Thoma, Richard, Rechtsstaat - Demokratie - Grundrechte - Ausgewählte Abhandlungen aus fünf Jahrzehnten, hg. und eingel. v. Dreier, Horst. Mohr (Siebeck), Tübingen 2009. LXXXI, 606 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Richard (Emil) Thoma wurde in Todtnau im Schwarzwald am 19. Dezember 1874 als Sohn eines Fabrikanten geboren. Nach dem Studium von Mathematik, Chemie und Physik sowie Rechtswissenschaft in Freiburg im Breisgau, München und Berlin wurde er 1900 in Freiburg im Breisgau bei Ulrich Stutz promoviert und habilitierte sich dort 1906 bei Heinrich Rosin für die Fächer Staatsrecht und Verwaltungsrecht. 1909 wurde er an das Kolonialinstitut in Hamburg, 1911 an die Universität Heidelberg und 1928 an die Universität Bonn berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1945 als herausragender deutscher Staatsrechtswissenschaftler wirkte.
Dennoch wurde seines hundertsten Geburtstags ebensowenig gedacht wie seines fünfzigsten Todestages. Zudem fehlt eine Sammlung seiner wichtigsten Schriften. Dem hilft der von Horst Dreier herausgegebene, den fünfzigsten Todestag nur knapp verfehlende Sammelband erfreulicherweise ab, der 20 zwischen 1910 und 1953 erarbeitete Studien in repräsentativer Ausstattung zusammenstellt.
In der umfangreichen Einleitung bietet der Herausgeber „unbeirrt von allen Ideologien und Legenden“ Notizen zu Leben und Werk Richard Thomas, als dessen bleibendes Vermächtnis die Wendung vom „Schlußstein im Gewölbe des Rechtsstaats“ hervorgehoben wird. Sie führen von der bejahten Präsenz Richard Thomas in der heutigen Staatsrechtswissenschaft über Lebensstationen, Signaturen des Werkes (Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung, Politikbezug, Dogmatik, Methode, Theorie), Rechtsstaat, Demokratie und Grundrechte (allgemeines Gleichheitsrecht, Lehrfreiheit) bis zur abschließenden Einordnung. Sie kleidet der Herausgeber in die Frage: auf dem Wege zum modernen Klassiker? - die auf dem Umschlag ohne Vorbehalt bejaht wird.
Am Ende bietet der Band die Nachweise für den jeweiligen Erstdruck der Beiträge, ein Schriftenverzeichnis (elf selbständige Veröffentlichungen - darunter die Dissertation über die Bedeutung des Besitzwillens im Besitzrecht des B. G. B., die Habilitationsschrift über den Polizeibefehl im badischen Recht und eine 1937 vorgelegte Monographie zu den Staatsfinanzen -, 44 Zeitschriftenaufsätze und Beiträge in Sammelwerken, 18 Zeitungsartikel, 80 Rezensionen, 5 Urteilsanmerkungen, 40 Rechtsgutachten zwischen 1907 und 1953, 3 Herausgeberschaften - darunter das gemeinsam mit Gerhard Anschütz vorgelegte zweibändige Handbuch des deutschen Staatsrechts -, 7 Diskussionsbeiträge und 8 Varia) und ein Personenregister (darunter die beiden habilitierten Schüler Ernst Friesenhahn und Hermann Mosler). Sehr hilfreich dürfte sich auch das Sachregister auswirken, wenngleich es die Einleitung ausspart. Insgesamt ist damit einem bedeutenden Staatsrechtslehrer ein würdiges literarisches Denkmal gesetzt, das die Erinnerung an ihn über den Tag hinaus zu wahren vermag.
Innsbruck Gerhard Köbler