Laudage, Johannes, Friedrich B arbarossa (1152-1190). Eine Biographie, hg. v. Hageneier, Lars/Schrör, Matthias. Pustet, Regensburg 2009. 383 S., Abb. Besprochen von Gudrun Pischke.

 

Diese Biografie Friedrich Barbarossas, die – anders als nach den Herrscherjahren im Titel zu vermuten, aber erforderlich – mit der Zeit vor der Wahl des Staufers zum König beginnt, ist aus dem Nachlass des im Januar 2008 verunglückten Verfassers von zweien seiner Schüler herausgegeben worden. Sie weisen in ihrem Vorwort auf ihren Verzicht auf einen „klassischen Anmerkungsapparat“ hin und auf die nicht mehr zu schließende Lücke in den 1170er Jahren. Darunter fällt die Vorgeschichte des Friedens von Venedig, so dass in das daran Anschließende ziemlich unvermittelt hineinzuspringen ist. Zeittafel, Quellen- und Literaturverzeichnis, Register (Personen und Orte), Bildnachweis und eine Stammtafel der Staufer fehlen nicht. Zwei Karten  (mit unvollständiger Legende und zum Teil fehlenden Benennungen) – „Europa im 12. Jahrhundert“ (Umschlaginnenseite vorn) und „Das Heilige Land 11.-13. Jh.“ (S. 325) – zeigen den Raum, in dem Friedrich Barbarossa agierte.

 

Die Einleitung „Friedrich Barbarossa – ein Porträt und sein Hintergrund“ beginnt mit der Beschreibung und Charakterisierung Friedrich Barbarossas durch den Zeitgenossen Acerbus Morena, die Johannes Laudage als eine Mischung aus verlässlichen Details und rituellen Gebaren ausmacht (S. 9). Danach präsentiert er in acht unterschiedlich umfangreichen Kapiteln Leben und Herrschaft des zu König und Kaiser aufgestiegenen schwäbischen Herzogs und versucht im Epilog eine knappgehaltene Bilanz der beinahe vierzigjährigen Herrschaft Friedrichs I. Barbarossa zu ziehen. 20 teils farbige Abbildungen (S. 193-208) unterstreichen das Bild, das Laudage von diesem König und Kaiser entwirft. Er will, wie im Epilog angeführt, den Menschen Friedrich Barbarossa im Schnittpunkt der Entwicklungslinien sehen, dessen Lebensverlauf sowohl mit persönlichen als auch mit überindividuellen Voraussetzungen erklären und erkennt an ihm enormen Ehrgeiz sowie pragmatische und ideologische Züge. Abschließend sieht Laudage im Leben Friedrich Barbarossas vier große Lebensphasen (S. 329). Die erste umfasst bis 1155 mit Kindheit und Jugend, dem Heranreifen zum Erwachsenen auf dem zweiten Kreuzzug im Heer seines Onkels Konrad III. sowie seiner Königswahl und Kaiserkrönung mehr als drei Jahrzehnte, abgehandelt im umfangreichsten ersten Kapitel „Eine Karriere mit Hindernissen“. Es ist vierfach unterteilt: Blickt in „Herkunft und Werdegang“ auf das Aufwachsen des Herzogssohnes in Zeiten der Opposition der Staufer zu Lothar III. und den Welfen, weiter auf den Herangewachsenen, der an dessen Lebensende auch in Opposition zum Vater stand und der auf dem Kreuzzug – mit der erheblichen Horizonterweiterung durch den Einblick in das gesamte Geflecht politischer Beziehungen (S. 33) – zum Berater seines Onkels wurde und der an dessen Todestag in Bamberg war. Erklärt in „Der Griff nach der Königskrone“ die kurze Frist zwischen Konrads Tod in Bamberg und der Wahl Friedrichs in Frankfurt und seiner Inthronisierung in Aachen. Wirft in „Das Rendezvous mit Italien“ ein erstes Licht auf die die Herrschaftszeit Friedrich Barbarossas dominierenden – und auch bei Laudage einen breiten Raum einnehmenden – Auseinandersetzungen in Italien mit seinen das Umland beherrschenden Stadtkommunen. Schließt in „Aufstieg zum Kaisertum“ mit der Kaiserkrönung, die Friedrich Barbarossa nach seiner Wahl schneller anstrebte als viele seiner Vorgänger. Allein im 12. Jahrhundert verhandelte Konrad III. erst nach zwölf Herrschaftsjahren im Jahr vor seinem Tod wegen der Kaiserkrönung mit dem Papst, Lothar III. zog acht Jahre nach der Wahl über die Alpen, um sich zum Kaiser krönen zulassen, auch Heinrich V. erst nach fünf Jahren, um Kaiser zu werden.

 

Die nach Laudage zweite Lebensphase Friedrich Barbarossas umfasst die Zeit von 1155 bis 1177. Er nennt es die Zeit der großen Konflikte, die mit dem Frieden von Venedig endete (S. 329). Den Jahren bis 1169 sind die Kapitel II bis VI gewidmet. Im zweiten Kapitel „Des Kaisers frühe Jahre“ steht nach der Rückkehr vom ersten Italienzug zunächst „Das Arrangement mit den Großen“ zur Behebung der Unordnung im Reich im Blickpunkt seines Interesses. Dabei geht es außer um den seit 1147 zwischen Heinrich Jasomirgott und Heinrich dem Löwen um das Herzogtum Bayern schwelenden Konflikt um Verständigung mit Welf VI. (dux), Berthold von Zähringen (rektor, Regalienleihe in burgundischen Diözesen), Wladislaw von Böhmen (rex) und Heinrich den Löwen (Reichsvogei Goslar, Winzenburger Erbe, Investiturrecht in den nordelbischen Bistümer). Weiter werden die „Ehe mit Beatrix“ thematisiert, in „Vorboten der Kirchenspaltung“ die Bedeutung von beneficium und in „Barbarossa als Feldherr“ die Strategie des zweiten, 1158 angetretenen Italienzuges. Wohingegen das dritte Kapitel „Italien oder die Illusion der Vernunft“ weitere Ereignisse des zweiten Italienzuges analysiert, darunter „Der Hoftag von Roncaglia“, auf dem die italienischen Kommunen mit einer Gesetzgebung, die zentrale Ursache aller späteren Konflikte mit den lombardischen Städten war, in die Lehnsordnung des Reiches integriert wurden (S. 129); in „Weg in die Krise“, sah sich Friedrich Barbarossa 1159 einem Bündnis kaiserfeindlicher Städte und Papst gegenüber; „Der Ausbruch des Papstschismas“ 1159/60 brachte Barbarossa für fast drei Jahrzehnte nicht nur in Italien neues Konfliktpotential. In „Der Gesichtspunkt der Ehre“ wird die Funktion des – immer wieder strapazierten – honor im Gesamtrahmen der politischen Verhaltensweisen hinterfragt.

 

