Claeys, Gregory, Ideale Welten. Die Geschichte der Utopie, aus dem Englischen von Hinrichs, Raymond/Model, Andreas. Theiss, Stuttgart 2011. 224 S., 150 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Beeinflusst von der Entdeckung der neuen Welt durch Christoph Kolumbus veröffentlichte der mit Erasmus von Rotterdam befreundete englische Jurist und Parlamentarier Thomas Morus in Löwen 1516 in lateinischer Sprache eine zeitkritische Beschreibung eines idealen Staates in der Form eines in die Erzählungen eines Seemanns eingebetteten Dialogs, aus der sich das Genre der Sozialutopie entwickelte. Mit ihr hat sich der von 1981 bis 1987 in Hannover lehrende Londoner Professor für die Geschichte des politischen Denkens seit langem befasst und dabei eine vierzig Bände enthaltende Sammlung von Primärquellen zum Thema herausgegeben. Nunmehr legt er eine reich bebilderte allgemeinere Geschichte der Utopie insgesamt vor.
Sie nimmt die utopische Idee, die utopische Literatur und einzelne bestimmte Versuche, bessere Gemeinschaften zu gründen, in den Blick. Dementsprechend beginnt sie nach einer allgemeinen Einleitung in die Suche nach Utopia mit der klassischen Zeit und ihren Mythen und idealen Verfassungen. In diesem Zusammenhang greift Claeys bis zum Gilgamesch-Epos zurück.
Rasch gelangt er aber über das Christentum und außereuropäische Visionen der idealen Gesellschaft zu Thomas Morus, der Entdeckung der neuen Welt, Defoe und Gullivers Reisen. Eingebunden werden Revolution, Sozialismus, Rationalismus und Totalitarismus ebenso wie Hippies und Science Fiction. Am Ende vieler Überlegungen und Veranschaulichungen steht freilich die Feststellung des Verfassers, dass unsere ideale Welt von uns selbst geschaffen werden und eine ernsthafte Abrechnung mit dem Schicksal sein muss, dem wir hilflos gegenüberstehen, wenn wir versäumen, es zu erschaffen - so dass der vielfach versuchte verlockende Weg nach Utopia trotz dieser sachkundigen Hilfestellung auch in der Zukunft weit bleiben wird.
Innsbruck Gerhard Köbler