Haft, Fritjof, Aus der Waagschale der Jurisprudenz. Eine Reise durch 4000 Jahre Rechtsgeschichte,. 4. Aufl. (Beck im) dtv, München 2009. XI, 324 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Fritjof Haft, emeritierter Ordinarius für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsinformatik in Tübingen hat sich während seines ganzen Lebens durch ungewöhnliche Vielseitigkeit ausgezeichnet, die den 2005 eigentlich pensionierten Rechtslehrer zur Gründung der Normfall GmbH in München zwecks Entwicklung computergestützter Werkzeuge für Juristen und 2011 auf den Lehrstuhl für Rechtsinformatik und Strafrecht der European Business School (Law School Wiesbaden) geführt hat. Auf diesem interessanten Wege ist auch eine bemerkenswerte Frucht für die Rechtsgeschichte entstanden. Erstmals 1986 legte Haft nämlich im deutschen Taschenbuchverlag ein Lesenbuch aus 2000 Jahren Rechtsgeschichte im Umfang von 250 Seiten vor.
Dieses traf den Publikumsgeschmack so genau, dass es in leicht veränderter Form 1990 in zweiter Auflage und in durchgesehener Form 2001 in dritter Auflage erscheinen konnte. Seitdem ist aus 2000 Jahren Lesebuch eine 4000 Jahre umfassende Zeitreise geworden. Die Eckpunkte sind trotz der Erweiterung des Umfangs auf 324 Seiten zu Recht gleich geblieben.
Dem Verfasser geht es vor allem darum, die „Sache Recht“ in all ihrer Vielfalt, ihren Höhen und Tiefen und ihren Wahrheiten und Irrtümern lebendig zu machen. Dazu verwendet er (jetzt) 12 Ideen von der schwarzen Katze im Sack der Jurisprudenz bis zur modernen, vom Verfasser an Hand eines unvergesslichen Beispiels illustrierten, aus Amerika rezipierten Mediation, 13 Klassiker des Rechtsdenkens von den Sophisten bis zu Oliver Wendell Holmes, Jr., 12 davon anscheinend verschiedene Rechtswissenschaftler von Savigny bis Arthur Kaufmann, 12 Gesetze (!) vom Codex Hammurapi über den Sachsenspiegel bis zum Einigungsvertrag, 12 Gerichte von ihrer Erfindung mit Hilfe zweier Pfunde Goldes bis zu den (europäischen) Gerichtshöfen und 12 Prozesse von Jesus und Sokrates bis zu den Mauerschützenprozessen und zu Milosevič. Wer immer diese lebendigen, einprägsamen Ausführungen aufnimmt, wird das Recht viel besser kennen als zuvor, auch wenn zumindest in der Perspektive des Umschlagbilds die Waagschalen nicht stets eindeutig im Lot zu sein scheinen.
Innsbruck Gerhard Köbler