Das vierte Kapitel „Die Bühne der Macht“ untersucht die „Bedeutung des Rittertums“, stellt den „Hof Friedrich Barbarossa“ vor, äußerst sich zu „Wirtschaft und Finanzen“ und zeigt in „Herrschaft als soziale Praxis“ das Verhältnis König/Kaiser und Reichsfürsten als polyzentrische Herrschaftsordnung (S. 185). Mit dem fünften Kapitel „Am Wendepunkt des Lebens“ wird mit dem Jahr 1162 der chronologische Faden wieder aufgenommen, als Friedrich Barbarossa beim „Treffen von St. Jean-de-Losne“ den französischen König für „seinen“ Papst gewinnen wollte. Mit „Fremdherrschaft in Italien“, „Formierung des Widerstandes“, „Fortgang der Kirchenspaltung“ und „Der Anfang vom Ende“ geht es um den dritte und vierten Italienzug Mitte der 1160er Jahre. Der Anfang des Endes war die Seuche, die im August 1167 das deutsche Heer dezimierte und den Kaiser zum Rückzug über die Alpen zwang. Hier hatte Barbarossa mit einem durch die Ereignisse in Italien begründeten Autoritätsverlust zu kämpfen. Wie er „Die Lage in Deutschland“ – zugleich einzige Unterüberschrift, die zeigt, dass weitere Abschnitte folgen sollten – meisterte, wird im sechsten Kapitel „Der Phoenix aus der Asche“ zur Diskussion gestellt. Friedrich Barbarossa verfolgte jetzt die Stärkung der terrae imperii und auch weiter die 1158 mit dem Tausch mit Heinrich dem Löwen begonnene Vergrößerung seiner Hausgutbasis, u. a. mit den durch den Tod Friedrichs von Rotenburg vor Rom frei gewordenen staufischen Besitzungen. Mit dem Jahr 1169 bricht die Chronologie der Darstellung vorerst ab, um anschließend mit dem siebten Kapitel „Der glanzvolle Abstieg“ die dritte Lebensphase Friedrichs Barbarossas von 1177 bis 1188 zu beleuchten, die des pragmatischen Arrangements mit den politischen Gegebenheiten (S. 329). Es beginnt mit dem Abschnitt „Italien und Burgund“, wohin Barbarossas Weg nach dem Friedensschluss von Venedig zuerst führte, so als ob es den Kaiser nicht eilte, in das Reich nördlich der Alpen zu gelangen. In Burgund erreichten ihn erste Nachrichten über Kämpfe zwischen Heinrich den Löwen und anderen Fürsten in Folge der Bestimmungen des Friedens von Venedig. Die breiten Raum einnehmende (S. 271-290) „Absetzung Heinrichs des Löwen“ war „in den Jahren 1179-1181 das alles beherrschende Thema“ (S. 290). Laudage schlägt vor, die beiden Prozesse nicht wie lange üblich nach Landrecht und nach Lehnrecht zu unterscheiden, sondern nach allgemeinem Recht – unter Verweis darauf, dass es kein „Reichsgesetzbuch“ gegeben hat (Joachim Ehlers verwendet in seiner Biographie Heinrichs des Löwen, 2008, S. 332, den Begriff Gewohnheitsrecht, weil es kein allgemeines deutsches Landrecht gab) – und nach speziellen Recht, dem Lehnrecht (S. 285). Gestützt auf die Gelnhäuser Urkunde sieht Laudage „zwei prinzipiell getrennte Verfahren“ (S. 284). (Ehlers, a. a. O, hingegen interpretiert es als Wechsel der Prozessordnung.) Laudages Fazit zur Absetzung Heinrichs des Löwen ist: „Friedrich Barbarossa wollte die dauerhafte Entmachtung Heinrichs des Löwen, und er wollte sie mit allen Konsequenzen.“ (S. 290), während Ehlers Friedrich Barbarossa eher als einen von den Fürsten Getriebenen sieht (a. a. O). Wenn auch Rache wegen der Ehrverletzung eine Rolle spielte oder ein Sündenbock für die Niederlage von Legnano gebraucht wurde, so war es eine gewollte öffentliche Demütigung des bisher so selbstherrlichen Löwen. Und sie brachte Barbarossa Prestigegewinn (S. 281); jedenfalls vordergründig, auf lange Sicht aber schwächte sie Barbarossas Stand bei den Fürsten, denn nach der Entmachtung Heinrichs des Löwen ließen ihre Hofbesuche nach; ihre Ziele waren erreicht (S. 300), sie brauchten den Kaiser nicht mehr. An die „Grenzen der Macht“ stieß Barbarossa auch oder erneut bei Papst und italienischen Städten. Mit dem alles, was man bis dahin kannte, übertrumpfenden (S. 309) „Mainzer Hoffest“ 1184 auf den Rheinwiesen bei Mainz mit 70 Reichsfürsten sei die Kaiseridee auf eine veränderte Grundlage gestellt worden (S. 310): Es war eine Demonstration höfischer Pracht, die fast aktive Politik ersetze und die der Bekräftigung der sozialen Rangordnung und der ritterlichen Lebensform diente, so im Epilog. „Die letzten Erfolge“ zeigen einen Herrschen, der 1184 zu einem sechsten Italienzug aufbrach, der sich Bietendes aufnahm und mit der Verlobung (1184) und Vermählung (1186) seines Sohnes Heinrich VI. mit Konstanze von Sizilien und dem Hoftag Jesu Christi (1188) Weichen langfristig für die Zukunft seines Geschlechts und kurzfristig für die eigene stellte, der zudem konsequent die Erhebung seines Sohnes zum Mitkaiser – zuvor nur durch Otto den Großen für Otto II. erfolgt – betrieb, ohne jedoch die päpstliche Einwilligung zu erreichen. In seiner vierten und letzten Lebensphase in den Jahren 1188 bis 1190 – achtes und letztes Kapitel „Kreuzfahrt und Tod“ – setzte der Kaiser nach Laudages Urteil mit Heidenkampf und persönliches Seelenheil am Lebensabend alles aufs Spiel, was er in 35 Jahren politisch erreicht hatte. Es sind bei weitem nicht alle Aspekte der vorliegenden, nicht vollständigen, aber dennoch vielschichtigen Biografie Friedrich Barbarossas angesprochen worden. Allem ist eigen, dass besonders die erzählenden Quellen einer kritischen Bewertung unterzogen werden und dabei auch – oder gerade – die Zeit ihrer Entstehung und die Position ihres Verfassers im Hinblick auf Ursache, Ablauf und Wirkung herausgestellt werden.

Bovenden                                                                                           Gudrun Pischke