Iglesia Ferreirós, Aquilino, Cataluña Medieval. Band 1 Estudio, Band 2 Edición. Assoiació Catalana d’Història del Dret “Jaume de Montjuïc. Barcelona 2008. (XIV,) 729, 599 S. Besprochen von Thomas Gergen.

 

Der Buchtitel „Mittelalterliches Katalonien“ lässt an die gesamte Fülle der Rechtsnormen denken, die in jenen Jahrhunderten Katalonien eigen waren und die bekanntlich sehr zahlreich erhalten sind. Es geht dem Autor, der Ordinarius für Rechtsgeschichte an der Universität Barcelona ist und seit Jahrzehnten zur Rechtsgeschichte des katalanischen Mittelalters forscht, indes nicht um eine Überblicksverschaffung in der betitelten Materie. Nein: Er greift das Barceloniner Gewohnheitsrecht heraus: die Usatges de Barcelona (Usatici Barchinonae).

 

Diese sind ein Rechtsbuch, das seine Wurzeln über mehrere Jahrhunderte hindurch ausbildete, sowohl in lateinischer als auch altkatalanischer Sprache vorhanden ist und oftmals aus anderen Quellen schöpfte, so dem westgotischen Liber Iudiciorum (Fuero Juzgo), den Etymologiae Isidors von Sevilla, dem Corpus Iuris Civilis und seinen Derivaten, dem Breviarium Alarici, den Exceptiones Legum Romanorum, den Schriften Yvos von Chartres und Gratians sowie der Abhandlung über das Lehensrecht von Umberto de Orto. Der Kern der Usatges (Usatici) entstand bereits in den 1060er Jahren. Die sog. Gran Constitució[1] von Ramon Berenguer I. (1035-1076) fiel bereits in das Jahr 1060. Die Usatges waren nicht das Gesetzeswerk eines einzigen Gesetzgebers, sie wurden auf verschiedenen Hoftagen und zu unterschiedlichen Zeiten verkündet und ergänzt[2]. Erst 1412 akzeptierten die Barceloniner Cortes, die Ferran I. zusammengerufen hatte, einige Juristen mit der Kompilation einer lateinischen Fassung und der katalanischen Übersetzung zu betrauen, die dann auch gegen Ende des 15. Jahrhunderts publiziert wurden.

 

Die Usatges umfassen sehr viele Lebensbereiche des mittelalterlichen Rechtssystems und waren auf diese Weise der Hauptpfeiler des mittelalterlichen Rechtslebens der Grafschaft Barcelonas. Gewohnheitsrechte (costums) von Perpignan, Girona oder Mallorca rezipierten die Barceloniner Rechtsregeln, die mehrfach abgeschrieben und überliefert worden waren.

 

Unter den glossierten Manuskripten ragt das lateinische ms. Z-I-3 heraus, das heute im Real Monasterio de San Quintín del Escorial verwahrt wird und welches Iglesia Ferreiros minutiös ediert hat; jede weitere Usatges-Forschung wird diese Edition zukünftig beachten müssen.

 

Frankfurt am Main/Saarbrücken                                                         Thomas Gergen



[1] So genannt nach Ferran Valls i Taberner; zu den Einzelheiten dieser Gran Constitució siehe Josep Rovira i Ermengol (Hg.), Usatges de Barcelona i Commemoracions de Pere Albert, Barcelona 1933 (Els Nostres Clàssics, Col.lecció A, vol. 43-44), S. 22.

[2] Julius Ficker, Über die Usatici Barchinonae und deren Zusammenhang mit den Exceptiones Legum Romanorum, 1886, S. 236-275, Abdruck in ders., Ausgewählte Abhandlungen zur Geschichte und Rechtsgeschichte des Mittelalters, Bd. 3, Aalen 1981, S. 499-574.