Im Bett mit der Macht. Kulturgeschichtliche Blicke in die Schlafzimmer der Herrschenden, hg. v. Giessauf, Johannes/Penz, Andrea/Wiesflecker, Peter. Böhlau, Wien 2011. 203 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Auf dem Außenumschlag lädt ein Schlafzimmer des Universalmuseums Joanneum Graz mit Lüstern und Leuchten, Stühlen und Hockern zwischen Deckengemälden, weinroten Wandbespannungen, Parkett, Kachelöfen und goldumrahmten Gemälden zu kulturgeschichtlichen Blicken in die Schlafzimmer der Herrschenden ein. Auf der Innenklappe geht es dann in Worten konkreter um die Erotik der Macht und die Macht der Erotik als möglicherweise naturgegebene und zeitlose Phänomene. Zehn Beiträge einer im Wintersemester 2008/2009 an der Universität Graz abgehaltenen Ringvorlesung versuchen danach in einem bewussten Konzept wider eine nicht selten öffentlichkeitsscheue Wissenschaft einen Dialog zwischen wissenschaftlicher Forschung und einer breiten Öffentlichkeit anzustoßen.

 

In etwa zeitlicher Reihenfolge führen sie von Anfängen bis in das 20. Jahrhundert, wobei vielleicht der Bart der Hatschepsut mit den vier Ehen der Kleopatra (Heribert Aigner) den Frauen der Adoptivkaiser (Sabine Tausend) auch hätten vorangestellt werden können. Nach einem weiten Sprung werden kuschelnde Khane (Johannes Giessauf) ebenso betrachtet wie die Macht des Harems (Gisela Procházka-Eisl) oder das (un)gewöhnliche Leben des Papstes Paul III. (Stefan Schima). Im Übrigen besteht die freie Wahl zwischen den Hengsten Europas (Peter Wiesflecker), Hanswursten von Hormonen (Beatrix Müller-Kampel), dem Wüstling Signior Dildo (Andrea Penz), der Prostitution und den feinen Leuten (Roland Girtler) und den Häusern Habsburg-Lothringens (Lorenz Mikoletzky).

 

Auf einen Überblick  über Forschungsstand und Forschungstendenzen haben die Herausgeber angesichts der Überfülle der Blicke in Schlafzimmer bewusst verzichtet. Auch ein Register schien bei der der Internationalität von Betten und der Interdisziplinarität zwischen Geschichte, Soziologie, Germanistitk, Orientalistik und Philosophie wohl entbehrlich. Möge sich nach den vermutlich zahlreichen Hörern auch eine Vielzahl von Lesern für die vielfältigen Erfahrungshorizonte finden, nach denen man beispielsweise das Buch Der Strich (1985) auch unter Satzzeichen einordnen kann.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler