Lilla, Joachim, Die Vertreter der thüringischen
Staaten und Thüringens bei Reich und Bund (1867 bis 2010) unter Einschluss der
Länderkammer der DDR (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen
29). Wartburg-Verlag, Weimar 2010. 261 S. Besprochen von Ralf Lunau.
In der verdienstvollen, vom Thüringer Landtag
herausgegebenen Schriftenreihe zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen
liegt nunmehr die 29. Veröffentlichung vor. In diesem Band widmet sich der
Autor Joachim Lilla, der sich schon mit einigen biographischen Dokumentationen
zu den Mitgliedern von Vertretungskörperschaften einen Namen gemacht hat, den
thüringischen Vertretern auf der Ebene der Föderation. Die zeitliche Spanne
reicht dabei vom Erfurter Unionsparlament 1850 bis zu den Vertretern des
Freistaats Thüringen im Bundesrat 2010.
Der Autor beginnt das Buch mit einem ersten
Abschnitt, in dem er die historischen, staatsrechtlichen und personellen
Grundlagen für die Zusammensetzung aller betreffenden Gremien und Institutionen
erläutert. Dem folgt ein zweiter Abschnitt, in dem er die jeweiligen
thüringischen Repräsentanten für die einzelnen Vertretungskörperschaften
namentlich auflistet. Der dritte und größte Abschnitt enthält in lexikalischer
Form die Biographien aller Personen, die einen der thüringischen Staaten oder
das Land Thüringen in dieser Zeitspanne gegenüber dem deutschen Bundesstaat
vertraten oder gegenwärtig vertreten. Ein vierter Abschnitt über die
Räumlichkeiten der Thüringer Vertretungen rundet die Publikation ab.
Die Lektüre dieses Buches ist keineswegs nur für
Interessenten an der Geschichte Thüringens empfehlenswert, da es den Prozess
zur Herstellung der deutschen Einheit über einen Zeitraum von mehr als hundert
Jahren aus der aufschlussreichen Perspektive der Gliedstaaten reflektiert.
Während der erste Abschnitt eine systematische Darstellung der einzelnen
Entwicklungsphasen bietet, ergänzt und illustriert der biographische Abschnitt
diese durch kaleidoskopische Schlaglichter. Beides liefert Fakten und
Zusammenhänge historischer Vorgänge, die in der Literatur vornehmlich aus der
bundesstaatlichen Perspektive beschrieben werden. Gerade aus diesem besonderen
Betrachtungswinkel arbeitet der Autor das lang anhaltende Ringen um die
institutionalisierte Form des Interessensausgleichs innerhalb des föderalen
Gefüges des deutschen Gesamtstaates plastisch heraus. Zugleich illustriert
diese Darstellung die notwendige Auseinandersetzung um den sinnvollen
geographischen, kulturellen und wirtschaftlichen Zuschnitt der Länder – ein
Thema, das oftmals zu Unrecht auf die Betrachtung des unverhältnismäßig großen
Landes Preußen reduziert wird. Dabei verdeutlicht vor allem die Darstellung der
Bemühungen um eine wirksame Vertretung der thüringischen Länder vor 1920, wie
sehr ein funktionstüchtiger Föderalismus durchweg Gliedstaaten voraussetzt, die
wirtschaftlich potent, kulturell tragfähig und politisch durchsetzungsfähig
sind. Der Abschnitt mit den Biographien der Repräsentanten lohnt eine
systematische Lektüre, da er Entwicklungen hinsichtlich der sozialen, beruflichen
und politischen Herkunft der Personen sichtbar werden lässt. Zudem sind
zahlreiche Vertreter in einer solchen Funktion über mehrere Etappen hinweg
tätig gewesen, was der Beschreibung einer gesamtstaatlichen Entwicklung neben
föderalen auch biographische Aspekte hinzufügt.
Nicht zuletzt sei auf die präzisen
Quellenangaben in den Fußnoten und das umfangreiche Literaturverzeichnis
hingewiesen, welche die weitere fachliche Arbeit erleichtern und befördern
werden. Dem Autor gelingt es obendrein, das Thema ohne Verlust an
wissenschaftlicher Präzision durch Darstellung und Sprache einer breiteren
Öffentlichkeit zu erschließen und so dem Anliegen einer Schriftenreihe eines
Landtags gerecht zu werden.
Dresden Ralf
Lunau