Kirchner, Hildebert, Gesammelte Schriften. Beiträge zur Rechts- und juristischen Zeitgeschichte, hg. v. Fischer, Detlev/Obert, Marcus (= Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums 21). Gesellschaft für kulturhistorische Dokumentation e. V., Karlsruhe 2010. 221 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der auf dem beigegebenen Lichtbild entschieden und erwartungsfroh nach vorne blickende Hildebert Kirchner wurde in Hildesheim am 8. November 1920 als Sohn eines Kaufmanns geboren. Aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst bis Ende 1944 freigestellt, studierte er von 1939 bis 1942 in Jena und Göttingen Rechtswissenschaft, wobei ihm nach den Worten der Herausgeber nach bestandener erster juristischer Staatsprüfung Wilhelm Ebel die Möglichkeit einer rechtsgeschichtlichen Habilitation eröffnete. Stattdessen zog es Kirchner freilich vor, bei Hans Niedermeyer und - nach Wehrdienst bei der Sanitätstruppe in Ostpreußen und kurzer Kriegsgefangenschaft in Dänemark - Wilhelm Felgenträger als Assistent zu arbeiten.

 

Als Verwalter der juristischen Seminarbibliothek in Göttingen entdeckte er seine Leidenschaft für die Bibliotheksarbeit und nahm daher nach Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung in Celle 1948 und kurzer Tätigkeit im staatsanwaltschaftlichen Dienst das Angebot der Universitätsbibliothek Göttingen zur Ausbildung als Bibliotheksreferendar an. 1950 wurde er mit einer von Rudolf Smend betreuten Dissertation über die Geschichte der Begriffe öffentlich und öffentliches Recht promoviert, wechselte 1952 von Göttingen nach Karlsruhe und wurde 1956 mit 35 Jahren mit der Leitung der Bibliothek des Bundesgerichtshofs betraut.

 

Trotz seiner umfangreichen administrativen Aufgaben, die er zum Wohle der Allgemeinheit mit vorbildlichem Erfolg bis zum Ruhestand im Jahre 1985 bewältigte, verfasste er zahlreiche Beiträge zur Rechtsgeschichte, juristischen Zeitgeschichte und Rechtsbibliothekszeitgeschichte. Sechzehn dieser Studien vom Reichskammergericht bis zur gerechtfertigten, wenn auch leider vergeblichen Sorge um die Reichsgerichtsbibliothek haben die Herausgeber aus Anlass des 90. Geburtstags Kirchners der Allgemeinheit teilweise erstmals leicht greifbar zur Verfügung gestellt. Dadurch wird der Jubilar in der juristischen Bibliotheksgeschichte Deutschlands ebenso dauerhaft präsent bleiben wie durch seinen Einsatz um die hervorragend organisierte Bibliothek, die (Abkürzungen der) Rechtssprache und die Bibliographie, die mit dazu geführt haben, dass Karlsruhe trotz ungünstiger bibliothekarischer Voraussetzungen als Sitz des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts Deutschlands mit der Karlsruher Juristischen Bibliographie und dem Karlsruher Virtuellen Katalog eine oder vielleicht sogar die (rechts)bibliothekarische Spitzenstellung in Deutschland und weit darüber hinaus einnimmt.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler