Hitze, Guido, Verlorene Jahre? Die
nordrhein-westfälische CDU in der Opposition 1975-1995. Teil 1 1975-1985, -Teil
2 1985-1990, Teil 3 1990-1995 (= Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte
45). Droste, Düsseldorf 2010. 3583 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Parteien sind, wie ihr Name deutlich zum Ausdruck bringt, Teile des Volkes, die seit dem 19. Jahrhundert bewusst bestimmte politische Ziele wie Liberalismus, Sozialismus, Konservativismus oder Nationalismus vertreten und in der Demokratie verwirklichen wollen. Um die Mehrheit der Wähler für sich zu gewinnen, müssen sie anziehend erscheinende Vorstellungen bündeln, ohne dass sie im Sinne eines Vertrages später auch zur Umsetzung verpflichtet sein können. Setzen sie sich zu Lasten der Allgemeinheit zu sehr für die Belange ihrer Klientel ein, verärgern sie die dadurch Betroffenen und müssen damit rechnen, die Mehrheit bei der nächsten Abstimmung zu verlieren und in die Opposition gehen zu müssen, setzen sie sich zu wenig für die Anhänger ein, können diese aus Enttäuschung zu den Gegnern überlaufen, so dass auch dadurch die Majorität abhanden kommen kann.
Der 1967 geborene Guido Hitze war bereits während seines Studiums von Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft in Wuppertal und Eichstätt Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung. Schon vor seiner 1999 erfolgten Promotion über den katholischen Pfarrer und Politiker Carl Ulitzka (1873-1953), der als langjähriger Abgeordneter des deutschen Reichstags und Vorsitzender des oberschlesischen Zentrums die Geschichte Oberschlesiens im früheren 20. Jahrhunderts prägend mitbestimmte, wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, 2008 Referent in der Landeszentrale für politische Bildung. Er stand damit der nordrhein-westfälischen CDU sehr nahe und war deshalb für eine vom Parlament geförderte, von der Präsidentin des Landtags mit einem anerkennenden Vorwort ausgestatte Geschichte dieser Partei in einem wichtigen Zeitabschnitte bestens geeignet.
In seinem gewichtigen, viele Einzelheiten detailliert aufgreifenden Werk gliedert er naheliegenderweise chronologisch. Nacheinander untersucht er deshalb mittels umfangreicher Materialien die Geschichte der Partei und der Landtagsfraktion unter Heinrich Köppler, Kurt Biedenkopf, Bernhard Worms und Helmut Linssen. Sein umfassendes, durch eine Bilanz, ein Literaturverzeichnis und Indizes abgerundetes Werk kann jedem Interessenten tiefe und auch spannende Einblicke in einen wichtigen Ausschnitt aus der Geschichte des bedeutsamsten deutschen Bundeslandes vermitteln, sofern der Leser die für die sorgfältige Lektüre erforderliche Zeit findet, in jedem Fall aber bei Bedarf als wertvolles Nachschlagewerk dienen.
Innsbruck Gerhard Köbler