Československé právo a právní
věda v meziválečném období (1918-1938) a jejich místo ve střední
Evropě [Recht und Rechtswissenschaft der Tschechoslowakei in der
Zwischenkriegszeit (1918-1938) und deren Platz in Mitteleuropa], 2 Bände, hg.
v. Malý, Karel/Soukup, Ladislav,. Univerzita Karlova v Praze:
Nakladatelství Karolinum 2010. 1177 S. Besprochen von Inge Bily.
Die beiden Bände fassen die Beiträge
des Forschungsprojektes zum Thema „Recht und Rechtswissenschaft der
Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (1918-1938)[1] und deren
Platz in Mitteleuropa“ zusammen. Thematisch bilden diese Materialien das
Bindeglied zwischen bereits vorliegenden Publikationen, die ebenfalls als
Ergebnisse entsprechender Projektarbeiten entstanden sind. Das betrifft zum
einen die Zeit vor 1918[2] und
zum anderen den Zeitraum zwischen 1945 und 1989[3].
Das umfangreiche doppelbändige Werk
enthält 32 Aufsätze, die 6 thematischen Schwerpunkten zugeordnet sind. In einer
eigenen Gruppe sind abschließend 5 weitere Beiträge zusammengefasst. Allen
gemeinsam ist die Präsentation auf einer Konferenz im Jahre 2008.
Den Aufsätzen vorangestellt ist ein
Vorwort von Karel Malý, dem Leiter des Projektes, u. a. mit Ausführungen zur
Bedeutung der erzielten und hier zusammengefassten Ergebnisse (S. 7-8).
Der erste und gleichzeitig
umfangreichste Themenkomplex beschäftigt sich mit der Rechtswissenschaft in der
Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit (S. 11-318). Hier äußern sich 9
Autoren zu unterschiedlichen Schwerpunkten des gestellten Rahmenthemas. Den
Beginn machen Ausführungen zu allgemeinen Fragestellungen sowie zur
Rechtswissenschaft an unterschiedlichen Standorten im untersuchten Zeitraum. So
wendet sich Karel Malý der Pflege der Rechtsgeschichte in der Tschechoslowakei
in der Zwischenkriegszeit zu (S. 11-33). Anschließend beleuchtet Jaroslav Pánek
die veränderte Sicht auf die Ständemonarchie in der Geschichtsschreibung im
untersuchten Zeitraum (S. 34-60). Mit der tschechischen Rechtswissenschaft und
ihrer Methodologie beschäftigt sich Pavel Maršálek (S. 61-79). Alena Míšková
stellt die Zentren der juristischen Eliten und ihre Entwicklung vor (S.
111-125). Der Brünner rechtswissenschaftlichen Fakultät in der
Zwischenkriegszeit (S. 126-247) ist der Beitrag Ladislav Vojáčeks
gewidmet. Katarína Zavacká wendet sich der Rechtswissenschaft in der Slowakei
von 1918 bis 1939 zu (S. 80-110). Gleich mehrere Beiträge beschäftigen sich mit
der Situation der Rechtswissenschaft in Prag. So stellt Zdeněk Pousta seine
Ausführungen unter das Thema „Die Lehrveranstaltungen an der
rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karls-Universität und der in der
Zwischenkriegszeit unternommene Versuch, sie zu reformieren“ (S. 248-272).
Michal Skřejpek beleuchtet die tschechische Romanistik in den Jahren von 1918
bis 1938 (S. 273-298), Záboj Horák die Kirchenrechtslehre an der juristischen
Fakultät der Karls-Universität in Prag in der Ersten Tschechoslowakischen
Republik (S. 299-318).
In einem zweiten Schwerpunkt wenden
sich 6 Autoren der Entstehung der ČSR, ihrer Konsolidierung auf dem Gebiet
des internationalen Rechts und der Verfassung zu (S. 321-482). So beleuchtet
Jan Kuklík die Rolle der tschechischen Juristen bei der Entstehung eines
selbständigen tschechoslowakischen Staates (S. 321-358). Michal Tomášek
untersucht den Einfluss von tschechoslowakischem Recht und tschechoslowakischer
Diplomatie auf die europäische Integration (S. 359-385), Jana Osterkamp
überschreibt ihre Studie „Machtlose Götter im Verfassungshimmel. Das
tschechoslowakische Verfassungsgericht in der Zwischenkriegszeit 1920-1939“ (S.
386-404). Die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft (28.10.1918 - 30.9.1938) behandelt
Vladimír Kindl (S. 405-431), die Erste
Tschechoslowakische Republik und die Frage nach der Trennung von Staat und
Kirche (S. 432-446) ist das Thema Jiří Rajmund Treteras. Josef Harna erörtert
abschließend Rechtspositionen der politischen Parteien in der Ersten
Tschechoslowakischen Republik (S. 447-482).
Der dritten Schwerpunkt (S. 485-594)
fasst 4 Studien über Rechtsentscheidungen zu nationalen Problemen von
Minderheiten zusammen. Zunächst stellt René Petráš die Rechte der nationalen
Minderheiten in der Justiz- und Verwaltungspraxis vor (S. 485-514). Den
Rechtsweg der Sudetendeutschen im Jahre 1933 beschreibt anschließend Eva
Broklová. In diesem Zusammenhang werden ebenfalls Entwürfe Fritz Sanders zur
Reform der tschechoslowakischen Verfassung diskutiert (S. 515-556).
Programmatische Entwürfe der deutschen Aktivisten zur Lösung der
tschechisch-deutschen Beziehungen in Konfrontation mit der Sudetendeutschen
Partei nach den Parlamentswahlen im Jahre 1935 analysiert Jaroslav Šebek (S.
557-574). Abschließend behandelt Jan Němeček das Natonalitätenstatut
und die Bemühungen zur Lösung der Minderheitenfrage in den 30er Jahren (S.
575-594).
Der vierte Schwerpunkt, der die Beiträge
von 5 Autoren zusammenfasst, ist der tschechoslowakischen Zivilistik und den
Veränderungen des bürgerlichen Rechts im untersuchten Zeitraum gewidmet (S.
609-818). Zu Beginn beschäftigt sich Jozef Beňa mit der Wissenschaft über
das bürgerliche Recht in der Slowakei in den Jahren 1918-1938 (S. 609-645). Dem
bürgerlichen Recht in der Slowakei und der Unifizierung der Rechtsordnung in
der Zeit der Ersten Tschechoslowakischen Republik widmen sich Tomáš Gábriš und
Róbert Šorl (S. 646-718). Jan Dvořák und David Falada erläutern
anschließend die Bemühungen um die Vereinheitlichung des Privatrechts sowie der
Zivilistik (S. 719-740). Karel Schelle wendet sich dem Zivilverfahren in der
Tschechoslowakei in der Zwischenkriegszeit zu (S. 741-790), und abschließend
beschreibt Renata Veselá die Entwicklung des Familienrechts im untersuchten
Zeitraum (S. 791-818).
Im fünften Schwerpunkt (S. 821-874)
beschäftigen sich 2 Aufsätze mit dem Strafrecht und den Tenzenden seiner
Entwicklung. So untersuchen Jaroslav Fenyk und Dagmar Císařová das
Strafrecht und die Wissenschaft vom Strafrecht in der Tschechoslowakei in der
Zwischenkriegszeit (S. 821-842). Helena Matulová stellt das Militärstrafrecht
im Untersuchungszeitraum in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen (S. 843-874).
Den Themen Verwaltung,
Verwaltungslehre, Sozialversicherung, Handels- und Finanzrecht wenden sich 6
Autoren im abschließenden sechsten Schwerpunkt (877-1098) zu. Jiří Šouša,
jr. stellt seinen Beitrag unter die Überschrift „Vereinheitlichung und
Eingleisigkeit, zwei Säulen der Bemühungen um eine Verwaltungsreform in den
Jahren 1918-1938“ (S. 877-916). Karolina Adamová analysiert die Theorie der
Selbstverwaltung zur Zeit der Ersten Tschechoslowakischen Republik (S.
917-949), und Ladislav Soukup behandelt Sozialverwaltung und Sozialgesetzgebung
in den ersten Jahren der Republik (S. 950-973). Anschließend stellt Petra
Skřejpková Unifikationsversuche auf dem Gebiet des Handelsrechts in den
Jahren 1918-1938 vor (S. 974-994). Das Finanzrecht und die Bankgesetze der
Ersten Tschechoslowakischen Republik behandelt Jiří Šouša (S. 995-1074).
Unter das Thema „Polizei, Gendarmerie und Verwaltungsdelikte“ stellt René
Petráš seine Ausführungen zum untersuchten Zeitraum (S. 1075-1098).
In einer eigenen Gruppe sind 5
weitere Vorträge der Konferenz vom Oktober 2008 zusammengefasst, so von Günter
Baranowski (Prag als Zufluchtsort von Rechtshistorikern aus Russland: S.
1101-1110), Thomas Olechowski, Jürgen Busch (Hans Kelsen als Professor an der
Deutschen Universität Prag 1936-1938. Biographische Aspekte der
Kelsen-Sandner-Kontroverse: S. 1111-1139), Hans-Jürgen Becker (Die Wahrnehmung
des alten Böhmen und der neuen Tschechoslowakei in der deutschen verfassungs-
und rechtsgeschichtlichen Literatur der Zwischenkriegszeit: S. 1140-1151),
Jozef Beňa (Sozialisierung und Publizisierung im Privatrecht und die
Reflexe in der Rechtswissenschaft in der Slowakei in der Zwischenkriegszeit: S.
1152-1166) und Andrzej Dziadzio (Beurteilung der tschechoslowakischen
Gesetzgebung in der polnischen Rechtslehre vor dem Hintergrund juristischer
Zusammenarbeit slawischer Länder (1918-1939): S. 1167-1173).
Das vorliegende, sehr umfangreiche
Werk gibt aufgrund seiner Differenziertheit, die sich aus der Vielfalt der
angesprochenen Aspekte des Themas ergibt, einen breit angelegten, gründlichen
Einblick in die Rechtsnormen wie auch die Rechtswissenschaft der Tschechoslowakei
in der Zwischenkriegszeit.
Alle Beiträge sind sowohl in den
Anmerkungen wie auch in den oftmals angefügten Literaturverzeichnissen mit
reichlich Literatur versehen und enthalten außerdem jeweils eine deutsche bzw.
englische Zusammenfassung.
Am Ende jedes der beiden Bände wird
über den Gesamtinhalt der beachtlichen zweibändigen Überblicksdarstellung zum
Zeitraum zwischen 1918 und 1938 informiert.
Leipzig Inge
Bily
[1] Vgl. Petra Skřejpková (Hrsg.), Antologie československé právní vědy v letech 1918-1939 [Anthologie der tschechoslowakischen Rechtswissenschaft in den Jahren 1918-1939]. Praha 2009, vgl. die Rez. von I. Bily, in: ZRG GA 127 (2010), S. 840.
[2] Vgl. Karel Malý, Ladislav Soukup (Hrsg.), Vývoj české ústanovnosti v letech 1618-1918 [Die Entwicklung der tschechischen Staatlichkeit in den Jahren 1618-1918]. Praha 2006.
[3] Vgl. Karel Malý, Ladislav Soukup (Hrsg.), Vývoj práva v Československu v letech 1945-1989 [Die Entwicklung des Rechts in der Tschechoslowakei in den Jahren 1645-1989]. Praha 2004.