Brandes, Detlef, Die Sudetendeutschen im Krisenjahr 1938, 2. Aufl. (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 107). Oldenbourg, München 2010. XIV, 399 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Berlin 1941 geborene, in Geschichte, Slawistik, Germanistik und politischen Wissenschaften in München ausgebildete, nach seiner Promotion (1968) am Collegium Carolinum, seit 1972 an der Freien Universität Berlin im Präsidialamt und am Osteuropa-Institut tätige, 1984 habilitierte, 1991 nach Düsseldorf berufene Verfasser ist seit seiner Dissertation über die Tschechen unter deutschem Protektorat für seinen Sachgegenstand bestens ausgewiesen. Seine Untersuchung über die Sudetendeutschen im Krisenjahr 1938 erschien in erster Auflage 2008. Sie fand auch das Interesse eines sachkundigen Rezensenten, doch konnte der Verlag für die zweite Auflage kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen, so dass der Herausgeber auf Grund einer Ausleihe in wenigen Zeilen auf den erfolgreichen, interessanten Titel aufmerksam machen muss.

 

Gegliedert ist die sorgfältige detaillierte Untersuchung in insgesamt fünf Sachkapitel. Nach einer kurzen Einführung schildert der Verfasser zunächst die nationalen Auseinandersetzungen in der ersten Republik zwischen deutschen Parteien und staatlicher Unterstützung für die tschechischen Grenzler. Danach wendet er sich dem  Jahr vor dem Anschluss Österreichs zu.

 

Das Schwergewicht der Betrachtung liegt dann auf der Zeit vom Anschluss Österreichs im März 1938 bis zu den Kommunalwahlen und bis zu Hitlers Annexionsforderungen. Im Ergebnis stellt der Verfasser fest, dass die Sudetendeutsche Partei ihren Sieg bei den Parlamentswahlen des Jahres 1935 vor allem der Unzufriedenheit der deutschen Wähler mit den bisherigen deutschen Parteien verdankte und dass die Mehrheit der Sudetendeutschen auf den Anschluss Österreichs mit Begeisterung reagierte. Umgekehrt überzeugte die Erfahrung der Jahre 1935 bis 1938 mit dem Separatismus der SdP und mit der Besatzungspolitik des Nationalsozialismus in den Jahren von 1939 bis 1945 die überwiegende Mehrheit der Tschechen davon, dass sie einen neuen Versuch, mit den Sudetendeutschen in einem Staat zusammenzuleben, nicht wagen könne, so dass im Schutze der Alliierten nur die grundsätzliche Vertreibung der Deutschen als realistische politische Alternative verblieb.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler