Nehlsen, Hermann, Bayerische Rechtsgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 411). Lang, Frankfurt am Main 2010. 184 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Es gehört zur festen akademischen Tradition, dass bekannte Gelehrte ihr Werk übersichtlich der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Dies ermöglicht es ihnen selbst, sich Rechenschaft zu geben über die vielen Stunden emsigen Forschens und begeisternden Lehrens. Es verschafft der Öffentlichkeit zugleich den leichten und raschen Zugriff auf die vielfach an entlegenen Orten publizierten Ergebnisse.

 

Hermann Nehlsen ist deshalb sehr dafür zu danken, dass er sich als einer der Nestoren der bayerischen Rechtsgeschichte die Mühe gemacht hat, seine zentralen Beiträge zur bayerischen Rechtsgeschichte in der Rechtshistorischen Reihe zu veröffentlichen. Dabei schildert er in seinem zupackenden Vorwort, dass zu Bayern auf Grund seiner langen Geschichte zwar zahlreiche gewichtige Arbeiten zu den Kernfragen geschaffen worden sind, dass im Gegensatz zu Niedersachsen, Preußen, Baden oder Bern aber bisher keine besondere Rechtsgeschichte Bayerns vorgelegt wurde. Diese gewaltige Aufgabe vermochte er naturgemäß bisher selbst angesichts seiner vielen anderen Interessen nicht zu bewältigen, so dass es derzeit sein Anliegen nur sein kann, für den Bau einer bayerischen Rechtsgeschichte den einen oder anderen Baustein zu liefern.

 

Dabei will der einleitende Beitrag zur Genese der Lex Baiuvariorum dazu beitragen, der Beantwortung der schwierigen Frage nach der Entstehungszeit der grundlegenden Quelle näher zu kommen. Die zweite Studie über die Sklaverei im frühmittelalterlichen Bayern erhellt besonders die Sozialgeschichte dieser Zeit in neuartiger Weise. Von hier aus führt die interessante Betrachtung des Tiroler Ehekonflikts der Margarethe Maultausch in schwierige Fragen des Spätmittelalters.

 

Die drei weiteren Beiträge betreffen die neuere Rechtsgeschichte. Zunächst schildert Hermann Nehlsen überzeugend die Entstehung der neuen Gemeinde Kochel nach 1803. Danach widmet er sich in zwei sorgfältigen biographischen Untersuchungen dem Fürsten Karl zu Leiningen (1804-1856) als Schüler Karl Friedrich Eichhorns, als standesherrlicher Reformer und als Präsident des ersten Paulskirchenkabinetts sowie dem berühmten Münchener Vorgänger Karl von Amira.

 

Wer diese unterschiedlichen Studien insgesamt betrachtet, kann ermessen, welchen reichen Gewinn die Rechtsgeschichte Bayerns von einer umfassenden Darstellung aus der Feder des Autors hätte. Deswegen wäre sie ein großes Desiderat. Möge es dem Verfasser gelingen, zumindest weitere ähnliche Bausteine hierfür vorzulegen.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler