Fischer, Andreas, Karl Martell. Der Beginn karolingischer Herrschaft (= Urban Taschenbuch 648). Kohlhammer, Stuttgart 2011. 278 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der zwischen 688 und 691 geborene, in der Königspfalz Quierzy am 22. Oktober 741 mit etwa 50 Jahren gestorbene Karl Martell ist trotz seiner ungünstigen Herkunft aus der Verbindung des Hausmeiers Philipp des Mittleren mit der Friedelfrau Chalpaida für das Reich der Franken und damit auch ganz Europa in zweifacher Hinsicht sehr bedeutend geworden. Nach außen hat er 732 unter Verwendung von Panzerreitern den Ansturm der über Nordafrika und Spanien eingedrungenen Araber bei Poitiers abgewehrt. Im Inneren hat er den Grund gefestigt für den Aufstieg seiner Familie vom Hausmeier zum König.
Sein Biograph legte nach dem ab 1994 betriebenen Studium von Geschichte, Englisch, Sozialkunde und Pädagogik in Marburg 1999 das erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien ab, wechselte danach aber an das Friedrich-Meinecke-Institut in Berlin, wo er 2005 mit der 2008 erschienenen Dissertation über Kardinäle im Konklave - die lange Sedisvakanz der Jahre 1268 bis 1271 promoviert wurde. Ab 2004 wirkte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte und Kunstgeschichte der Technischen Universität Berlin, seit 2006 am Friedrich-Meinecke-Institut, von dem aus er von September 2009 bis August 2010 unter Förderung durch die Volkswagenstiftung als Fellow an das Humanities Centre der Harvard University ging. Seine bisherigen Veröffentlichungen sind eher mit dem Hochmittelalter verknüpft.
Im vorliegenden, eine seit 1869 bestehende Lücke schließenden Werk beginnt er nach Vorwort und Einleitung mit den Pippiniden und Arnulfingern im Merowingerreich als den familiären Wurzeln und behandelt in chronologischer Abfolge danach die Herkunft des später mit dem Beinamen Martell (Hammer) ausgezeichneten Karl, den erfolgreichen, ab 714 ausgetragenen Kampf um die Herrschaft und die militärischen Unternehmungen gegen Friesen, Sachsen, Alemannen, Bayern, Thüringer, Aquitanier, Araber und Burgunder. Danach untersucht er das Verhältnis zur Kirche und thematisiert die letzten Jahre und das Nachleben. Im Ergebnis sieht er am Ende der durch Quellen (mit störender Voranstellung der Vornamen vor die der Ordnung dienenden Familiennamen), Fußnoten, Stammbäume, eine Karte und ein Personenregister bereicherten Studie die besondere Bedeutung Karl Martells in der gegenüber anderen Geschlechtern gefestigten Stellung der Familie.
Innsbruck Gerhard Köbler