Bergius, David, Die offene Frage des Privateigentums der Vertriebenen im deutsch-polnischen Verhältnis (= Schriften zum internationalen und zum öffentlichen Recht 83). Lang, Frankfurt am Main 2009. 2009. XIV, 184 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die ansprechende Arbeit ist die von Gilbert Gornig betreute, im Oktober 2008 von der juristischen Fakultät der Universität Marburg angenommene Dissertation des in Hannover 1976 geborenen Verfassers. Sie betrifft die politisch bedeutsame Frage des Grundstückseigentums der am Ende des Zweiten Weltkriegs aus früher deutschen, jetzt aber polnischen Gebiets Vertriebenen. Diese Angelegenheit ist auch von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht.

 

Nach einer kurzen Einleitung stellt der Verfasser nach der Behandlung der Vorgeschichte der Vertreibung die Enteignungsmaßnahmen auf der Grundlage der Vertreibungsdekrete und die heutige Beurteilung der Konfiskationen nach polnischem Recht an Hand der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und des Hauptverwaltungsgerichtshofs dar. Im zweiten Teil seiner umsichtigen Untersuchung schildert er kurz die völkervertragliche Rechtslage zwischen Deutschland und Polen. Danach behandelt er die völkerrechtliche Bewertung der Enteignungsakte, misst die polnischen Konfiskationen am Maßstab des Gemeinschaftsrechts und des Rechtes der Europäischen Union und prüft Möglichkeiten der individuellen Durchsetzung von Ansprüchen.

 

Im Ergebnis ermittelt er, dass die Konfiskationen in Polen als rechtmäßig und wirksam behandelt werden, ein auch in Polen als notwendig angesehenes umfassendes Reprivatisierungsgesetz (ohne jede Entschädigung) bisher aber im Gesetzgebungsverfahren gescheitert ist. Er sieht die entsprechenden Fragen in keinem Deutschland bindenden völkerrechtlichen Vertrag geregelt und stuft die Konfiskationen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit (und als Völkermord) ein, so dass er wegen Verletzung zwingenden Völkerrechts die ursprünglichen Eigentumstitel als noch existent betrachtet. Letztlich hält er in nüchterner Abwägung eine Beschwerde deutscher Geschädigter gegen Polen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und eine Beschwerde an den Ausschuss der Vereinten Nationen für Menschenrechte für zulässig, aber nicht sicher erfolgversprechend.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler