Vetter, Roland, „Die ganze Stadt ist abgebrannt“. Heidelbergs zweite Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1693, 3. Aufl. von „Heidelberg deleta“. Braun/DRW-Verlag, Karlsruhe/Leinfelden-Echterdingen 2009. 239 S. Besprochen von Adolf Laufs.

 

Das anschaulich geschriebene, reich bebilderte handliche Buch berichtet über Ereignisse des von Ludwig XIV. im Herbst 1688 vom Zaun gebrochenen neunjährigen Hegemonialkrieges, in dem französische Truppen weite Teile der Kurpfalz und der angrenzenden südwestdeutschen Territorien verheerten und planmäßig verwüsteten: Hielten sich Schäden und Folgen bei der ersten Zerstörung der kurpfälzischen Residenzstadt 1689 noch vergleichsweise in Grenzen, brachte das Jahr 1693 die nahezu vollständige Niederbrennung Heidelbergs, die Schändung der Kurfürstengräber, Flucht und Abwanderung der Einwohner, schließlich die Sprengung des Schlosses – als Ruine fortan und für lange Zeit „sichtbares Zeichen französischer Feindseligkeit“.

 

Am Ende schließt sich der Autor dem Urteil des Kulturhistorikers Egon Friedell an, wir sollten „mit den Untaten des Sonnenkönigs nicht allzu sehr ins Gericht gehen, sondern in ihnen bloß den Ausdruck ihrer Zeit und der allgemein menschlichen Rohheit und Verblendung erblicken“. Aber käme ein rechtshistorisches Urteil nicht zu einem differenzierteren Befund? Leider werden das Kriegsrecht und das militärische Disziplinarrecht in dem Buch nur gestreift.

 

Ein Reiz des Bandes liegt in den 38 Quellentexten aus dem Kriegsarchiv in Vincennes bei Paris (S. 155-231), so buchhalterisch trocken und geschäftsmäßig die in ihrem heterogenen französischen Wortlaut mitgeteilte Korrespondenz des Kriegsministeriums mit Offizieren und Intendanten sowie deren Briefwechsel untereinander auch sein mag. Die Briefe erscheinen mit Regesten und textkritischem Apparat. Sie liefern meist weder fesselnde Lageberichte noch realistische Kriegsreportagen, vielmehr Belege für die „ungemein bürokratische Welt der von Ludwig XIV. und Louvois zur Perfektion getriebenen Planung und Umsetzung der Kabinettskriege“. Es gilt, zwischen den Zeilen zu lesen. Das Leiden und Sterben der Soldaten bleibt weithin verdeckt.

 

Heidelberg                                                                                                                 Adolf Laufs