Wallentin, Stefan, Fürstliche Normen und akademische „Observanzen“. Die Verfassung der Universität Jena 1630-1730 (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe 27). Böhlau, Köln 2009. 434 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die geringfügig überarbeitete Fassung der im Sonderforschungsbereich „Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800“ entstandenen, von Georg Schmidt betreuten, im Wintersemester 2008/2009 von der philosophischen Fakultät der Universität Jena angenommenen Dissertation des Verfassers. In der Einleitung beschreibt der Verfasser Gegenstand, Fragestellung, Begriffe und Quellen einschließlich der archivalischen Überlieferung sowie sein methodisches Vorgehen. Innerhalb des weiteren Rahmens der Organisationsgeschichte der Universität in Europa bis zum Ende des 16. Jahrhunderts konzentriert er sich dann auf die Universität Jena.
Nach der Darstellung der Gründung in den Jahren 1547 bis 1558, der flacianischen Händeln der ersten ernestinischen Teilungen und des Dreißigjährigen Krieges geht er vertieft auf die Dotierung der Universität mit den Universitätsgütern Apolda und Remda sowie die Visitation des Jahres 1644 und das verbesserte Statut von 1653 ein. Auf dieser Grundlage untersucht er anschließend sehr sorgfältig das ernestinische Hochschulvisitationswesen von 1653 bis 1722 im Spiegel der Landesgeschichte. Das Schwergewicht seiner Erörterung legt er danach auf die an Hand der Visitationsakten dargestellte Entwicklung der Ämter und Institutionen der Universität, wobei er im Rahmen des Personalverbands nacheinander Studenten, Lehrpersonal (Sprach- und Exerzitienmeister, Privatlehrende, Adjunkte, Extraordinarien, Ordinarien), Verwaltung und danach die Institutionen und Einrichtungen einschließlich der Fakultäten und Dekane mit dem Jenaer Sonderfall der Verschränkung der juristischen Fakultät mit dem Jenaer Schöppenstuhl betrachtet.
Insgesamt kann er für das Verhältnis zwischen Landesherrschaft und Universität eine intensive Kommunikation ermitteln. Gleichwohl erweist sich die praktische akademische Selbstverwaltung als stark von den akademischen Observanzen geprägt. Damit gelingen ihm in seiner eine bisherige Forschungslücke erfolgreich schließenden Arbeit auch über Jena hinausreichende allgemeinere Erkenntnisse.
Innsbruck Gerhard Köbler