Justiz und Erbgesundheit. Zwangssterilisation, Stigmatisierung, Entrechtung. „Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in der Rechtsprechung der Erbgesundheitsgerichte 1934-1945 und seine Folgen für die Betroffenen bis in die Gegenwart, hg. v. Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, red. v. Daubach, Helia-Verena (= Juristische Zeitgeschichte Nordrhein-Westfalen 17). Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 2009. 268 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses gilt allgemein als besonderes Beispiel des rechtswidrigen Umgangs nationalsozialistischer Politiker mit dem Recht. Deswegen hat das vorliegende Werk auch umgehend das Interesse eines sachkundigen Rezensenten gefunden. Da aus unerfindlichen Gründen die Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht gelang, muss der Herausgeber wenigstens mit einigen Zeilen auf das Werk hinweisen.

 

Erörtert wird in dem Sammelwerk ein lange verdrängter, betrüblicher Gegenstand deutscher Justizgeschichte. Er betrifft mit etwa 400000 Opfern eine sehr große Zahl von Menschen. Deswegen ist die wissenschaftliche Behandlung der Anordnung der zwangsweisen Sterilisation durch deutsche Amtsgerichte zwischen 1934 und 1945 sehr gewichtig.

 

Nach einer kurzen Einführung  durch die Leiterin der Dokumentations- und Forschungsstelle Justiz und Nationalsozialismus an der Justizakademie des Landes Nordrhein-Westfalen befassen sich insgesamt 13 zwischen dem 6. und dem 8. Dezember 2006 in der Justizakademie vorgetragenen Beiträge mit den Folgen des Gesetzes vom 14. Juli 1933 im. Sie reichen von der Vorgeschichte über die Sterilisationsdiskurse in der Weimarer Republik, das Erbgesundheitsverfahren, die Umsetzung im bayerischen Schwaben, die Rolle des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, die Erbgesundheitsgerichte Stade und Verden, Wuppertal-Elberfeld, Mannheim, Wien und Berlin bis zu Wiederaufnahmeverfahren nach 1945, der Nachgeschichte in der evangelischen Kirche nach 1945 und den Entschädigungs- und Rehabilitationsbemühungen zwischen 1987 und 2006. Die vielfältigen, freilich nur Einzelbereiche abdeckenden Erkenntnisse der engagierten Bearbeiter hätten außer durch das Literaturverzeichnis, die ungedruckten Quellen, das Abkürzungsverzeichnis und den Abdruck des Gesetzes einschließlich der zugehörigen Verordnungen vom 5. Dezember 1933, 29. Mai 1934 und 25. Februar 1935 auch durch ein Sachregister noch gewinnen können.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler