Mergel, Thomas, Propaganda nach Hitler. Eine Kulturgeschichte des Wahlkampfes in der Bundesrepublik 1949-1990. Wallstein, Göttingen 2010. 416 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Regensburg 1960 geborene Verfasser wurde nach dem Studium von Geschichte, Soziologie und Pädagogik in Regensburg und Bielefeld 1992 mit einer Dissertation über das katholische Bürgertum im Rheinland zwischen 1794 und 1914 (Zwischen Klasse und Konfession, 1994) promoviert und war danach als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Bochum tätig, wo er sich nach verschiedenen Auslandsaufenthalten 1999 mit einer Untersuchung über die politische Kultur in der Weimarer Republik mit den Themenbereichen politische Kommunikation, symbolische Politik und Öffentlichkeit im Reichstag habilitierte. In der Folge leitete er zwischen 2001 und 2005 das zeitlich an die vorangegangenen Arbeiten anschließende Forschungsprojekt Kulturgeschichte des Wahlkampfs in der Bundesrepublik 1949-1983, bis er 2006 Projektbereichsleiter am Zentrum für zeithistorische Forschung in Potsdam, 2007 Ordinarius für  neuere allgemeine Geschichte in Basel und 2008 Professor für europäische Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin wurde.

 

In seinem Vorwort weist er selbst darauf hin, dass die Anfänge seines Hitler plakativ und damit auch publikumswirksam in den Titel aufnehmenden Werkes weit zurückreichen und dass es bereits früher gestellte Fragen einer Geschichte der politischen Kommunikation weiterverfolgt. Gegliedert ist es außer in Vorwort und Einleitung sowie Schlussbemerkung in drei Teile mit neun Kapiteln. In ihnen geht es an Hand vieler unterschiedlicher Quellen um Traditionen und Visionen, Marketing und politischen Stil, Sachlichkeit und Konfliktkultur.

 

Im Ergebnis stellt er in seinem eingängig geschriebenen, mit wenigen geblockten Abbildungen versehenen, Sprache gegenüber der sachlichen Entscheidung bevorzugenden Werk fest, dass die spätere Kultur des Wahltags sich in Auseinandersetzung mit früherer Propaganda seit den frühen fünfziger Jahren entwickelte, aber nach einer Hochzeit in den siebziger Jahren abebbte. Seit der Mitte der achtziger Jahre machten sich Einflüsse der Vereinigten Staaten von Amerika besonders bemerkbar. Am Ende weist er besonders darauf hin, dass jede Propaganda nach Hitler vor dem Dilemma stand, dass Hitler zwar manipuliert und aufgehetzt, aber sich auch viele Menschen bewegt hatte, so dass er für die Kultur des Wahlkampfs die Frage stellt, wie viel Sachlichkeit die Demokratie verträgt und wie viel Mobilisierung sie braucht.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler