KöblerMalychadiesed20110901 Nr. 13735 ZRG GA 129 (2012) 81

 

 

Malycha, Andreas/Winters, Peter Jochen, Die SED. Geschichte einer deutschen Partei. Beck, München 2009. 480 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die politisch bestimmende Kraft in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik war trotz aller demokratisierenden Verbrämung die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Deswegen verwundern sich die beiden Autoren, der in Bremen 1934 geborene, vor allem über die Frankfurter Allgemeine Zeitung bekannte Publizist Peter Jochen Winters und der in Berlin 1956 geborene, von 1983 bis 1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Marxismus/Leninismus bei dem Zentralkomitee der SED bzw. des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung in Berlin tätige,1989 über die SPD in der sowjetischen Besatzungszone promovierte Historiker Andreas Malycha selbst sehr darüber, dass die SED in der Forschung seit 1990 keine angemessene Aufmerksamkeit gefunden hat (vgl. aber Malycha 1995, 1996, 2000). Diese Lücke will ihr Werk schließen.

 

Es geht dabei auf breiter Quellengrundlage in insgesamt acht Schritten chronologisch vor, so dass die Gründung der SED im Jahre 1945/1946 am Beginn steht. Es folgen  der Wandel nach sowjetischem Vorbild zwischen 1947 und 1952, die Krise und Konsolidierung zwischen 1952 und 1961, die Suche nach neuen Konzepten im Anschluss an die Ära Ulbricht, die Vision einer entwickelten sozialistischen Gesellschaft mit Erich Honecker an der Spitze, das sich zwischen Moskau und Bonn aufbauende Spannungsfeld der Jahre von 1982 bis 1987 und der in der vergeblichen Abwehr von Perestroika und Glasnost sowie Kirchen erfolgende Niedergang und Zusammenbruch bis 1989. Als Anhang wird die Partei des demokratischen Sozialismus angeschlossen, die sich halbherzig von der Vergangenheit befreien will und deswegen nur ein zwiespältige Zukunft erreicht.

 

Im Anhang weist ein Exkurs die Mitgliederentwicklung von 11298415 Mitgliedern im April 1946 (679149 SPD, 619256 KPD) bis zu 2324775 Mitgliedern und Kandidaten im Jahre 1988 nach. Dementsprechend waren SED und DDR niemals völlig identisch, der Staat aber von der Partei nahezu vollständig bestimmt. Dass Zwang in der Politik nicht in jedem Falle alles erreichen und bewirken kann, ist ein tröstlicher Befund, dessen Entwicklung die Autoren sorgfältig und umsichtig mit doppeltem Blick von innen wie von außen nachzeichnen.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler