Hartmann, Christian, Unternehmen Barbarossa. Der deutsche Krieg im Osten 1941-1945. Beck, München 2011. 128 S., 5 Karten, 6 Abb. Besprochen von Martin Moll.

 

Der 70. Jahrestag des Beginns des Unternehmens Barbarossa, des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, hat in den Medien insbesondere Deutschlands und Russlands ein breites Echo gefunden und in seinem Vorfeld den Buchmarkt um etliche Neuerscheinungen bereichert. In Ergänzung voluminöser Spezialstudien legt Christian Hartmann, Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte in München, einen äußerst knappen, aber alle relevanten Aspekte ansprechenden und preiswerten Überblick vor, der sich an einen breiten Leserkreis richtet.

 

Auf gerade einmal 110 Seiten Text, ergänzt durch einige Landkarten und wenige, aber klug ausgewählte Abbildungen, ein Literaturverzeichnis sowie ein Orts- und Personenregister, gelingt es Hartmann meisterhaft, das komplexe Geschehen rund um diesen als kurzen Feldzug geplanten, vierjährigen mörderischen Krieg konzis und allgemein verständlich zu schildern. Hartmann leitet Hitlers Entschluss zum Angriff auf die UdSSR sowohl aus dessen langfristigen ideologischen Zielen als auch aus der strategischen Situation 1940/41 ab und hält fest, Stalin habe durch seinen Pakt mit Hitler vom August 1939 jene Lage mitgeschaffen, die sein Land zum Opfer eines Überfalls werden ließ. Nach dessen Beginn trugen beide Seiten – die deutsche mehr als die sowjetische – dazu bei, den Konflikt an der Front und im Hinterland zu einem Blutbad werden zu lassen. Dessen unterschiedliche Opfergruppen auf beiden Seiten werden sorgsam differenziert und quantifiziert, wobei hinsichtlich der von Stalin befohlenen Deportation diverser, der Kollaboration verdächtigter sowjetischer Ethnien auch weniger bekannte Fakten zur Sprache kommen.

 

Nahm man früher an, die Deutschen wären im Herbst 1941 einem Sieg recht nahe gekommen, betont Hartmann im Einklang mit neueren Forschungen, wie aussichtslos das Barbarossa-Unternehmen von Beginn an war – abgesehen von den unzähligen Fehlern der Angreifer, nicht im Geringsten beim Umgang mit der Bevölkerung der besetzten Gebiete und den Millionen Kriegsgefangenen. Neben dem militärischen Geschehen werden die politische Vor- und Nachgeschichte, die beidseitige Besatzungspolitik, der Partisanenkrieg und die zahllosen Kriegsverbrechen beleuchtet. Das Singuläre dieses bislang mit Abstand blutigsten Konflikts der Weltgeschichte zeigt sich nicht zuletzt anhand der nachhaltigen Spuren in der Erinnerungskultur aller beteiligten Völker, mit denen der Band endet. Abseits der Spezialisten kann dieses flüssig geschriebene Bändchen jedem wärmstens empfohlen werden, der sich mit den vielfältigen Facetten des Ostkrieges näher befassen und hierzu verdichtete Informationen auf solider Forschungsgrundlage erhalten möchte.

 

Graz                                                                                       Martin Moll