Pelizaeus, Ludolf, Dynamik der Macht. Städtischer Widerstand und
Konfliktbewältigung im Reich Karls V. (= Geschichte in der Epoche Karls V. 9).
Münster, Aschendorff 2007. XVIII, 455 S. Besprochen von Ignacio Czeguhn.
Die Herrschaft Karls V. (der I. in Spanien) und
die seines Bruders waren sowohl in Spanien als auch im Heiligen Römischen Reich
Deutscher Nation im Verlauf ihrer Regentschaft gekennzeichnet durch eine Reihe
von Aufständen, welche die politische Entwicklung in beiden Reichen stark
beeinflussten. Ludolf Pelizaeus legt nun mit seinem Buch „Dynamik der Macht.
Städtischer Widerstand und Konfliktbewältigung im Reich Karls V.“ erstmals eine
vergleichende Betrachtung dieser Entwicklung vor.
Das Werk von Pelizaeus baut auf gründlichen
Archiv- und sonstigen Quellenarbeiten auf, sowohl im Bezug auf die spanischen als
auch zu den vorderösterreichischen Verhältnissen. Dabei steht im Mittelpunkt
die Betrachtung der inneren Dynamik des Kampfes um Macht, Herrschaft und
Ressourcen in den Städten. Pelizaeus wählt als zeitlichen Rahmen die Jahre
1468-1540. Dabei zeigt sich im Verlauf der Lektüre, dass die Auswahl der Städte
als Vergleichsobjekt hervorragend gewählt wurde, da gerade ihre inneren
Machtstrukturen von der bisherigen Forschung kaum untersucht wurden. Klagen
über Missstände waren seitens der Städte bereits unmittelbar nach dem
Amtsantritt Karls V. in den Jahren 1517/1519 formuliert worden. Sie trugen ihre
Beschwerden in den kastilischen Cortes, im Rahmen des Wiener Ständekampfes bzw.
gegenüber den vorderösterreichischen Landständen vor. Pelizaeus behandelt die
Fragestellung auf Grundlage von umfangreichen Archivstudien anhand ausgewählter
Städte in Kastilien und Andalusien (Salamanca, Zamora, Jaén, Baeza und Úbeda)
sowie in den Vorderen Landen und Tirol (Belfort, Freiburg, Villingen, Waldshut,
Rheinfelden, Laufenburg und Hall in Tirol). Die Untersuchung berücksichtigt
dabei politische, soziale, wirtschaftliche, rechtliche, geistig-politische und
religiöse Fragen mit ein und liefert so eine vergleichende Zusammenschau im
Hinblick auf das Thema der Auseinandersetzung.
In einem ersten Kapitel wird zur Definition der
Begriffe „Konflikt“, „Aufstand“, Revolution“ und „Widerstand“ Stellung genommen.
Der begrifflichen Klärung folgt dann eine Darstellung des Verlaufs der
Konflikte in den einzelnen Städten. Die detailreiche, quellengesättigte
Darstellung liefert dem Leser hierbei wertvolle Ergebnisse. Dem Autor ist
dahingehend zuzustimmen, dass die Revolte der Städte in Spanien (Comunidades)
eigentlich gar keine Revolte war. Vielmehr bestimmten die Vorgeschichte der
Städte im Hinblick auf die dort regierenden Oligarchien bzw. das politische
Verhalten dieser die Handlungsweisen der einzelnen Städte. Die vergleichende
Betrachtung ist sehr wertvoll, da das Verhalten der vorderösterreichischen
Städte im Bauernkrieg ebenso mitbestimmend geprägt war von der Stellung der
Stadtobrigkeit und älterer Konflikte.
Deutlich wird durch die Arbeit von Pelizaeus auch,
dass sowohl in Spanien als auch in Vorderösterreich die lange Abwesenheit des
Herrschers zu einer vordergründig geschobenen Legitimation für das Handeln seitens
der Städte führten, da diese von einer Situation eines interregnum
sprachen. Im Verlauf der Konflikte behielten allerdings die Oligarchien in den
Städten durchgehend die Macht inne und beteiligten die Bürger allenfalls formal
an den politischen Entscheidungen.
Die Untersuchung beschäftigt sich sodann mit den
Hintergründen und Motivationen der Konflikte und liefert auch hier eine
vergleichende, wertvolle Betrachtung. Wirtschaftliche Spannungen, Belastungen
durch Kriege und Hunger, Krisen, machtpolitische Auseinandersetzungen mit
Regierungsvertretern sowie Fragen um Steuerbefreiungen stellten nach Ansicht
des Autors zutreffend hierbei die Grundlagen für die Konflikte dar. Die
Untersuchung von Pelizaeus zeigt anschaulich auf, wie die Probleme,
Herausforderungen, Konflikte und deren Bewältigung im Reich Karls V. für die
Städte ähnliche Entwicklungen aufweisen und mehr als bisher angenommen aus
ihrer gegenseitigen Beeinflussung betrachtet werden müssen.
Die Ergebnisse und Thesen der Studie von
Pelizaeus erlauben einen umfassenden Eindruck zu gewinnen zur inneren Dynamik
um Macht, Herrschaft und politischen Kampf in den Städten des Reichs Karls V.
Die europäische Perspektive stellt dabei ohne Frage eine Bereicherung dar.
Berlin Ignacio
Czeguhn