Oberster Gerichtshof für die Britische Zone (1948-1950). Nachschlagewerk Strafsachen - Nachschlagewerk Zivilsachen - Präjudizienbuch der Zivilsenate, eingeleitet und hg. v. Schubert, Werner (= Rechtshistorische Reihe 402). Lang, Frankfurt am Main 2010. XXI, 453 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945 hatte auch das Reichsgericht des Deutschen Reiches seine Grundlage verloren und waren alle Organe des Reiches der Macht der Alliierten unterstellt. Nachdem in den Folgejahren Verhandlungen über die Errichtung eines obersten Gerichtshofs für ganz Deutschland oder auch für die Bizone - nach dem knappen Vorwort des Herausgebers nahezu - gescheitert waren, erließ die britische Militärregierung die Verordnung Nr. 98, mit der sie einen obersten Gerichtshof für die britische, acht Oberlandesgerichte beherbergende Zone mit Wirkung vom 1. 9. 1947 gründete, und setzte sie mittels einer Verordnung zur Durchführung der Verordnung Nr. 98 vom 17. 11. 1947 um. Danach hatte der Gerichtshof seinen Sitz in Köln und konnte Mitglied nur werden, wer die Fähigkeit zum Richteramt in einem deutschen Land erlangt sowie das 35. Lebensjahr vollendet hatte und nicht Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei gewesen war.

 

Vorgesehen waren ein Zivilsenat und ein Strafsenat, zu denen aber ein zweiter Zivilsenat am 1. 10. 1948 und ein zweiter Strafsenat am 1. 1. 1950 hinzukamen. Aufgabe des als ersten Schritt zu einem einheitlichen Gericht Deutschlands - „oder zum mindesten für das, was ein hartes Schicksal uns von ihm belassen wird“ - gedachten Gerichts war es, als Rechtsmittelgericht eine einheitliche Rechtsprechung innerhalb der britischen Zone zu sichern und der Fortbildung des Rechts zu dienen. Die Aufnahme der Tätigkeit erfolgte am 16. 3. 1948, die feierliche Eröffnung 29. 5. 1948, die Aufhebung des Gerichtshofs durch Eröffnung des Bundesgerichtshofs zum 1. 10. 1950 (letzter Sitzungstag wohl am 9. 9. 1950).

 

Nachdem Werner Schubert sich bereits um die Tätigkeit des Reichsgerichts editorisch in hervorragender Weise verdient gemacht hat, lag es durchaus nahe, dem das Nachschlagewerk des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone anzuschließen. Die dreiteilige Edition enthält das maschinenschriftlich angefertigte Nachschlagewerk Strafsachen in unveränderter Wiedergabe zusammen mit handschriftlichen Nachweisen der Urteilsveröffentlichung in der amtlichen Urteilssammlung, in der aber nicht alle im Nachschlagewerk berücksichtigten Entscheidungen abgedruckt sind, bzw. eine Kopie von kleinen Karteikarten (Nachschlagewerk Zivilsachen) bzw. eine Abschrift mehrerer im Bundesarchiv in Koblenz verwahrter Aktenordner (Präjudizienbuch).

 

Erfreulicherweise hat Werner Schubert auch hier wieder Kurzbiographien hinzugefügt. Erfasst sind Berger, Hans (1909), Delbrück, Helmuth (1891), Dermietzel, Carl 1897), Engels, Joseph (1901), Erman, Walter (1904), Geier, Friedrich Wilhelm (1903), Groß, Alfred (1895), Jagusch, Heinrich (1908), Kuhn, Georg (1907), Pritzsch, Erich (1887), Schneidewin, Karl (1887), Staff, Curt (1901), Strack (Vorname unbekannt, 1893), Werner, Fritz (1892), Werner, Wolfhardt (1903), Wimmer, August (1890), Wilde, Günter (1900) und Wolff, Ernst (1877, Präsident). Aufgenommen könnten schätzungsweise 2000 Entscheidungen sein. Insgesamt erleichtert das verdienstvolle Werk den sachlichen Zugang zu dem wichtigen Gericht sehr und gewährt ihm zugleich die gebührende Anerkennung zwischen Reichsgericht und Bundesgerichtshof.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler