Gewohnheit. Gebot. Gesetz. Normativität in Geschichte und Gegenwart - eine Einführung, hg. v. Jansen, Nils/Oestmann, Peter. Mohr (Siebeck), Tübingen 2011. XX, 366 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der einladende, durch sein kleines Format sehr handliche, durch ein Autorenregister, ein Personenregister und ein Sachregister vorteilhaft erschlossene Band entstammt den Bemühungen des geisteswissenschaftlichen Exzellenzclusters Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne in Münster, das seine Arbeit am Ende des Jahres 2007 aufgenommen hat. In einer Ringvorlesung unter dem Titel Gewohnheit, Gebot, Gesetz haben im Sommersemester 2010 Historiker, Juristen, Theologen und Philosophen Ergebnisse ihrer Diskussionen einem breiteren studentischen Publikum präsentiert, wobei fast alle Beteiligten Mitarbeiter oder Gäste am Exzellencluster waren und die Vorlesungen in Taschenbuchform dem Leser insgesamt eine Einführung in das Thema Normativität in Geschichte und Gegenwart vermitteln sollen. Da sich für diese grundlegenden Überlegungen leider keine Interessenten gefunden haben, muss sie der Herausgeber wenigstens in einzigen Zeilen der Allgemeinheit vorstellen.

 

Vereint sind insgesamt 13 interessante Einzelstudien. Sie reichen vom göttlichen Gesetz und der göttlichen Gewalt (Ulrich Berges) bis zu theologischer Normativität und religiösem Pluralismus (Perry Schmidt-Leukel). Sie führen demtentsprechend in etwa chronologisch von den Anfängen bis zur Gegenwart und verknüpfen dabei viele und vielfältige Gedankengänge zu Normativität in ansprechender interdisziplinarischer Weise.

 

Zu diesem Zweck befasst sich etwa Wolfgang Kaiser sorgfältig mit einem Brief des Papstes Johannes des VIII. an König Ludwig III., beschreibt Sita Steckel die Häresie im Spannungsfeld zwischen Recht und Religion und schildert Peter Oestmann eindrucksvoll die Rechtsvielfalt. Nils Jansen behandelt Dogmatisierungsprozesse in Recht und Religion, Thomas Bauer die normative Ambiguitätstoleranz im Islam und Joachim Rückert die juristische Karriere des unjuristischen Begriffs der Abwägung. Möge dieses vorzügliche Ergebnis des Nachdenkens über die unser Leben bestimmenden Regeln und Normen möglichst viele Wege zu den Studierenden finden, damit diese ein klares und bleibendes Bild von der Bedeutung von Gewohnheit, Gebot und Gesetz im früheren und heutigen menschlichen Leben gewinnen und bewahren können.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler