Die demokratische Revolution 1989 in der DDR, hg. v. Conze, Eckart/Gajdukowa, Katharina/Koch-Baumgarten, Sigrid. Böhlau 2009. 251 S., 24 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Vierzig Jahre nach ihrer Gründung aus der sowjetischen Besatzungszone des Deutschen Reiches durch Beschluss des Volkskongresses am 7. Oktober 1949 feierte die Deutsche Demokratische Republik äußerlich glanzvoll im Jahre 1989 ihren vierzigsten Geburtstag. Zwar hatte Michail Gorbatschow in der Sowjetunion in den vorangehenden Jahren Glasnost und Perestroika angestrebt. Aber der durchschnittliche westliche Betrachter erkannte darin keinerlei Gefahren für den Bestand eines allem Anschein nach vor allem sportlich, aber auch wirtschaftlich erfolgreichen Staates.
Dennoch trat er binnen weniger Wochen ein. Im - auch angesichts des Metatrends rasanter Beschleunigung in der Postmoderne - atemberaubenden Tempo, in historischer Zeitrechnung eigentlich im Verlauf von Sekunden, hörte - nach den Worten der Herausgeber - die als stabil geltende Parteidiktatur der Sozialistischen Einheitspartei in der Deutschen Demokratischen Republik auf zu existieren. Deswegen bedeutet das Jahr 1989 eine Zäsur in der deutschen, europäischen und globalen Geschichte.
Der von den Herausgebern geschaffene Sammelband nähert sich vielen Einzelheiten dieses grundstürzenden Vorgangs einschließlich einer Einleitung in insgesamt 15 Beiträgen über die Menschenrechtssituation im Alltag der Diktatur, über demokratische Revolution als friedliche Revolution und über Historisierung der Deutschen Demokratischen Republik. Sie betreffen etwa Amnesty International, den Freikauf politischer Häftlinge, die Zerstörung von Biografien, das osteuropäische Umfeld, den Vorlauf der DDR Opposition, die 89er als 68er des Ostens, die deutsche Frage, den zentralen runden Tisch, die Auflösung des Staatssicherheitsdiensts, die Verfassungsdiskussion, die anschließende Strafjustiz, die Opfer und die Deutsche Demokratische Republik im Gedächtnis der Gegenwart. Auch wenn der leider eines Registers entbehrende Sammelband keine abschließende Geschichte der damaligen dramatischen Vorgänge sein kann und will, bietet er doch viele wertvolle Aufschlüsse über einen beispielhaften, unerwarteten, wohl vor allem medial beflügelten Demokratisierungsvorgang der jüngsten Menschheitsgeschichte in Deutschland.
Innsbruck Gerhard Köbler