmitten einer freundlichen Gruppe von Frauen und Männern vor der Staatsfahne.

 

Gegliedert ist die ansprechende Untersuchung in drei Teile, die mit der Schaffung der nationalen Identätität nach der Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen 1945 beginnen. Rasch gelangt der Verfasser aber zu Erich Honecker, der erfolgreich die Verwurzelung mit der örtlichen Herkunft ins Werk zu setzen versteht, so dass die Zerstörung der Umwelt überspielt werden kann. Am Ende zeichnet der Verfasser einleuchtend den Weg nach, der über Verschleierung von Gewalt und Doppeldeutigkeiten letztlich dazu führt, dass aus heimatverbundenen Staatsbürgern doch binnen weniger Monate friedliche Revolutionäre werden, welche die Idee der sozialistischen Nation in freier Entscheidung zu Gunsten von mehr Freiheit und weniger Sozialismus verwerfen.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler