Hackel, Freimut Alexander, Die Entstehung einer eigenständigen bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine Analyse der Judikatur des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zwischen 1879 und 1919 anhand ausgewählter Fragestellungen (= Rechtsgeschichtliche Studien 42). Kovač, Hamburg 2011. 378 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Rainer Arnold betreute Regensburger Dissertation des Verfassers. Sie widmet sich vertiefend einem territorialen Teilbereich der Einrichtung einer besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit innerhalb des Deutschen Reiches. Damit kann sie über die Baden, Württemberg und Bayern gemeinsam betreffende Quellenstudie Gernot Sydows trotz schwieriger Quellenlage hinausgelangen.
Der Verfasser gliedert seine Untersuchung in sechs Kapitel, in die er jeweils vorweg einführt. Er beginnt mit den Vorläufern (Hofrat, geheimer Rat, Staatsrat) bis zur Errichtung des dem badischen und preußischen Vorbild (von 1863 bzw. 1875) folgenden bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (ohne eigene Untergerichte) nach dem Gesetz vom (12. Juli 1878/)8. August 1878, das gleichzeitig mit dem Reichsgerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 in Kraft treten sollte und erst durch Gesetz vom 23. September 1946 aufgehoben wurde, skizziert dann das Wesen der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, beschreibt die sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit und behandelt den Schutz subjektiv-öffentlicher Rechte sowie die Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Ermessens. Am Ende fasst er seine Ergebnisse zusammen.
In den ersten 25 Jahren des Bestehens des Verwaltungsgerichtshofs fielen nach Ausweis der älteren Literatur 11435 Streitsachen an, in den folgenden 25 Jahren 13737. Mit Friedrich Merzbacher bewertet der Verfasser den Verwaltungsgerichtshof als eine Einrichtung, die für die Erfüllung der Aufgaben des modernen Rechtsstaats und für die neuzeitliche Verwaltungsrechtspflege unentbehrlich werden sollte. Allerdings fungierte der Verwaltungsgerichtshof anfangs vor allem als Stütze der Monarchie und ging erst allmählich stärker zum Schutz der Bürger vor staatlicher Gewalt über, so dass er aus gegenwärtiger Sicht nur bedingt als fortschrittlich-demokratisch eingestuft werden kann.
Innsbruck Gerhard Köbler