Geiss, Peter, Der Schatten des Volkes. Benjamin Constant und die Anfänge liberaler Repräsentationskultur im Frankreich der Restaurationszeit 1814-1830 (= Pariser historische Studien 95). Oldenbourg, München 2011. 368 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die überarbeitete Fassung der von Gerd Krumeich betreuten, von Dieter Langewiesche unterstützten, im Wintersemester 2002 von der philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf angenommenen Dissertation des als Oberstudienrat in Bonn tätigen, im Wintersemester 2011/2012 eine Professur für Geschichte und ihre Didaktik in Wuppertal vertretenden Verfassers. Sie betrifft Henri-Benjamin Constand de Rebecque, der in Lausanne am 25. Oktober 1767 geboren wurde und in Paris am 8. Dezember 1830 im Alter von 63 Jahren verstarb. Er wirkte politisch als Abgeordneter und publizistisch als Verfassungstheoretiker oder Staatstheoretiker.

 

Der Verfasser gliedert seine detaillierte, Ideengeschichte, Sozialgeschichte und Kulturgeschichte erfolgreich verbindende Untersuchung in drei Bereiche mit insgesamt sechs Abschnitten, wobei er zunächst die Rahmenbedingungen liberaler Repräsentationskultur in Bezug auf Ideengeschichte und Verfassungsgeschichte untersucht. Danach geht er zu dem Verhältmis von liberaler Repräsentationskultur und Öffentlichkeit über. Das Schwergewicht liegt auf zwei  Regionalstudien, die Constants Abgeordnetenmandat für das Departement Sarthe (1819-1822) und für das Departement Bas-Rhin (1827-1830) betreffen.

 

Im Ergebnis zeichnet der Verfasser überzeugend nach, wie das streng von der Basis ausgehende Repräsentationskonzept des Frankoschweizers Constant sowohl die Vorstellungen der jakobinischen Regierung wie Napoleons, das Gemeinwohl von oben her zu bestimmen, ablehnt. Er zeigt aber auch, dass der Versuch der Repräsentation der Gesellschaft durch Bezug auf kleinräumige Lebenswelten nur bedingt erfolgreich war und sein konnte. Dementsprechend wandte Constant sich zwar mit seinen Rechenschaftsberichten an seine Basis, traf aber seine politischen Entscheidungen als Träger eines freien Mandats.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler